Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ hin, daß der Eigentümer es verstand, auf sinnreiche Weise, ohne Aufwand an Zeit und Kosten, sogar am Rand der Wildnis eine bequeme und zugleich einträgliche Heimat zu gründen. Dabei entbehrt Bishops Farm keineswegs der Vorzüge, die anmutige Umgebung und Lage gewähren; denn wie man im Tal aus weiter Ferne das mit weißem Anstrich versehene Wohnhaus zu erkennen vermag, so bietet sich dem Bewohner desselben die Aussicht über das Tularetal bis dahin, wo der Horizont mit der bläulichen Ebene zusammenfällt, und mittels eines Fernrohrs vermag er seine Herden zu beobachten, die, auf viele Quadratmeilen verstreut, gleichsam eine unbegrenzte Freiheit genießen und dadurch um so besser gedeihen. Wenige Schritte von der Wohnung rieselt im Schatten hoher Eichen eine klare Quelle aus dem steinigen Boden, und um diese herum erblickt man stets Pferde, Kühe, einige verzogene Ziegen und Schafe, Hühner, Truthühner und zwischen allen Haustieren, und ebenso zahm wie diese, zwei mutwillige Elkhirsche. An dem Abend, an welchem wir anlangten, wurde der Charakter der Farm auf eigentümliche Weise durch die von Lieutenant Beale und Lieutenant Torborn zurückgelassenen Dromedare verändert, die mit stoischer Ruhe in der Mitte des Hofs der Ruhe pflegten und für weiter nichts als die unterhaltende Arbeit des Wiederkauens Sinn zu haben schienen. Die beiden Fremdlinge fühlten sich augenscheinlich ganz heimisch in der fremden Umgebung, welche dagegen durch deren Anwesenheit etwas von dem heimatlichen Aussehen eingebüßt hatte. Mr. Bishop empfing uns auf seinem Hof und lud uns sogleich ein, bei ihm zu übernachten. Die Anwesenheit seiner Frau aber, einer jungen, hübschen Amerikanerin (beiläufig, wenn auch nicht gerade zart, gesagt, in dortiger Gegend und zu damaliger Zeit eine fast ebenso seltene Erscheinung wie die Dromedare), veranlaßte uns, die gastfreundliche Aufforderung nur insoweit anzunehmen, daß wir unsere Gesellschaft für den ganzen Abend zusagten, zum nächtlichen Aufenthalt dagegen das Zelt in einem geeigneten Winkel aufschlagen ließen. Nach den ersten Begrüßungen, die gemäß eines sehr lobenswerten Brauches von zeremoniellen, gefüllten Bechern begleitet waren, mußten vor allen Dingen die Dromedare in Augenschein genommen werden, die bei unserer Annäherung ihre Unzufriedenheit über die in Aussicht stehende Störung zu erkennen gaben, indem sie auf mürrische Weise gurgelnde Töne ausstießen. Wie sich nicht anders erwarten ließ, mußten die Tiere, wie gewöhnlich bei der Ankunft von Fremden, ihre Gelehrigkeit dadurch beweisen, daß sie sich auf Befehl niederlegten und wieder aufstanden, wobei es natürlich nicht an der entsprechenden Bewunderung fehlte.

      Ich kann es nicht leugnen: die Anwesenheit der ägyptischen Lastträger auf dem amerikanischen Boden gewährte mir viel Freude, doch unterhielt unseres Negers Erstaunen mich an diesem Abend mehr als alle Kunststückchen, zu denen die armen Tiere fortwährend gequält wurden. Sprachlos vor Erstaunen schritt Louis um die Dromedare herum und besah sie genau von allen Seiten; endlich fand er Worte: »I want to know«, rief er aus, »ich möchte wissen, ob des Niggers Vaterland wirklich das Vaterland dieser schrecklichen Tiere ist.« »Natürlich, Einfaltspinsel!« antwortete Lieutenant Mercer. »Wenn in Afrika ein Neger geboren wird, so setzt man ihn auf ein Kamel, und dann muß er sein ganzes Leben hindurch auf demselben sitzen bleiben!«

      »Mighty strange, mighty strange«, bemerkte Louis, »sehr merkwürdig, aber ich kann’s nicht glauben.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Ich möchte wohl der erste Nigger sein, der in Amerika auf einem Kamel gesessen ist!«

      »Das kannst du haben, Freund«, rief Bishop, indem er das größere Dromedar zum Niederknien zwang. »Jetzt stell dich nur hinter dieses, und schwing dich hinauf!«

      Louis machte sich bereit, das Tier aber, nicht gewohnt, sich auf diese Art besteigen zu lassen, wandte seinen Kopf rückwärts, zeigte Louis die langen Zähne und schnob ihn verdrießlich an. Louis zauderte, fragte, ob ihn das »Monster« beißen würde, und als man ihm die Frage verneinte, sprang er hinauf und versuchte sich mit seinen langen Armen an dem breiten Höcker festzuklammern. Kaum berührte er aber den Rücken des Tieres, als dieses, noch ehe er Zeit gewann, sich ins Gleichgewicht zu bringen, wie ein Blitz emporschnellte und durch die ungestüme Bewegung den armen Neger hoch in die Luft schleuderte. Louis’ Schädel kam, als Schwerpunkt der knochigen Gestalt, natürlich zuerst mit der Erde in Berührung, und zwar mit einer Heftigkeit, daß der feste Kiesboden dadurch erschüttert wurde und ich nichts anderes glauben konnte, als daß der lustige Junge nie wieder aufstehen würde. Louis stand aber dennoch auf, rieb sich vergnügt mit der Hand über das wollige Haupt und bemerkte wohlgefällig: »Jedes weißen Mannes Schädel würde bei dieser Gelegenheit zu Scherben geworden sein; wenn ich auch nicht der erste Nigger bin, der in Amerika ein Kamel geritten hat, so bin ich doch wenigstens der erste, der von einer solchen ungestalten Bestie abgeworfen worden ist.«

      Die Quälerei der Dromedare erreichte hier ihr Ende, wir schritten dem Haus zu, wo wir von der freundlichen Mrs. Bishop an einem mit duftenden Braten beladenen Tisch erwartet wurden.

      Erst spät in der Nacht begaben wir uns zu unserem Lager. Es war hell genug, um die endlose Fläche unterscheiden zu können, die in erhabener Ruhe wie in tiefem Schlummer vor mir lag; ich setzte mich auf einen bemoosten Felsblock und lauschte. Es war mein letzter Abend im Tularetal, und wie Abschied nehmend, blickte ich zum Kern-River hinüber, wo ich so fröhliche Tage verlebt hatte. Ich betrachtete die schwarzen zackigen Gebirge zu beiden Seiten, auf denen das Himmelsgewölbe sich zu stützen schien; ich wandte meine Blicke gegen Norden, wo die ewigen Sterne gleichsam auf der Ebene lagen und verstohlen blitzten, ich schaute aufwärts zu dem schimmernden Firmament, wo Millionen von Welten sich in Sternbilder zusammendrängten und einzelne verirrte Meteore ihre Feuerlinien zeichneten. Eine feierliche Ruhe schwebte über dem Tal, und deutlich vernahm ich aus weiter Ferne den Gesang von Kinderstimmen; es waren junge indianische Hirten, die, bei ihren Herden wachend, die melancholischen, einfachen Melodien ihrer wilden Lieder durch die Nacht erschallen ließen; leise und unheimlich klang es, wie Geisterruf; ich kroch auf mein Lager, und selbst im Schlaf noch glaubte ich die eigentümliche Musik zu hören.

      Nachdem wir am 22. November das Frühstück bei Mr. Bishop eingenommen hatten, bestiegen wir den Wagen und befanden uns nach kurzem Marsch vor der Canada de las Uvas, an derselben Stelle, wo wir sie sechs Tage früher verlassen hatten. Der Weg war steil, wir erleichterten daher den Pferden ihre Last, soviel in unseren Kräften stand, und eilten, uns auf unsere eigenen Füße verlassend, voraus.

      Wir befanden uns ungefähr in der Mitte der Schlucht, als wir der Kamelkarawane begegneten, die, wie schon oben bemerkt, nach Bishops Farm geführt wurde. Sie bestand aus einem stattlichen Train von zweiundzwanzig Dromedaren und Kamelen verschiedener Rassen; alle schwer bepackt, und in langer Reihe folgte eines dem anderen in sicherem, gemessenem Schritt auf der unebenen, felsigen Straße. Sie beendeten mit diesem Tag eine lange, sehr mühselige Reise durch die Felsenwüsten zwischen Kalifornien und Neu-Mexiko, und doch könnte ich nicht sagen, daß auch nur eines derselben hervortretende Spuren von Ermattung gezeigt hätte; die sie begleitenden Maultiere dagegen befanden sich in einem solchen Zustand, daß es gewiß längerer Zeit und guten Futters bedurfte, um sie wieder zu dergleichen Arbeiten verwendbar zu machen. Wir ließen die Karawane bei uns vorüberziehen, worauf wir uns wieder in Marsch setzten, und in den ersten Nachmittagsstunden wurden wir von allen unseren Bekannten auf dem Hof des Forts unter lautem Jubel empfangen.

      Sechstes Kapitel

      Aufenthalt in Fort Tejon — Die Spechte — Die Gräber — Aufbruch von Fort Tejon — Reise nach Pueblo de los Angeles — Aufenthalt daselbst — Reise nach Fort Yuma — Temacula — Warner’s Paß — San Felipe — Wallecito — Carizo Creek — Rand der Wüste — Die Wüste — Indian Wells — Alamo Mucho — Cook’s Well — Ankunft am Colorado

      Unser Aufenthalt in Fort Tejon dauerte noch bis zum 27. November, also im ganzen acht Tage länger, als es ursprünglich unsere Absicht gewesen war. Taylor, dessen Schüchternheit sich allmählich in ein ungeduldiges Wesen verwandelte, geriet freilich dadurch in Verzweiflung, doch die Aussicht, in dem der Sandstürme wegen verrufenen Fort Yuma noch einige Wochen auf die Ankunft von Lieutenant Ives harren zu müssen, veranlaßte uns übrige, den Aufbruch immer noch einen Tag weiter hinauszuschieben. Am Montag waren die Maultiere noch nicht gezählt, am Dienstag mußten die Papiere geordnet werden, am Mittwoch gaben СКАЧАТЬ