Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ vollends arm und verarmt, wenn Menschen sich nicht mehr äußern. Wenn sie schweigen. Dann kann sie niemand hören. Dann fehlt es überall im Lande an Verantwortungsübernahme. Dann sind wir alle gemeinsam wieder am Ausgangspunkt der deutschen Geschichte angekommen. Genauso, wie Menschen sprechen lernen müssen, muss jedoch ebenso die Bereitschaft, hören zu wollen, vorhanden sein. Es nützt nichts, wenn ein Mensch spricht und niemand da ist, der ihn hört! Der Erfahrung nach, haben Menschen immer wieder versucht, andere Menschen, sei es in Familien, Ämtern, Politikern und bei Gericht zu bewegen, zu zuhören: Aber es wurde (passiv oder aktiv) abgelehnt, zuhören. Gesagtes wird überhört, umgedeutet oder zurückgewiesen, und, wenn es ganz böse kam (oder kommt), ins Gegenteil verkehrt.

      Dann wundert mich persönlich nichts mehr in Deutschland. Denn dann wird millionenfach in Deutschland immer wieder der alte Trümmerhaufen in der Wiederholung des unaufgearbeiteten seelischen Materials zelebriert: Gesellschaftlich in der Politik, ökonomisch in Unternehmen und existenziell quer durch die breite, und alle, ob Oben oder Unten, betreffende, individuelle und familiäre Lebensgeschichte. Die alten Machtverhältnisse erscheinen nur in neuen Kleidern – aber im Grunde ist alles beim Alten. Oben und Unten ist man sich einig, man sagt nichts. Unten zöge den Kürzeren, wenn es spräche. Die Befürchtungen hinsichtlich irgendwelcher Nachteile, sind zu groß. Schweigen wird (wieder) nicht belohnt – stattdessen hat man aus alten Opfern neue Opfer, an denen verdient werden kann, psychoökonomisch generiert. Weil man sicher ist: Wer einmal schweigt, schweigt wieder. Aber, ob immer geschwiegen wird, ist die Frage.

      Kapitalismus – Capitalism

      In Deutschland wurde eine Vielzahl von Amerikanismen bzw. Anglizismen eingeführt. So wollte uns zum Beispiel Christoph Keese, bis August 2005 Chefredakteur der Financial Times Deutschland, weismachen, Capitalism sei etwas völlig anderes als Kapitalismus und von der Wurzel her gut. Sein Credo: Rettet den Kapitalismus! Lassen Sie mich dagegenhalten: Kapitalismus und gesteigert, Globalisierung, gleichfalls der neutraler verbal gehaltene „moderne“ Wettbewerb in der freien Marktwirtschaft besitzen zwei elementare Stränge: einerseits das abstrakte ökonomische System „Kapitalismus“ und andererseits Menschen, die dieses System begreifen, daran glauben, es verfeinern oder gar ausreizen, sprich auf die Spitze treiben, und schließlich umsetzen. Die einen treiben ihn mittels Gewinnsucht auf die Spitze und die anderen, in dem sie ihm bis zum Umfallen und bis in Krankheiten hinein treu sind. Alles im Kapitalismus ist nur so gut, wie Menschen „gut“ sind, die ihn betreiben und betreiben lassen. Der Kapitalismus als System kann gar nichts und ist gar nichts. Er ist eine Idee. Eine Idee lebt von Interessenten, die sie anpreisen und ihr Leben einhauchen.

      Es ist aber nicht nur die Begeisterung für eine Idee, die Interessenten erzeugt, sondern, wie im Falle des Systems Kapitalismus, der Nutzen. Der Nutzen besteht in Vermehrung von Geld: Ein bestimmter Betrag Geldes, der zur Verfügung gestellt und Kapital geheißen wird, soll sich vermehren. Damit die Vermehrung geschieht, muss etwas Bewegung in den Haufen Geld, der mit spezifischen Vorstellungen oder Produkten gekoppelt wird, an denen Investoren verdienen wollen.

      Für diese Bewegung, auch Arbeit genannt, sind Menschen, die definitiv nicht über Kapital, aber über Gesundheit, Kraft, Intelligenz und Kreativität verfügen, notwendig. Denn sie, die kapital- und besitzlosen Menschen, schaffen Werte, die Kapital vermehren. Insofern ist Kapitalismus ein sehr einfaches System: es muss dafür sorgen, dass die Kapitalinvestoren ihr Kapital einsetzen und vermehren.

      Gleichzeitig ist dafür zu sorgen, dass kapitallose Menschen ohne nennenswertes Kapital bleiben. Minimaler monatlicher Verdienst, der viele Menschen nicht zu Kapital kommen lässt, ist leicht zu berechnen – und er wird in jeder Hinsicht und Dimension des Lebens ganz genau und gezielt kalkuliert. Sehr gut ist diese Berechnung 2010 durch die Bundesregierung aufgestellt und vielerorts diskutiert worden, was einem Menschen zum Überleben zugestanden wird.

      Ministerin von der Leyen bezieht sich auf diese statistischen Werte, um Hartz-IV-Bezüge festzulegen. Analog ist dieses Berechnungssystem auch für die arbeitende Bevölkerung zu denken. Das geniale kapitalistische Wirtschaftssystem ist für jeden Menschen frei kommunizierbar und die passende Politik demokratisch dazu wählbar. Mythen vom Tellerwäscher zum Millionär tauchen hier und da immer wieder auf, um die Laune und die Hoffnung der arbeitenden und nun zusätzlich der arbeitslosen Bevölkerung zu bewahren, um weiterhin eine hohe Identifikation mit diesem Wirtschaftssystem zu bezeugen. Neue Ideen bewegen sich innerhalb desselben.

      Glücksvorstellungen werden über Lotterien und Schnäppchen unterhalten. Um aber auch noch das Gegenteil zu belegen, das Geld nicht alles ist, werden alle Jahre wieder Menschen, die in der Lotterie viel Geld gewonnen haben in Funk und Fernsehen interviewt. Sie teilen mit, sie hätten nun kein Geld mehr, seien um eine Erfahrung reicher, und nun bescheiden, zusätzlich völlig anderen Sinnes geworden. Reiche wie arme Menschen haben diesbezüglich ihre Erfahrungen gemacht, wenn auch auf völlig anderem Boden und in anderer Hinsicht. Irgendwann dämmert es in ihnen, das Geld nicht alles ist.

      Insofern habe ich persönlich nichts gegen die Idee „Kapitalismus“, wenn so viele Menschen diesem System zu stimmen. Dennoch sollte über dieses System bis in seine Wurzeln hinein gesprochen werden.

      Weiter ist zu konstatieren, dass die Wurzel des Kapitalismus der Mensch ist, der sich mit ihm identifiziert. Denn es ist egal, wie das Wirtschaftssystem heißt – entscheidend ist, wer darin tätig ist, was er tut und wie er als Mensch dadurch geformt wird.

      Der Kapitalismus kann nichts für die Charaktere, die ihn lebendig werden lassen und in der Art und Weise, wie wir ihn seit einigen Jahren von seiner kältesten Seite kennenlernen, am Leben erhalten. Der „Kapitalismus“ ist kein lebendiges Wesen. Er ist ein lukratives, profitables Denkgebäude, welches in das Leben, in Menschen, implantiert worden ist. Letztendlich ist es der Mensch, der entscheidet, ihn in Fluss zu halten – oder nicht. Das Denken des Kapitalismus durchwirkt alle Menschen und alles Lebendige, wie Marx sagte, und nach meinen beruflichen Erfahrungen wirkt Kapitalismus bis in Seele, Zelle und Blutdruck und natürlich prägen sie die psychischen Abwehrleistungen. Insofern ist die Art und Weise, wie Menschen ihr Leben im Austausch mit der Natur leben und bestreiten, sodass beide, Mensch und Natur, Bestand haben und sich wesenstreu entwickeln können, existenziell und reflexiv prägend. Jede Form des Austausches zwischen Mensch und Natur ist prägend – insofern ist gleichfalls jede andere Wirtschaftsform ebenso prägend wie der Kapitalismus.

      Der Mensch im Kapitalismus denkt und lebt demgemäß kapitalistisch – jeder hält Ausschau nach seinen eigenen Vorteilen, nach seinen eigenen Profiten und Vorteilen. Damit entfremdet er sich von seiner eigenen (menschlichen) Natur – das kapitalistische Leben, Denken und Handeln wird zur zweiten Natur, zur entfremdeten Natur des Menschen. Mittels des kapitalistischen Denkens erscheint die Welt gänzlich anders, als sie ist, wie ich bereits in einem vorangegangenen Kapitel mitteilte. Der Spruch „Geld verdirbt den Charakter“ verdeutlicht die Einflussnahme des universalen Tauschwertes – dennoch bleibt der Mensch als Verantwortungsträger für Entscheidungen übrig. Dieses Faktum ist in kapitalistischen Ländern nicht anders als in sozialistischen Systemen. Menschliche Gier, die sich mit der Unersättlichkeit kapitalistischer Ziele des Gewinnstrebens, alles und jedes Fitzelchen Leben zu Geld zu machen, paaren sich auch in anderen wirtschaftlichen Formen und politischen Staatssystemen zu Ungunsten des menschlichen Wesens. Ich lebe in einem kapitalistischen Land und beschäftige mich demgemäß mit dieser wirtschaftlichen Form und verweise aber nochmals darauf, dass es Menschen sind, die ihn am Leben erhalten. Die Wurzel ist der Mensch. Wenn Christoph Keese also eigentlich meinte, die Wurzel des Kapitalismus sei der Mensch und der sei gut, teile ich seine Meinung. Wenn er weiter meinte, der Mensch solle gerettet werden, gelangt man zum Thema der Bücher zur Heillosen Kultur. Aber natürlich meinte Keese, Menschen sollten weiterhin etwas Fremdes, nämlich Kapitalismus, zwischen sich stellen und einander beurteilen und jeweils zum eigenen Vorteil nutzen. Der Aufruf Keeses „Rettet den Kapitalismus“ zielt nicht nur СКАЧАТЬ