Название: Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas
Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Wütend heulte der Nordoststurm zwischen den morschen Sparren und in dem wankenden Schornstein; wir aber saßen vor dem flackernden Feuer und unterhielten uns von der Vergangenheit und von der Zukunft; dabei ließen wir aber auch die Gegenwart nicht unberücksichtigt, sondern reichten fleißig unsere leeren Blechtassen dem würdigen Mr. Alexander hin, der mit gerötetem Gesicht den Flammen am nächsten saß und aufmerksam einen eisernen Kessel mit duftendem, siedendem Inhalt beobachtete.
In aller Frühe des 28. November schüttelten wir den Staub aus unseren Decken; die Tiere, die während der Nacht Schutz in einer nahen Schlucht gefunden hatten, standen gesattelt und gepackt da, und ein weiter Weg lag vor uns. Wenn jemals Reisenden aufrichtige Segenswünsche mitgegeben wurden, so erhielten wir sie von unseren Tejoner Freunden; wenn jemals eine Hand herzlich gedrückt wurde, so geschah es, als wir unsere Tiere bestiegen und uns ein kurzes Lebewohl sagten. »Schwerlich werden wir alle einander wiedersehen«, hieß es; »ebenso unwahrscheinlich ist es, daß wir in regelmäßigen Briefwechsel miteinander treten werden, doch etwas bleibt uns bis zum letzten Atemzug, und das ist die Erinnerung an die goldenen Tage jugendlichen Frohsinns sowie der Gedanke, Freunde gewonnen zu haben und Freund geworden zu sein. Und sollte eine unter den angenehmsten Verhältnissen, unter Lust und Freude geschlossene Freundschaft nicht auch nachhaltig fürs ganze Leben bleiben können?«
Wir trennten uns; am letzten Felsvorsprung schwenkten wir die grauen Filzhüte, drückten die Sporen in die Weichen unserer Tiere und eilten dahin über die Ebene der einsamen Wohnung des »Irish John« zu.
Unter unseren Packknechten befand sich ein junger Mexikaner, der die dortige Gegend schon mehrfach durchreist hatte und ziemlich bekannt mit den verschiedenen Wegen war. Auf seinen Rat zogen wir an der dürftigen Stelle des »Irish John« vorbei, lenkten in die westlichen Gebirge und gelangten bald in eine Schlucht, wo eine Quelle, Gras und Holz uns zum Lagern bestimmten. Egloffstein hatte sich am Morgen von uns getrennt, um das San-Amedio-Gebirge zu ersteigen und von dessen Höhen einen Überblick über die ganze Gegend zu gewinnen. Er stieß des Abends und auch während der folgenden Nacht nicht wieder zu uns, wodurch wir nicht wenig beunruhigt wurden, um so mehr, als wir nicht in die alte Straße zurückkehren konnten und gezwungen waren, am Morgen des 29. November unsere Reise fortzusetzen. Wir hofften indessen, im San-Francisquito-Paß wieder mit ihm zusammenzutreffen und folgten daher dem Mexikaner, der uns auf unbequemen Pfaden durch die wilden Gebirgsschluchten führte.
Gegen Mittag erreichten wir die westliche Spitze des Elisabethsees, und da ich dort so viel Wild spürte, so blieb ich hinter dem Train zurück und vertiefte mich in die Verfolgung eines Hirsches. Ich näherte mich demselben bald so weit, daß ich glaubte, ihn mit der Kugel erreichen zu können, und gab Feuer. Schwer verwundet sank das Tier zu Boden, raffte sich aber wieder auf und begann die nächste Bergkette zu ersteigen, wo es dichtes Gebüsch fast fortwährend verbarg. Ich band mein Maultier schleunigst an den nächsten Baum, ergriff meine Büchse und folgte dem Flüchtling zu Fuß nach. Wie ich aus der Bewegung des Gesträuchs vor mir entnehmen konnte, näherte ich mich ihm augenscheinlich und geriet im Eifer der Verfolgung in eine solche Aufregung, daß ich, weder der Hindernisse auf dem steilen Abhang noch der eigenen Atemlosigkeit achtend, in ununterbrochener Eile bergan lief. Jetzt erreichte der Hirsch den Kamm des Berges, ich sah ihn nur einen Augenblick, worauf er wieder verschwand; eine Minute später stand ich auf derselben Stelle und erblickte in einer abschüssigen Felsschlucht vor mir das zusammengebrochene, verendende Tier.
Ich war im Begriff, mich meiner Beute zu bemächtigen, als ich eine solche Lähmung in meinem ganzen Körper fühlte, daß ich gezwungen war, mich niederzusetzen. Das Atmen verursachte mir Schmerzen, das Blut schien mir in den Adern zu stocken, und mit Schrecken wurde ich gewahr, daß ich mir in törichter Weise eine Krankheit zugezogen hatte. Die von der Sonne erwärmte Luft in der nach allen Seiten geschützten Schlucht, mehr aber noch der angestrengte Lauf, hatten nämlich eine furchtbare Erhitzung hervorgerufen, und als ich nun in diesem Zustand den Gipfel des Berges erreichte, war ich plötzlich dem scharfen Nordwind ausgesetzt, der mich bis aufs Mark erkältete. Verstimmt saß ich da und blickte auf den bewegungslos daliegenden Hirsch, den ich zurücklassen mußte; nach einer Weile erhob ich mich und schleppte mich mühsam den Abhang hinunter zu meinem Reittier, stieg auf und folgte den Spuren des Trains.
Der scharfe Ritt schien mir wohlzutun, denn als ich bei der Hütte vor dem San-Francisquito-Paß meine Kameraden einholte, fühlte ich mich schon wieder beruhigt über mein unbesonnenes Handeln am Morgen und sprach mit Bedauern von meiner zurückgelassenen Beute. Egloffstein war auch wieder eingetroffen und zwar glücklicher als ich, mit einem feisten Stück Wild. Er war hoch oben im Gebirge von einem Schneesturm überfallen worden, in welchem er unvermutet so nahe an ein Rudel Hirsche geriet, daß es ihm gelang, einen derselben mit der Pistole zu erlegen. Als er in die Ebene zurückkehrte, hatte er unsere Spur verloren und deshalb in dem erstbesten Gehölz die Nacht bei einem tüchtigen Feuer und einem gerösteten Stück Fleisch zugebracht.
Vereint zogen wir über den Gebirgspaß, lagerten an einer geeigneten Stelle am San-Francisquito-Paß und erreichten am Abend des 30. November die Farm des alten Heart, in deren Nähe wir unser Nachtlager aufschlugen.
Wenn ich mich auch am vorhergehenden Tag schon krank fühlte, so war ich doch imstande gewesen, ohne große Unbequemlichkeiten zu reiten; am 1. Dezember aber hatten die Schmerzen in meinen Gliedern so zugenommen, daß ich kaum mein Maultier zu besteigen vermochte. Ich ritt indessen noch zu dem alten Heart, nahm Abschied von ihm und seinen Söhnen und befand mich gegen Mittag auf der Mission San Fernando. Der gastfreundliche General Pico gab sich die größte Mühe, meine schwindende Gesundheit durch ein ausgesuchtes Frühstück wieder aufzurichten; ich schlug es aber aus, trank nur einige Gläser Wein, der wie Feuer in meinen Adern brannte, drückte dem General für seine aufrichtigen Wünsche herzlich die Hand und schlug dann den nächsten Weg nach Pueblo de los Angeles ein, wo ich mit meinen vorangeeilten Gefährten zusammentreffen mußte.
Pechschwarze Nacht umgab mich, als ich die ersten Lichtschimmer von Los Angeles erblickte, so daß ich es meinem Maultier überließ, von den vielen Wegen denjenigen zu wählen, der in geradester Richtung nach der Stadt führte. In der Stadt wurde es mir nicht schwer, den bekannten Gasthof wiederzufinden; ich übergab mein Tier einem der Hausdiener, ließ mir sogleich eine geräumige Stube anweisen und begab mich zur Ruhe. Der teilnehmende Egloffstein zog es vor, mit mir in demselben Gemach zu wohnen, anstatt mit unseren anderen Gefährten das Lager vor der Stadt zu beziehen. Peacock besuchte mich ebenfalls noch an demselben Abend; als echter Kalifornier hatte er sich einige Erfahrung in der Arzneikunde erworben, wodurch er in die Lage versetzt war, meine Krankheit zu beurteilen. Es ist wahr, ich fühlte mich sehr krank, doch glaubte ich am folgenden Tag die Reise СКАЧАТЬ