Название: Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas
Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Ich beginne zuerst mit der Oberfläche des Bodens; diese ist nicht aus tiefem Sand gebildet, wie man aus dem Namen »Desert« schließen sollte, sondern sie besteht größtenteils aus fest getrockneter, bläulicher Lehmerde und Schlamm. Manche Abstufungen (es finden sich nämlich in dieser Wüste viele etagenähnliche Erhebungen von geringer Höhe) sind dicht mit kleinen, glattgespülten Kieseln besät, deren Äußeres ganz darauf hindeutet, daß sie lange ein Spiel des Wassers gewesen sein müssen. Auf dieser Ebene befindet sich feiner Flugsand, der abhängig von jedem Wind bald Hügel (bis zu 60 Fuß Höher) bildet, bald in langen Streifen die glatte Fläche bedeckt, je nachdem Mesquitebüsche oder andere zufällige Hindernisse die erste Ursache zu Anhäufungen des treibenden Sandes gewesen sind, und es ist überall eine äußere Ähnlichkeit mit zusammengewehten Schneemassen gar nicht zu verkennen. Der Charakter der Oberfläche der Wüste ist also genau derselbe wie in den meisten ausgetrockneten Fluß- oder Seebetten. Die zahlreichen Süßwassermuscheln, die in der ganzen Ausdehnung des Beckens gefunden werden, lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, welche Art Wasser zuletzt diese Regionen bedeckte. Die Lage des Colorados aber, die oberhalb Fort Yuma höher ist als die der Wüste, ferner die trockenen Flußbetten in der Wüste selbst, die bei Überschwemmungen noch teilweise mit Coloradowasser angefüllt werden, geben uns bestimmt an, woher das Wasser stammte, das zuletzt diesen umfangreichen See bildete.
Betrachtet man nun den Colorado selbst, der Unmassen von Sand und anderen festen Bestandteilen mit sich führt und an seiner Mündung absetzt, so findet man es leicht erklärlich, daß der alte Meeresarm, die jetzige Wüste, allmählich von dem Golf durch Anschwemmungen des Colorado und des Gila getrennt wurde, daß die Wasser dieser Flüsse und zahlreicher Bergströme das Salzwasser verdrängten und das ohnehin seichte Seebett mit den dem Süßwasser eigentümlichen Bestandteilen ausfüllte. Hiernach müßten unterhalb der Anschwemmungen in der Wüste, in denen schon eine fossile Salzwassermuschel vorkommt, noch deutlichere Spuren des Meeres zu finden sein. Die alten Traditionen der dortigen Eingeborenen sind fast übereinstimmend mit diesen Erklärungen, indem diese erzählen, daß Wasser den ganzen Landstrich bedeckt habe und nach und nach sehr langsam zurückgewichen sei. Übrigens gewinnt man noch jetzt bei starken Überschwemmungen ein Bild von dem früheren Charakter dieser Wüste.
Außer diesen Schlüssen, die man fast gezwungen ist, aus den genauen Beobachtungen der äußeren Bodengestaltung und ihres Charakters zu ziehen, finden sich noch andere untrügliche Beweise für die oben aufgestellte Behauptung. Ich erwähne hier die Wasserlinien,Nach angestellten Beobachtungen befinden sich diese Wasserlinien nur sehr wenig über dem jetzigen Spiegel der Südsee. Berücksichtigt man, daß die Küste bei San Pedro und entlang des Santa-Barbara-Kanals in nicht gar zu ferner Zeit eine Erhebung von 30 Fuß erfahren hat (wie durch die Fossilien in den Ufern bewiesen wird), und gedenkt man der heftigen Erdbeben, die noch jetzt diesen Teil Kaliforniens so vielfach erschüttern, so liegt es sehr nahe, den Höhenunterschied zwischen den bezeichneten Wasserlinien und dem Spiegel der Südsee, wo überhaupt ein solcher existiert, eben den Ursachen einer solchen Bodenerhebung zuzuschreiben. Ich spreche also von der Coloradowüste als von dem Bett eines alten Sees. Das Wasser dieses Sees enthielt aber außerordentlich viel kohlensauren Kalk, den es an den Ufern, vorzugsweise aber an den Felsen, krustenartig absetzte, und zwar nicht nur beim allmählichen Fallen des Wassers, sondern unter demselben, was aus dem Umstand hervorgeht, daß dieselben spiralförmigen Muschelarten, die in Unzahl an manchen Stellen den Boden bedecken, auch in der zerbrechlichen Kruste enthalten sind. Felsblöcke im Becken des alten Sees, die einst vom Wasser bedeckt waren, sind ebenfalls in eine solche Kruste eingehüllt. Merkwürdigerweise befinden sich in den Spalten und Rissen der nahen granitischen Gebirgszüge Ansammlungen dieses kohlensauren Kalks, so wie das Wasser mehrerer Quellen in dortiger Gegend mit diesen Stoffen stark geschwängert ist. Es ist also nicht schwer zu erraten, woher dem früheren See der Kalk zugeführt wurde, mit dem er seine Ufer überkrustete. die an verschiedenen Punkten der Felsen bemerkt worden sind, die die Wüste einfassen. Blake beschreibt diese Wasserlinien als besonders hervortretend am Fuß der Gorgoño Mountains, die über hundert Meilen von der Spitze des Golfs von Kalifornien entfernt sind. Ich bediene mich hier seiner eigenen Worte: »Als ich um die nächste Felsenecke bog, erblickte ich eine veränderte Farbe der Felsen, die sich in einer horizontalen Linie weithin an den Abhängen der Berge auszeichnete. Bei meiner Annäherung entdeckte ich, daß die weiße Färbung von einer kalkigen Überkrustung herrührte, die sich über die ganze Oberfläche und in jede Aushöhlung und Spalte erstreckte. Diese Kruste hatte sich augenscheinlich unter dem Wasser gebildet, und in der Entfernung von wenigen Ellen gesehen, schien die obere Grenze die genaue Linie der Höhe des früheren Wasserstandes zu bezeichnen ... Diese Beweise einer früheren Flut waren so deutlich und entscheidend, daß jeder in unserem Zug davon überzeugt wurde, daß wir in dem trockenen Bett eines alten Sees oder einer Bai reisten.«
Nach all diesem glaube ich nicht, daß es schwerfallen wird, den früheren Charakter der jetzigen Wüste in nächster Zukunft vollkommen festzustellen und zu bestimmen, ob die Verdrängung des Wassers allein den Anschwemmungen oder auch einer Erhebung des Bodens durch Erderschütterungen zugeschrieben werden muß. Letzteres erscheint möglich, wenn man der häufigen, jetzt noch vorkommenden Erdbeben im südlichen Kalifornien gedenkt und das Vorhandensein von Schlammvulkanen in der Wüste in Betracht zieht. Leider weiß man bis jetzt nur wenig mehr als das wirkliche Vorhandensein dieser merkwürdigen Naturerscheinung in dortiger Gegend.
Wir erreichten also am Abend des 14. Dezember den Rand der Wüste nahe der Stelle, wo der Carizo Creek im Sand versinkt. Den größten Teil des folgenden Tages brachten wir an dieser Stelle zu, einesteils, um unserer Herde vor Beginn der langen Märsche einige Ruhe zu gönnen, dann aber auch, um die erste Nacht mit zu Hilfe nehmen zu können. Die Sonne verschwand hinter den westlichen nackten Felsmassen, als wir das trockene, sandige Bett des Carizo verließen. Wir befanden uns dort nur noch 431 Fuß über dem Meeresspiegel; etwas ansteigend wanden wir uns zwischen niedrigen Sandsteinhügeln hindurch, und als die Nacht vollständig hereingebrochen war, betraten wir die Wüste selbst, die in geringer Entfernung vor uns in der Dunkelheit verschwamm.
Die Nacht war empfindlich kalt, so daß wir häufig abstiegen, um uns durch die Bewegung des schnellen Gehens zu erwärmen, doch wurde dadurch der eilige Schritt der Tiere nicht gehemmt, die, umgeben von unseren lärmenden, wachsamen Mexikanern, keine Zeit gewannen, sich in der Dunkelheit von der Herde zu entfernen. Stunde um Stunde zogen wir auf der ebenen Straße dahin; Mitternacht war längst vorüber, und wir begannen schon nach unserem ersten Haltepunkt — der Big Lagoon, einer kleinen Wasserpfütze — zu spähen, als ein Feuer in weiter Ferne vor uns diese Stelle bezeichnete. Frisch trieben wir unsere Tiere zur Eile, doch je mehr wir uns dem Feuer näherten, desto stärker schlug ein summendes Geräusch an unser Ohr, das Peacock, der erfahrene Kalifornier, sogleich als tausendfältiges Geblöke einer Schafherde erkannte.
Wir hätten es nicht unglücklicher treffen können, denn die Hoffnung auf Wasser und Gras auf der ersten Station mußten wir vollständig aufgeben. Wir eilten daher voraus, um soviel wie möglich Unordnungen zu verhüten, die beim Zusammenstoßen von verschiedenen Herden in der Dunkelheit fast unvermeidlich sind. Bei dem Feuer trafen wir acht bis zehn wild aussehende Mexikaner, die teils beschäftigt waren, ihre ewigen Tortillas zu bereiten, teils ihre Zigarillos rauchten und dabei die Fragen, die wir an sie stellten, höflich beantworteten. Sie kamen mit einer Herde von 20 000 Schafen, die in Kalifornien verkauft werden sollten, von Neu-Mexiko. Eine zweite, ebenso starke Herde folgte ihnen in der Entfernung von einigen Tagereisen nach, und wir konnten also darauf rechnen, auch dieser zu begegnen. Die Wasserpfütze hatten sie schon trocken gefunden, doch rieten sie uns, noch einige Meilen weiterzureisen bis dahin, wo wir in einem trockenen Flußbett dicht an der Straße eine tief ausgescharrte Wasserhöhle, die sogenannten Indian Wells, bemerken würden. Auch erkundigten wir uns, ob sie in Fort Yuma, wo ihr Weg vorbeigeführt hatte, nicht von der Ankunft des Schoners des Lieutenant Ives an der Mündung des Colorado Nachricht erhalten hätten, worauf sie uns mitteilten, daß man in Fort СКАЧАТЬ