Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ Und ist dies me­cha­nisch oder ma­gisch zu er­klä­ren? Oder, wenn dies nicht der Fall wäre, ist es et­was Drit­tes, was sie be­wegt? Es ist ein schlim­mes Pro­blem: denn Par­me­ni­des hät­te auch, selbst zu­ge­ge­ben, daß es vie­le Sub­stan­zen gäbe, doch im­mer noch die Un­mög­lich­keit der Be­we­gung, ge­gen Ana­xa­go­ras, be­wei­sen kön­nen. Er konn­te näm­lich sa­gen: nehmt zwei an sich sei­en­de We­sen, je­des mit durch­aus ver­schie­den­ar­ti­gem, selb­stän­dig un­be­ding­tem Sein – und sol­cher Art sind die ana­xa­go­ri­schen Sub­stan­zen –: nie kön­nen sie dem­nach auf ein­an­der sto­ßen, nie sich be­we­gen, nie sich an­ziehn, es giebt zwi­schen ih­nen kei­ne Kau­sa­li­tät, kei­ne Brücke, sie be­rüh­ren sich nicht, sie stö­ren sich nicht, sie ge­hen sich nichts an. Der Stoß ist dann ganz eben­so un­er­klär­lich wie die ma­gi­sche An­zie­hung; was sich un­be­dingt fremd ist, kann kei­ne Art von Wir­kung auf ein­an­der aus­üben, also sich auch nicht be­we­gen, noch be­we­gen las­sen. Par­me­ni­des wür­de so­gar hin­zu­ge­fügt ha­ben: der ein­zi­ge Aus­weg, der euch bleibt, ist, den Din­gen selbst Be­we­gung zu­zu­schrei­ben; dann ist aber doch al­les Das, was ihr als Be­we­gung kennt und seht, nur eine Täu­schung und nicht die wah­re Be­we­gung, denn die ein­zi­ge Art Be­we­gung, die je­nen un­be­dingt ei­gen­ar­ti­gen Sub­stan­zen zu­kom­men könn­te, wäre nur eine selbst­eig­ne Be­we­gung ohne jede Wir­kung. Nun nehmt ihr aber ge­ra­de Be­we­gung an, um jene Wir­kun­gen des Wech­sels, der Ver­schie­bung im Rau­me, der Ver­än­de­rung, kurz die Cau­sa­li­tä­ten und Re­la­tio­nen der Din­ge un­ter ein­an­der zu er­klä­ren. Gera­de die­se Wir­kun­gen wa­ren aber nicht er­klärt und blie­ben so pro­ble­ma­tisch wie vor­her; wes­halb gar nicht ab­zu­sehn ist, wozu es nö­thig wäre eine Be­we­gung an­zu­neh­men, da sie gar nicht Das leis­tet, was ihr von ihr be­gehrt. Die Be­we­gung kommt dem We­sen der Din­ge nicht zu und ist ih­nen ewig fremd.

      Sich über eine sol­che Ar­gu­men­ta­ti­on hin­weg­zu­set­zen, wur­den jene Geg­ner der elea­ti­schen un­be­weg­ten Ein­heit durch ein aus der Sinn­lich­keit stam­men­des Vor­urt­heil ver­führt. Es scheint so un­wi­der­leg­lich, daß je­des wahr­haft Sei­en­de ein raum­fül­len­der Kör­per sei, ein Klum­pen Ma­te­rie, groß oder klein, aber je­den­falls räum­lich aus­ge­dehnt: so daß zwei und meh­re­re sol­cher Klum­pen nicht in ei­nem Rau­me sein kön­nen. Un­ter die­ser Voraus­set­zung nahm Ana­xa­go­ras wie spä­ter De­mo­krit an daß sie sich sto­ßen müß­ten, wenn sie in ih­ren Be­we­gun­gen auf ein­an­der ge­rie­then, daß sie sich den glei­chen Raum strei­tig ma­chen wür­den, und daß die­ser Kampf eben alle Ver­än­de­rung ver­ur­sa­che. Mit an­dern Wor­ten: jene ganz iso­lir­ten, durch und durch ver­schie­den­ar­ti­gen und ewig un­ver­än­der­li­chen Sub­stan­zen wa­ren doch nicht ab­so­lut ver­schie­den­ar­tig ge­dacht, son­dern hat­ten sämmt­lich, au­ßer ei­ner spe­ci­fi­schen, ganz be­son­de­ren Qua­li­tät, doch ein ganz und gar gleich­ar­ti­ges Substrat, ein Stück raum­fül­len­der Ma­te­rie. In der Theil­nah­me an der Ma­te­rie stan­den sie Alle gleich und konn­ten des­halb auf ein­an­der wir­ken, d. h. sich sto­ßen. Über­haupt hieng alle Ver­än­de­rung ganz und gar nicht ab von der Ver­schie­den­ar­tig­keit je­ner Sub­stan­zen, son­dern von ih­rer Gleich­ar­tig­keit, als Ma­te­rie. Es liegt hier in den An­nah­men des Ana­xa­go­ras ein lo­gi­sches Ver­se­hen zu Grun­de: denn das wahr­haft an sich Sei­en­de muß gänz­lich un­be­dingt und ein­heit­lich sein, darf so­mit Nichts als sei­ne Ur­sa­che vor­aus­set­zen – wäh­rend alle jene ana­xa­go­ri­schen Sub­stan­zen doch noch ein Be­din­gen­des, die Ma­te­rie ha­ben und de­ren Exis­tenz be­reits vor­aus­set­zen: die Sub­stanz »Roth« zum Bei­spiel war für Ana­xa­go­ras eben nicht nur roth an sich, son­dern au­ßer­dem, ver­schwie­ge­n­er­wei­se, ein Stück qua­li­tä­ten­lo­ser Ma­te­rie. Nur mit die­ser wirk­te das »Roth an sich« auf an­de­re Sub­stan­zen, nicht mit dem Ro­then, son­dern mit Dem, was nicht roth, nicht ge­färbt, über­haupt nicht qua­li­ta­tiv be­stimmt ist. Wäre das Roth als Roth streng ge­nom­men wor­den, als die ei­gent­li­che Sub­stanz selbst, also ohne je­nes Substrat, so wür­de Ana­xa­go­ras ge­wiß nicht ge­wagt ha­ben, von ei­ner Wir­kung des Roth auf and­re Sub­stan­zen zu re­den, etwa gar mit der Wen­dung, daß das »Roth an sich« die vom »Flei­schi­gen an sich« emp­fan­ge­ne Be­we­gung durch Stoß wei­ter­pflan­ze. Dann wür­de es klar sein, daß ein sol­ches wahr­haft Sei­en­des nie be­wegt wer­den könn­te.

      15.

      Man muß auf die Geg­ner der Elea­ten bli­cken, um die au­ßer­or­dent­li­chen Vor­zü­ge in der An­nah­me des Par­me­ni­des zu wür­di­gen. Wel­che Ver­le­gen­hei­ten – de­nen Par­me­ni­des ent­gan­gen war – er­war­te­ten Ana­xa­go­ras und Alle, wel­che an eine Viel­heit der Sub­stan­zen glaub­ten, bei der Fra­ge: »wie viel Sub­stan­zen?« Ana­xa­go­ras mach­te den Sprung, schloß die Au­gen und sag­te: »un­end­lich vie­le«: so war er we­nigs­tens über den un­glaub­lich müh­se­li­gen Nach­weis ei­ner be­stimm­ten An­zahl von Ele­men­tar­stof­fen hin­aus­ge­flo­gen. Da die­se un­end­lich vie­len ohne Zu­wachs und un­ver­än­dert, seit Ewig­kei­ten existiren müß­ten, so war in je­ner An­nah­me der Wi­der­spruch ei­ner ab­ge­schlos­sen und vollen­det zu den­ken­den Unend­lich­keit ge­ge­ben. Kurz, die Viel­heit, die Be­we­gung, die Unend­lich­keit, von Par­me­ni­des durch den stau­nens­wür­di­gen Satz vom einen Sein in die Flucht ge­schla­gen, lehr­ten aus der Ver­ban­nung zu­rück und war­fen auf die Geg­ner des Par­me­ni­des ihre Ge­schos­se, um mit ih­nen Wun­den zu ver­ur­sa­chen, für die es kei­ne Hei­lung giebt. Of­fen­bar ha­ben jene Geg­ner kein si­che­res Be­wußt­sein von der furcht­ba­ren Kraft je­ner elea­ti­schen Ge­dan­ken »es kann kei­ne Zeit, kei­ne Be­we­gung, kei­nen Raum ge­ben, denn die­se Alle kön­nen wir uns nur un­end­lich den­ken, und zwar ein­mal un­end­lich groß, so­dann un­end­lich theil­bar; al­les Unend­li­che aber hat kein Sein, existirt nicht«, was Nie­mand be­zwei­felt, der den Sinn des Wor­tes »Sein« streng faßt und der die Exis­tenz von et­was Wi­der­spruchs­vol­lem, zum Bei­spiel von ei­ner ab­sol­vir­ten Unend­lich­keit für un­mög­lich hält. Wenn aber ge­ra­de die Wirk­lich­keit uns Al­les nur un­ter der Form der vollen­de­ten Unend­lich­keit zeigt, so fällt es in die Au­gen, daß sie sich selbst wi­der­spricht, also kei­ne wah­re Rea­li­tät hat. Wenn jene Geg­ner aber ein­wen­den woll­ten: »aber in eu­rem Den­ken selbst giebt es doch Suc­ces­si­on, also könn­te auch euer Den­ken nicht real sein und so­mit auch Nichts be­wei­sen kön­nen«, so wür­de Par­me­ni­des viel­leicht ähn­lich wie Kant in ei­nem ähn­li­chen Fal­le, bei ei­nem glei­chen Vor­wur­fe, geant­wor­tet ha­ben: »ich kann zwar sa­gen, mei­ne Vor­stel­lun­gen fol­gen ein­an­der: aber das heißt nur: wir sind uns ih­rer als in ei­ner Zeit­fol­ge, d. h. nach der Form des in­ne­ren Sin­nes be­wußt. Die Zeit ist des­halb nicht Et­was an sich, auch kei­ne den Din­gen ob­jek­tiv an­hän­gen­de Be­stim­mung.« Es wäre also zwi­schen dem rei­nen Den­ken, das zeit­los wäre wie das eine par­me­ni­de­i­sche Sein, und dem Be­wußt­sein von die­sem Den­ken zu un­ter­schei­den, und Letz­te­res über­setz­te be­reits das Den­ken in die Form des Scheins, also der Suc­ces­si­on, der Viel­heit und der Be­we­gung. Es ist wahr­schein­lich, daß sich Par­me­ni­des die­ses Aus­wegs be­dient ha­ben wür­de: üb­ri­gens müß­te dann ge­gen ihn Das­sel­be ein­ge­wen­det wer­den, was A. Spir (Den­ken und Wirk­lich­keit 2. Aufl. Band I S. 209 f.) ge­gen Kant ein­wen­det. »Nun ist es aber ers­tens klar, daß ich von ei­ner Suc­ces­si­on als sol­cher Nichts СКАЧАТЬ