Marx und Nietzsche mischen sich ein - Die heillose Kultur - Band 1.1. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ Karl 1959, S. 873f.)

      Folglich sind wir in einem Stadium des Kapitalismus angelangt, in dem wir frei werden könn(t)en – und es politisch in gewissem Sinne auch schon sind –, um nicht nur ausschließlich der Notwendigkeit der Arbeit nachgehen zu müssen:

      In den letzten Jahrzehnten haben Menschen erlebt, dass sie insgesamt mehr Freizeit hatten und sich kulturell etwas mehr leisten konnten, als sie zum unmittelbaren monatlichen Überleben brauchten. Dies bedeutete nichts anderes, als dass Freiheit eine Folge von reduziert zu erfüllenden Notwendigkeiten in dieser Zeit war. Eine Notwendigkeit ist es, Geld zu verdienen, zu erwirtschaften und damit kann man zu einer Teilfreiheit gelangen, zur Selbstverwirklichung seiner individuellen Natur, wie Marx mitteilt: nach Feierabend. Arbeitszeiten wurden reduziert, Rentenalter vorverlegt – Menschen hatten Zugang zu Bildung und Ausbildung von individuellen Fähigkeiten in Beruf und Freizeit. Sie konnten Vorlieben nachgehen. Aber es führte nicht grundsätzlich zur Veränderung der bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse. Die Zeit wurde in den letzten Jahren wieder zurückgedreht: Arbeiter und Angestellte wurden entlassen und beziehen Hartz-IV. Das Rentenalter soll wieder angehoben werden, und zwar auf 67 Jahre! Der Mittelständler, Menschen, die wirtschaftliche und existenzielle Risiken auf sich genommen hatten, um selbstständig wirtschaftlich tätig zu werden, wurden nach und nach reduziert, um die Basis für eine Zweiklassengesellschaft zu verdichten. Steuergesetze ergänzten, was die Wirtschaft allein nicht schaffte: Der Mittelstand wurde immer kleiner. Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten zählen ebenfalls zu den Menschen, denen der dünne berufliche Ast gekürzt und abgesägt wurde und wird.

      Fazit: „Wahre“, aber dennoch eingeschränkte Unabhängigkeit entspringt im Kapitalismus offenbar dem Besitz von Geld oder aber den Voraussetzungen, angemessen leben zu können. Von Lebensmittelproduktion und grundsätzlichen Lebensbedingungen her gesehen, könnten Menschen auf der Welt in Frieden und mit Dach über dem Kopf und genügend Nahrungsmittel leben – wäre da nicht das Ziel, um jeden Preis Gewinne machen zu wollen..... Allein die Umschreibung „eingeschränkte Unabhängigkeit“ verweist auf Spaltung und Paralyse, die sich dann in Menschen fortsetzt: Im Kapitalismus ist kein Mensch gänzlich frei – es gibt immer einen Haken, an dem er hängt.

      Die innere Einstellung, die ein Mensch in seiner kulturellen Zeit entwickelt, um sich Freiheiten zu verschaffen, ist begrenzt. Natürlich könnte man persönlich sagen, genauso wie andere Menschen auch: Ich habe die Freiheit, meine Arbeit niederzulegen und Hartz-IV zu beziehen – bevor jedoch Bezüge monatlich überwiesen werden, werden sämtliche Sparbücher und Wertgegenstände staatlich verrechnet, die übrigen Familienangehörigen durchforstet, ob es da niemanden gibt, der das monatliche Hartz-IV-Salär zahlen könnte. Dass kein Mensch in Deutschland freiwillig auf diesen Weg möchte, unterstelle ich einmal. Wie begreift der Einzelne sich selbst, das Leben und das Leben anderer, bleibt humanistische Orientierung, die noch zu erfüllen bleibt. Aber die benannte Einschränkung, „ohne Moos nichts los“, bleibt bis in alle kapitalistische Ewigkeit die gleiche. Dann werden Menschen auch krank oder gehen unter bedrohlichen Umständen zur Arbeit, um ihre Miete bezahlen zu können. Dann sind wir mitten in feudalistische Strukturen zurückgekehrt, von denen Sen differenziert berichtet und Christoph Keese sie falsch auffasst und missdeutet.

      Die Betreiber des Kapitalismus, die Geldbesitzer, sind jahrzehnte-, jahrhundertelang immer um den eigentlichen Kern des Kapitalismus herumgeschlichen. Aus Angst vor seinem alles Menschliche ausschließenden Wesen, an dessen Eiseskälte die Finger und grundsätzlich Freiheit kleben bleiben; man muss schon einiges aufwenden, um sie wieder loszueisen und seine Seele nicht völlig zu verkaufen. Über Folgen und Bedeutung des Kapitalismus sollte, wenn überhaupt nur mit größter Sorgfalt, Vorsicht und Umsicht gesprochen, berichtet und wenn überhaupt, diskutiert werden. Als besser erwies es sich, zu politisieren, Folgen als Meinungen und Interpretationen darzustellen, statt als unbequeme Wahrheiten.

      Viele Menschen sind an dieser Aufgabe, sei es als Unternehmer oder Manager oder Bürger, diesem kapitalistischen Kern zu entkommen, zerschellt. Die Furcht der Kapitalisten vor einer öffentlichen Aufdeckung dieser Abgründe ähnelt der des Neurotikers, der davor zurückschreckt, sich mit dem Inhalt seines Konfliktes gefühlsmäßig auseinanderzusetzen.

      Lieber lebt man mit dem Übel – „so lange es geht.“ Kapitalisten werden innerlich zerrissen, schließlich möchten sie so gut sein, wie jeder andere Mensch auch (zum Beispiel Sen), tun „ihr Bestes“ und wollen „nur das Beste.“ Und da hakt es: Sie wollen immer das Beste – das haben Menschen auch immer gegeben. Doch sie sind enttäuscht worden. Tausch- bzw. der Gegenwert stimm(t)en einfach so nicht.

      Die erkenntnis- und erlebnismäßig wertvolle Kur für Besitzende könnte also in einer Demokratie lauten: Rollentausch mit Angestellten, Arbeitern und den arbeitslos Gewordenen, Armen und Verarmenden – kurz, die Lebensumstände der breiten Masse fühlen und die Not verstehen und Vorschläge zur Verbesserung ersinnen. Dann bitte, auf dem Hitergrund dieser Erfahrung, einen Aufsatz zum Thema „Die Freiheit im Kapitalismus“ oder „Das Gute im Kapitalismus für die breite Bevölkerung“ schreiben und veröffentlichen.

      Illusionen fallen weg, Tatsachen bleiben übrig. Es muss neu geordnet werden und zwar unter Einbeziehung von Würde und Achtung von Mensch, Tier und Natur. Geordnet werden muss der Mehrwert – soweit jemanden etwas anderes einfällt, wäre ich überrascht. Weiter muss es „normal“ werden, über Kapitalismus haarklein zu sprechen, damit jeder Mensch Zusammenhänge und deren Zwangsläufigkeiten für Leib und Leben nachvollziehen kann.

      Man kann nichts dagegen haben, wenn Kapitalisten erfolgreich sind. Aber es muss geschaut werden a) unter welchen Umständen Erfolg erzielt wird und b) zu welchen Lasten c) mit welchen Konsequenzen und d) wie die nicht mehr für den Produktionsprozess tätig werden müssenden Menschen zu Geld kommen, sprich, sich Freiheiten gönnen können.

      In Deutschland heißt das System Hartz-IV, das Überleben sichern soll – ob es Freiheiten bringt, und ob es gesund für Psyche und Seele ist, so berechnet zu leben, darf nach zig öffentlichen Diskussionen getrost 2011 verneint werden.

      Wenn Kapitalisten sich natürlich für standortunabhängig und staatenlos erklären, ist das ein schwieriges Unterfangen. Man müsste also feststellen und erfragen – schließlich müssen sie irgendwo leben – welchem Land sie sich zugehörig erachten und sie dann verpflichten, auch dort ihre Gewinne zu versteuern bzw. in welcher Form auch immer mit der arbeitslosen Bevölkerung zu teilen. Das wäre Bekenntnis.

      Doch bisher baut die Wirtschaft Achtung und Würde von Menschen in beschämend hoher Geschwindigkeit und mit nachhaltigen Folgen in alle Richtungen ab – statt mit Verantwortungsbewusstsein mittels Geld klar Stellung zu beziehen, wo und wie viel man bereit ist abzutreten, damit die sozialpolitischen Konsequenzen des Globalisierungsprozesses gestoppt werden. Die Kapitalisten benötigen ein neues Bewusstsein, dass ihnen Ehre einträgt, wenn sie kapitalträchtig den jetzt Armen zur Seite springen: Aber ohne an ihre Projekte zu schreiben, „alles meins“. Diese Art von Besitzdenken muss aufhören.

      Zu verzeichnen ist hingegen ein evolutionär erbärmliches Ergebnis für jene Menschen, die primär aus wirtschaftlicher und politischer Macht handeln: steigende Gewinne auf Kosten zunehmender Verarmung und Perspektivlosigkeit in der Bevölkerung gereicht zu keines Menschen Ehre. Und das, obwohl es Möglichkeiten der Existenzsicherung, Nahrung und Wohnraum für alle gäbe, ohne dass Kapitalisten finanziell verarmten. Beispiele hierfür erübrigen sich aufgrund der steigenden Zahlen von Milliardären. Selbst der „Ärmste“ ist Milliardär. (New York): „Der am wenigsten Reiche auf der Liste hat 1,3 Milliarden Dollar Privatvermögen. Wie das Wirtschaftsmagazin, Forbes’ in seiner gestern veröffentlichten Ausgabe aufzeigt, häuften die 400 reichsten US-Amerikaner im Jahre 2006 23 Prozent mehr an als 2005. Zusammen besitzen sie 1,5 Billionen Dollar. СКАЧАТЬ