Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ wi­der­sprach ihr nicht. Mein gan­zer Kör­per war tat­säch­lich so von Trun­ken­heit er­füllt, dass sie wie ein schwär­me­n­des Bie­nen­volk in ihm zu sum­men schi­en: Kei­ne Stel­le war frei von ihr.

      Sie setz­te das Glas ab, sah mich mit ein­ge­knif­fe­nen Au­gen an und frag­te spöt­tisch: »Nun, wie viel Schnäp­se ha­ben Sie sich in mei­ner Ab­we­sen­heit ein­ge­schenkt? Fünf? Sechs?«

      »Nur drei!«, ant­wor­te­te ich und lach­te. Ich kam über­haupt nicht auf die Idee, mich zu schä­men, vor die­sem Mäd­chen ver­gin­gen ei­nem sol­che Ge­füh­le voll­stän­dig. »Wie heißt du üb­ri­gens?«

      »Willst du öf­ter kom­men?«, frag­te sie da­ge­gen.

      »Vi­el­leicht«, ant­wor­te­te ich et­was ver­wirrt. »Wie­so?«

      »Wozu willst du sonst mei­nen Na­men wis­sen? Für die hal­be Stun­de, die wir hier noch sit­zen, reicht ›klei­ne Hüb­sche‹ oder wie du sonst sagst, voll­kom­men …«

      »Also sag dei­nen Na­men nicht«, rief ich, plötz­lich ge­reizt. »Wie egal mir das ist!«

      Ich griff zur Fla­sche und schenk­te mir wie­der ein. Schon jetzt war mir klar, dass ich völ­lig be­trun­ken war und dass ich nicht mehr wei­ter­trin­ken durf­te. Den­noch blieb der Hang wei­ter­zu­trin­ken stär­ker. Das far­bi­ge Ge­spinst in mei­nem Hirn ver­lock­te mich, die nie be­tre­te­nen dunklen Dickich­te in mei­nem In­nern reiz­ten mei­nen Fuß; fer­ne rief lei­se nach mir eine Stim­me, ich wuss­te nicht, was, je­den­falls Lo­ckung …

      »Ich weiß nicht, ob ich öf­ter hier­her­kom­men wer­de«, sag­te ich has­tig. »Ich kann dich nicht aus­ste­hen, ich has­se dich, und trotz­dem bin ich heu­te Abend zu dir zu­rück­ge­kehrt. Heu­te früh habe ich den ers­ten Schnaps mei­nes Le­bens ge­trun­ken, du hast ihn mir ein­ge­schenkt, du hast dich mit ihm ein­ge­schli­chen in mein Blut, ver­gif­tet hast du mich! Du bist wie der Geist des Schnap­ses: schwe­bend, trun­ken ma­chend, feil …« Ich sah sie an, atem­los, selbst am meis­ten über­rascht von die­sen Wor­ten, die aus mir sich hin­aus­schleu­der­ten, ich wuss­te nicht wo­her …

      Sie saß mir ge­gen­über. Ihre Nä­he­rei hat­te sie nicht wie­der auf­ge­nom­men. Die Bei­ne ohne St­rümp­fe in ro­ten Schu­hen hat­te sie über­ge­schla­gen, und den Rock ein we­nig von den Kni­en zu­rück­ge­scho­ben. Die Bei­ne wa­ren et­was derb, aber lang und schön ge­fes­selt. An der rech­ten Wade sah ich ein fast pfen­nig­großes, brau­nes Mut­ter­mal – das schi­en mir schön. In der Hand hielt sie eine Zi­ga­ret­te, sie blies den Rauch breit durch die fest ge­schlos­se­nen Lip­pen, ohne Zwin­kern sah sie mich an. »Nur wei­ter, Vä­ter­chen«, sag­te sie, »du ent­wi­ckelst dich … nur wei­ter …«

      Ich ver­such­te, nach­zu­den­ken. Wo­von hat­te ich eben noch ge­re­det? Das Ver­lan­gen, sie zu um­ar­men, sie zu be­tas­ten, wur­de fast über­mäch­tig in mir. Aber ich lehn­te mich fest in mei­nen Korb­ses­sel zu­rück, ich klam­mer­te mich mit mei­nen Hän­den an die Leh­nen. Plötz­lich hör­te ich mich dann wie­der spre­chen. Ich sprach ganz lang­sam und sehr deut­lich, und doch war ich atem­los vor Er­re­gung. »Ich bin ein Kauf­mann«, hör­te ich mich sa­gen. »Ich hat­te ein recht gu­tes Ge­schäft, aber jetzt ste­he ich vor dem Bank­rott. Sie wer­den mich aus­la­chen, alle, alle, mei­ne Frau zu­erst … Ich habe vie­le Feh­ler ge­macht, Mag­da wird sie mir alle vor­hal­ten. Du weißt doch, Mag­da ist mei­ne Frau …?«

      Sie sah mich un­ver­wandt an, mit ih­rem sehr wei­ßen, wie ge­pu­der­ten Ge­sicht, das et­was Ge­dun­se­nes hat­te; hoch und ge­wölbt stan­den in ihm über den fast farb­lo­sen Au­gen die dunklen Brau­en.

      »Aber ich kann noch Geld her­aus­zie­hen, aus dem Ge­schäft, ein paar Tau­send Mark. Ich täte es schon, um Mag­da zu är­gern. Mag­da will das Ge­schäft ret­ten. Ist sie mehr als ich? Ich könn­te das Ge­schäft ver­kau­fen, ich weiß auch schon, an wen, es ist eine jun­ge Fir­ma. Er wür­de mir zehn-, viel­leicht auch zwölf­tau­send Mark da­für ge­ben, wir wür­den auf Rei­sen ge­hen … Warst du schon ein­mal in Pa­ris?«

      Sie sah mich an, kei­ne Zu­stim­mung oder Ver­nei­nung war auf ih­rem Ge­sicht zu le­sen.

      Ich re­de­te wei­ter, schnel­ler, atem­lo­ser. »Ich war auch noch nicht dort«, fuhr ich fort, »aber ich habe da­von ge­le­sen. Es ist die Stadt der baum­be­stan­de­nen Bou­le­vards, der wei­ten Plät­ze, der lau­bi­gen Parks … Als Jun­ge habe ich ein biss­chen Fran­zö­sisch ge­lernt, aber ich kam zu früh von der Schu­le, die El­tern hat­ten nicht Geld ge­nug. Weißt du, was das heißt: ›Don­nez-moi un bai­ser, ma­de­moi­sel­le‹?«

      Kein Zei­chen von ihr, nicht ja, nicht nein.

      »Es heißt: ›Ge­ben Sie mir einen Kuss, mein Fräu­lein.‹ Aber zu dir müss­te man sa­gen: Don­nez-moi un bai­ser, ma rei­ne! Rei­ne, das heißt Kö­ni­gin, und du bist die Kö­ni­gin mei­nes Her­zens, du bist die Kö­ni­gin des Gif­tes, das in Fla­schen ver­korkt wird, gib mir dei­ne Hand, El­sa­be – ich wer­de dich El­sa­be nen­nen, Kö­ni­gin – ich will dei­ne Hand küs­sen …«

      Sie goss mir das Glas voll. »Da, trink das noch, und dann gehst du nach Haus. Ge­nug – du hast ge­nug ge­trun­ken, und ich habe ge­nug von dir. Du kannst die Fla­sche Korn mit­neh­men, du musst die gan­ze Fla­sche be­zah­len, zum Gast­stu­ben­preis. Das ist kein Nepp, komm mir mor­gen nicht, dass ich dich ge­neppt habe; du hast dir sel­ber ein­ge­schenkt, ich weiß nicht, wie viel …«

      »Rede nicht, El­sa­be«, sag­te ich prah­le­risch-wei­ner­lich. »Nie wür­de ich so et­was tun! Was ist Geld …?!«

      »Leh­re du mich die Män­ner ken­nen! Wenn ihr voll und geil seid, schreit ihr: ›Was ist Geld?‹ Und am nächs­ten Mor­gen kommt ihr mit dem Gen­darmen und schreit von Nepp. Der Korn und der Sekt und mei­ne Zi­ga­ret­ten – das macht zu­sam­men …« Sie nann­te eine Sum­me.

      »Wenn es nicht mehr ist!«, rief ich wie­der prah­le­risch und riss mei­ne Brief­ta­sche her­vor. »Hier hast du …!« Ich leg­te ihr das Geld hin. »Und hier …«, ich nahm einen Hun­dert­mark­schein und leg­te ihn da­ne­ben, »der ist für dich. Weil ich dich has­se und weil du mich ver­ach­test. Nimm ihn, nimm ihn schon. Ich will nichts von dir, gar nichts! Geh. Ich habe dich schon so im Blut, ich kann dich nie mehr be­sit­zen, als ich dich in mir habe. Wahr­schein­lich bist du öde und lang­wei­lig, du bist nicht von hier, na­tür­lich aus ir­gend­ei­ner Groß­stadt, wo du al­les ge­las­sen hast – das sind ja nur Res­te!«

      Wir stan­den uns ge­gen­über, das Geld lag auf dem Tisch, das Licht war düs­ter. Ich schwank­te lei­se über mei­nen Fü­ßen, die fast halb ge­leer­te Korn­fla­sche hielt ich am Hal­se in mei­ner Hand.

      Sie sah mich an. »Steck dein Geld ein!«, sag­te sie flüs­ternd. »Nimm dein Geld vom Tisch … Ich will dein Geld nicht … Geh …«

      »Du kannst mich nicht zwin­gen, das Geld wie­der zu neh­men, ich las­se es lie­gen … Ich be­schen­ke dich, Kö­ni­gin des kla­ren Korns, El­sa­be ge­nannt, ich gehe …«

      Ich ging müh­sam auf die Tür zu, der Schlüs­sel СКАЧАТЬ