Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ Train erreichte uns endlich, und ich muß gestehen, daß es eine schwierige Arbeit für uns alle war, einen Weg zwischen den vielen Tausenden von Schafen hindurchzubahnen, die sich ringsum gelagert hatten, fast unter den Hufen der Maultiere aufsprangen und sich seitwärts drängten. Die hellen Wachfeuer der Hirten blendeten unsere Augen so sehr, daß wir den Boden von den dichten Massen der Schafe nur dadurch zu unterscheiden vermochten, daß wir uns von dem näheren oder entfernteren betäubenden Geschrei der klagenden Tiere leiten ließen.

      Nach vieler Mühe gelangten wir endlich aus dem Gewirr wieder auf die Straße und erreichten gegen drei Uhr in der Frühe die Indian Wells. Wir hatten dreißig Meilen zurückgelegt, Menschen und Tiere waren erschöpft nach dem nächtlichen Ritt, wir überließen daher letztere der Freiheit, wickelten uns in die Satteldecken und schliefen fest auf dem weichen Sand, der noch zum Überfluß von einem frischen Wind fortwährend in wirbelnder Bewegung um uns her gehalten wurde.

      Bei Tagesanbruch untersuchten wir zuerst die »Indianischen Brunnen« und fanden zu unserem Leidwesen nur eine tiefe Höhle in dem alten Flußbett, in der sich allerdings Wasser angesammelt hatte, doch bei weitem nicht genug, um jedem Maultier auch nur einen halben Eimer desselben verabreichen zu können. Ferner war es auch so schwierig, in den sandigen Schacht hinabzusteigen und die gefüllten Eimer an den einstürzenden Wänden hinaufzuschaffen, daß wir beschlossen, nur die beladenen Tiere zu tränken und sodann unsere Reise ohne weiteren Verzug wieder fortzusetzen. Es mochte daher kaum acht Uhr sein, als wir die Indian Wells verließen und über die Ebene dahineilten, die sich wie endlos nach allen Richtungen hin erstreckte. Wir waren seit dem vorigen Abend immer abwärts gezogen, und zwar so weit, daß wir uns nur noch 70 Fuß über dem Spiegel der Südsee befanden; hier nun umgab uns eine anscheinend horizontale Fläche, auch stellte es sich heraus, daß wir am nächsten Abend noch immer auf derselben Höhe waren. Solange der Wind schwieg, was nur während der ersten Morgenstunden der Fall war, hatten wir sehr angenehmes Reisen; dann aber begann die gelbe Fläche, die in dem hellen Sonnenschein für das Auge auf unangenehme Weise flimmerte, ihren Glanz zu verlieren; der wilde Sand, der anfangs nur in der Höhe von wenigen Zoll über dem Boden dahinstäubte, stieg allmählich vor dem wachsenden Nordwind und umgab uns schon zur Mittagsstunde wie eine dichte Wolke. Die auf dem festen Lehmboden eingedrückten Spuren leiteten uns auf dem Weg, dessen Richtung wir nur auf eine kurze Strecke vor uns zu erkennen vermochten, denn feine Sandteile erfüllten die Atmosphäre in dem Maße, daß wir nicht ohne Schwierigkeit atmeten und die Augen und den Mund fast fortwährend geschlossen halten mußten.

      Gegen Abend legte sich der Wind allmählich, und die Sonne, die während des ganzen Tages ungetrübt von dem wolkenlosen Himmel auf den Sandsturm niedergeblickt hatte, tauchte endlich in die verdichtete Atmosphäre, die trotz der sich einstellenden Ruhe noch immer bis zu einer Höhe von sechzig Fuß die graue Farbe des feinen Wüstensandes trug. Nie sah ich eine merkwürdigere Beleuchtung als an diesem Abend; die eilenden Staubwolken, nicht dicht genug, um die Sonne ganz zu verbergen, raubten ihr dafür die Strahlen und ließen sie als eine rotbraune Scheibe erscheinen, deren Färbung sich in dem Maße verdunkelte, als sie dem Horizont näher trat. Wie eine matt erleuchtete, blutrote Glasglocke schimmerte die letzte Hälfte des untergehenden Gestirns durch den Sandnebel zu uns herüber, als wir in ein trockenes Flußbett hinabritten und bei dem Brunnen, der unter dem Namen Alamo Mucho bekannt ist, abstiegen.

      Wir befanden uns nunmehr fast in der Mitte der Wüste und hatten seit dem vorhergehenden Abend zweiundfünfzig Meilen zurückgelegt. Der Mangel des Wassers war durch den Sandsturm doppelt fühlbar geworden; traurig standen unsere schmachtenden Tiere umher oder suchten auf dem dürren Sand vergeblich nach Grashalmen und Pflanzen. Auch an dieser Stelle sollten sie den brennenden Durst noch nicht stillen, denn bei unserer Ankunft trafen wir mit einem kleinen Kommando Soldaten zusammen, die von Fort Yuma aus dorthin gesandt worden waren, um den halb versandeten Brunnen zu reinigen. Diese Arbeit hatten sie freilich gerade beendet, doch fanden wir statt des ersehnten Wassers nur dicken Schlamm und schätzten uns glücklich, daß wir zu unserem eigenen Gebrauch etwas von dem Vorrat der Soldaten beziehen konnten.

      Der Name »Alamo mucho«, was soviel bedeutet wie »Überfluß an Cottonwood-Bäumen«, paßt jetzt durchaus nicht mehr für jenen Punkt, indem die wenigen Bäume, nach denen die Benennung geschah, schon längst gefällt wurden und nur noch die morschen Stumpfe sichtbar sind. Diese sowie der Brunnen befinden sich also in einer Vertiefung, die von einem alten Wasserlauf herzurühren scheint und ungefähr dreißig Fuß niedriger liegt als die Oberfläche der Ebene. Der Brunnen hat eine Tiefe von achtzehn Fuß, die Wände desselben sind durch Bretter gegen das Einstürzen geschützt, so wie auch die Öffnung von einem rohen hölzernen Kasten umgeben ist; ein Beweis, welche Wichtigkeit der Erhaltung dieses kleinen Wasservorrats beigelegt wird. Wie wenig ausreichend derselbe aber ist, das erkennt man leicht an den zahlreichen Gerippen und, ich möchte sagen, ausgedörrten Mumien von Tieren, die nicht nur auf der ganzen Straße, sondern auch in der unmittelbaren Nähe des Brunnens umherliegen.

      Am folgenden Morgen, dem 18. Dezember, hatte sich schon Wasser gesammelt, doch nicht ausreichend für unseren Bedarf, und wiederum wurden nur die Reit- und Packtiere getränkt. Die Herde litt augenscheinlich sehr, und unter diesen Umständen konnte uns allein die größte Eile vor Verlusten schützen, denn vor unserer Ankunft am Colorado, von dem uns noch zwei Tagereisen trennten, durften wir nach Aussage der Soldaten nicht auf das Ende dieser Not rechnen.

      Nachdem wir also bei Alamo Mucho wieder zur Ebene hinaufgestiegen waren, gebrauchten wir Sporen und Peitschen; der Wind belästigte uns nicht so sehr wie am vorhergehenden Tag, und in raschem Schritt ging es abwechselnd über glattgefegten Lehmboden und über tiefe Sandschichten. Der Eindruck, den diese tote, einfarbige Wüste auf den Reisenden macht, läßt sich kaum beschreiben; fast ohne es zu gewahren, wird man durch den gänzlichen Mangel an organischem und animalischem Leben traurig und düster gestimmt, man erblickt wohl einzelne abgestorbene Mesquitebüsche, irgendein glänzender Laufkäfer eilt mitunter über den sandigen Weg, und einige wohlgenährte Krähen ruhen sich träge auf einem gefallenen Stück Vieh aus; doch der Charakter der Wüste bleibt unveränderlich derselbe, sie liegt vor dem Menschen da in ihrer ganzen schreckenerregenden Öde wie das Bild eines grausigen Todes, das vorsichtig von einer belebenden Natur umgangen wurde, und voll Sehnsucht haftet der Blick auf den Kuppen blauer Gebirgszüge, die in der Ferne auftauchen. An manchen Stellen bildeten die Mesquitegebüsche kleine Waldungen, die aber größtenteils nur ein gewisses Alter erreicht hatten und durch irgendeinen mir unerklärlichen Einfluß plötzlich getötet und verdorrt waren.

      Gegen Abend, nach Zurücklegung von zweiundzwanzig Meilen, erreichten wir Cook’s Well, die letzte Station vor dem Colorado. Der Brunnen an dieser Stelle, der ebenfalls von den Soldaten gereinigt worden war, unterschied sich von Alamo Mucho nur durch die in geringem Maße veränderte Umgebung, und hier wie dort litten wir unter dem schrecklichsten Wassermangel. Seit achtundvierzig Stunden hatte die Mehrzahl unserer Tiere sich nicht einmal die Zunge benetzen können, der fürchterlichste Durst peinigte sie daher in so hohem Grade, daß sie nicht mehr nach gewohnter Weise unter den dornigen Gebüschen nach vereinzelten Grashalmen umhersuchten, sondern sich von uns zu trennen und den Rückweg einzuschlagen trachteten. Unsere Mexikaner blieben die ganze Nacht hindurch in Bewegung, und trotz ihrer Wachsamkeit war es einigen Tieren gelungen, sich in der Dunkelheit davonzuschleichen, und zwar in entgegengesetzter Richtung von der, die uns an den Colorado führte. Als wir am 19. Dezember aufbrachen, ritten zwei Mexikaner zurück, den Flüchtlingen nach, während wir mit dem übrigen Train der alten Straße folgten.

      Vor uns lag der Pilot Knob,Das Äußere der Felsen dieses abgesonderten Berges zeigt eine schwarze Farbe und eine Glätte, als wenn sie mit Firnis überzogen wären, weshalb die Sonne, zwischen dem nackten Gestein sich spiegelnd, auf merkwürdige Weise blitzt und schimmert. Der Berg besteht aus Granit, der von dunklem, vulkanischem Gestein (Basalt) mauer- und pfeilerähnlich durchzogen zu sein scheint. ein abgesonderter Berg, an dessen östlicher Basis der Colorado vorbeifließt und an dessen südlicher Seite die Straße den Fluß berührt. Der Berg ist weithin in der Wüste sichtbar, und weil sich Reisende desselben bequem als einer Landmarke bedienen können, so ist ihm der Name »Pilotenknauf« beigelegt СКАЧАТЬ