Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ die Menschen heutzutage zur Unterstützung ihres Lebensvollzugs und ihres Sinn- und Lebensinhaltes benötigen, um zu reflektieren, was in ihnen und in der Gesellschaft vor sich geht. Die einzige Störung, die in den letzten Jahren Beachtung und damit Behandlung erfuhr – und die anlässlich akuter Katastrophen methodisch angefordert wird – ist das Trauma. Die Traumatherapie kann zurzeit mit Notfallmedizin verglichen werden, denn die langfristigen Folgen solcher Störungen sind noch nicht gesichert.

      Den Missständen zugrunde liegende Untersuchungsergebnisse werden von Politikern, wie es scheint aus narzisstischen Gründen, gern zitiert. Auf diese Weise können sie sich von der besten, der gebildeten Seite in der Öffentlichkeit präsentieren – ohne dass viel für die Menschen, die es betrifft, geschieht. Unterdessen wird das sich ausbreitende Elend zugunsten einer grandios aufsteigenden Wirtschaft verwaltet. Die heutige Kultur basiert auf Parallelwelten, wobei die eine mit der anderen nur insoweit etwas zu tun hat, als die eine zum Vorteil der anderen benutzt wird. Das „Unten“ dehnt sich aus und stützt das „Oben“ – wie ausführlich in Band 1-1.2 dargelegt. Wer nicht genügend Geld oder besser Kapital hat, um auf die andere, ökonomisch unabhängige, Seite der Zweiklassengesellschaft zu gelangen, findet sich irgendwann in einer verstaatlichten und kontrollierten Arbeits- und Privatwelt wieder. Es gehört also nicht viel dazu, um festzustellen, dass die Globalisierungspolitik neue Phänomene von Schmerz, Leid und Krankheit hervorbringt. Wir leben mit kulturellen Krankheitsphänomenen, die ökonomisch verursacht sind. Diesen psychoökonomischen Auswirkungen aber wird bloß mittels verknöcherter Denkweisen im Gesundheitswesen und repressiver Beschränkung der Zulassungszahlen von Psychologischen Psychotherapeuten begegnet. Die Züricher Zeitung schrieb am 26./27. Mai 2007 zum G-8-Gipfel in Heiligendamm: „’Antikapitalismus’ heißt heute ‚Globalisierungskritik’“ – und die Journalisten bemühen sich zusehends um eine ernst-kritische Haltung zu den zu berichtenden politischen und wirtschaftlichen Tagesereignissen. Hinzugefügt sei: Man war allzeit bemüht, neue Begriffe zu prägen, die über die kapitalistischen Beziehungsgründe zwischen Besitzenden und Besitzlosen hinweg sehen helfen sollten. In meinen Büchern bemühe ich mich aufzuzeigen, dass tiefer zu schauen ist. Angesichts dessen bleibt nur ein Schluss: Mit gesundheitlich, psychisch und körperlich angeschlagenen Menschen auf der einen, sowie Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten, die in völlige finanzielle Engpässe und Abhängigkeiten bei gleichzeitiger Beschränkung des Berufsrechtes gedrängt werden, auf der anderen Seite, lässt es sich offenbar leichter regieren.

      Jenen Methoden, die in unserem Gesundheitssystem mit dem Stempel „wissenschaftlich anerkannt“ versehen werden, liegen Betrachtungsweisen zugrunde, zumindest für den psychotherapeutischen und medizinischen Bereich, die an der kulturellen Bedürfnislage von erkrankten Menschen vorbeigehen. Wie generell in der Wettbewerbsgesellschaft werden auch hier vielfältige Produkte angeboten, die zwar Käufergruppen ansprechen, den eigentlichen Bedarf aber haarscharf verfehlen – so lässt sich besser wirtschaften! Das gewährleistet Produktion und Absatz weiterer Produkte. Was haben beispielsweise 30-, 40-, 50-jährige Menschen von einer Mode, die auf den Leibern von 17-jährigen magersüchtigen Models schick und sexy aussieht? Und was haben kranke Menschen von einer Produktvielfalt im Gesundheitswesen, wenn sie nicht die für sie zu einem bestimmten Zeitpunkt notwendige Behandlung bekommen? Die fehlende Bedürfnisbefriedigung wird zum Motor der (Gesundheits-)Wirtschaft. Gegenwärtig hat sich die Medizin den Bestrebungen eines Konzeptes von „Gesundheit“ unterzuordnen, das direkt wirtschaftliche Interessen verfolgt und die Ärzte wie die Psychologischen Psychotherapeuten als finanziell Abhängige einplant.

      Die „Medizin“ kann nicht mehr selbst über den Forschungsgegenstand, der an den Nöten von Menschen in unserer gesellschaftlichen Gegenwart orientiert ist, entscheiden. Und die „Psychotherapie“ hat kein Berufsrecht, das einen Handlungsspielraum ließe, um adäquate Angebote zu schaffen. Das Ungleichgewicht zwischen naturwissenschaftlichem und geisteswissenschaftlichem Zugang zur Heilung von Menschen wird begrenzt oder mittels repressiver Politik weiter reduziert statt ausgeweitet. Die „Medizin“ agiert, der Interessenslage der Gesundheitswirtschaft entsprechend, gegen die Interessen der praktizierenden Ärzte und Diplom-Psychologen – mittels „integrativer Konstruktionen“ und unternehmerischer Rechtssysteme, die verbal Zusammenarbeit und eine „ganzheitliche Medizin“ suggerieren, aber inhaltlich alte Kleider auf neuen Kleiderständern anbieten – gewinnträchtig, versteht sich. Ärzte werden zu Verkäufern in der Gesundheitswirtschaft. Irritationen hinsichtlich der Grundlagen Hippokratischer Eid versus Geschäft mehren sich bereits seit einigen Jahren und diese Polarisierung wird zunehmend eine Ausschließlichkeit und kein „Sowohl als auch“ hervorbringen.

      Das vorliegende Reformmodell wird die Kosten im Gesundheitswesen nicht senken, vielmehr werden die strukturellen Umverteilungsregeln zu Lasten der Honorare von Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten (weiter) gehen und zu Zuzahlungen seitens der Patienten und höheren Krankenkassenbeiträgen führen. Kein Mensch wird dadurch gesundheitlich besser versorgt oder schneller gesund. Wahr ist, dass die Defizite bei den gesetzlichen Krankenkassen durch diese Reformen ausgeglichen werden bzw. weitestgehend ausgeglichen sind. Heilung der Bevölkerung ist nicht das Ziel der Reform; denn nur an kranken Menschen kann verdient werden.

      Insofern besteht auch kein Bedarf an weiteren Psychologischen Psychotherapeuten im gesetzlichen Krankenversicherungsmarkt. Die ärztlichen Standesorganisationen und KVen mit ihren Organen wie KBV und G-BA basteln an allen möglichen Ecken und Enden daran, in der Gesundheitswirtschaft weiterhin zu herrschen, das heißt, alle anderen Berufsgruppen sind unter ihrer Federführung einzubeziehen im Hinblick auf ihre Projekte und unternehmerischen Ziele. So bietet die KVWL (Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe) zum Beispiel Beratungen bei der existenziellen Orientierung von Ärzten an – gegen Geld. Erst partizipiert also die KV an den Einkünften der Ärzte, weil sie ihre Interessensvertretung ist und von ihnen unterhalten wird. Dann wird eine GmbH gegründet, um nochmals an ihnen zu verdienen, indem sie einzelne Ärzte beraten (was sie ohnehin tun müssten, weil sie von ihnen dafür bereits bezahlt wurden!). Die KVWL macht sich somit für die Ärzte unentbehrlich – und die bezahlen doppelt.

      Diese politische Konzeption von Gesundheitswirtschaft geht auch an dem Bedürfnis der Menschen nach psychologischer Psychotherapie – aufgrund der vielfältigen psychischen Auswirkungen der generellen Wirtschafspolitik und der Etablierung der Zweiklassengesellschaft – völlig vorbei. Psychotherapie wird lediglich im Rahmen psychosomatischer Grundversorgung und medizinischer Psychotherapie durch Ärzte als Legitimationsausweis, das gesetzliche Gesundheitssystem biete die entsprechende Versorgung, zur Vormachtstellung innerhalb des Fachbereichs Psychotherapie, aber zum Nachteil Psychologischer Psychotherapeuten ausgebaut. Die Mediziner beanspruchen das Arbeitsfeld für sich und können als Einzige die entsprechenden Gebührenziffern abrechnen.

      Psychologische Psychotherapeuten können hingegen wegen des zunehmend eingeschränkten Berufsrechtes keine eigenen Projekte im Rahmen der Gesundheitswirtschaft konzipieren, sondern bisher alleinig in Zusammenarbeit mit Ärzten. Denn die Ärzte haben die Leitungsfunktion und bestimmen insofern, welche Projekte den Krankenkassen angeboten werden. Psychologische Psychotherapeuten würden allerdings völlig andere Projekte entwickeln als Ärzte, da sie Menschen aus einer komplett anderen Perspektive betrachten. Das ist die andere, die seelisch-geistige Seite der gespaltenen Wissenschaften: Die Psychotherapie durch Diplom-Psychologen kämpft in unserer Kultur immer am Rande – trotz bester Forschungs- und Therapieergebnisse – um Platz, Anerkennung und Existenz und wird dabei permanent mit dem Kopf unter Wasser gedrückt. Ich versuche in dem Buch, zumindest einen Arm aus dem Wasser zu recken und mich mit Handzeichen zu Wort zu melden. Genauso wie Patienten, die mit Behandlungen nicht einverstanden sind. Genauso wie Bürger, die Politik kritisieren. Aber: Einige Menschen sprechen inzwischen über das, was sie intuitiv fühlen und pochen auf die bürgerlichen Rechte oder wechseln die Ärzte oder ergreifen die Initiative … Der Staat reagiert mit Kontrollen jeglicher Art in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen: Ob durch Gentests, Gesundheitskarte bis ins Rückenmark oder Internetspionage, Zugriff auf Gesprächsinhalte in Privatwohnungen oder öffentlichen Gebäuden mittels diverser Abhör- und Videoinstallationen. Die Einschränkung der Grundrechte bezüglich der Intimsphäre СКАЧАТЬ