Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ Die Wor­te sind nur Sym­bo­le für die Re­la­tio­nen der Din­ge un­ter ein­an­der und zu uns und be­rüh­ren nir­gends die ab­so­lu­te Wahr­heit: und gar das Wort »Sein« be­zeich­net nur die all­ge­meins­te Re­la­ti­on, die alle Din­ge ver­knüpft, eben­so wie das Wort »Nicht­sein«. Ist aber die Exis­tenz der Din­ge selbst nicht nach­zu­wei­sen, so wird die Re­la­ti­on der Din­ge un­ter ein­an­der, das so­ge­nann­te »Sein« und »Nicht­sein«, uns auch kei­nen Schritt dem Lan­de der Wahr­heit nä­her brin­gen kön­nen. Durch Wor­te und Be­grif­fe wer­den wir nie hin­ter die Wand der Re­la­tio­nen, etwa in ir­gend einen fa­bel­haf­ten Ur­grund der Din­ge, ge­lan­gen und selbst in den rei­nen For­men der Sinn­lich­keit und des Ver­stan­des, in Raum, Zeit und Cau­sa­li­tät ge­win­nen wir Nichts, was ei­ner ve­ri­tas ae­ter­na ähn­lich sähe. Es ist un­be­dingt für das Sub­jekt un­mög­lich, über sich selbst hin­aus Et­was se­hen und er­ken­nen zu wol­len, so un­mög­lich, daß Er­ken­nen und Sein die sich wi­der­spre­chends­ten al­ler Sphä­ren sind. Und wenn Par­me­ni­des, in der un­be­lehr­ten Nai­ve­tät der da­ma­li­gen Kri­tik des In­tel­lekts, wäh­nen durf­te, aus dem ewig sub­jek­ti­ven Be­griff zu ei­nem An-sich-sein zu kom­men, so ist es heu­te, nach Kant, eine ke­cke Igno­ranz, wenn es hier und da, be­son­ders auch un­ter schlecht un­ter­rich­te­ten Theo­lo­gen, die den Phi­lo­so­phen spie­len wol­len, als Auf­ga­be der Phi­lo­so­phie hin­ge­stellt wird, das »Ab­so­lu­te mit dem Be­wußt­sein zu er­fas­sen«, etwa gar in der Form: »das Ab­so­lu­te ist schon vor­han­den, wie könn­te es sonst ge­sucht wer­den?«, wie He­gel sich aus­ge­drückt hat, oder mit der Wen­dung des Be­ne­ke, »daß das Sein ir­gend­wie ge­ge­ben, ir­gend­wie für uns er­reich­bar sein müs­se, da wir sonst nicht ein­mal den Be­griff des Seins ha­ben könn­ten«. Den Be­griff des Seins! Als ob der nicht den ärm­lichs­ten em­pi­ri­schen Ur­sprung be­reits in der Ety­mo­lo­gie des Wor­tes auf­zeig­te! Denn es­se heißt ja im Grun­de nur »ath­men«: wenn es der Mensch von al­len an­de­ren Din­gen ge­braucht, so über­trägt er die Über­zeu­gung, daß er selbst ath­met und lebt, durch eine Me­ta­pher, das heißt durch et­was Un­lo­gi­sches, auf die an­de­ren Din­ge und be­greift ihre Exis­tenz als ein Ath­men nach mensch­li­cher Ana­lo­gie. Nun ver­wischt sich bald die ori­gi­na­le Be­deu­tung des Wor­tes: es bleibt aber im­mer so viel üb­rig, daß der Mensch sich das Da­sein and­rer Din­ge nach Ana­lo­gie des eig­nen Da­seins, also an­thro­po­mor­phisch, und je­den­falls durch eine un­lo­gi­sche Über­tra­gung, vor­stellt. Selbst für den Men­schen, also ab­ge­sehn von je­ner Über­tra­gung, ist aber der Satz »ich ath­me, also giebt es ein Sein« gänz­lich un­zu­rei­chend: als ge­gen wel­chen der­sel­be Ein­wand, wie ge­gen das am­bu­lo, ergo sum oder er­go est, ge­macht wer­den muß.

      12.

      Der and­re Be­griff, von grö­ße­rem Ge­hal­te, als der des Sei­en­den, und gleich­falls be­reits von Par­me­ni­des er­fun­den, wenn­gleich noch nicht so ge­schickt ver­wen­det, wie von sei­nem Schü­ler Zeno, ist der des Unend­li­chen. Es kann nichts Unend­li­ches existiren: denn bei ei­ner sol­chen An­nah­me wür­de sich der wi­der­spruchs­vol­le Be­griff ei­ner vollen­de­ten Unend­lich­keit er­ge­ben. Da nun uns­re Wirk­lich­keit, un­se­re vor­han­de­ne Welt über­all den Cha­rak­ter je­ner vollen­de­ten Unend­lich­keit trägt, so be­deu­tet sie ih­rem We­sen nach einen Wi­der­spruch ge­gen das Lo­gi­sche und so­mit auch ge­gen das Rea­le und ist Täu­schung, Lüge, Phan­tas­ma. Zeno be­dien­te sich be­son­ders der in­di­rek­ten Be­weis­me­tho­de: er sag­te zum Bei­spiel »es kann kei­ne Be­we­gung von ei­nem Orte zum an­dern ge­ben: denn wenn es eine sol­che gäbe, so wäre eine Unend­lich­keit vollen­det ge­ge­ben: dies ist aber eine Un­mög­lich­keit«. Achill kann die Schild­krö­te, die einen klei­nen Vor­sprung hat, im Wett­lau­fe nicht ein­ho­len; denn um nur den Punkt, von dem die Schild­krö­te aus läuft, zu er­rei­chen, müß­te er be­reits zahl­lo­se, un­end­lich vie­le Räu­me durch­lau­fen ha­ben, näm­lich zu­erst die Hälf­te je­nes Rau­mes, dann das Vier­tel, dann das Ach­tel, dann das Sech­zehn­tel und so wei­ter in in­fi­ni­tum. Wenn er that­säch­lich die Schild­krö­te ein­holt, so ist dies ein un­lo­gi­sches Phä­no­men, also je­den­falls kei­ne Wahr­heit, kei­ne Rea­li­tät, kein wah­res Sein, son­dern nur eine Täu­schung. Denn nie ist es mög­lich das Unend­li­che zu be­en­di­gen. Ein andres po­pu­lä­res Aus­drucks­mit­tel die­ser Leh­re ist der flie­gen­de und doch ru­hen­de Pfeil. In je­dem Au­gen­bli­cke sei­nes Flugs hat er eine Lage: in die­ser Lage ruht er. Wäre jetzt die Sum­me der un­end­li­chen La­gen der Ruhe iden­tisch mit Be­we­gung? Wäre jetzt das Ru­hen, un­end­lich wie­der­holt, Be­we­gung, also sein eig­ner Ge­gen­satz? Das Unend­li­che wird hier als Schei­de­was­ser der Wirk­lich­keit be­nutzt, an ihm löst sie sich auf. Wenn aber die Be­grif­fe fest, ewig und sei­end sind – und Sein und Den­ken fällt für Par­me­ni­des zu­sam­men –, wenn also das Unend­li­che nie vollen­det sein kann, wenn Ruhe nie Be­we­gung wer­den kann, so ist der Pfeil in Wahr­heit gar nicht ge­flo­gen: er kam gar nicht von der Stel­le und aus der Ruhe, kein Zeit­mo­ment ist ver­gan­gen. Oder an­ders aus­ge­drückt: es giebt in die­ser so­ge­nann­ten, doch nur an­geb­li­chen Wirk­lich­keit we­der Zeit, noch Raum, noch Be­we­gung. Zu­letzt ist der Pfeil selbst nur eine Täu­schung: denn er stammt aus der Viel­heit, aus der durch die Sin­ne er­zeug­ten Phan­tas­ma­go­rie des Nicht-Ei­nen. An­ge­nom­men der Pfeil hät­te ein Sein, dann wäre er un­be­weg­lich, zeit­los, un­ge­wor­den, starr und ewig – eine un­mög­li­che Vor­stel­lung! An­ge­nom­men, die Be­we­gung wäre wahr­haft real, so gäbe es kei­ne Ruhe, also kei­ne Lage für den Pfeil, also kei­nen Raum – eine un­mög­li­che Vor­stel­lung! An­ge­nom­men, daß die Zeit real sei, so könn­te sie nicht un­end­lich theil­bar sein; die Zeit, die der Pfeil brauch­te, müß­te aus ei­ner be­grenz­ten An­zahl von Zeit­mo­men­ten be­ste­hen, je­der die­ser Mo­men­te müß­te ein Ato­mon sein – eine un­mög­li­che Vor­stel­lung! Alle uns­re Vor­stel­lun­gen, so­bald ihr em­pi­risch ge­geb­ner, aus die­ser an­schau­li­chen Welt ge­schöpf­ter In­halt als ve­ri­tas ae­ter­na ge­nom­men wird, füh­ren auf Wi­der­sprü­che. Giebt es ab­so­lu­te Be­we­gung, so giebt es kei­nen Raum: giebt es ab­so­lu­ten Raum, so giebt es kei­ne Be­we­gung; giebt es ein ab­so­lu­tes Sein, so giebt es kei­ne Viel­heit. Giebt es eine ab­so­lu­te Viel­heit, so giebt es kei­ne Ein­heit. Da soll­te Ei­nem doch klar wer­den, wie we­nig wir mit sol­chen Be­grif­fen das Herz der Din­ge be­rüh­ren oder den Kno­ten der Rea­li­tät auf­knüp­fen: wäh­rend Par­me­ni­des und Zeno um­ge­kehrt an der Wahr­heit und All­gül­tig­keit der Be­grif­fe fest­hal­ten und die an­schau­li­che Welt als das Ge­gen­stück der wah­ren und all­gül­ti­gen Be­grif­fe, als eine Ob­jek­ti­va­ti­on des Un­lo­gi­schen und Wi­der­spruchs­vol­len ver­wer­fen. Sie ge­hen bei al­len ih­ren Be­wei­sen von der gänz­lich un­be­weis­ba­ren, ja un­wahr­schein­li­chen Voraus­set­zung aus, daß wir in je­nem Be­griffs­ver­mö­gen das ent­schei­den­de höchs­te Kri­te­ri­um über Sein und Nicht­sein, das heißt über die ob­jek­ti­ve Rea­li­tät und ihr Ge­gent­heil, be­sit­zen: jene Be­grif­fe sol­len sich nicht an der Wirk­lich­keit be­wäh­ren und cor­ri­gi­ren, wie sie doch aus ihr that­säch­lich ab­ge­lei­tet sind, son­dern sol­len im Ge­gent­heil die Wirk­lich­keit mes­sen und rich­ten, und, im Fal­le ei­nes Wi­der­spruchs mit dem Lo­gi­schen, so­gar ver­dam­men. Um ih­nen die­se rich­ter­li­chen Be­fug­nis­se ein­räu­men zu kön­nen, muß­te Par­me­ni­des ih­nen das­sel­be Sein zu­schrei­ben, das er über­haupt al­lein СКАЧАТЬ