Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ als Fürst, so mußt du sie bieten als der gütige Mensch, der du sein willst. Und bedenke, daß die Ramsauer zur bayrischen Burg Plaien nicht weiter haben als zum Dache des heiligen Zeno. Was du verschmähst, fällt einem andern in die Tasche.«

      Jetzt vermochten die Ramsauer deutlich Herrn Otmars Gesicht zu sehen, dieses blasse, feingeschnittene, auch im Ernste noch ein bißchen lächelnde Mannsgesicht. Und da streckten sich plötzlich zweihundert Arme, und hundert Stimmen schrien in Furcht und Hoffnung: »Hilf uns, hilf uns, hilf uns!«

      Herr Konrad Otmar Scherchofer hob die Hand, an der ein Smaragd in der Sonne blitzte. Fast lautlose Stille entstand. Und die Ache rauschte.

      »Ihr guten Leute! Ich sehe Blut und Tod vor euren Füßen, sehe Gram und Sorge in euren Gesichtern. Was ist da geschehen? Seid ihr Gebüßte, die ein Unrecht begingen?«

      Alle Stimmen kreischten: »Bei uns ist das Recht! Das Recht!«

      Wieder hob Herr Otmar die Hand. »Einer rede!«

      Viele schrien: »Richtmann! Jetzt tu das Maul auf! Red!«

      Runotter streckte sich. Sein Gesicht war aschengrau, sein Auge traurig. »Ich red nit. Richtmann bin ich nimmer. Mein Stab ist zerschlagen. Erst muß mir der Fürst einen neuen geben. Nachher red ich. Aber bei dem, was heut die Gnotschaft will — Hilf und Spruch wider unsern Fürsten von einem fremden Herren heischen — da tu ich nit mit!«

      »Recht hast!« sagte Malimmes, an dessen Arm sich zitternd das blonde Mädel aus dem Leuthaus klammerte.

      Das Wort des Soldknechts ging unter in einem ohrenbetäubenden Geschrei. Geballte Fäuste streckten sich gegen Runotter. In Furcht und Zorn beschimpften ihn seine Dorfbrüder als Feind der Gnotschaft, als fürsichtigen Liebdiener und als Hofmannslecker. Einer schrie es ihm an die Nase hin: »Ein Untreuer bist! Schau den Seppi Ruechsam an! Der ist ein Treuer gewesen.« Runotter packte den Schreier an der Schulter und drückte ihn gegen den Seppi Ruechsam nieder: »Frag den Seppi! Kann sein, er sagt dir’s noch, wo er stehen tät, herüben bei mir oder drüben bei euch!« Was der Richtmann weiter noch redete, versank in dem brüllenden Lärm der andern.

      Da sagte Herr Otmar in lateinischer Sprache zu Franzikopus: »Es wäre mir lieber, wenn dieser eine zu mir um Hilfe käme und die andern wären dagegen.«

      Der Ältestmann der Gnotschaft, der etwas rot und grau Geflecktes zwischen den Händen hatte, stieg über den Seppi Ruechsam hinüber, trat vor den ruhig am Zaune kauenden Zelter des Propstes hin und erzählte die Geschichte der Hängmooser Ochsen und der siebzehn gepfändeten Milchkühe. Ganz ehrlich erzählte der Ältestmann diese Geschichte, genau aufs Härchen, wie er sie erlebt zu haben glaubte. Und dennoch war diese Geschichte etwas völlig andres als die Wahrheit. Aber das Recht, von dem der Ältestmann berichtete, konnte er beweisen — mit zitternden Händen hob er zu dem Propste den knitterbrüchigen, vom grauen Sattelschmutz des Marimpfel und vom roten Blut des Seppi Ruechsam befleckten Weidbrief hinauf.

      Herr Otmar zog die Hand zurück. »Franzikopus, lies!«

      Während der Kaplan sich in das Studium der halberloschenen Schrift vertiefte, hörte man neben dem Rauschen der Ache nur das schwere Atmen dieser hundert harrenden Menschen.

      Nun sprach der Kaplan. Zu seinem Herrn nur. Doch seine Stimme klang so laut, als spräche er zu vielen. »Herr, das ist klares Recht! Da fehlt kein Hauch und kein Stäublein. Auch Wachs und Siegel waren da. Man erkennt noch deutlich die Stelle. Ich muß entscheiden, daß diesen braven Leuten schweres Unrecht geschah.«

      Runotter sagte: »Das haben die mutwilligen Knecht —«

      Er wurde von hundert Stimmen überschrien, während Franzikopus dem Ältestmann das rot und grau gefleckte Pergament zurückgab.

      Herr Otmar, der die Hand erhoben hatte, wollte sprechen. Doch Franzikopus kam seinem Herrn zuvor und sagte, wieder nur zu seinem Propste, aber sehr laut und langsam: »Herr! Diese armen Leute erbarmen mich. Sie sind in harter Lage. Zu Berchtesgaden wird man immer fragen: Ochsen oder Kühe? Da wird man sagen: Meuterei! In solchem Falle straft man zu erst. Und dann untersucht man. Ich sehe zu meiner Sorge, daß an der Ramsauer Straße alte Ulmen mit starken Ästen stehen.«

      Aus der dumpfen Bewegung der hundert Ramsauer klang eine heitere Stimme heraus: »Kann sein, da blüht mir der fünfte Hänfene! Oder der sechste? Ich weiß nimmer recht.«

      Franzikopus guckte einen Augenblick verwundert den stämmigen Soldknecht an. Dann sprach er bekümmert weiter: »Kommen die Exekutierer, so werden diese guten Menschen aus Irrtum ihres Fürsten morgen ärmer sein um viele Ochsen, Kühe, Ziegen, Schafe und Schweine. Auch ärmer um einige Köpfe. Nein, lieber Herr, es liegt mir ferne, diesen redlichen Leuten einen unbegehrten Rat erteilen zu wollen. Doch jeder Mensch darf menschlich denken. Wenn ich heut ein Ramsauer wäre, würde ich mich noch vor Dunkelheit mit Weib, Kind, Vieh und Sack davonmachen und mich einem Heiligen anvertrauen, der hilfreich ist. In seinem Schutze kann man geduldig eine bessere Zeit erwarten.«

      Runotter rief: »Solang ich in mir noch einen redlichen Schnaufer hab, will ich nit hoffen, daß die Gnotschaft so was tut.«

      Schnell redete der Kaplan in den Lärm hinein, der diesen Worten folgte: »Gewiß nicht! Nein! Ihr müsset Recht bei eurem Fürsten suchen. Er kann auch gnädig sein. Wenn er es immer wäre, müßte bei so redlichen Menschen, wie ihr es seid, dieses schöne Tal ein Haus des Glückes in einem Rosengarten sein. Ein gütiger Fürst macht seine Bürger froh und füllt die Truhen seiner Holden mit dauernden Schätzen. Meines Herren schönes, friedliches Hall heißt nicht umsonst: das reiche. Wir Chorherren zu Hall sind arme Leute, die sich mit trockenem Brot begnügen. Doch meines Herren Untertanen leben in Überfluß, in Freiheit und Freude. Bei manchem Nachbar ist es umgekehrt.«

      Ein so sehnsüchtiger Lärm entstand, daß Herr Otmar wieder die Hand erheben mußte. Er betrachtete seinen Kaplan mit einem ehrlichen Blick des Unwillens und sprach: »Ihr Leute! Hört nicht auf diesen Schmeichler! Suchet Recht und Gnade bei eurem Fürsten, wie es sich für treue Holden gebührt.« In seine Stimme kam ein seltsam unsicherer Klang, als müßte er aus dunklen Gründen sprechen, was er selbst nicht sagen wollte. »Solltet ihr gerechte Gnade bei eurem Fürsten nicht finden, dann mögt ihr in Gottes Namen tun, was euer verbrieftes Recht entschuldigt und eure bittere Not begehrt.«

      Er gab seinen Leuten einen Wink. Der eine Läufer hob den Seppi Ruechsam zur Linken hin, der andre zog den Schwarzecker um eine Menschenlänge nach rechts, und Herr Otmar Scherchofer begann zu reiten. Viele Hände streckten sich zu ihm hinauf, viele Stimmen bettelten und fragten. Herr Otmar sprach kein Wort mehr. Doch immer wieder machte er segnend das Zeichen des Kreuzes mit der schlanken Hand, daran der Smaragd seines Hirtenringes in der Sonne blitzte. Und als die verstörten Menschen den Zelter des Propstes umdrängen wollten, ritten die vier Bewaffneten mit freundlicher Achtsamkeit neben ihren Herrn hin. Die Pferde begannen zu traben, der nachkommende Wagen ratterte hinter den galoppierenden Maultieren, die Läufer sprangen voraus, und der Trompeter blies von Zeit zu Zeit drei schmetternde Töne.

      Franzikopus lächelte behaglich, doch Herr Otmar hatte ein mißmutiges Gesicht. Er war unzufrieden mit sich selbst. Und während der tobende Lärm der Ramsauer hinter ihm zu versinken begann, sagte er leise:

      »Heute bin ich schon wieder siebenmal des Kirchenbannes und der Hölle schuldig.«

      »Nicht um dieser letzten Stunde willen. Klugen Erwerb begreift und verzeiht die Kirche. Von Gott weiß ich es nicht mit Sicherheit. Aber ich traue ihm das beste zu und hoffe, er wird die guten Ramsauer noch heute zum heiligen Zeno schicken.«

      »Franzikopus, manchmal redest du wie ein Verbrecher, manchmal СКАЧАТЬ