Название: Für ein Leben unter den Flügeln der Seele - Die heillose Kultur - Band 1
Автор: Dr. Phil. Monika Eichenauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783844217711
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Mittel anderer Natur, die im Sinne der Anpassung funktioniert, sind psychoanalytischen Studien zu entnehmen. Die Psychoanalytikerin Alice Miller stiftet transgenerationelle Zusammenhänge, also psychische Zusammenhänge, die von einer Generation auf die nächste Generation so wirken, als würde ein alter Pullover aufgeribbelt, neu verstrickt, weitergegeben und getragen. Sie schreibt:
„Wenn die Züchtigung des Kindes als ein Liebesbeweis ausgegeben wird, führt das zu einer Verwirrung, die später ihre Früchte trägt. Wenn sich diese Kinder auf der politischen Ebene betätigen, setzen sie das einst an ihnen begonnene Zerstörungswerk fort und tarnen dies ebenfalls mit ihrer Rolle als Heilbringer, wie es einst ihre Eltern taten. Sowohl Stalin als auch Hitler wollten angeblich nur Gutes. Das Morden war ja nur ein notwendiges Mittel zum guten Zweck. Diese Ideologie haben sie von beiden Eltern vermittelt bekommen. Wäre dies nicht so, wäre ein Elternteil als helfender Zeuge aufgetreten und hätte das Kind vor Brutalität und Lieblosigkeit des anderen geschützt, diese Kinder wären später nicht zu Verbrechern geworden.“ (Miller, Alice: „Der geheime Schlüssel.“ Buchdeckeltext 1996)
Darüber hinaus ist zu konstatieren, wie auch die jüngsten Erkenntnisse aufgrund psychologischer Fallstudien zeigen, dass unverarbeitete Gefühle – zum Beispiel in Traumatisierungen – unbewusst an Kinder und Enkelkinder weitergegeben werden. Viele Eltern, die direkt oder indirekt erheblich unter dem Krieg zu leiden hatten (und welche Eltern hatten das nicht!), zeig(t)en sich gegenüber ihren Kindern in Folge von Traumatisierungen emotional distanziert. Seelische Erlebnisse halten sie in ihrem Bann. Auswirkungen, die das Fehlen elterlicher Stärkung und Liebe im einzelnen Menschen durch eigene Erfahrung betreffen, hat Alice Miller in den zitierten Zeilen oben pointiert ausgedrückt. Hinzu treten die Wirkungen unverarbeiteter Gefühle aus dem Leben der Eltern und/oder Großeltern durch Erziehungsmaßnahmen, die durch Emotionslosigkeit gezeichnet sind. Generell zeigt sich bis in die Gegenwart hinein ein durch Gewalt und Bevormundung geprägter Erziehungsstil, der sich in Schlägen und Brutalität zum Wohle des Kindes immer noch allgemeiner Akzeptanz erfreut und unreflektiert weit über die Nachkriegszeit hinaus bis 2000 (Abschaffung des elterlichen Züchtigungsrechtes) durch keine Gesetzgebung das Gegenteil, nämlich den Schutz von Kindern, verbürgte. Die Einsicht, dass Brutalität und Schläge schädliche Erziehungsmittel sind, unterscheidet sich national. Soweit man in Deutschland zumindest offiziell darüber einen Konsens erzielen kann, ist es in Polen noch gänzlich anders: Es ist vollkommen normal und akzeptiert, wie ich von einer Polin 2008 hörte, Kinder zu schlagen, und zwar auch heute noch! „In einem polnischen Kinderlied werden Gewalt und Schläge verherrlicht“, erzählt sie mir. Auch wenn Schläge und Brutalität in Deutschland für Eltern unter Strafe stehen, so sieht die Realität vieler Kinder auch heute noch wie eh und je nicht völlig anders aus. Auch diese lange Zeit des zur Normalität erklärten Erziehungsstils zählt mit zur Vergangenheitsbewältigung. Wie diese Gewalt gegen Kinder in Menschen wirkt, ist in seinen Folgen noch längst nicht zu Ende gesichtet. So hieß es in „Quarks“ (WDR /TV: 29.9.09): Traumata aus der Kindheit hinterlassen veränderte Hirnstrukturen: die der Stressverarbeitung. Zu diesem Themenkreis von Gewalt und deren Folgen über Generationen hinweg, könnten die Psychologischen Psychotherapeuten einen eigenen Fachbereich aufgrund der Unterschiedlichkeit der Gewaltformen initiieren. Anhand von Schilderungen unserer Patienten und Patientinnen und wie sie heute darunter leiden und welche Störungen und Krankheiten sie infolgedessen ausbilden, wären schon Bände von Büchern zu füllen. Pointiert hat dies auch Auswirkungen auf die Haltung im Erwachsenenalter, die eigene Meinung kund zu tun: wo der Kindermund zu Gewalt und ungerechter Unterordnung schweigen muss, schweigt später der gesetzlich mündige Bürger.
Im ersten Quartal 2010 überschlagen sich Nachrichten, die über Missbrauch, Vergewaltigung und Gewalt in katholischen Einrichtungen und anderen Schulen und Heimen berichten, die über Jahrzehnte unterirdisch gespürte Beziehungsverhältnisse, wie der Mensch zum Menschen steht, offen legen! Zwar sprechen nun die Opfer, aber wie stehen die Familien zu ihnen, den Opfern?
Nebenbei bemerkt, hat nun die Staatsanwaltschaft in Dortmund häusliche Gewalt als ein Problemfeld erkannt! Weiter wäre zu bemerken, dass Frauen in Dortmund wie gleichfalls bundesweit bereits vor cirka 30 Jahren den Verein „Frauen helfen Frauen“ gründeten und ein Frauenhaus initiierten, das sie mittels Spenden und unentgeltlicher Arbeit aufbauten. Es müssen also Jahrzehnte ins Land gehen, bevor sich etwas gesellschaftlich und politisch in einem Problembereich tut. In dem Bericht heißt es: „Die beiläufige Ohrfeige, immer wieder Schläge und Tritte, Vergewaltigung und fast Totschlag – der Täter: Der Ehemann. Die Staatsanwaltschaft spricht von häuslicher Gewalt und hat ein weites Problemfeld mit vielen Unbekannten erkannt. ‚Vor allem, weil bei Familien immer auch die Kinder betroffen sind. Selbst, wenn sie nicht das Ziel der Gewalt sind. Aber sie schauen zu’, sagt die leitende Oberstaatsanwältin Petra Hermes.“ (Ruhr Nachrichten, 28. November 2009: „Mann schlägt Frau...“) Nun liefert die Staatsanwaltschaft Zahlen: 2474 Verfahren (369 mit Anklagen oder Strafbefehlen). „Doch die Verfahren klammern die tatsächliche häusliche Gewalt aus. Genau hier liegt das Problem. Hermes: „Die Frauen rufen die Polizei. Ist die vor Ort, sagen sie nichts mehr.“ (Ebda.) Um hier Abhilfe zu schaffen, wurden zwei Mitarbeiter eingestellt, die mit anderen Stellen eng zusammenarbeiten, damit sie die „Frauen überzeugen, dass ihnen geholfen werden kann.“ (Ebda.) Die Frauen sollen bei ihren belastenden Aussagen bleiben und sollen glauben, keine Angst mehr haben (zu) müssen.“ (Ebda.)
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