Traumafolge(störung) DISsoziation. Zora Kauz
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Название: Traumafolge(störung) DISsoziation

Автор: Zora Kauz

Издательство: Автор

Жанр: Медицина

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isbn: 9783969405482

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СКАЧАТЬ denn es hat einen kleinen Körper. Aber auch die Kinder leben in einem erwachsenen Körper (auch wenn sie ihn nicht so wahrnehmen, es ist halt doch so). Für uns hat es jedenfalls mehr mit dem Erregungsniveau zu tun, an den wir gewisser Maßen gekoppelt sind. Wenn also ein Kind im Unterwerfungs-Hypoarousal zwei Milligramm Lorazepam einnimmt, haut das richtig rein, obwohl zehn Minuten später (falls wir trotz Dämpfung noch wechseln können) jemand anderes im Hyperarousal diese Dosierung ohne ersichtliche Wirkung verpuffen lässt. Das liegt nicht am Alter oder Aussehen, sondern am physiologischen und biochemischen Zustand, in dem wir uns befinden, der jeweils einem bestimmten Anteil entspricht. Die meisten Kleinen aktivieren nun mal weniger Stoffwechsel als Große. Jedoch kann eben auch ein_e Erwachsene_r, der_die den Körper als groß wahrnimmt (ggf. sogar größer als er ist), aber wenig mit Essen und Trinken und lebendigem Energiehaushalt zu tun hat, mit geringer Dosierung neblig, matschig „festgeklebt“ werden. Das ist weit entfernt von einer Theorie, die das nicht völlig greifen kann.

      Wie auch, wenn wir Bewusstsein gar nicht definieren können, oder vielleicht nie eine interdisziplinäre Definition davon anerkannt wird bzw. Forschende sich gar nicht einig sind, ob es „das Bewusstsein“ überhaupt gibt, oder es sich entweder nur um eine Illusion handelt, die für ein Ich-Empfinden sorgt, oder es einfach zwingend zu allem dazugehört, wir es also wie Tiere auch einfach zu Aktivitäten des Körpers und Gehirns als „Begleiterscheinung“ tragen. Vermutlich liegt es an uns selbst, uns eine Meinung/Überzeugung zu diesem Bewusstsein zu bilden, mit der wir leben können. Ich meine auf jeden Fall, dass verschiedene Anteile nicht mit dem Unterbewusstsein gleichzusetzen sind. Wir sind kein Plural des „Es“. Vielleicht müssen wir uns hier ein bisschen vom prinzipiellen Über-Ich, Ich und Es trennen. Zumindest neurowissenschaftlich werden Freuds Theorien sehr angefochten oder ein bisschen auf den Kopf gestellt. Es ist nach wie vor ein großes Forschungs- und Denkfeld, wie genau und durch was sich be- und unbewusste Prozesse neurophysiologisch unterscheiden bzw. wie sie verflochten sind. Bewusstes Denken, Lernen und Erinnern wird zwar teilweise schon gut verstanden, wie (daraus) subjektives Bewusstsein entsteht, jedoch kaum. (In anderen Texten und oben ist die umgangssprachlich akzeptierte Bedeutung von „Bewusstsein“ gemeint.7) Aber vielleicht können wir neuronale Netzwerke, wenn wir eigene Instanzen wurden, gar nicht ganz dem Unbewussten oder dem Bewussten zuschreiben, weil wir jeweils das Bewusstsein „übernehmen“, wenn wir nach vorne treten oder auch von hinten mitwirken. Denn ich glaube, dass wir alle, wenn wir agieren, nicht „nur“ reagieren, beides haben, auch wenn sich unser Bewusstsein, oder unsere Bewusstseinsbereiche, lange nicht mit denen von anderen Anteilen überschneiden, sie also für die anderen in deren Unbewusstsein liegen. Es ist gut möglich, dass Fachmenschen, die sich mit Dissoziation auseinandergesetzt haben, jetzt entschieden den Kopf schütteln, und wenn wir Bewusstsein als integrativen Prozess definieren, ist meine vorangegangene Aussage auch falsch. Dann ist es vermutlich nur ein Versuch, den Zeitverlusten ein bisschen das Gefühl von Kontrollverlust zu nehmen.

      Wir sind aber auf keinen Fall zwangsläufig „bewusstlos“, wenn wir nicht im Körper sind. Manche stecken zwar teilweise fest in ihrer Erfahrung oder in ihrem Erfahrungsbereich und erleben alles immer und immer wieder, ohne „bewusst“ die Gegenwart zu erkennen, aber es kann auch Interaktion und Prozess stattfinden, während wir „innen“ sind. Ganz allgemein sind alle Menschen immer bewusst und unbewusst gleichzeitig, denn das sind keine getrennten oder gegeneinander laufende Prozesse, und falls eines von beiden mal weniger da ist oder ausfällt, ist es unser bewusstes Sein (weil ich glaube, dass es das gibt: ein gegenwärtiges, sinnlich bewusstes Erleben, auch wenn sich dieses Erleben immer nach Erfahrung richtet und Subjekt und Objekt nicht zu trennen sind. Ein bewusstes Sein, welches aber nicht an einem bestimmten Ort im Organismus zu lokalisieren ist, denn auch wenn das Gehirn notwendig dafür ist, ist es nicht allein dazu fähig, da der ganze Körper und meist auch dessen Beziehung zur Umwelt dafür eine Rolle spielt.). Denn egal wie viel wir uns auf unser großes, super-schlaues Denken (was es ja sein mag) einbilden – wirkliche Heldentaten tun Hirnareale und unser Körper, ohne dass wir willentlich mitwirken. Hätte unser Verstand so viel Einfluss auf unser Handeln wie unbewusst ablaufende Mechanismen und Prozesse, wären wir längst ausgestorben.

      Was aus der Flut an Eindrücken aussortiert wird, wie wir es im ersten Moment deuten, was Aufmerksamkeit erregt, wie wir wahrnehmen, was eine bewusste Erinnerung wird und bleibt oder als irrelevant gewertet und somit gehemmt abgelegt wird, wie und wann wir auf Gefahr reagieren und fürs Überleben sorgen, all das geht automatisch vor sich. Dann scheint unser „bewusster Verstand“ die Führung und einen Überblick zu haben, aber was er zu führen bekommt und welchen Teil er überblicken kann, das wird unbewusst entschieden.

      2 Ich beziehe mich hier primär auf Grundlegendes; Automatismen im evolutionären Sinne, die nicht willentlich beeinflussbar sind, aber unbewusst vom System für das System ablaufen. Hier konditioniert uns die Erfahrung an sich. Die resultierenden Eigenschaften und Strukturen sind nicht immer auf Anteile übertragbar, die durch gezielte Konditionierung entgegen den ursprünglichen Strategien des Organismus gelernt haben. Wobei es nicht leicht ist, den Ursprung zu erkennen, da auch Anteile, die durch die Erfahrung selbst konditioniert wurden, total entgegen den natürlichen Instinkten handeln können, weil die Extremerfahrung die biologische Notwendigkeit von bestimmten Reaktionen völlig verzerrt hat.

      3 Introjektion: Unbewusstes Einbeziehen fremder Anschauungen, Motive o. Ä. in das eigene Ich.

      4 Hierbei wird zwischen ToM und Empathie noch mal unterschieden, da das Verstehen nicht dem Mitfühlen gleicht. Allerdings wir in vielen Publikationen affektive ToM mit kognitiver Empathie gleichgesetzt, was dann das Verstehen von Emotionen beschreibt.

      5 U. a. die Inselrinde – wo Schmerzverarbeitung stattfindet und Empfindungen verarbeitet werden und der temporo-parietale Übergang; hier schreibt Neurowissenschaftlerin Rebecca Saxe dem rechten mehr Bedeutung für die Interpretation des Verhaltens anderer zu (Richardson & Saxe 2019).

      6 Gemeint sind: chemische Anhängsel, wobei die Methylierung, angehängte Methylreste, am besten untersucht ist und eine Hypomethylierung eines bestimmten Gens bei Angststörungen bedeutend sein soll, wobei dieses hypo, also „zu wenig“, von Methylierung evtl. durch Psychotherapie wieder in ein gesundes Methylierungsmuster gebracht werden kann (Ziegler et al. 2016), jedoch ist der molekulare Weg (noch) nicht klar und die Belege zu gering, um von breitgültigen Fakten sprechen zu können.

      7 Bewusstsein als das, worauf Hirnleistungen aufbauen, also primäre Prozesse der Empfindung und deren Verarbeitung, zum Objekt kognitiver Prozesse werden und die Ergebnisse aus dieser Metaanalyse repräsentiert werden und wir uns also unserer Empfindungen, Wahrnehmungen, allgemein unserer Existenz wahr sind.

      4 (K)eine Diagnose (nur für Titel-Interessierte)

      Diagnosen sind Worte auf Papier.

      Diagnosen sind dann gut und richtig und wichtig, wenn sie ihren Job erfüllen. Und den erfüllen sie in dem Kontext, in dem sie eine Begrifflichkeit sind, um Behandlungsindikationen anzuzeigen. Dafür sind sie da. Hier werden sie gebraucht (wenn sich auch außerhalb der Allgemeinmedizin wieder über die Bürokratisierung von menschlichem Leid gestritten werden könnte). Aber davon abgesehen werden sie eben oft ihrem Job entfremdet. Darum schreiben wir auch nicht ständig von uns mit dieser und jener Diagnose, sondern von uns als Mensch mit diesen und jenen Wahrnehmungen, Erfahrungen, Themen, Problematiken und Behinderungen. Diagnosen sollen ein Wegweiser sein, in welche Behandlungsrichtung es gehen sollte. Im psychiatrischen Bereich können sie als Einsicht dienen, um Dingen eine Erklärung zu geben, oder als Indikator für medikamentöse Einstellungen. Eine Diagnose ist für Betroffene wichtig, um Krankheitsbilder kennen und verstehen zu können, auch wenn eine Diagnose uns nicht uns selbst erklärt, aber manche Symptome eben. Ohne einen Begriff, um den es geht, ist Psychoedukation unmöglich, und diese kann von großer Bedeutung sein. Diagnosen geben „all dem“ einen Namen. Symptome können zugeordnet СКАЧАТЬ