Multisystem-Erkrankungen erkennen und verstehen. Sibylle Reith
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Название: Multisystem-Erkrankungen erkennen und verstehen

Автор: Sibylle Reith

Издательство: Bookwire

Жанр: Медицина

Серия:

isbn: 9783754949412

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СКАЧАТЬ Präventionsstrategien ableiten.“ 3.2.3/4 UFZ

      EU-geförderte Exposom Forschung

      Während die Genom-Forschung schon seit Ende des Human-Genom-Projektes 2003 weltweit etabliert wurde, entstehen jetzt auch gleichrangige Exposom-Forschungszentren. 2020 wurde das European Human Exposome Network gestartet. Dies ist das weltweit größte Netzwerk von Projekten, die die Auswirkungen von Umweltexpositionen auf die menschliche Gesundheit untersuchen.

Das europäische Netzwerk vereint 24 Nationen und neun Forschungsprojekte, die bis 2027 mit über 100 Millionen Euro aus Horizon 2020, dem Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation, gefördert werden.

      Aus der Webseite:

      „Die Ergebnisse der Projekte werden dazu beitragen, das Ziel des Europäischen Green Deals voranzutreiben, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürger vor Umweltverschmutzung und Umweltverschlechterung zu schützen, indem sie neue Erkenntnisse für bessere Präventionsmaßnahmen liefern.“ [Ü.d.A.] 3.2.3/5 Humanexposome

      EU-Rahmenprogramme für Forschung und Innovation

      Neben dem European Human Exposome Network initierte die EU im Rahmen der Umwelt- und Gesundheitsforschung weitere Projekte. 3.2.3/6 EU Diese Vorhaben sollen den Europäischen Green Deal unterstützen.

       Die Europäische Initiative zur Überwachung des menschlichen Biomonitorings. / The European Human Biomonitoring Initiative (HBM4EU) } Siehe Kapitel 3.2.6

       EURION: Die europäischen Cluster zur Verbesserung der Identifizierung von endokrinen Disruptoren. /EURION: The European Cluster to Improve Identification of Endocrine Disruptors.

       Städtische Gesundheit /Urban Health.

       Exposition gegenüber Kunststoffen und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit /Exposure to plastics and effects on human health.

      3.2.4 Exposomforschung und Kausalität

      Wir beginnen gerade erst durch Screenings zu analysieren, wie es um das lokale und globale Exposom bestellt ist. Wissenschaftler beschreiben die Qualität und Quantität der vorgefundenen Umweltfaktoren, z. B. werden Schadstoffmessungen an Straßen durchgeführt. Untersuchungen der Anwohner auf Asthma ergeben möglicherweise Korrelationen mit einem erhöhten Vorkommen von Asthmatikern an vielbefahrenen Straßen.

Korrelationen sind hinweisend – aber nicht beweisend. In den meisten Fällen bleibt die Frage offen, ob es sich dabei um echte kausale Beziehungen oder um zufällige Zusammenhänge handelt, die durch andere Faktoren erklärbar sind.Zunehmend erfahren wir, dass Schulen schadstoffbelastet sind, dass wir Pestizide einatmen, weil sie kilometerweit verweht werden können, dass wir täglich Mikroplastik-Partikel aufnehmen – aber wir haben derzeit nur eine sehr unklare Vorstellung davon, was diese Faktoren in Mensch, Tier und Pflanzen ursächlich bewirken.

      Von der Korrelation zum Kausalzusammenhang

      Ein Review eines schwedisch-finnländischen Autorenteams, der im Oktober 2020 veröffentlicht wurde, beschreibt die Verknüpfung zwischen chemischer Exposition, intermediären Veränderungen im Stoffwechsel und Auswirkungen auf das Immunsystem. Das Team stellt fest:

      „Es gibt starke Hinweise darauf, dass chemische Expositionen deutliche Auswirkungen auf das Metabolom haben und mit spezifischen Krankheitsrisiken in Verbindung stehen.“ [Ü.d.A.] Als Metabolom wird die Gesamtheit aller Stoffwechselprodukte bezeichnet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Organismus nachzuweisen sind“.

Dieser Review ist damit eine der ersten Übersichtsarbeiten, die anhand einer großen Anzahl von Studien nicht nur Korrelationen beschreibt, sondern auch kausale Beziehungen zwischen Expositionen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen darstellt.

      „Diese Herausforderung wird wahrscheinlich mit zunehmender analytischer Abdeckung des chemischen Exposoms und Metaboloms und mit der Einbeziehung anderer Daten, wie z. B. des Darmmikrobioms, noch größer werden. Der Nachweis der Kausalität ist entscheidend, wenn man die Sicherheit bestimmter Chemikalien oder bestimmter Präventionsmaßnahmen in Betracht ziehen will.

      Die Eliminierung unerwünschter Assoziationen […], die Identifizierung wichtiger toxischer Einflussfaktoren […] und die Weiterverfolgung mit gezielten Expositionsstudien in relevanten experimentellen Modellen sind wahrscheinlich die wichtigsten Forschungsstrategien, die geeignet sind, die Herausforderung der Datenzusammenführung und des Kausalitätsnachweises in der Exposomforschung zu bewältigen.

      Angesichts der vitalen Forschung auf dem Gebiet der Exposome ist es wahrscheinlich, dass die Zukunft viele innovative Lösungen bringen wird, um die oben genannten Herausforderungen anzugehen. Solche Fortschritte werden das Potenzial haben, neue Untersuchungsbereiche im Zusammenhang mit der Untersuchung der Auswirkungen realer chemischer Expositionen auf die menschliche Gesundheit und für eine genauere Bewertung der Chemikaliensicherheit zu eröffnen sowie unsere derzeitigen Ansichten über die Entstehung und Pathogenese vieler verbreiteter Krankheiten zu hinterfragen.“ [Ü.d. A., Quellenangaben im Originaltext] 3.2.4/1 Orešič et al.

      Toxikologie des 21. Jahrhunderts

      Mit dieser „Toxikologie des 21. Jahrhunderts“ können sogenannte Toxizitätspfade aufgespürt werden. Die neuen Technologien erlauben differenzierte Chemikalienbewertungen und Prüfverfahren ohne Tierversuche.

      „Die Kopplung chromatographischer Analysen mit modernen massenspektrometrischen Verfahren erlaubt den Nachweis immer geringerer Substanzmengen, während „Omics“-Ansätze, komplexe Zellkultursysteme und Stammzellen die Grundlagen geschaffen haben, toxikologische Effekte in einer bisher nicht zugänglichen molekularen Tiefe, auch über Speziesgrenzen hinweg, zu adressieren. Zudem sind viele dieser Methoden hochdurchsatztauglich. Dies ermöglicht die Testung einer Vielzahl von Substanzen in verhältnismäßig kurzer Zeit und schafft somit auch Zugang zu neuen Fragestellungen wie z. B. Mischungstoxizitäten, endokrinen Effekten, möglichen Niedrigdosiseffekten und im Bereich der Nanotoxikologie.“ 3.2.4/2 Tralau

      Wir werden in TEIL 7 sehen, dass insbesondere die Bewertung von Mischungstoxizitäten und Niedrigdosiseffekten weitreichende gutachterliche Folgen für umweltbedingt Erkrankte haben.

Jeder Nachweis einer Kausalität bedeutet einen Meilenstein für die Anerkennung und Versorgungsqualität umweltbedingter Erkrankungen.

      Erweiterung des Symptomforschungsmodells

      2020 wurde eine bemerkenswerte US-amerikanische Studie veröffentlich, die darauf abzielt, das Symptomforschungs-Modell der National Institutes of Health um umweltbedingte Gesundheitskonzepte zu erweitern. Das Autorenteam beschreibt Umweltfaktoren als Schlüsseldeterminanten für die Gesundheit und informiert über konkrete Maßnahmen zu Kapazitätsaufbau/Infrastruktur, Methoden/Effekte, translationale/klinische Forschung und Grundlagen-/mechanistische Forschung. 3.2.4/3 Castner et al.

      3.2.5 Umweltbedingte Krankheitslasten

      Die kollektive, multifaktorielle Grundbelastung

      Die Datenlage zu umweltbedingten Krankheitslasten ist lückenhaft, obwohl Umweltfaktoren, bzw. -Schadstoffe in allen Bevölkerungsgruppen eine Rolle spielen, an allen Orten auftreten – Indoor und Outdoor, urban und ländlich – und wir diesen Substanzen Tag und Nacht ausgesetzt sind.

Inzwischen dürfte es in Deutschland kaum noch Menschen geben, in deren Organismus keine Mikroplastikpartikel, keine Schwermetalle oder synthetische hormonaktive Substanzen nachweisbar sind. Das betrifft auch vulnerable Gruppen wie Kinder, Schwangere oder Ältere.

      Für manche Materialgruppen, z. СКАЧАТЬ