Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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Читать онлайн книгу Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2 - Dr. Phil. Monika Eichenauer страница 25

СКАЧАТЬ muss weiter gefragt werden, warum die Politik Familien anderen Lebensgemeinschaften gegenüber in vielerlei Hinsicht vorzieht.

      Ist dieses Beispiel als genereller Mistrauensantrag von Politik und Staat an Menschen in Deutschland zu verstehen? So oder so, in der deutschen Auslegungspraxis wird differenziert und ausgegrenzt, wobei, nebenbei gesagt, die Wurzel des politischen Motivs im Misstrauen und nicht im Vertrauen aufzuzeigen ist:

      Das heißt, Deutschland versteht sich nicht als großes Dorf, in dem ein Mensch dem anderen Menschen über den Weg trauen kann. Dies sei mal „nebenbei“ festgestellt …

      Die Bürokratie fungiert auch hier als grobes Sieb, durch das viele Antragsteller fallen werden. Meistens geben Bürger bereits im Vorfeld auf; denn sie kennen diese Prozedur schon und wissen, dass die gesetzlich verankerten Vergünstigungen auf sie nicht zutreffen werden. Und da wären wir dann wieder: Minimalstandard für das „Unten“ reicht. Das hehre Ziel der Gleichbehandlung verkommt zum bloßen Lippenbekenntnis. Da hilft auch keine Schuluniform – die von Kindern von oben und von unten gleichermaßen getragen werden! Aber die Bürger müssen geschützt werden: durch Anti-Terrorgesetze – mit denen die Bürger gleichzeitig kontrolliert werden können. Wandelt sich unter unseren allen Augen die Demokratie zur Staatspolitik, um die vermeintlich demokratischen und ambivalent wirksamen Werte zugunsten der Wettbewerbsideologie der kapitalistischen Wirtschaftsform zu garantieren? Doch auch die Großunternehmen zeigen sich brüskiert, weil sie meinen, in ihrer wirtschaftlichen Freiheit beschnitten zu werden.

      Wer in diesem Deutschland, ob auf der Manageretage oder der Arztpraxis, denkt eigentlich noch an seinen Nachbarn im Dorf? Wo wird gearbeitet, gelebt und gesund gepflegt? Wie will man mit einer ökonomischen Zielrichtung Krankheiten heilen? Eine solche Kultur heilt nicht die vorhandenen Krankheiten, sondern bringt neue hervor: Suchterkrankungen, rheumatische Symptome und Wirbelsäulenerkrankungen, psychosomatische Erkrankungen, Krebs und nicht zuletzt Aids und Ad(H)S. Denn wo Armut und Arbeitslosigkeit herrschen, wird Sexualität als Ablenkungsmanöver und Ersatz für ein lebensunwertes Leben instrumentalisiert. Sex ist heute über die Medien jederzeit abrufbar. Für die Politik fungiert Sex als allgemeines, kostenloses Beruhigungsmittel und die Wirtschaft verdient sehr gut daran.

      Zu Zeiten Sigmund Freuds sollte auf Sexualität verzichtet werden. Sie sollte als Kraft und Energie in die Arbeit fließen und der Gesellschaft zu Gute kommen. Sigmund Freud sprach von Sublimieren. Er hat seinerzeit bedacht, Sexualität durch die kulturell notwendig zu leistende Arbeit im Menschen sublimieren zu lassen. Aber er hat nicht bedacht, fehlende Arbeit und Lebenssinn durch kulturell notwendig zu produzierende Sexualität zu sublimieren! Ein verantwortungsbewusstes Gesundheitswesen hätte sich um diese Dinge ebenso zu kümmern wie eine fürsorgliche Politik. Voraussetzung wäre jedoch eine klare Werteorientierung. Wo sind Verantwortlichkeit und Menschlichkeit versandet? Wie viel Leid, Schmerz, Katastrophen und Krankheiten kann sich der Kapitalismus noch leisten? Man leiste(te) sich zusätzlich Ausuferungen von Aggression und Gewalt in Familien und konkurrierenden Interessensgruppen aller Schattierungen – mit verheerenden Auswirkungen, die von der kleinsten Zelle der Gesellschaft, der Familie, und noch kleiner, bis in jeden Menschen, und noch kleiner bis in die Zellen von Menschen hinein einerseits und andererseits bis in die Hierarchien, und letztlich am Kontostand gemessener Konkurrenz im so spielerisch klingenden Wort „Wettbewerb“, reichen. Selbstredend unter Mitwirkung von Wissenschaft und Gerichtsbarkeit wird der große Geist gegenwärtiger Kultur genährt, gehegt und bewahrt.

      Die Semantik von Kultur assoziiert mit einem Gefühl, als säße man noch im Sandkasten, hätte alle Freiheiten, mal eben mit der Schüppe und Händchen Welten erstehen zu lassen, ist eine lukrative Feder, die Menschen immer wieder glauben lässt, es ginge ihnen gut. Zumal Feuerwerksspektakel nicht mehr nur auf Silvester beschränkt bleiben, sondern zu allen Gelegenheiten am Himmel leuchtend ein Gefühl der Extraklasse vermitteln: Gefühlen kann freier Lauf gelassen werden. Gereinigt wird mittels Feuer ganzjährig und der alte Geist zieht durch die Lande, getrieben durch den Wind des Wettbewerbs, der ihn auf Fußballplätzen dem Licht aussetzt: Fußballspieler, eine moderne, höchst teure und empfindliche Ware, an der natürlich verdient wird.

      Man darf auf Zeiten hoffen, in denen ebenso um Patienten, die man tatsächlich gut zu behandeln vermag, so dass sie gesunden und geheilt auferstehen, gezankt und geboten wird? Sarkastisch muss hinzugesetzt werden: Weil an Patienten und Kunden nicht wie an Fußballspielern verdient wird, klappen menschliche Existenzen wie menschliche Körper gegenwärtig wie Kartenhäuser ebenso spielerisch leicht zusammen wie Banken. Kultur ist ein Vehikel des Geldes und leider keine Form gelungenen Gemeinschaftsleben: Kultur und kulturelle Veranstaltungen werden zum Joker, indem mit den Gefühlen, mit den Universalien des menschlichen Wesens, gezielt gespielt wird. Es wird der Schein durch Pokern um Gefühle erweckt – und man glaubt ihm, man hätte Kultur.

      Die bisherige medizinische Forschung hat in dieser kapitalistischen Kultur eine Unzahl iatrogen verursachter (durch ärztliche und medikamentöse Behandlung verursachte) Erkrankungen hervorgebracht, die dringend einer kritischen Analyse bedürfen. Entsprechende Veröffentlichungen und generell zum Gesundheitswesen mehren sich unaufhaltsam.{2} Alle Berichte zeigen und belegen, dass ein anderer Wert als Heilung von Menschen zugrunde gelegt wurde. Die Untersuchungen zeigen, es ging immer um Geld. Aber ändert sich etwas dadurch?

      Was oder wie sollte noch kommuniziert werden, dass diese Stimmen gehört werden, sprich Umsetzung hin zum Besseren für Menschen erfahren? Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten sind aufgrund der Flut an Informationen über politische Entscheidungen bzw. Reformen und das Erleben ihrer Auswirkungen in Mensch und Kultur seit Jahren persönlich und beruflich emotional überfordert. Ihre Existenz wird in Frage gestellt, um wirtschaftspolitische Ziele zu verwirklichen. Mediziner, Psychologische Psychotherapeuten und Patienten müssen nun die Folgen der jahrzehntelangen ärztlichen Standespolitik ausbaden. Unterdessen kochen die ärztlichen Standesorganisationen und Funktionäre weiter ihr Konkurrenzsüppchen und rufen in den zuständigen Gremien zu gesetzlichen Bestimmungen gegen Psychologische Psychotherapeuten und gleichfalls immer wieder gegen andere Facharztgruppen auf, damit sich niemand sicher wähnt im System und zur Unterordnung bereit ist.

      Doch die ärztlichen Standesorganisationen sind weder die Vertreter der Medizin noch der gesamten Behandlerschaft in Deutschland. Solidarität und Einigkeit in grundsätzlichen Zielen im Hinblick auf das Gesundheitswesen sind so kaum zu erzielen. Überall herrscht ein Hickhack, egal wohin man in dieser Wettbewerbsgesellschaft schaut. Statt eine klare, gemeinsame Linie zu vertreten, steckt man den Kopf – zugunsten vermeintlicher eigener Vorteile – vor den Konsequenzen für kranke wie gesunde Menschen in den Sand. Schade. Denn die Reformen führen nicht zur Gesundheit, sondern fördern Krankheiten, Falschbehandlungen und Chronifizierungen. Und die Behandlerschaft sinkt in den Augen der Öffentlichkeit immer tiefer – gleichwohl sie keine direkte Verantwortung dafür trägt. Doch stellt man ernsthaft die Frage, wer denn Verantwortung trägt, erhält man immer die gleiche Antwort: Ich war’s nicht! Denn das System will niemand anzweifeln. Schließlich ist alles so schön demokratisch, viele sind als Fachleute beteiligt und eine Schar williger Untertanen zahlt.

      Niemand will seinen Fuß politisch auf den Boden stellen, wo Ursachen fühlbar würden. Dieser Boden würde zu viel Selbsterkenntnis fordern und damit Scham freisetzen. Aber eben diese eingehende Selbstreflexion scheint mir zurzeit notwendig: Woran glauben wir alle denn noch wirklich? Welche Bedeutung messen wir generell unseren Gefühlen und dem Ziel der Heilung und Gesundung bei? Das gegenwärtige Gesundheitssystem ist Zeugnis eines pathologischen Geistes, der ausschließlich ökonomische Gesichtspunkte in Reformen verwirklicht und ausgerechnet im Gesundheitswesen Macht- und Kontrollansprüche einsetzt und gegen Menschen durchexerziert. Es wird ein Exempel statuiert: Enteignung und Auflösung der Berufsidentität der Ärzte- und Psychologischen Psychotherapeuten. Sie alle können nicht mehr so handeln, wie sie es von Berufs wegen wollen und – völlig widersinnig zum wirtschaftlichen Anliegen im System – sollten. Wie sollen Inhalte СКАЧАТЬ