Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 230

СКАЧАТЬ des Geis­tes. – Ist man ge­übt und ge­wohnt, über das Han­deln nach­zu­den­ken, so muß man doch beim Han­deln sel­ber (sei die­ses selbst nur Brief­schrei­ben oder Es­sen und Trin­ken) das in­ne­re Auge schlie­ßen. Ja, im Ge­spräch mit Durch­schnitts­men­schen muß man es ver­ste­hen, mit ge­schlos­se­nen Den­ker-Au­gen zu den­ken, – um näm­lich das Durch­schnitts-Den­ken zu er­rei­chen und zu be­grei­fen. Die­ses Au­gen-Schlie­ßen ist ein fühl­ba­rer, mit Wil­len voll­zieh­ba­rer Akt.

      Die furcht­bars­te Ra­che. – Wenn man sich an ei­nem Geg­ner durch­aus rä­chen will, so soll man so lan­ge war­ten, bis man die gan­ze Hand voll Wahr­hei­ten und Ge­rech­tig­kei­ten hat und sie ge­gen ihn aus­spie­len kann, mit Ge­las­sen­heit: so daß Ra­che üben mit Ge­rech­tig­keit üben zu­sam­men­fällt. Es ist die furcht­bars­te Art der Ra­che: denn sie hat kei­ne In­stanz über sich, an die noch apel­liert wer­den könn­te. So räch­te sich Vol­taire an Pi­ron, mit fünf Zei­len, die über des­sen gan­zes Le­ben, Schaf­fen und Wol­len rich­ten: so­viel Wor­te, so­viel Wahr­hei­ten; so räch­te sich der­sel­be an Fried­rich dem Gro­ßen (in ei­nem Brie­fe an ihn, von Fer­ney aus).

      Lu­xus-Steu­er. – Man kauft in den Lä­den das Nö­ti­ge und Nächs­te und muß es teu­er be­zah­len, weil man mit­be­zahlt, was dort auch feil steht, aber nur sel­ten sei­ne Ab­neh­mer hat: das Lu­xus­haf­te und Ge­lüst­ar­ti­ge. So legt der Lu­xus dem Ein­fa­chen, der sei­ner ent­rät, doch eine fort­wäh­ren­de Steu­er auf.

      Wa­rum die Bett­ler noch le­ben. – Wenn alle Al­mo­sen nur aus Mit­lei­den ge­ge­ben wür­den, so wä­ren die Bett­ler al­le­samt ver­hun­gert.

      Wa­rum die Bett­ler noch le­ben. – Die größ­te Al­mo­sen­spen­de­rin ist die Feig­heit.

      Wie der Den­ker ein Ge­spräch be­nutzt. – Ohne Hor­cher zu sein, kann man viel hö­ren, wenn man ver­steht, gut zu se­hen, doch sich sel­ber für Zei­ten aus den Au­gen zu ver­lie­ren. Aber die Men­schen wis­sen ein Ge­spräch nicht zu be­nut­zen; sie ver­wen­den bei wei­tem zu­viel Auf­merk­sam­keit auf das, was sie sa­gen und ent­geg­nen wol­len, wäh­rend der wirk­li­che Hö­rer sich oft be­gnügt, vor­läu­fig zu ant­wor­ten und et­was als Ab­schlags­zah­lung der Höf­lich­keit über­haupt zu sa­gen, da­ge­gen mit sei­nem hin­ter­hal­ti­gen Ge­dächt­nis­se al­les da­von­trägt, was der an­de­re ge­äu­ßert hat, nebst der Art in Ton und Ge­bär­de, wie er es äu­ßer­te. – Im ge­wöhn­li­chen Ge­sprä­che meint je­der der Füh­ren­de zu sein, wie wenn zwei Schif­fe, die ne­ben­ein­an­der fah­ren und sich hier und da einen klei­nen Stoß ge­ben, bei­der­seits im gu­ten Glau­ben sind, ihr Nach­bar­schiff fol­ge oder wer­de so­gar ge­schleppt.

      Die Kunst, sich zu ent­schul­di­gen. – Wenn sich je­mand vor uns ent­schul­digt, so muß er es sehr gut ma­chen: sonst kom­men wir uns sel­ber leicht als die Schul­di­gen vor und ha­ben eine un­an­ge­neh­me Emp­fin­dung.

      Un­mög­li­cher Um­gang. – Das Schiff dei­ner Ge­dan­ken geht zu tief, als daß du mit ihm auf den Ge­wäs­sern die­ser freund­li­chen, an­stän­di­gen, ent­ge­gen­kom­men­den Per­so­nen fah­ren konn­test. Es sind da der Un­tie­fen und Sand­bän­ke zu vie­le: du wür­dest dich dre­hen und wen­den müs­sen und in fort­wäh­ren­der Ver­le­gen­heit sein, und jene wür­den als­bald auch in Ver­le­gen­heit ge­ra­ten – über dei­ne Ver­le­gen­heit, de­ren Ur­sa­che sie nicht er­ra­ten kön­nen.

      Fuchs der Füch­se. – Ein rech­ter Fuchs nennt nicht nur die Trau­ben sau­er, wel­che er nicht er­rei­chen kann, son­dern auch die, wel­che er er­reicht und an­de­ren vor­weg­ge­nom­men hat.

      Im nächs­ten Ver­keh­re. – Wenn Men­schen auch noch so eng zu­sam­men­ge­hö­ren: es gibt in­ner­halb ih­res ge­mein­sa­men Ho­ri­zon­tes doch noch alle vier Him­mels­rich­tun­gen, und in man­chen Stun­den mer­ken sie es.

      Das Schwei­gen des Ekels. – Da macht je­mand als Den­ker und Mensch eine tie­fe, schmerz­haf­te Um­wand­lung durch und legt dann öf­fent­lich Zeug­nis da­von ab. Und die Hö­rer mer­ken nichts! glau­ben ihn noch ganz als den al­ten! – Die­se ge­wöhn­li­che Er­fah­rung hat man­chen Schrift­stel­lern schon Ekel ge­macht: sie hat­ten die In­tel­lek­tua­li­tät der Men­schen zu hoch ge­ach­tet und ge­lob­ten sich, als sie ih­ren Irr­tum wahr­nah­men, das Schwei­gen an.

      Ge­schäfts-Ernst. – Die Ge­schäf­te man­ches Rei­chen und Vor­neh­men sind sei­ne Art Aus­ru­hens von all­zu­lan­gem ge­wohn­heits­mä­ßi­gem Mü­ßig­gang: er nimmt sie des­halb so ernst und pas­sio­niert, wie an­de­re Leu­te ihre sel­te­nen Muße-Er­ho­lun­gen und –Lieb­ha­be­rei­en.

      Dop­pel­sinn des Au­ges. – Wie das Ge­wäs­ser zu dei­nen Fü­ßen eine plötz­li­che schup­pen­haf­te Er­zit­te­rung über­läuft, so gibt es auch im mensch­li­chen Auge sol­che plötz­li­che Un­si­cher­hei­ten und Zwei­deu­tig­kei­ten, bei de­nen man sich fragt: ist’s ein Schau­dern? ist’s ein Lä­cheln? ist’s bei­des?

      Po­si­tiv und ne­ga­tiv. – Die­ser Den­ker braucht nie­man­den, der ihn wi­der­legt: er ge­nügt sich dazu sel­ber.

      Die Ra­che der lee­ren Net­ze. – Man neh­me sich vor al­len Per­so­nen in acht, wel­che das bitt­re Ge­fühl des Fi­schers ha­ben, der nach mü­he­vol­lem Ta­ge­werk am Abend mit lee­ren Net­zen heim­fährt.

      Sein Recht nicht gel­tend ma­chen. – Macht aus­üben kos­tet Mühe und er­for­dert Mut. Des­halb ma­chen so vie­le ihr gu­tes, al­ler­bes­tes Recht nicht gel­tend, weil dies Recht eine Art Macht ist, sie aber zu faul oder zu fei­ge sind, es aus­zuü­ben. Nach­sicht und Ge­duld hei­ßen die Deck­man­tel-Tu­gen­den die­ser Feh­ler.

      Licht­trä­ger. – In der Ge­sell­schaft wäre kein Son­nen­schein, wenn ihn nicht die ge­bo­re­nen Schmei­chel­kat­zen СКАЧАТЬ