Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ mußte. »Sie sind wohl noch nie vom Rindvieh gejagt worden?« rief er mir zu. »Es war ein köstlicher Anblick«, fuhr er neckend fort, »Ihr Brauner auf dem Gipfel seiner Eile; Sie selbst rückwärts gewendet mit dem Revolver nach Herzenslust puffend, und hinter Ihnen her, mit aufrecht stehenden Schweifen die erbitterten Kühe.« Hier brach er abermals in ein Gelächter aus und fügte mit fast erstickter Stimme zu: »Wenn Sie sich hätten selbst sehen können! Das Schauspiel war viel Geld wert!« Ich erzählte ihm alsdann den ganzen Verlauf meines Abenteuers, worauf der alte Jäger nur die Bemerkung machte: »Wenn Sie sich gleich anfangs hinter dem Busch verborgen hätten, so hätten Sie wahrscheinlich die ganze Gesellschaft totschießen können.« Ich entschuldigte mich mit der Abneigung, die ich bei dem Gedanken gefühlt hätte, eine Anzahl Kühe zu schlachten. »Und doch scheint es mir«, schaltete Gale ein, »als wenn Sie sich nicht viel Zeit zum Denken genommen hätten; aber lassen Sie sich das nicht leid sein; wenn man erst einmal von wildem Rindvieh in die Enge getrieben worden ist, so vergißt man die Rücksichten, die man gern mit den Abkömmlingen unserer Haustiere nimmt, und erblickt in ihnen ebensogut Wild wie in jedem Büffel oder Bären.«

      Mr. Kennedy hatte sich unterdessen wieder zu uns gesellt, und vereint ritten wir hinüber zu dem verwundeten Stier, der noch immer wankend dastand und gar keinen Versuch mehr machte, vor uns zu fliehen. Eine Pistolenkugel machte seinem Leben ein Ende, worauf wir ihn zerlegten, die besten Stücke an unseren Sätteln befestigten und den Rest den Wölfen überließen.

      Es war schon spät, als wir im Lager anlangten und mit Lobeserhebungen für unsere erfolgreiche Jagd überhäuft wurden. An dem Fleisch befand sich nämlich nichts, was seine Abstammung hätte verraten können, weshalb wir uns denn auch keine Gewissensskrupel daraus erwachsen ließen, von unserer Beute als von einem »feisten Elkhirsch« zu sprechen. Alles ging nach Wunsch; die Leber, die Louis sogleich zubereitete, wurde als eine vortreffliche Elkleber gepriesen, und alle begaben sich mit dem Gedanken zur Ruhe, am folgenden Morgen auch die Beefsteaks aus Elkfleisch zu prüfen. Gale befand sich in aller Frühe des 20. November schon wieder bei uns im Lager. Guter Dinge saßen wir um unseren Tisch und harrten des frischen Wildbratens, als wir des Negers Stimme vernahmen, der, mit sich selbst sprechend, laut die Meinung äußerte, daß er noch nie von einem schwarzen Elkhirsch gehört habe und das Fleisch doch mit schwarzen Haaren übersät sei. Ein allgemeiner Ausbruch des Lachens verkündete hinlänglich, daß das Geheimnis nun verraten sei, und zwar zur größten Befriedigung des alten Gale, der keinen Anstand mehr nahm, mit den komischsten Ausschmückungen die Szene zu beschreiben, wie ich von den Kühen verfolgt wurde. Natürlich gab dies zu mancherlei Neckereien Veranlassung, die selbst in Fort Tejon ihr Ende noch nicht erreichten, aber immer dazu beitrugen, die fröhliche, ausgelassene Stimmung der ganzen Gesellschaft zu erhöhen. Lieutenant Mercer, Mr. Kennedy und ich, geführt von Gales ältestem Sohn, machten an diesem Tag noch einen kleinen Ausflug zu den Tejon-Indianern, die sich an der Nordseite des Kernsees gelagert hatten. Ein Ritt von drei Stunden brachte uns in den Winkel, der vom Kernsee und dem natürlichen Kanal gebildet wird, welcher ersteren mit einem weiter nördlich gelegenen See verbindet. Dort, an einer offenen Stelle, befanden sich die aus Binsenbündeln zusammengefügten Hütten der Eingeborenen. Die kleinen, unsauberen Gestalten, die träge umherlagen und sich sonnten oder im Schatten saßen und Karten spielten, riefen durchaus keinen günstigen Eindruck hervor. Ihre Gesichter hatten einen falschen, finsteren Ausdruck, was vielleicht dadurch mehr ins Auge fiel, daß keiner bei unserer Ankunft die geringste Überraschung und Neugierde verriet oder uns auch nur zu bemerken schien.

      Die Hütten umgab eine widerliche Atmosphäre, erzeugt durch die Haufen von Muscheln, die teils ihres Inhalts beraubt waren, teils noch gefüllt umherlagen, sowie durch die Überreste des Vogelwilds, auf die man bei jedem Schritt stieß. Die Anzahl der Eingeborenen war gering, und sie hatten sich dort nur zeitweise niedergelassen, um Fisch- und Vogelfang zu betreiben. Sie schienen in einer gewissen Art von Überfluß zu leben, denn vor jeder Hütte erblickte ich große Bündel von Enten und Gänsen sowie auch Massen von frischen Muscheln, die ebenfalls zur Nahrung bestimmt waren. Unter ihren Hausgeräten fielen mir besonders die Schüsseln und Töpfe auf, die so kunstvoll und fest aus starken Grashalmen und zähen Weiden geflochten waren, daß sie nicht nur undurchdringlich für jede Flüssigkeit waren, sondern daß diese auch durch Hineinwerfen von glühenden Steinen in denselben zum Sieden gebracht werden konnte. So wie sich diese Indianer der Binsen zur Anfertigung von Fischkörben bedienen, so liefert ihnen dieselbe Pflanze auch das zum Vogelfang notwendige und geeignete Material. Sie fügen nämlich die einzelnen Halme in Gitterwerk, ähnlich großen Falltüren, zusammen und stellen diese in den vorher sorgfältig gesäuberten Gängen der Binsenwaldungen in horizontaler Lage so auf, daß Enten und Gänse bequem unter denselben fortschwimmen können. Die auf dem breiten Wasserspiegel befindlichen Vögel werden dann beunruhigt, jedoch nur gerade so viel, daß sie schwimmend ihre Zuflucht in der Binsenwaldung suchen und, den bequemeren Weg in den Gängen vorziehend, in großer Anzahl unter die dicht aneinandergereihten Falltüren geraten. Plötzlich werden die Tiere zum Auffliegen veranlaßt, sie verwickeln sich in das grüne Gitterwerk und werden dann von den hinzuspringenden Indianern getötet.

      Die Eingeborenen der südlichen Spitze des Tularetales sind fast allgemein unter dem Namen Tejon-Indianer bekannt. Die Bezeichnung ist dem Tejonpaß entnommen, einem Gebirgspaß, der weiter östlich ähnlich der Canada de las Uvas vom Tularetal in das Great Basin führt. Ob nun der Name indianischen Ursprungs ist oder vom spanischen »Tejon«, d. h. Dachs, hergeleitet werden muß, vermag ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls aber ist die allgemeine Bezeichnung Tejon-Indianer dadurch entstanden, daß die amerikanische Regierung im Tejonpaß eine Agentur zum Schutz und zur Zivilisierung der Eingeborenen gründete und infolgedessen den Namen auf alle dort verkehrenden Stämme übertrug.

      Wenn ich hier von Stämmen spreche, so verstehe ich darunter nur noch die letzten Überreste zahlreicher kleiner Nationen, von denen einige durch wenige Familien, andere sogar nur durch ein einziges Mitglied vertreten sind, während von noch anderen nichts als der Name übriggeblieben ist.

      Die Agentur ist im Jahre 1853 gegründet worden, und zwar durch Lieutenant Beale, der im Auftrag seiner Regierung handelte und den Tejonpaß am geeignetsten für solche Zwecke fand. Er zog alle Indianer der Umgegend hier zusammen, versah sie mit Ackergerätschaften und gab ihnen — mit viel Erfolg, wie mir versichert wurde — Anleitung zum Ackerbau und zur Viehzucht. Die Indianer werden indessen dadurch nicht gehindert, zu günstigen Jahreszeiten ihre Jagd- und Fischexpeditionen auch fernerhin nach den Seen zu unternehmen. Das Fort, das in der ganz abgesonderten Cañada de las Uvas, aber ein Jahr später, gegründet wurde, erhielt ebenfalls den Namen der Agentur, hauptsächlich wohl aus dem Grund, weil es zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der ReservationDie den Indianern als unantastbar eingeräumten Ländereien werden in den Vereinigten Staaten »Indian reservation« genannt. und zum Schutz der weißen Ansiedler des Tejonpasses errichtet war.

      Wenig erbaut von den dortigen Eingeborenen kehrten wir nach unserem Lager zurück. Wir trafen an demselben Abend noch unsere Vorkehrungen, um am folgenden Morgen in aller Frühe aufbrechen zu können, und als am 22. November die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne den leichten Reif berührten, der auf der weiten Ebene lag, trabte unsere kleine Karawane schon lustig dem Tejonpaß zu. Da wir nämlich den Militärposten nicht in einem Tag erreichen konnten, so beabsichtigten wir an einer Gebirgsquelle zu übernachten und wichen deshalb etwas östlich von unserer Richtung ab.

      Gegen Mittag gelangten wir an den Fuß der Gebirge, die das Tularetal gegen Südwesten abschließen, und dort an einem Bach, der einer Felsenschlucht entströmt, rasteten wir einige Stunden. Von hier führte unser Weg über eine Reihe von Hügeln an der Mündung des Tejonpasses vorbei, und als es dunkelte, hielten wir vor dem Haus des Mr. Bishop, des Schafzüchters, der die Überwinterung der Kamele kontraktlich von der Regierung übernommen hatte.

      Unter dem waldigen Abhang der abschüssigen Tejonberge liegt das lange, einfache Blockhaus. Echt kalifornischer Geschmack und Einrichtungen verraten sich überall; da sind die mit leichten Bretterdächern versehenen, wändelosen Schuppen und Remisen, die auch als Werkstätten benutzt werden; da sind umfangreiche Einfriedungen, auf zahlreiche Schafherden berechnet, die zugleich СКАЧАТЬ