Für ein Leben unter den Flügeln der Seele - Die heillose Kultur - Band 1. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ des Lichts und der Finsternis.“ (Wörterbuch der Redensarten, www.redensarten-index.de 41 Einträge, 24. Februar 2008)

      Das deutsche Oben verhält sich gern gottähnlich und diese Bedeutung klingt in den Begriffen Oben und Unten im Sprachgebrauch durch. Aber eben auch die Bedeutung des nach Außen Schöntun und im Inneren herrschenden Chaos – zusätzlich die Wandelbarkeit und Schnelligkeit unserer heutigen Zeit in Inszenierungen und Reinszenisierungen in der folgenden Zuweisung: Heute oben, morgen unten! In „Oben hui, unten pfui“ schillert die nicht aufgrund von Gewöhnung zu vergessene Sexualisierung heutiger Zeit und Gesellschaft: Der Markt und der Gewinn durch Sexualisierung ist gigantisch. Oben zu sein ist „geil“ – und Unten? Nicht! Oder doch? Und wenn es geil ist, Unten zu sein – was bedeutet es dann: Was spielt sich in Menschen ab und was spielt hinein, sich damit äußerlich zufrieden zu präsentieren?

      Ich bin verstimmt über das Leben, wie in Deutschland nun zu leben ist. Insbesondere über die Faktenlage, wie Menschen zu Menschen stehen – oder besser, eben nicht stehen! Veränderung und existenzielle Faktenlage gleichen einem Requiem. Verkehrungen und Perversionen übertrumpfen sich gegenseitig.

      Es scheint zusehends mehr Menschen zu geben, die so empfinden und entsprechende, harte Fakten, veröffentlichen. Zum Beispiel tat dies jüngst der Direktor des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, bei einer Veranstaltung für Arbeit (BA) zum Thema „Wie viel Ungleichheit verträgt das Land?“ (Ruhr Nachrichten, 11. Juni 2008, Rubrik Wirtschaft). Fazit seines Vortrages: Die Oberschicht schottet sich von der Unterschicht ab. Es wird standesgemäß geheiratet. Die Krankenschwester, die früher noch vom Arzt erwählt wurde, weicht der Kollegin. Arbeitseinsatz und Fleiß schlagen sich nicht in guten Einkommen nieder. Kapitalanleger sind Gewinner des aktuellen Aufschwungs und nicht Familien. Mein Zusatz wäre: Intelligenz und Fleiß zahlen sich für Unten nicht aus. Verlierer in der Kultur sind die Schwächsten: Dazu zählen Alleinerziehende und Kinder.

      Selbst Ärzte schlagen Alarm, wie jüngst der Hartmannbund, der durch seinen Redner auf ein Bild der Gesellschaft zurückgreift, das den Menschen zu „Material“ degradiert: „Kinder und Jugendliche sind der wertvollste, nachwachsende Rohstoff“, mahnte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe, Norbert Struck. Mehr als jedes sechste Kind in Deutschland wächst in einer von Armut bedrohten Familie auf.“ („Kinderärzte schlagen Alarm.“ In: Ruhr-Nachrichten, 21. Juni 2008) Wessen Herz will Norbert Struck mit dieser Metapher erreichen? Das der Wirtschaft, die Menschen nicht mehr als Menschen wahrnehmen können? Dieses Bild erinnert an Materialschlachten. Es erinnert daran, wie Menschen im Krieg als Material eingesetzt wurden. Das lässt die Frage stellen, ob wir in Kriegszeiten leben. Auf diese Frage wird im vorliegenden Buch eingegangen. Was kommt von Oben nach Unten für treue Dienste, Zusammenhalten und Einhaltung gesellschaftlicher Regeln und pünktliches Steuerzahlen zurück?

      Inzwischen ist es quasi zum sozialen Auftrag geworden und gehört zum guten Ton, die Auswirkungen der Globalisierung beherzt oder mit kritischem Tenor mit Oben und Unten zu benennen: Die scharfen Kanten der Kritik an der Ungerechtigkeit und Frechheit, mit welcher sich die Wirtschaft immer weiter bereichert und die Politik diese Ökonomie letztendlich stützt, sind inzwischen von Sand und Wind des öffentlichen Diskurses abgeschliffen. Dieser Schleier der Scham wurde in den letzten drei Jahren zerrissen. Oben und Unten sind einer Normalität gewichen, mit der jeder umzugehen hat. Kapital- und Besitzverhältnisse blieben unangetastet – Gewinn Oben und Verarmung Unten steigen weiterhin. Es fehlte noch, dass Armut und Verarmung als neues Designermodell des Spätkapitalismus ausgeschrieben wird.

      À la: „Es geht noch ein bisschen billiger, einfacher und überlebenspraktikabler – Sie werden schon sehen! Derjenige, der es schafft, noch billiger zu leben, bekommt den ersten Preis!“ Denn, wir haben vorher daran verdient, wird nicht gesagt.

      In diesem Klima aalen sich Debatten um Sicherheit hier und Freiheit da in den sonnenbeschienenen Seen Oben. Die Politiker winken mit demokratischen Fahnenmasten und leiten Menschen sicher nach Unten – und beteuern das Gegenteil: Es geht bald wieder aufwärts! Unten weiß man offenbar die Realität besser einzuschätzen: Man weiß nun, wo man mit diesem guten, alten Glauben gelandet ist.

      In diesem vorliegenden Buch sollen Phänomene zusammengetragen und Hypothesen gebildet werden, wieso man in Deutschland so lebt. Selbstwert und Mehrwert werden als sich in der Gegenwart ausschließende Ziele dargestellt. Hat meine Generation nicht genügend Fragen an die Eltern gestellt und die Antworten emotional und verstandesmäßig nicht folgerichtig eingeordnet, dass das Gros der Menschen in Deutschland sich immer noch so unterordnungsbereit zeigt? Oder waren da gar keine Antworten? Und wenn keine Antworten da sind, wäre zu fragen, warum nicht? Wo ist das Leben verloren gegangen? Denn Leben hat immer etwas damit zu tun, Fragen zu stellen, um ein bisschen weiter in der (emotionalen) Erkenntnis über das Leben zu kommen, als man bisher gekommen ist. Diese gestattet man sich Oben seit Jahrzehnten und findet immer wieder die Nadelöhre, um doch noch an den Profit zu kommen, der das schöne Leben weiter garantiert.

      Die Kreativität der Welten- und Geldmacher erfährt dennoch einen (neuen) Rahmen, indem sie mit menschenwürdigen Werten konfrontiert wird. Kreativität war dieser Tage das Schlagwort des reichsten Mannes der Welt. Wofür Bill Gates, bis vor kurzem der nominell reichste Mann der Welt, im Januar 2008 beim Weltwirtschaftsforum in Davos Beifll erntete, kann in diesem Buch nicht kritisch beleuchtet werden, weil noch kein konkreter Vorschlag als Beispiel für einen kreativen Kapitalismus vorliegt. Ich befürchte, das, was als „kreativ“ vorgeschlagen ist, schlägt wieder alte Wege ein und schließt an alte Allianzen an: „Unternehmen sollten soziale Verantwortung ernst nehmen und als Kerngeschäft ansehen, sie sollten zu Partnern der Regierungen werden“, so Gordon Brown, Großbritanniens Premierminister, in seinem Statement zu Bill Gates. (Ruhr Nachrichten, 26.1.2008) Ein schöner Vorschlag, der Politiker und/oder Staat gleich mit absichert. Wo bleiben die, die auch der Staat sind, die Bürger und Menschen des Landes? Kreativität war bisher ein Multiplikator für egoistische, kapitalistische Gewinne und nicht für menschliche Gerechtigkeit – wieso sich nun daran etwas geändert haben oder sich ändern soll, kann nur mit einem systemimmanenten Gedankengut erklärt werden: Man hat Angst um seine eigenen Gewinne und Angst um seinen eigenen Ruf! Sonst hätte man schon etwas vor zwanzig oder sechzig Jahren tun können – oder? Man könnte also an dieser Stelle ergänzen: Künftig können nur noch Gewinne so, nämlich mit sozialem Wertetouch, gemacht werden: Denn anders geht es nicht mehr – es geht nur noch so. Das ist freilich sehr kreativ! Dann hat kein Bürger, kein Mensch mehr die Möglichkeit oder Grundlage, überhaupt noch Fragen stellen zu können oder zu müssen. Das Denken wird dann wie das Fühlen auch noch abgeschafft. Bewahrheitet wird jedoch wenige Tage später, am 2. Februar 2008 (Ruhr Nachrichten: „Microsoft will Google“), keineswegs irgendeine Spur von humanistisch-kreativem Kapitalismus, sondern der Spruch: „Widersprich nie einem Mann. Warte einfach, bis er es selber tut.“ (Postkarte aus der Serie: „Misch Du Dich nicht auch noch ein!“ Best.-Nr. 5946) Musste man früher bei manchem Mann länger warten, bis er sich selbst widerspricht, ist auch das heute im Zuge der Globalisierung anders. Bill Gates bekommt den Rand nicht voll – er will nun endgültig Yahoo aufkaufen, um mit dem Internet-Giganten Google konkurrieren zu können. Offenbar reicht es ihm nicht, nominell der noch fast reichste Mann der Welt zu sein – er will mehr! Für diese Jagd ist ihm kein Einsatz zu hoch – schließlich will er Google erlegen. Dieses Ansinnen steht als männlich-oral pervertierte Triebhaftigkeit im Dienste menschenunwürdiger Globalisierung. Weder wird mit dieser Kaufabsicht Armut abgeschafft, noch Kreativität verwirklicht – aber mutmaßen ließe sich, ob sie auf den Wunsch Bill Gates, die Welt zu regieren, verweist. „Reichster Mann“ reicht ihm nicht als Beiwerk zu Leib und Lebensgestaltung. Denn das tut er unter unserer Mithilfe seit Jahren und verändert die Welt an Politikern und übriger Wirtschaft, die seine Errungenschaften ebenso nutzt wie ich, vorbei. Letztendlich, so lässt sich schließen, geht es beim „kreativen Kapitalismus“ also darum, die Menschen unten zu halten, da, wo СКАЧАТЬ