Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ weiß man, das Fehlverhalten von Oben wieder zu gesetzlichen Lasten der braven Bürger Unten gehen wird. Wie aktuell an der Bankenpleite in den USA zu verfolgen, werden Manager (bis jetzt) persönlich nicht haftbar gemacht. Schicksale von Millionen Menschen bleiben hinsichtlich der Auswirkungen dieser Misswirtschaft ungewiss. Zusätzlich wird nicht mitgeteilt, dass es Banken gibt, die weit über die üblichen 20.000 Euro pro Person Einlagensicherungsfonds bieten. Bei der ING-DiBa-Bank beläuft sich der Einlagensicherungsfond auf 1,23 Milliarden pro Person! Eine Mitarbeiterin teilte mit, diese Bank „beteilige sich nur an sicheren Geschäften und auch nicht an Finanzgeschäften in den USA.“ (Nachfrage ING-DiBa 1.10.2008 u. schriftlich persönliche Mitteilung 6.10.2008) Diese Mitteilung über das Geschäftsgebaren einer deutschen Bank beruhigt, macht Mut und revidiert zugleich den Eindruck, alle Banken, Manager oder Kapitalisten handelten gleich im selben Spielraum der Finanz- und Wirtschaftswelt! Aber, ob dieser Einlagensicherungsfond auch für Zeiten gilt, in denen Banken rundherum wegbrechen, möchte wohl niemand wirklich durch Erfahrung prüfen. Insofern wird die Welt und Existenz gerade auf tönernen Füßen durch den Glauben der Menschen gebaut, denen man sagt, das Geld sei gesichert und sie sollten es auf der Bank lassen und nicht abheben. Zu Recht fragen sich Bürger, woher denn Angela Merkel und Peer Steinbrück 106 Milliarden Euro zur Sicherung der Spareinlagen, Festgelder und Girokonten im Ernstfall nehmen wollen. Selbst wenn es da sein sollte, was fällt dann im Gegenzug an Sozialleistungen flach?

      Im Zusammenhang mit dieser Bankenpleite kommentiert und versichert Peer Steinbrück, dass die Bankenpleiten in den USA zu einem rauen Klima im Arbeitsmarkt führen werden. Oder sind die amerikanischen Bankenpleiten willkommener Anlass, Schuld für weiteren ökonomischen Abstieg der Bürger in Deutschland endlich woanders hin verschieben zu können?

      Der BND kann schamlos durchkontrollieren: besonders aber die Journalisten.

      Warum werden nicht zur Abwechslung mal Manager und Bankenmanager offiziell in ihrer Tätigkeit kontrolliert? Bereits 1962 urteilte Haffner damalig bezüglich der beabsichtigten Einschränkung journalistischer Tätigkeit und Meinungsfreiheit im Falle einer entsprechenden Umsetzungsbestrebung durch Strauss: „Adieu, Demokratie!“ Letztendlich wurde Strauss verabschiedet. Aber was sagt man 2008? Nun fasst man nebenbei auch die Steuerhinterzieher wie Zumwinkel als quasi Abfallprodukt dieser BND-Tätigkeit? Das erscheint doch viele Schritte zu spät, wenn es unter dem Blickwinkel, Menschen in ihrem konkreten Leben vor Schäden bewahren zu wollen, begreift. Natürlich hat es enorme Vorteile, wenn erst dann Kontrollen durchgeführt werden, wenn die Geschäfte abgeschlossen und Gewinne unter Dach und Fach sind: Dann kassiert der Staat. Würden Kontrollen früher eingesetzt, könnte der Mensch, der Bürger profitieren, indem er finanziell keine Verluste zu verkraften hätte, die von Oben verursacht werden.

      Der Keese’sche Capitalism

      Ich gehe dem Keese’schen Gedanken – Kapitalismus sei etwas völlig anderes als Capitalism und nicht schlecht, sondern gut – noch etwas nach: Da, wo Keese die Freiheit vermutet, nämlich im Kern des Kapitalismus, ist sie bedauerlicherweise nicht. Er zitiert das Schlüsselerlebnis von Amartya Sen, der das Buch „Development as Freedom“ (1999) schrieb und 1998 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurde. In der Sen’schen Erzählung wird ein armer Mann in den Unruhen in Dhaka niedergestochen.

      „Sen gab ihm Wasser und holte Hilfe; seine Eltern brachten Mia ins Krankenhaus, wo er kurz drauf starb. Was der Mann ihm zugeflüstert hatte, konnte Sen nie vergessen: Seine Frau hatte ihn gewarnt, während der Unruhen arbeiten zu gehen, Mia blieb jedoch keine Wahl, er brauchte das Geld., Dieses Erlebnis hatte eine niederschmetternde Wirkung auf mich’, schrieb Sen., Die Strafe für seine wirtschaftliche Unfreiheit war der Tod. Wirtschaftliche Unfreiheit kann zur Brutstätte für soziale Unfreiheit werden, so wie auch soziale und politische Unfreiheit ihrerseits wirtschaftliche Unfreiheit befördern können.’“ (Keese, 2004, S. 113 f.)

      Ich deute mal, der Satz ist nicht als Aufforderung zur Revolution zu verstehen: nämlich, dass Menschen selbstbestimmt und frei sein oder werden sollten. Noch ist das Entsetzen Sen’s als Entrüstung darüber zuverstehen, dass es eigentlich nicht angeht, dass einige Menschen über unvorstellbar viel Geld, das sie in Kapital umwandeln können, und andere an Hunger sterben oder aus Druck, das Geld zum Leben verdienen zu müssen! Noch scheint er so zu verstehen, dass arme Menschen dafür sorgen sollten, nicht in Abhängigkeit und Armut ihr Leben zu fristen. Also, eine Revolution wollte Sen nicht ausrufen. Der Schluss von Sen, „Hätte’ste Geld gehabt, sprich, wärst du wirtschaftlich unabhängig gewesen, wäre dir das nicht passiert!“ ist gleichfalls nicht zu ziehen. Denn selbst Geld schützt Menschen heutzutage nicht vor Kapitalverbrechen, Krieg, Unfällen im Verkehr, sozialen Unruhen oder sonstigem. Sen gab den Menschen Mikrokredite, damit sie sich wirtschaftlich frei schwimmen können – sie blieben dennoch in Abhängigkeiten stecken. Es ging in der obigen Aussage nicht im Kern um Freiheit und Unabhängigkeit, die es zu erlangen gilt. Es ging darum, den Menschen etwas in ihrer Not zu geben, damit sie ruhig und nicht sozial unruhig bleiben. Mit Beschäftigung sind sie ruhig. Die Aussage des Satzes ist darüber hinaus so zu verstehen, als sei der arme Mann mit dem Tod gestraft worden, weil er wirtschaftlich unfrei war, d.h., weil er trotz der Unruhen zur Arbeit gegangen ist! D.h., die Schuld an seinem wirtschaftlichen Zustand wird ihm selbst zugerechnet: Er hat sich den Tod selbst zuzuschreiben. Hier fehlt politische Verantwortungsübernahme. Menschen und ihr Wohl sind nicht wichtig! Im obigen Beispiel gehen Täter frei aus, werden als solche gar nicht erst benannt: Es sind eben Unruhen in der Stadt – vermutlich aufgrund sozialer Konflikte! Die Opfer sind selber schuld, wenn sie sich auf den Weg zur Arbeit machen! Das muss man mal den Deutschen lehren, zuhause zu bleiben, wenn sie krank sind – denn sie schleppen sich mit Tabletten gespickt in die Betriebe, um Arbeit nicht zu verlieren.

      Christoph Keese schließt nun etwas völlig anderes aus dem obigen Satz:

      „Bei Kapitalismus geht es im Kern nicht um Geld, sondern um Freiheit. Erst wenn die Hauptursachen von Unfreiheit verschwinden – Armut, Despotismus, sozialer Notstand, Intoleranz –, entwickelt sich die Menschheit weiter. “ (Keese, 2004, S. 114). Ich glaube, ich kann für einen Großteil der Bevölkerung sprechen, wenn ich sage:

      „Wir haben nichts gegen Freiheit. Und wir wissen, dass man sich mit Geld Freiheiten erkaufen kann – das war schon immer so. Bitte sorgen Sie dafür, dass wir diese Voraussetzungen bekommen, Herr Keese. Weiter wüsste ich gern, was denn die Hauptursachen für Unfreiheit, Despotismus, sozialer Notstand, Armut und Intoleranz sind!“

      Denn bei Kapitalismus geht es im Kern um Abhängigkeitsverhältnisse, in denen diejenigen stecken, die besitzlos sind – Besitzende hatten schon immer Freiheiten. Deshalb ist der Kern des Kapitalismus auch nicht mit Freiheit gleichzusetzen. Oder soll es in Deutschland nur darum gehen, dass man Oben die Freiheit hat, mit Unten machen zu können, was man will? Oder soll, auf unsere demokratische Grundordnung bezogen, das Sprichwort „Sie wissen doch, die Kinder von Schustern gehen immer barfuss“ greifen? Sollen wir also in einer Demokratie ohne Demokratie leben und „Demokratie für Oben“ verwirklichen, damit Oben weiterhin gut schlafen werden kann? Frei nach dem Motto: Machen wir Geschäfte mit dem „Guten“ (Vgl. Marcus Rohwetter, 20.12.2006, S. 21) und erweitern es auf: Machen wir uns schön gut in der Öffentlichkeit, aber Hauptsache, wir müssen uns nicht ändern – spenden wir ein wenig Geld, dann bleibt alles wie es ist.

      Wie man sieht, legt das kapitalistische Wirtschaftssystem auch Inhalte und Definitionen der demokratischen Grundordnung fest: Geld bedeutet Freiheit. Damit ist Freiheit in Deutschland in direkte Beziehung zu Kapital gesetzt, die Menschen mittels Besitzverhältnisse in Freie und Unfreie, Unabhängige und Abhängige spaltet und existenziell festbindet.

      Wo ist da die Freiheit? Zum Beispiel die Freiheit, den Beruf ausüben zu können, den Menschen erlernt haben? Diese Freiheit gibt es nicht, weil diese Freiheit davon abhängt, ob „der Markt“, sprich das Kapital, diesen Berufsstand braucht. СКАЧАТЬ