Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ gefahrvollen Leben in den Gebirgen, wo ihn seine braune Gattin mit ihren Kindern auf Weg und Steg begleitete, sich endlich ein Fleckchen ausgesucht hat, wo er in Ruhe und Frieden seine alten Tage verleben und dabei ungestört die Viehzucht, die Jagd und den Fischfang betreiben kann.

      Früher, wenn ich zuweilen in meinen Erzählungen der Zeiten gedachte, die ich selbst als Pelzjäger in der Wildnis verlebte, und dabei noch immer für dieselben schwärmte, wurde ich von jungen, tatkräftigen Gemütern um den Vorzug meiner Erfahrungen beneidet, während manche frommen, klug überlegenden Menschen die Behauptung aufstellten, daß in einem Leben unter solchen Verhältnissen die wahre Empfindung und die begeisterte Verehrung für eine wilde, aber ungekünstelte Natur und ihre heilige, belebende Kraft allmählich einschlummern, ja sogar verlorengehen müßten, weil die von Menschen geregelte Anleitung fehle. Hier nun, bei dem alten Gale, der nahe an die vierzig Jahre die Wildnisse des Fernen Westens mühevoll durchzogen hatte, fand ich abermals einen Beweis, daß Mangel an Schule und Umgang den Keim nie vollständig zu ersticken vermag, den die Natur in die Brust ihrer Lieblingskinder legte. Wie hätte es sonst der rauhe Jäger vermocht, eine so anmutig gelegene Stelle zu seiner Heimat zu wählen, da doch in nicht allzugroßer Entfernung sich tausendfach Gelegenheit bot, Reichtümer mit verhältnismäßig geringer Mühe zu erwerben? Doch besser wie Reichtümer gefielen ihm das von hohen Bergen eingeschlossene Tal, das milde Klima, der kristallklare Fluß mit den Baumgruppen auf seinen Ufern, die fetten Weiden, die ergiebige Jagd und vor allem die friedliche, ungestörte Ruhe in der ganzen Umgebung.

      In der Nähe des einsamen Blockhauses, unter hohen Bäumen, hart am Rande einer kleinen Weidenwaldung, schlugen wir also unser Standquartier auf, und noch ehe Louis den Tisch vor unserm Zelt geordnet hatte, saßen wir in Reihe auf dem erhöhten Ufer des Flusses, beobachteten schweigend die ausgeworfenen Angeln und ergötzten uns an dem munteren Treiben der zahlreichen Forellen, deren geringsten Bewegungen wir bei der Klarheit des Wassers bis auf den Boden zu folgen vermochten. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag auf diese Weise, Fisch auf Fisch zogen wir aus den schnell eilenden Fluten, so daß selbst Louis seine Zufriedenheit zu erkennen gab, indem er meinte, daß ein Neger kaum besser mit der Angel umzugehen wisse als wir.

      Als es dämmerte, saßen wir in Eintracht an unserem Feldtisch, um den gefangenen Forellen die letzte Ehre angedeihen zu lassen; Gale war unser Gast, und zwar ein lieber, freundlicher, unterhaltender Gast. Egloffstein suchte seine Flöte und ich meine Gitarre hervor, wir musizierten nach besten Kräften und wurden so tapfer von den fröhlichen Stimmen der ganzen Gesellschaft unterstützt, daß der Gesang weithin über die stille Ebene schallte und der alte Gale bei so ungewohnten Klängen förmlich gerührt wurde.

      Die prachtvolle Gesellschaft, wie Gale uns nannte, dazu der feurige Wein, hatten ihre Wirkung auf den alten Jäger ebenfalls nicht verfehlt und ihn ungewöhnlich gesprächig gemacht, so daß er sich, nachdem das Konzert beendet war und wir im Kreis ums Feuer lagen, ganz willig herbeiließ, einiges aus seinem Leben zu erzählen.

      »Wenn ich mit jungen Leuten zusammentreffe«, hob er an, »namentlich mit solchen, die schon einen Blick in die Rocky Mountains geworfen haben und daher die Vorliebe begreifen können, die ein verständiger Mensch (ich bediene mich hier Gales eigener Worte) für das Leben in der Wildnis fassen muß, dann wird immer der Wunsch in mir rege, wieder jung zu sein, um die letzten dreißig Jahre noch einmal durchleben zu können. Auch meine alte Cheyenne-Squaw, die drüben im Haus mit den Kindern gewiß voller Verwunderung auf eure Musik gehorcht hat, möchte ich wohl wieder jung sehen; so wie damals, als sie die Lieblingstochter eines großen Häuptlings und zugleich die Schönste ihres Stammes war, und mich mit ihren glänzend schwarzen Augen, die sie heute noch aufzuweisen hat, dazu bestimmte, ihren Verwandten auf Jagd- und Kriegszügen zu folgen. Mancher junge Krieger der Cheyenne-Indianer so wie auch benachbarter Stämme hegte feindliche Gefühle gegen mich, als das Mädchen mich bevorzugte. Doch als sie erst meine Frau war, mit mir in unserem eigenen Zelt wohnte, mich auf meinen Jagdzügen begleitete, die von mir gewonnenen Häute weich wie Samt gerbte, schöne Mokassins für mich nähte und meinen Anzug auf das prächtigste mit den gefärbten Stacheln des Porcupine verzierte, da stellte sich auch die alte Freundschaft wieder ein, und alle waren stolz, mich als zur Nation gehörig betrachten zu können. Ich war aber auch ein Jäger und Fallensteller, der sich vor keinem anderen zwischen dem Missouri und Kalifornien zu schämen brauchte. Da war keiner, der so viele Otter- und Biberfelle zum Tausch zu den Handelsposten brachte, und keiner, dessen Squaw sich eines so großen Reichtums hätte rühmen können wie die meinige. Sie besaß nur lauter rote Decken, und sie und ihre Kinder waren immer rot gekleidet;Die unter den Indianern lebenden Weißen gewöhnen sich allmählich an den indianischen Geschmack. ganze Ladungen von Perlenschnüren hing ich ihr um den Hals, und alle Säume an ihren Kleidungsstücken besetzte ich mit kleinen Messingschellen. Dafür gewährte meine Familie aber auch einen Anblick, der das Herz eines Jägers erfreute; ja, es waren schöne, schöne Zeiten!

      Jetzt bin ich alt und träge; wenn ich etwas verdiene, so lege ich es zurück für meine Töchter; meine Söhne können auf dieselbe Weise anfangen, wie ich es getan habe, das heißt, mit weiter nichts als mit einer guten Büchse. Vieles, vieles hat sich in dieser langen Zeit geändert; Berge und Flüsse, die wir nur bei ihren indianischen Namen kannten, sind längst umgetauft worden, und Eingeborene, die wir durch den bloßen Knall unserer Büchsen fernhielten, führen jetzt so gute Feuerwaffen, wie sie die Fabriken in den Vereinigten Staaten nur zu liefern vermögen.«

      Auf meine Frage, ob er den oberen Colorado kenne, erwiderte der alte Gale in seiner erzählenden Weise: »Den oberen Colorado kenne ich nicht, auch glaube ich nicht, daß eure Expedition denselben kennenlernen wird. Meilentiefe Cañons bilden dort sein Bett, und meilentiefe Cañons werden euch hindern, an den oberen Colorado zu gelangen. Einmal bin ich vor vielen Jahren in jener Gegend gewesen, bin aber auch nie wieder dahin zurückgekehrt. Doch laßt mich erzählen.

      In der Hoffnung, eine einträgliche Biberjagd zu machen, hatten wir Freitrapper, ungefähr 150 an der Zahl, eine Kompanie gebildet und den bekannten Fitzpatrick, der nun auch schon hinüber ist, zu unserem Anführer gewählt. Um nämlich die Einigkeit aufrechtzuerhalten, fügen sich alle Teilnehmer einer solchen Expedition pünktlich den Befehlen eines von ihnen selbst gewählten Häuptlings, dessen Aufgabe es ist, die Leute je nach ihren Fähigkeiten zu den verschiedenen Arbeiten und Dienstleistungen zu bestimmen, zugleich aber auch nach Beendigung der Expedition die gerechte Verteilung der gewonnenen Beute zu überwachen. Unser Ziel war der obere Colorado, den noch nie ein Trapper erreicht hatte. Auch wir erreichten ihn nicht, indem, wie ich schon sagte, meilentiefe Schluchten uns den Weg völlig abschnitten.

      Wir gaben jeden Versuch, hinunterzugelangen, auf; was hätten wir auch in den Spalten finden sollen, da Otter und Biber ja nicht zwischen Felsen leben? Wir entschlossen uns daher, mehr südlich zu gehen, und machten einen weiten Umweg, auf dem wir einen kleinen Bergstrom erreichten, der uns, wie sich später erwies, an den Colorado führte. Auf unserer ganzen Reise hatten wir keinen einzigen Eingeborenen erblickt, was uns zu der Meinung bestimmte, daß die dortige wüste Gegend gänzlich unbewohnt sei. Am Colorado erhielten wir indessen die untrüglichsten Beweise, daß wir schon seit langer Zeit von Indianern umgeben waren und beobachtet wurden, und zwar von solchen, denen weiße, bärtige Menschen eine vollkommen neue Erscheinung waren.

      An dem Tag nämlich, an dem wir den großen Strom erreichten, ermattete eins von Fitzpatricks Pferden, und ich erhielt den Auftrag, dieses nachzubringen. Das Tier war indessen so ermüdet und abgetrieben, daß ich es durch gar kein Mittel von der Stelle zu treiben vermochte. Ich gab dasselbe daher auf und eilte meinen Gefährten nach, mit denen ich am Colorado erst wieder zusammentraf. Auf meinen Bericht über das verlorene Pferd ließ mich Fitzpatrick hart an und bestand mit allem Eigensinn darauf, daß ich ihm das Tier unter allen Umständen wiederschaffen müsse. Dasselbe war vielleicht nur fünf oder sechs Meilen von unserem Lager entfernt, ich entschloß mich daher, noch vor Einbruch der Nacht zu Fuß zurückzukehren und es noch einmal mit ihm zu versuchen. Ein gut berittener Kamerad bot mir seine Begleitung an, die ich mit Freuden annahm, um so mehr, als wir an diesem Tag die ersten Fußstapfen von Eingeborenen im Sand des kleinen Bergstroms entdeckt hatten. Wir verließen СКАЧАТЬ