Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ heil da­von­kom­men. Sie ha­ben zu viel her­aus­ge­fun­den. Es ist wahr, was du sagst: ei­gent­lich ha­ben wir nichts Bö­ses ge­tan. Der Kar­li hat für einen an­de­ren einen Kof­fer auf­be­wahrt, ohne zu wis­sen, was dar­in ist, und ich habe für den Va­ter eine Post­kar­te ab­ge­legt. Aber sie sa­gen, das ist Hoch­ver­rat und kos­tet den Kopf.«

      »Das hat si­cher der Laub ge­sagt, die­ser schreck­li­che Kerl!«

      »Ich weiß nicht, wie er heißt, aber das ist mir auch ganz egal. So sind sie doch alle! Auch die auf der Auf­nah­me hier, alle sind sie sich gleich. Aber es ist viel­leicht ganz gut, dass es so viel ist: Jah­re und Jah­re in ei­nem Zucht­haus sit­zen …«

      »Die Herr­schaft von de­nen wird nicht mehr Jah­re und Jah­re dau­ern, Tru­del!«

      »Wer weiß? Und was ha­ben sie al­les den Ju­den und den an­de­ren Völ­kern an­tun dür­fen – ohne Stra­fe! Glaubst du wirk­lich, dass es Gott gibt, Mut­ter?«

      »Ja, Tru­del, das glau­be ich. Otto woll­te es ja im­mer nicht er­lau­ben, aber das ist mein ein­zi­ges Ge­heim­nis vor ihm: ich glau­be noch an Gott.«

      »Ich habe nie so recht an ihn glau­ben kön­nen. Aber es wäre schön, wenn es Gott gäbe, denn dann wüss­te ich doch, Kar­li und ich wür­den nach dem Tode zu­sam­men sein!«

      »Das wer­det ihr, Tru­del. Sieh ein­mal, auch Otto glaubt nicht an Gott. Er sagt, er weiß, mit die­sem Le­ben ist al­les zu Ende. Aber ich weiß, ich wer­de mit ihm zu­sam­men sein nach un­serm Tode, im­mer und ewig. Das weiß ich, Tru­del!«

      Tru­del sah zu der Prit­sche hin­über mit der stil­len Ge­stalt, sie ängs­tig­te sich.

      Sie sag­te: »Sie sieht nicht gut aus, die­se Frau da! Ich habe Angst, wenn ich sie an­se­he, mit ih­ren To­ten­fle­cken und so auf­ge­trie­ben! Ich möch­te nicht so da­lie­gen, Mut­ter!«

      »Sie liegt schon den drit­ten Tag so, Tru­del, sie ho­len sie ja nicht weg. Sie sah sehr schön aus, als sie ge­stor­ben war, so still und fei­er­lich. Aber jetzt ist die See­le aus ihr ent­flo­hen, jetzt liegt sie da wie ein Stück ver­dor­be­nes Fleisch.«

      »Sie sol­len sie fortho­len! Ich kann sie nicht an­se­hen! Ich will die­sen Ge­stank nicht mehr at­men!«

      Und ehe Anna Quan­gel es noch hat­te hin­dern kön­nen, war Tru­del zur Tür ge­eilt. Mit den Hän­den trom­mel­te sie ge­gen das Ei­sen­blech und schrie: »Auf­ma­chen! So­fort auf­ma­chen! Hört doch!«

      Das war ver­bo­ten, je­des Lär­men war ver­bo­ten, ei­gent­lich war so­gar je­des Spre­chen ver­bo­ten.

      Anna Quan­gel eil­te zu Tru­del, sie hielt ihre Hän­de fest, zog sie von der Tür fort und flüs­ter­te angst­voll: »Das darfst du nicht tun, Tru­del! Das ist ver­bo­ten! Sie wer­den her­ein­kom­men und dich schla­gen!«

      Aber es war schon zu spät. Das Schloss knack­te, und her­ein stürz­te ein rie­sen­lan­ger SS-Mann mit er­ho­be­nem Gum­mi­knüt­tel. »Was habt ihr hier zu schrei­en, ihr Nut­ten?«, brüll­te er. »Habt ihr etwa Be­feh­le zu ge­ben, ihr Hu­ren­ge­sin­del?«

      Die bei­den Frau­en sa­hen ihn aus ei­nem Win­kel angst­voll an.

      Er ging nicht zu ih­nen, sie zu schla­gen. Er ließ den Tot­schlä­ger sin­ken und mur­mel­te:

      »Das stinkt ja hier wie ein gan­zer Lei­chen­kel­ler! Wie lan­ge liegt die denn schon hier?«

      Er war ein blut­jun­ger Bur­sche, sein Ge­sicht war blass ge­wor­den.

      »Schon den drit­ten Tag«, sag­te Frau Anna. »Ach, sei­en Sie doch so gut und se­hen Sie, dass die Tote aus der Zel­le kommt! Man kann hier wirk­lich nicht mehr at­men!«

      Der SS-Mann mur­mel­te et­was und ging aus der Zel­le. Aber er ver­schloss die Tür nicht wie­der, er lehn­te sie nur an.

      Lei­se schli­chen die bei­den an die Tür, stie­ßen sie ein we­nig wei­ter auf, nur ein we­nig wei­ter, und at­me­ten durch den Spalt die aus Des­in­fek­ti­ons- und Ab­ort­ge­rü­chen ge­misch­te Luft des Gan­ges wie ein Lab­sal.

      Dann zo­gen sie sich wie­der zu­rück, denn der jun­ge SS-Mann kam den Gang her­auf.

      »So!«, sag­te er und hat­te einen Zet­tel in der Hand. »Dann fasst man fix an! Du, Alte, nimm sie bei den Bei­nen, und du, Jun­ge, nimm sie beim Kopf. Los mit euch – ihr wer­det doch solch ein Ge­rip­pe tra­gen kön­nen?!«

      Sein Ton war bei all sei­ner Rau­heit fast gut­mü­tig, er half auch beim Tra­gen.

      Sie gin­gen einen lan­gen Gang hin­auf, dann wur­de eine ei­ser­ne Git­ter­tür ge­schlos­sen, ihr Beglei­ter wies ei­nem Pos­ten sei­nen Zet­tel, und nun ging es vie­le stei­ner­ne Trep­pen hin­ab. Es wur­de feucht, das elek­tri­sche Licht brann­te düs­ter.

      »Da!«, sag­te der SS-Mann und schloss eine Tür auf. »Das ist der Lei­chen­kel­ler. Legt sie hier­her auf die Prit­sche. Aber zieht sie aus. Klei­der sind knapp. Es wird al­les ge­braucht!«

      Er lach­te, aber sein La­chen klang ge­zwun­gen.

      Die Frau­en stie­ßen einen Schrei des Ent­set­zens aus. Denn in die­sem wahr­haf­ten Lei­chen­kel­ler la­gen tote Män­ner und Frau­en, und alle nackt, wie sie auf die Welt ge­kom­men wa­ren. Da la­gen sie, mit zer­schla­ge­nen Ge­sich­tern, mit blu­ti­gen Strie­men, mit ver­dreh­ten Glie­dern, krus­tig von Blut und Schmutz. Nie­mand hat­te sich die Mühe ge­nom­men, ih­nen die Au­gen zu­zu­drücken, sie starr­ten tot, und man­che schie­nen auch tückisch zu blin­zeln, als sei­en sie neu­gie­rig und freu­ten sich über den Zu­wachs, der ih­nen da zu­ge­tra­gen wur­de.

      Und wäh­rend Anna und Tru­del sich mit zit­tern­den Hän­den müh­ten, die tote Ber­ta mög­lichst rasch ih­rer Klei­der zu ent­le­di­gen, konn­ten sie es doch nicht las­sen, im­mer wie­der neu einen Blick hin­ter sich auf die Ver­samm­lung der To­ten zu wer­fen, auf die­se Mut­ter, de­ren lang her­ab­hän­gen­de Brust für im­mer ver­siegt war, auf einen al­ten Mann, der so si­cher ge­hofft hat­te, nach ei­nem ar­beits­rei­chen Le­ben ru­hig in sei­nem Bett zu ster­ben, nach je­nem jun­gen, weißlip­pi­gen Mäd­chen, das er­schaf­fen war, Lie­be zu ge­ben und zu emp­fan­gen, nach dem Bur­schen mit der zer­schmet­ter­ten Nase und ei­nem eben­mä­ßi­gen Kör­per, der wie gelb ge­wor­de­nes El­fen­bein aus­sah.

      Es war still in die­sem Raum, ganz lei­se ra­schel­ten un­ter den Hän­den der bei­den Frau­en die Klei­der der to­ten Ber­ta. Dann summ­te eine Flie­ge, und al­les war wie­der still.

      Der SS-Mann sah, die Hän­de in den Ta­schen, den bei­den Frau­en bei ih­rer Ar­beit zu. Er gähn­te, er brann­te sich eine Zi­ga­ret­te an und sag­te: »Ja, ja, so ist das Le­ben!« Und wie­der war al­les still.

      Dann, als Anna Quan­gel die Klei­der zu ei­nem Bün­del ver­schnürt hat­te, sag­te er: »Also ge­hen wir!«

      Aber СКАЧАТЬ