Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ Rück­rei­se er­wies sich wi­der Er­war­ten län­ger als der In­halt mei­ner als so aus­gie­big ein­ge­schätz­ten Ta­schen­fla­sche; in dem War­te­saal un­se­res Bahn­hofs (wo ich nicht be­kannt bin) nahm ich noch ein paar Gläs­chen und mach­te mich dann auf den Heim­weg. Da­bei ver­gaß ich nicht, in ei­ner Dro­ge­rie eine Schach­tel mit wohl­rie­chen­den Mund­pil­len zu kau­fen, die den Al­ko­hol­ge­ruch ver­de­cken soll­ten. Denn dass nach so lan­ger Ab­we­sen­heit ein Be­grü­ßungs­kuss mit Mag­da nicht zu um­ge­hen war, ahn­te ich.

      Sie emp­fing mich freund­lich, aber kühl, sah mich mehr­mals prü­fend an und fand mich stär­ker ge­wor­den, aber so ein we­nig ge­dun­sen im Ge­sicht, wie sie sich aus­drück­te. Das är­ger­te mich, aber ich ließ mir nichts da­von mer­ken, son­dern er­zähl­te mit Ei­fer zu­erst von mei­nem Seil­kauf, dann von der schö­nen Stadt Ham­burg, dem Fried­hof in Ohls­dorf und der Rei­her­stieg­werft, auch von ei­nem Or­gel­kon­zert, das ich (ganz zu­fäl­lig) in der Ni­co­lai­kir­che mit an­ge­hört hat­te. Da­durch be­wies ich, dass ich nicht etwa nur in Schen­ken her­um­ge­ses­sen, son­dern ein in­ter­essan­tes, le­ben­di­ges Da­sein ge­führt hat­te, und ich mun­ter­te die viel zu erns­te Mag­da da­mit auch wirk­lich ein we­nig auf.

      Sie hin­ge­gen be­rich­te­te mir viel von dem Gang der Ge­schäf­te; sie hat­te wie­der et­was Neu­es an­ge­fan­gen. Sie war mit un­se­rem klei­nen Wa­gen fast alle Tage über Land ge­fah­ren und hat­te bei al­len Im­kern Ho­nig auf­ge­kauft, noch vor­han­de­nen, aber auch schon im Voraus den der künf­ti­gen Raps- und Lin­den­blü­te; sie hat­te Glä­ser ge­kauft und woll­te un­se­rer Fir­ma ein großes Ho­nig­ver­sand­ge­schäft di­rekt an die Kund­schaft an­glie­dern. Sie fing an, mit mir von den In­se­ra­ten­tex­ten zu spre­chen und von den Zei­tun­gen, in de­nen un­ser Ho­nig­ver­sand an­ge­zeigt wer­den soll­te.

      Ich aber konn­te kaum noch zu­hö­ren. Ich war nicht ei­gent­lich müde, aber ich war all die­ser Din­ge so müde, die­ser un­er­müd­li­chen Ge­schäf­tig­keit – um gar nichts. Denn was war das, Ho­nig ver­sen­den? Es war nichts, die Leu­te aßen ihn, und dann war es wie­der vor­bei, es war wie Sei­fen­bla­sen, ein schil­lern­des Nichts mit we­nig Luft ge­füllt in sehr viel Licht. Es zer­platz­te, nichts blieb, al­les Täu­schung und Schwar­ze Ma­gie!

      ›Ach, geh doch weg, du! Rede nicht ewig, schwät­ze nicht so viel! Lass mich in Frie­den! Was rennst du dich ab? Es gibt hun­dert­tau­send und Mil­lio­nen Fir­men auf der Welt; glaubst du, dei­ne ist wich­tig? Sie ist ganz schnurz, nicht ein­mal eine Flie­ge küm­mert sich dar­um! Ja, wenn ich jetzt einen Schnaps hät­te, dann könn­te ich dir wie­der mit Auf­merk­sam­keit zu­hö­ren. Ich könn­te wohl einen ha­ben, ich könn­te mir eine gan­ze Bud­del Schnaps durch Else aus der nächs­ten Knei­pe ho­len las­sen, aber ich kann’s nicht tun, weil du hier rum­sitzt und ewig schwätzt. Weil du in mei­nem Le­ben rum­sitzt, dar­um kann ich nicht tun, was mei­nem Le­ben ge­fällt. Nein, nein, es ist na­tür­lich nicht so schlimm ge­meint, ich habe sie schon ganz ger­ne, die Mag­da, aber es wäre furcht­bar nett von ihr, wenn sie sich mal für eine Wei­le gänz­lich aus mei­nem Le­ben ver­dünn­te – Kuh, die­se lang­wei­li­ge, ewig schwät­zen­de!‹

      Ich hat­te mich wäh­rend die­ses Selbst­ge­sprä­ches im­mer mehr in einen hef­ti­gen Zorn hin­ein­ge­re­det; nun stand ich plötz­lich auf und sag­te brüsk zu der völ­lig über­rasch­ten Mag­da, dass ich we­gen star­ker Kopf­schmer­zen noch eine Vier­tel­stun­de spa­zie­ren ge­hen woll­te … »Nein, dan­ke, kei­ne Beglei­tung …« Und da­mit war ich schon drau­ßen, und es war mir wirk­lich ganz egal, was sie von mir dach­te oder ob ich schon wie­der Ge­füh­le bei ihr ver­letzt hat­te.

      Ich ging nur um sie­ben oder zehn Ecken, bis ich in eine Ge­gend kam, wo ich mich un­be­kannt glaub­te, und trat dort in eine klei­ne Knei­pe und bat den di­cken bär­ti­gen Wirt um einen dop­pel­stö­cki­gen Ko­gnak … Als ich den drit­ten kipp­te, denn ich woll­te mich für die Nacht aus­gie­big ver­pro­vi­an­tie­ren, sag­te der Wirt lang­sam: »Das kennt man ja gar nich bei Sie, Herr Som­mer. Sie ha­ben wohl eine klei­ne Er­käl­tung …?«

      Är­ger­lich, ein so be­kann­ter Mann zu sein, ver­zich­te­te ich auf den vier­ten und mach­te mich wie­der auf den Heim­weg. Ich lutsch­te mei­ne sü­ßen Atem­bon­bons, und auch da­bei är­ger­te ich mich wie­der über Mag­da, die mich zwang, den schö­nen Ko­gnak­ge­schmack durch solch süß­li­che Mund­par­füms zu ver­trei­ben.

      Sie er­war­te­te mich noch, wahr­schein­lich woll­te sie mich wie­der auf ih­ren lang­wei­li­gen Ho­nig lo­cken, aber ich ging di­rekt ins Schlaf­zim­mer und re­de­te auch nur noch ein paar mür­ri­sche Wor­te, Fort­be­stand star­ker Kopf­schmer­zen vor­ge­bend. Dann schlief ich rasch ein.

      Aber mit­ten in der Nacht, kurz nach ein Uhr, stand ich schon wie­der bar­fü­ßig im Py­ja­ma in der Spei­se­kam­mer und leer­te rasch nach­ein­an­der, was noch in den drei Fla­schen drin war. Und wäh­rend ich noch die letz­te Fla­sche am Mun­de hat­te, wur­de mir mit schreck­li­cher Ge­wiss­heit klar, dass ich ver­lo­ren war, dass es kei­ne Ret­tung mehr für mich gab, dass ich dem Al­ko­hol ge­hör­te mit Leib und See­le. Nun war es gleich­gül­tig ge­wor­den, ob ich noch ei­ni­ge Tage oder Wo­chen ir­gend­wel­chen Schein von An­stand und Sit­te auf­recht­er­hielt – es war doch vor­bei. Sie soll­te nur kom­men, die Mag­da, und mich hier trin­ken se­hen. Ich wür­de es ihr ins Ge­sicht sa­gen, dass ich ein Trin­ker ge­wor­den war, und sie hat­te mich dazu ge­macht, sie mit ih­rer in­fer­na­li­schen Tüch­tig­keit!

      Aber sie kam nicht. So ließ ich die drei lee­ren Fla­schen of­fen da­ste­hen und leg­te die Kor­ken da­ne­ben; moch­ten sie wis­sen, alle wis­sen, Mag­da, Else, wer noch woll­te – es war doch al­les egal!

      Dann aber, ge­gen Mor­gen, mein Herz ging so schwer, stand ich noch ein­mal auf, leck­te ge­wis­ser­ma­ßen die al­ler­letz­ten Trop­fen aus den Fla­schen­hälsen, füll­te Was­ser ein, halb oder ein Drit­tel, je nach­dem, ver­kork­te sie und stell­te sie wie­der an ihre al­ten Plät­ze. So ge­wann ich wie­der eine An­stands­frist von ein oder zwei Ta­gen …

      10

      In der nun fol­gen­den Zeit be­such­te ich mein Kon­tor ziem­lich re­gel­mä­ßig und leis­te­te auch ei­ni­ge Ar­beit, nicht aus Lust dar­an, son­dern ei­ner al­ten Ge­wohn­heit fol­gend, mit der nicht so­fort zu bre­chen war, und aus Scham vor Mag­da.

      Mag­da war sehr still ge­wor­den, wir spra­chen bei­de nur noch das Al­ler­not­wen­digs­te mit­ein­an­der. Am leb­haf­tes­ten ging es noch zwi­schen uns zu, wenn Drit­te zu­ge­gen wa­ren, Hinz­pe­ter oder Else oder Kun­den. Dann konn­ten wir so­gar Späß­chen mit­ein­an­der ma­chen, der ver­gnüg­te Ton frü­he­rer Ehe­jah­re schi­en wie­der­ge­kom­men, kaum aber hat­te sich die Tür hin­ter je­nen Drit­ten ge­schlos­sen, so ver­stumm­ten wir auf einen Schlag, mei­ne Mie­ne wur­de ei­sig, und Mag­da fing an, em­sig mit Pa­pier zu ra­scheln.

      Sie hielt sich in die­ser Zeit stän­dig in mei­ner Nähe. Nicht, dass sie mit mir zum oder vom Kon­tor ge­gan­gen wäre, aber drei oder zehn Mi­nu­ten nach mir tauch­te sie be­stimmt auf, der Haus­halt lag ganz in El­ses Hän­den. Na­tür­lich hat­te sol­che Beauf­sich­ti­gung nicht den ge­rings­ten СКАЧАТЬ