Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Читать онлайн книгу Hans Fallada – Gesammelte Werke - Hans Fallada страница 188

Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ dei­ne Schu­he aus, sei lei­se auf der Trep­pe, die Wirts­leu­te dür­fen dich nicht hö­ren. Komm, mach schnell …«

      Schwei­gend tat ich, wie sie mir ge­hei­ßen. Ich wuss­te nicht, warum ich es tat. Ich be­gehr­te sie jetzt nicht, so be­gehr­te ich sie nicht.

      »Gib mir die Hand!« Sie knips­te das Licht aus und führ­te mich an der einen Hand, in der an­de­ren hielt ich noch im­mer die Korn­fla­sche.

      In der Schank­stu­be war es völ­lig dun­kel, ich schlich ihr nach. Durch ein klei­nes stau­bi­ges Fens­ter fiel auf die ver­win­kel­te enge Stie­ge Licht vom Mond.

      Ich schwank­te, ich war sehr müde. Ich dach­te an mein Bett da­heim, an El­sa­be vol­ler Wün­sche, an den wei­ten Weg nach Haus – es war al­les zu viel. Der ein­zi­ge Trost war die Fla­sche Korn in mei­ner Hand, sie wür­de mir Kraft spen­den. Am liebs­ten wäre ich ste­hen ge­blie­ben und hät­te schon jetzt einen Schluck aus der Fla­sche ge­nom­men, so müde war ich.

      Die Stu­fen knarr­ten, die Tür zur Kam­mer ächz­te lei­se, als sie ge­öff­net wur­de. Auch in der Kam­mer war Mond­schein. Ein Bett, das zer­wühlt war, ein ei­ser­ner Wasch­stän­der, ein Stuhl, ein Klei­der­re­chen an der Wand …

      »Zieh dich aus«, sag­te ich lei­se, »ich kom­me dann gleich.« Und mehr zu mir: »Gibt es hier Ster­ne?« Ich trat ans Fens­ter, das den Blick in einen Obst­gar­ten frei­gab. Ich öff­ne­te einen Flü­gel; lau wie eine zar­te Lieb­ko­sung kam die Früh­lings­luft her­ein, voll von Düf­ten und sanf­tem Wind. Un­ter dem Fens­ter lag das schrä­ge Te­er­dach ei­nes Schup­pens. »Das ist gut«, sag­te ich wie­der lei­se, »die­ses schrä­ge Dach ist sehr gut …« Ich konn­te den Mond nicht se­hen, er stand hin­ter dem Haus­dach mir zu Häup­ten. Aber sein Licht er­füll­te mit ei­nem weiß­li­chen Schein den Him­mel, nur die stärks­ten Ster­ne wa­ren zu se­hen und auch sie nur matt. Ich war un­zu­frie­den und ge­reizt.

      »Komm schon«, rief sie är­ger­lich vom Bett her. »Mach ein biss­chen schnell! Denkst du, ich brauch kei­nen Schlaf?!«

      Ich dreh­te mich um, ich beug­te mich über das Bett. Sie lag auf dem Rücken, bis zum Hal­se zu­ge­deckt. Ich streif­te die De­cke zu­rück und leg­te einen Au­gen­blick mein Ge­sicht ge­gen ihre nack­te Brust. Kühl und fest. Sach­te at­mend, kühl und fest. Es roch gut – nach Haar und Fleisch.

      »Mach doch zu!«, flüs­ter­te sie un­ge­dul­dig. »Zieh dich aus – lass den Un­sinn! Du bist doch kein Schü­ler mehr!«

      Mit ei­nem tie­fen Seuf­zer rich­te­te ich mich auf. Ich ging an das Fens­ter, nahm die Fla­sche und schwang mich hin­aus auf das Schup­pen­dach. Ich hör­te einen är­ger­li­chen zor­ni­gen Ruf hin­ter mir. Aber ich ließ mich schon hin­ab in den Gar­ten.

      »Be­sof­fe­ner al­ter Trot­tel!«, rief sie oben, dann schlug das Fens­ter zu.

      Ich stand zwi­schen Bü­schen, ich roch den Duft des Flie­ders. Die Früh­lings­nacht war ganz rein. Ich setz­te die Fla­sche an den Mund und trank lan­ge …

      7

      Ich gehe und gehe. Ich mar­schie­re und sin­ge mir ein Lied dazu, ei­nes je­ner Wan­der­lie­der, die ich frü­her bei Aus­flü­gen mit Mag­da sang. Dann hum­pe­le ich wie­der lan­ge Stre­cken auf schmer­zen­den Fü­ßen. Ich habe mir eine Zehe an ei­nem Stein ge­sto­ßen, mit mei­nen un­be­schuh­ten Fü­ßen ist es schlech­tes Wan­dern. Längst sind mei­ne St­rümp­fe zer­ris­sen. Kreu­ze ich einen Bach, klet­te­re ich die Bö­schung hin­un­ter, set­ze mich auf einen Stein und hal­te die Füße ins Was­ser, das mich zu­erst durch sei­ne Ei­ses­käl­te er­schreckt. Dann tut es gut, und, auf mei­nem Stein sit­zend, schla­fe ich ein.

      Ich wa­che frie­rend, ei­sig auf, ich bin von mei­nem Sitz ge­fal­len, ich wan­de­re wei­ter. Je schnel­ler ich gehe, umso län­ger scheint der Weg zu wer­den. Die Obst­bäu­me an den Stra­ßen­rän­dern flie­gen nur so an mir vor­bei, aber ich kom­me nicht vor­wärts. Ich weiß nicht, wo ich bin, nur sehr fern von Haus. Ich weiß nicht, wie spät es ist, aber noch ist es Nacht. Zwei Hän­de breit steht der Mond noch über dem Ho­ri­zont.

      Und ich wan­de­re. Ich wan­de­re durch ein schla­fen­des Dorf. Nir­gends ist mehr Licht, alle schla­fen, nur ich bin noch un­ter­wegs, ich, Er­win Som­mer, In­ha­ber ei­nes Lan­des­pro­duk­ten­ge­schäf­tes en gros. Nicht mehr, nicht mehr, das war ein­mal. Was hier wan­dert durch die mon­d­er­füll­te Nacht, was ist das noch? Es war ein­mal – lan­ge ist’s her. Ver­sun­ken, vor­bei, fast ver­ges­sen …

      Ein Hund er­wacht in sei­ner Hüt­te von mei­nem Schlurf­schritt, schlägt an, fängt an zu kläf­fen, an­de­re Hun­de er­wa­chen, und nun bellt das gan­ze Dorf, und ich schlur­fe hin­durch, auf blu­ti­gen Soh­len, ein Stro­mer, und ges­tern war ich noch … O schweig stil­le …!

      Und im Schat­ten des höl­zer­nen Kirch­turms blei­be ich ste­hen, wie­der ein­mal hebe ich die Fla­sche zum Mund und trin­ke. Das lullt die Fra­gen ein, das bringt die Schmer­zen zur Ruhe, das ist eine Peit­sche für die nächs­te hal­be Stun­de Weg … Aber nicht viel ist mehr in der Fla­sche, ich muss den kost­ba­ren Stoff zu­ra­te hal­ten. Den letz­ten Schluck – und er muss groß sein! – trin­ke ich auf der Schwel­le mei­nes Hau­ses, ehe ich vor Mag­da tre­te. Aber Mag­da schläft, ich wer­de ganz lei­se mich auf ein Sofa le­gen, heu­te Nacht wird es kei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mehr ge­ben. Und mor­gen?

      Mor­gen ist sehr weit, bis mor­gen wer­de ich tief, tief schla­fen, ich wer­de al­les ver­ges­sen, was heu­te war, ich wer­de wie­der der Chef der Fir­ma sein, der wohl einen klei­nen Feh­ler be­gan­gen hat, aber der auch die Fä­hig­keit be­sitzt, die Schar­te wie­der aus­zu­wet­zen …

      Ich habe die lee­re Fla­sche in ei­nem Ge­büsch des Gar­tens ver­bor­gen, nun stei­ge ich auf mei­nen nack­ten Fü­ßen ganz lei­se die Stu­fen zur Haus­tür em­por. Auch das lei­se Öff­nen des Schlos­ses ge­lingt mir leicht. Ich bin jetzt nicht mehr die Spur be­trun­ken, ob­gleich ich eben erst nicht nur einen, nein, so­gar zwei sehr große Schlu­cke Korn ge­nom­men habe – der Rest in der Fla­sche war grö­ßer ge­we­sen, als ich er­war­tet hat­te. Aber das ist nur gut, um so kla­rer und si­che­rer bin ich jetzt. Ich wer­de kei­nen Feh­ler be­ge­hen, nie­man­den wer­de ich we­cken.

      Wie lis­tig ich bin. Es zog mich ins Ba­de­zim­mer, mir die blu­ti­gen Füße zu wa­schen, aber mein kla­rer Kopf er­in­ner­te mich, dass das Rau­schen der Häh­ne dort Mag­da we­cken wür­de, und jetzt schlei­che ich in die Kü­che. In der Kü­che darf ich mich wa­schen, ne­ben der Kü­che schläft nur die klei­ne Else, sie meint es gut mit mir. Sie hat mich ge­trös­tet, sie ist nicht tüch­tig und hart wie Mag­da.

      Ich ma­che Licht, ich sehe mich in der Kü­che um. Ich wäh­le eine große Email­le­schüs­sel, und ich den­ke dar­an, im Boi­ler am Herd nach­zu­se­hen, ob dort noch et­was war­mes Was­ser ist. Das Was­ser ist wirk­lich noch lau, ich bin stolz auf mei­ne Tüch­tig­keit, ich hole Wasch­sei­fe, das Kü­chen­hand­tuch, die Ge­schirr­tü­cher und eine Bürs­te. Dann set­ze ich mich auf einen Stuhl und ste­cke die Füße ins Was­ser.

      Ach, wie gut das tut, wie sanft die­ses СКАЧАТЬ