Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ ge­wiss!«, be­eil­te sich der Arzt zu ver­si­chern. »Ich wer­de mit dem Herrn Pro­fes­sor dar­über spre­chen …«

      »Das ist ganz un­nö­tig. Was wir hier ver­ein­ba­ren, ist end­gül­tig. Soll­te mein Va­ter wirk­lich wie­der bei uns zu Hau­se ein­tref­fen, so wird da­für ge­sorgt sein, dass noch am glei­chen Tage eine neue Ein­lie­fe­rung hier er­folgt, und zwar ei­nes völ­lig be­trun­ke­nen Man­nes! So wür­de Ihre voll­stän­di­ge Hei­lung aus­se­hen, Herr Ober­arzt, und ich ste­he Ih­nen da­für, dass die Fol­gen für Sie nicht an­ge­nehm sein wür­den!«

      Die bei­den sa­hen ein­an­der durch ihre Bril­lenglä­ser an. Aber lei­der war der Ober­arzt ein Feig­ling: er senk­te vor dem scham­los fre­chen Blick Bal­durs das Auge. Er sag­te: »Ge­wiss ist bei Dip­so­ma­nen, bei Trin­kern, die Ge­fahr ei­nes Rück­falls stets groß. Und wenn Ihr Herr Va­ter, wie Sie mir eben be­rich­tet ha­ben, schon stets ge­trun­ken hat …«

      »Er hat sei­ne Knei­pe ver­sof­fen. Er hat al­les, was mei­ne Mut­ter ver­dient hat, ver­sof­fen. Und er wür­de heu­te noch al­les, was wir vier Kin­der ver­die­nen, ver­sau­fen, wenn wir es zulie­ßen. Mein Va­ter bleibt hier!«

      »Ihr Va­ter bleibt hier. Bis auf Wei­te­res. Wenn Sie spä­ter, even­tu­ell nach dem Krie­ge, bei ei­nem Be­such doch den Ein­druck ha­ben soll­ten, dass Ihr Herr Va­ter sich we­sent­lich ge­bes­sert hat …«

      Wie­der schnitt Bal­dur Per­si­cke dem Arzt das Wort ab. »Mein Va­ter wird kei­ne Be­su­che mehr emp­fan­gen, we­der von mir noch von mei­nen Ge­schwis­tern, noch von mei­ner Mut­ter. Wir wis­sen, er ist hier gut auf­ge­ho­ben, das ge­nügt uns.« Bal­dur sah den Arzt durch­drin­gend an, hielt sei­nen Blick fest. Wäh­rend er bis­her mit lau­ter, fast be­feh­len­der Stim­me ge­spro­chen hat­te, fuhr er nun lei­ser fort: »Mein Va­ter hat mir von ge­wis­sen grü­nen Sprit­zen ge­spro­chen, Herr Ober­arzt …«

      Der Ober­arzt fuhr ein we­nig zu­sam­men. »Eine rei­ne Er­zie­hungs­maß­nah­me. Ganz ge­le­gent­lich bei re­ni­ten­ten jün­ge­ren Pa­ti­en­ten an­ge­wandt. Schon das Al­ter Ihres Va­ter ver­bie­tet …«

      Wie­der wur­de er un­ter­bro­chen. »Mein Va­ter hat be­reits eine die­ser grü­nen Sprit­zen be­kom­men …«

      Der Arzt rief: »Das ist aus­ge­schlos­sen! Ver­zei­hung, Herr Per­si­cke, da muss ein Irr­tum vor­lie­gen!«

      Bal­dur sag­te streng: »Mein Va­ter hat mir von die­ser einen Sprit­ze be­rich­tet. Er er­zähl­te mir, sie habe ihm gut­ge­tan. Wa­rum wird er nicht wei­ter so be­han­delt, Herr Ober­arzt?«

      Der Arzt war völ­lig ver­wirrt. »Aber, Herr Per­si­cke! Eine rei­ne Er­zie­hungs­maß­nah­me! Der Be­han­del­te bricht stun­den­lang, oft ta­ge­lang da­nach!«

      »Na, und was wei­ter? Las­sen Sie ihn doch kot­zen! Vi­el­leicht macht ihm Kot­zen Spaß! Mir hat er ver­si­chert, die grü­ne Sprit­ze hät­te ihm gut­ge­tan. Er sehnt sich ge­ra­de­zu nach der zwei­ten. Wa­rum ver­wei­gern Sie ihm das Mit­tel, da es ihn doch bes­sert?«

      »Nein, nein!«, sag­te der Arzt ei­lig. Und er setz­te voll Scham über sich selbst hin­zu: »Es muss ein Miss­ver­ständ­nis vor­lie­gen! Ich habe noch nie ge­hört, dass Pa­ti­en­ten eine Sprit­ze mit …«

      »Herr Ober­arzt, wer ver­steht einen Pa­ti­en­ten bes­ser als der ei­ge­ne Sohn? Und ich bin der Lieb­lings­sohn mei­nes Va­ters, müs­sen Sie wis­sen. Ich wäre Ih­nen wirk­lich sehr ver­bun­den, wenn Sie dem Ober­pfle­ger, oder wer da­für zu­stän­dig ist, jetzt noch in mei­ner Ge­gen­wart die Wei­sung er­tei­len wür­den, mei­nem Va­ter so­fort solch eine Sprit­ze zu ver­ab­fol­gen. Ich gin­ge so­zu­sa­gen be­ru­hig­ter nach Haus – habe ich dem al­ten Man­ne doch einen Wunsch er­füllt!«

      Der Arzt sah sehr blass in das Ge­sicht sei­nes Ge­gen­übers.

      »Sie mei­nen also wirk­lich? Ich soll jetzt auf der Stel­le?«, mur­mel­te er.

      »Aber kann denn an mei­ner Mei­nung noch ein Zwei­fel be­ste­hen, Herr Ober­arzt? Ich fin­de Sie für einen lei­ten­den Arzt ent­schie­den ein we­nig weich. Sie hat­ten vor­hin wirk­lich ganz recht: Sie hät­ten eine Na­po­la be­su­chen und Ihre Füh­re­rei­gen­schaf­ten kräf­ti­ger ent­wi­ckeln müs­sen!« Und er füg­te bos­haft hin­zu: »Frei­lich gibt es bei Ihrem Ge­burts­feh­ler noch an­de­re Er­zie­hungs­mög­lich­kei­ten …«

      Nach ei­ner lan­gen Pau­se sag­te der Arzt lei­se: »Ich wer­de jetzt also ge­hen und Ihrem Va­ter sei­ne Sprit­ze ma­chen …«

      »Aber, bit­te, Herr Dok­tor Mar­tens, warum las­sen Sie das nicht den Ober­pfle­ger tun? Da es doch zu sei­nen Pf­lich­ten zu ge­hö­ren scheint?«

      Der Arzt saß in ei­nem schwe­ren Kampf mit sich. Es war wie­der ganz still im Zim­mer.

      Dann stand er lang­sam auf. »Ich wer­de also dem Ober­pfle­ger Be­scheid sa­gen …«

      »Ich be­glei­te Sie ger­ne. Ich in­ter­es­sie­re mich mäch­tig für Ihren Be­trieb. Sie ver­ste­hen, Aus­son­de­rung des nicht Le­bens­wer­ten, Ste­ri­li­sie­run­gen und so wei­ter …«

      Bal­dur Per­si­cke stand da­ne­ben, wie der Arzt dem Ober­pfle­ger sei­ne Wei­sun­gen er­teil­te. Dem Pa­ti­en­ten Per­si­cke sei die und die Sprit­ze zu ver­ab­fol­gen …

      »Also eine Kotz­sprit­ze, mein Lie­ber!«, sag­te Bal­dur huld­reich. »Wie viel ge­ben Sie denn im All­ge­mei­nen? Soso, na, ein biss­chen mehr wird auch nichts scha­den, was? Kom­men Sie mal, ich habe hier ein paar Zi­ga­ret­ten. Na, neh­men Sie schon die gan­ze Schach­tel, Ober­pfle­ger!«

      Der Ober­pfle­ger be­dank­te sich und ging, die Sprit­ze mit der grü­nen Flüs­sig­keit in der Hand.

      »Na, da ha­ben Sie aber einen rich­ti­gen Bul­len zum Ober­pfle­ger! Ich kann mir schon den­ken, wenn der da­zwi­schen­schlägt, gib­t’s Klein­holz. Mus­keln, Mus­keln sind das hal­be Le­ben, Herr Dok­tor Mar­tens! Na, denn noch mei­nen schöns­ten Dank, Herr Ober­arzt! Hof­fent­lich geht die Be­hand­lung recht er­folg­reich wei­ter. Na denn, Heil Hit­ler!«

      »Heil Hit­ler, Herr Per­si­cke!«

      In sei­nem Dienst­zim­mer an­ge­kom­men, sank der Ober­arzt Dr. Mar­tens schwer in einen Ses­sel. Er fühl­te, dass er an al­len Glie­dern zit­ter­te und dass kal­ter Schweiß sei­ne Stir­ne be­deck­te. Aber er fand noch kei­ne Ruhe. Er stand wie­der auf und ging an den Me­di­ka­men­ten­schrank. Lang­sam zog er sich eine Sprit­ze auf. Aber es war kei­ne grü­ne Flüs­sig­keit dar­in, so­sehr er auch Grund fühl­te, über die gan­ze Welt und sein Le­ben ins­be­son­de­re zu kot­zen. Dr. Mar­tens zog Mor­phi­um vor.

      Er kehr­te in sei­nen Ses­sel zu­rück, streck­te die Glie­der be­hag­lich aus, auf die Wir­kung des Nar­ko­ti­kums war­tend.

      Wie fei­ge ich doch bin!, dach­te er. Fei­ge zum СКАЧАТЬ