Название: Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas
Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Als wir uns dem Colorado näherten und vielleicht noch acht Meilen von demselben entfernt waren, verschwanden die Gruppen der Mesquitebüsche mehr und mehr, wurden aber durch Weiden und Cottonwood-Bäume ersetzt, die sich allmählich verdichteten und eine Waldung bildeten. Zwei Meilen vom Fluß ritten wir an dem ersten Indianerdorf vorbei; es bestand aus wenigen Hütten, die von Yuma-Indianern bewohnt waren; auch erblickte ich hier kleine Felder, die mit Bohnen, Mais und Kürbissen bestellt waren. Wir hielten uns indessen nicht auf; unsere Tiere, die, geleitet vom Instinkt, die Nähe des Wassers ebensogut kannten wie wir selbst, drängten unaufhaltsam vorwärts, ihre Lasten schienen sich zu erleichtern, ihre Augen gewannen wieder etwas Feuer, der schleppende Schritt war verschwunden, und in der ganzen langen Reihe hörte man ein ununterbrochenes Schnauben — das Zeichen der Maultiere, wenn sie sich am Ende ihrer Arbeit wähnen.
Endlich öffnete sich der gewundene Pfad, die Aussicht wurde frei, und vor mir erblickte ich den breiten Spiegel des Colorado, mit dem ich in den nächsten Monaten eine genauere Bekanntschaft schließen sollte. Ich begrüßte den stolzen Strom aus vollem Herzen, kniete nieder, um seit beinahe vier Jahren zum erstenmal wieder aus seinen Fluten zu trinken.
Siebentes Kapitel
Der Rio Colorado — Pasqual, der Häuptling der Yuma-Indianer — Fort Yuma — Die Umgebung von Fort Yuma — Dome Mountains — Colorado City — Die Erdbeben — Die Schlammvulkane — Die Yuma-Indianer — Die Offiziere des Militärpostens — Das Leben im Lager auf dem Ufer des Colorado — Der Chimney Peak in den Rocky Mountains — Erzählung eines Abenteuers des Herzogs Paul Wilhelm von Württemberg am Nebraska
In meinem ersten Reisewerk»Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee«, S. 405-408. habe ich mich schon über die ältesten Nachrichten, die den Rio Colorado des Westens betreffen, ausgesprochen; ebenso erwähnte ich die Namen von Reisenden, die es zuerst wagten, bis in die nördlichste Spitze des Golfs von Kalifornien und demnächst in den Colorado selbst vorzudringen. Im Begriff, die neuesten, an Ort und Stelle gewonnenen Nachrichten niederzuschreiben, ist es vielleicht angemessen, wenn ich noch einmal auf die ersteren zurückkomme.
Nachdem Fernando Cortez sich im Jahre 1521 vom Vorhandensein und von der Nähe der Südsee überzeugt hatte, gab er sich der Hoffnung hin, auch eine Durchfahrt oder vielmehr eine Verbindung der beiden Weltmeere zu entdecken. Welche Wichtigkeit er auf die Verwirklichung seiner kühnen Hoffnung legte, geht aus einem Brief hervor, den er an Kaiser Karl V. schrieb, in dem es heißt: »Ew. Majestät werden selbst einsehen, daß diese Unternehmungen Ihnen mehr Ehre machen und unendlich mehr nutzen werden als alle bisherigen Forschungen in Indien.« Die Forschungen nach der gehofften Durchfahrt, die in beiden Meeren auf Befehl des Kaisers unternommen wurden, waren also gewissermaßen die erste Ursache, daß man so bald genauere Kenntnisse von den Küsten von Sonora und der kalifornischen Halbinsel erhielt. Die immer aufs neue ausgesandten Schiffe, die bald an der Westküste, bald an der Ostküste der Halbinsel, häufig aber auch an der Küste von Sonora hinaufsegelten, gelangten erst im Jahre 1540Fernando Alarchon erforschte im Jahre 1540 auf Befehl des Vizekönigs von Neu-Spanien, Antonio de Mendoza, den Golf von Kalifornien. wirklich bis an die Mündung des Colorado, ohne indessen den Fluß für etwas anderes als eine Verlängerung des Meerbusens zu halten. Die ersten Entdecker hatten dem Golf den Namen »Rotes Meer« beigelegt, wozu vielleicht die Ähnlichkeit mit dem arabischen Meerbusen, vielleicht aber auch die gelbliche Farbe desselben Veranlassung gegeben hat; später war er auch unter dem Namen »Cortezisches Meer« bekannt, bis er endlich allgemein als Golf von Kalifornien bezeichnet wurde.
Erst durch die Jesuiten, die im Jahre 1697 anfingen, zahlreiche Missionen in Kalifornien zu gründen, erhielten diese fast zweihundert Jahre alten Entdeckungen einigen Wert und verbreiteten sich auch glaubwürdigere Nachrichten über Länderstrecken, die man bis dahin fast unbeachtet, oder auch für unzugänglich gehalten hatte. Zu den letzteren gehört das Gebiet des Rio Colorado. Schiffer hatten es mehrfach versucht, in den Fluß hineinzusegeln, doch war ihr Vorhaben stets an der heftigen Brandung gescheitert, die an der Mündung durch Ebbe und Flut verursacht wird. Pater Kino (Kühn) war der erste, der es unternahm, von Sonora aus an den Gila und den Colorado zu gelangen, und von ihm stammen die ältesten wichtigen Nachrichten über den Colorado.»Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee«, S. 407. Seinem Beispiel folgten später Pater Sedelmeyer und Pater Gonsago. Nachdem man sich endlich davon überzeugt hatte, daß der Colorado von unwirtlichen Wüsten eingefaßt sei, schien der Strom, dem man soviel Aufmerksamkeit zugewendet hatte, plötzlich seine Bedeutung verloren zu haben; man stand von ferneren Unternehmungen, den Colorado weiter nördlich kennenzulernen, vollständig ab, und die bis dahin gewonnenen Nachrichten wurden in den nächsten hundert Jahren nur durch einige astronomische Bestimmungen von Punkten nahe der Mündung bereichert.
Die Mormonen, die in einem kurzen Zeitraum die kulturfähigen Ländereien am Großen Salzsee verhältnismäßig dicht bevölkerten, richteten endlich ihr Augenmerk wieder auf den Colorado. Der Grund hierfür liegt sehr nahe; das Mormonengebiet wird ringsum durch ungeheure Wüsten und Steppen von allen zivilisierten Ländern getrennt; der Weg dahin ist also ein langer und beschwerlicher. Ferner ist dort nicht hinreichend tragbarer Boden vorhanden, um eine so starke Bevölkerung, wie die des Mormonenstaates zu werden verspricht und die hauptsächlich auf Ackerbau und Viehzucht angewiesen ist, gestatten zu können. Für diese beiden so fühlbaren Übelstände konnte der Colorado im günstigsten Fall eine Aushilfe bieten. Erwies sich dieser Strom als schiffbar, so konnte das südliche Utah-Gebiet in direkte Verbindung mit den Hafenstädten der ganzen Erde gebracht werden; waren die Täler des Flusses umfangreich und fruchtbar genug, so konnte das Mormonentum langsam, aber zugleich fest einwurzelnd, sich gegen Süden, und zwar bis in den Staat Sonora, ausdehnen.
All dies hatten die Mormonen im Auge, als sie bei der Regierung in Washington um die Erforschung des Colorado einkamen. Die beste Unterstützung fanden sie bei der Regierung selbst, die von dem eifrigen Wunsch beseelt ist, jeden unbekannten Winkel auf dem amerikanischen Kontinent erforschen zu lassen. Zum Unglück brachen aber offene Feindseligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und den Mormonen aus, und anstatt von letzteren unterstützt zu werden, wurden unserer Expedition unüberwindliche Hindernisse in den Weg gelegt. Schon in Pueblo de los Angeles erging an mich durch einige Mormonen die Aufforderung, mich als Ausländer von der Expedition zu trennen, wenn mir mein Leben lieb sei. Es wurde also einem Unternehmen, das rein wissenschaftlicher Art war, ein militärischer Zweck untergeschoben, und als bewaffnete, feindliche Macht sollten wir am oberen Colorado von den Mormonen empfangen werden. Ich bestreite übrigens keineswegs die Möglichkeit, daß die Orders, die später unsere Expedition teilweise in eine militärische umwandelten, schon lange vorher beabsichtigt waren.
Wir erreichten also am 19. Dezember den Colorado und schlugen an der Stelle, wo wir den Fluß zuerst erblickten, unser Lager auf. Unsere Lebensmittel waren erschöpft, kein Gras in der Nähe sichtbar, weshalb Peacock noch an demselben Tag hinauf nach dem Fort ritt, dort unsere Ankunft meldete und mit dem kommandierenden Offizier ein Übereinkommen hinsichtlich der Weide für unsere Herde und Lebensmittel für uns selbst traf.
Gegen Abend füllte sich unser kleines Lager mit Yuma-Indianern, lauter schönen, großen Leuten, die durch ihr ganzes Benehmen zeigten, wie sehr sie sich schon an den Umgang mit den Weißen gewöhnt hatten. Besonders hervorragend war unter diesen der Häuptling Pasqual mit seiner Familie; er überreichte uns seine Empfehlungsschreiben, die von verschiedenen Offizieren des Militärpostens ausgestellt waren und die ihn als ersten »Capitano« der Yumas und zugleich als einen zuverlässigen Indianer schilderten. Wie die Indianer gewöhnlich dergleichen »sprechende Papiere« für die besten Mittel zum Betteln halten, so geschah es auch hier; Senor Pasqual schien daher bitter enttäuscht, als er keine Geschenke von uns erhielt, und dabei ermüdete er nicht, uns zu wiederholen, wie anständig frühere Reisende ihn immer bedacht hätten. Seine Gattin mit ihrem СКАЧАТЬ