Spielen und Lernen verbinden - mit spielbasierten Lernumgebungen (E-Book). Cornelia Rüdisüli
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СКАЧАТЬ deutlich, dass dieser Übergang nicht als Bruch zwischen Kindergarten und der ersten Primarklasse zu verstehen ist.

      Im Lehrplan – speziell auf den Zyklus 1 zielend – wurden folgende Grundlagensätze formuliert:

      «Wenn Kinder spielen, lernen sie gleichzeitig. Jüngere Kinder lernen beim Beobachten, Imitieren, Mitmachen, Gestalten oder im Gespräch. Ihre Aktivitäten werden dabei in erster Linie von ihren Interessen und der Motivation geleitet, die eigenen Fähigkeiten zu erproben und zu erweitern. Im Spiel können sich viele Kinder über eine lange Zeitspanne in eine Aufgabe oder eine Rolle vertiefen, eine hohe Konzentration aufrechterhalten und spezifisches Wissen erwerben. Dabei erleben Kinder Spielen und Lernen als Einheit.»

      «Spielmaterial und Lernumgebungen knüpfen an bereits vorhandenen Interessen der Kinder an, sind aber auch geeignet, Neugierde zu wecken und neue Interessen zu generieren. Sie beinhalten die Möglichkeit zum Explorieren und Experimentieren und sind auf die im Lehrplan formulierten Kompetenzen ausgerichtet. In den Innenräumen stehen den Kindern verschieden konzipierte Spiele und Lernumgebungen offen: Räume für Rollenspiele und Inszenierungen, Forscherecken, Bau- und Konstruktionsecken, Mal- und Bewegungsräume, Spiel und Bücherecken für mathematische, strategische und sprachliche Herausforderungen usw. Im Aussenraum des Schulareals werden ebenfalls verschiedene Aktivitäten angeregt. Ergänzend bieten sich Aussenräume wie Waldplätze, Wiesen, Bachläufe, Spiel- und Sportplätze in der näheren Umgebung als ideale Lernorte zum Sammeln von Erfahrungen und zur Schärfung der Wahrnehmung an» (D-EDK 2016, Lehrplan 21, Grundlagen, 2016, S. 25).

      Unbestritten ist offenbar – wie der Lehrplan 21 formuliert –, dass «Spielen die Lernform der jüngeren Kinder» ist.

      Kinder brauchen für ihr Spielen und Lernen Umgebungen. Das können von Erwachsenen bewusst gestaltete Lernumgebungen (Spielplätze, Spielzeuge, Kinderecken, schulische Angebote usw.) oder die zufällig in der Nähe vorhandenen Räume (Strassen, Naturräume, Parks usw.) sein. Dabei bieten natürliche Umgebungen von allen Lebensräumen den höchsten Grad an Selbsterfahrung und Autonomie (Meyer 2012). Kinder spielen in diesen natürlichen Umgebungen vielfältiger, fantasievoller und kreativer, nehmen etwa Singer et al. (2009) und Kiener (2004) an; allerdings ist der Zusammenhang zwischen Natürlichkeit der Umgebung und der kindlichen Entwicklung noch wenig erforscht (Meyer 2012). Die starke Urbanisierung und die immer dichtere Nutzung der natürlichen Umwelt sowie die gesteigerte Wahrnehmung von möglichen Gefahren hatten eine zunehmende «Verhäuslichung» der Kindheit zur Folge (Meyer 2012, Heimlich 2015, Hüttenmoser 2015). Kinder in ländlichen Umgebungen haben, weil sie selbständiger agieren können, mehr Sozialkontakt mit Gleichaltrigen und sind deshalb sozial kompetenter (Hüttenmoser 2015). Aus den genannten Gründen ist das Angebot, das die Eltern zu Hause bewusst und als Folge ihrer Lebenswelt zur Verfügung stellen, zunehmend als prägend zu bezeichnen. Kinder in anregungsreichen häuslichen Umgebungen (Anzahl Bücher, erzählte Geschichten usw.) haben bessere Startchancen als diejenigen, die kaum über solche Angebote verfügen. Hierbei sind das Einkommen und die Bildung der Eltern eine entscheidende Variable (Bradley et al. 2001).

      In den meisten Publikationen wird die Notwendigkeit von qualitativ hochstehenden Spiel- und Lernumgebungen betont. So wird wiederholt die «Gestaltung anspruchsvoller, anregungsreicher, entwicklungs- und beziehungsförderlicher Umgebungen» (Stamm 2011, S. 145) gefordert, die von Erwachsenen auf ein Lernziel hin konstruiert und strukturiert werden (Toub et al. 2016, Massey 2013, Weisberg et al. 2016; Bergen 2018; Hauser 2016, Crowther 2012; Crowley, 2017).

      In der Literatur werden auch verschiedene Begriffe und Anforderungen für Spiel- und Lernumgebungen formuliert. So wird etwa von «high quality, sustaining playful learning environments» (Broadhead et al. 2010) oder vom «Bereitstellen von offenen Freiräumen mit Aufforderungscharakter» (Lohmann 2017), vom «enabling environment» (Meyer 2012), von «stimulating learning environments» (Siraj-Blatchford 2007), von «creating a supportive environment» (Gauntlett et al. 2013) oder von «instruktiven Lern- und Spielumgebungen» (Wood 2009) gesprochen. Die Rolle der Erwachsenen (seien es Eltern oder Lehrpersonen) bei den Spielangeboten wird dabei als zentral angesehen: «The adult’s role is to prepare the environment and use open ended prompting to encourage the child toward the learning goal, but children must navigate their own path through the learning context» (Weisberg et al. 2016, S. 178). Lehrpersonen sollen also «intentionally plan and scaffold» (Massey 2013) oder «adults provide material» (Whitebread et al. 2012; Fisher et al. 2011; Smith et al. 2013; Siraj-Blatchford 2007; Siraj-Blatchford et al. 2002). Erwachsene müssten dabei (bezogen auf das Freispiel) nach dem Bereitstellen und Gestalten von Freispiel-Umgebungen für den «teachable moment» bereit sein (Glauser et al. 2018).

      Über die Bedeutung von bewusst auf ein Lernziel hin gestaltete Spiel- und Lernumgebungen scheint man sich weitgehend einig zu sein. Dennoch fehlt es an konkreten Beschreibungen oder an Qualitätskriterien für Spiel- und Lernumgebungen. Das bedeutet, es mangelt an für die Praxis brauchbaren theoretischen Überlegungen zu Spiel- und Lernumgebungen. – Ansätze dazu findet man bei mathematischen Lernspielen, bei denen vier Kriterien für Spiel- und Lernumgebungen formuliert werden. Es sind dies: Ähnlichkeit, korrekte Sachlichkeit, Lehrplan- und Zukunftsrelevanz, Altergemässheit (Gasteiger et al. 2015). – Allgemein wird gefordert, dass Lerninhalte in das Spiel eingebaut werden müssten (Hassinger-Das et al. 2016). Insgesamt wird der Begriff der Lernumgebung (engl. learning environment) wenig spezifisch verwendet und ist nicht näher definiert. Grundsätzlich kann man darunter eine «Metapher für ein planvoll hergestelltes Arrangement, bestehend aus didaktischen, methodischen, materiellen und medialen Komponenten» verstehen (Wahl 2013, S. 37; auch Niggli 2013). Lernumgebungen sind – folgt man dem Lehrplan 21 – denn auch die zentralen Elemente eines guten Unterrichts: «Inhaltlich attraktive und methodisch durchdachte Aufgaben und Lernaufträge sind die zentralen fachdidaktischen Gestaltungselemente von Lernumgebungen und bilden damit das Rückgrat guten Unterrichts. Sie sind Quellen der Motivation und Ausgangspunkte für Schülerinnen und Schüler, sich auf fachliche Themen und Gegenstände einzulassen. Die Aufgaben werden auf die mit dem Unterricht verfolgten Zielsetzungen abgestimmt» (D-EDK 2016, Grundlagen, S. 27). Wenn Lernumgebungen letztlich «das Rückgrat guten Unterrichts» sind und wir sie spielerisch gestalten, entstehen «spielbasierte Lernumgebungen», die sowohl den Kriterien des Spielens als auch denjenigen des lernzielorientierten Lernens entsprechen − also Lernen und Spielen verbinden (Kübler 2018).

      Das Ringen um eine adäquate Definition von Spiel hat zu verschiedenen Kriterienlisten geführt, die bis zu 60 Merkmale aufführten, (Pellegrini et al. 2007; Crowley 2017). Auch unterschied man die Sicht der Erwachsenen auf das Spiel (kriteriengeleitet, beobachtbarer Zustand) von der Sicht der Kinder (Selbstwahrnehmung, innerer Zustand, Playfulness) (Howard 2002). Playfulness meint dabei als Fähigkeit, Bereitschaft und Freunde von Kindern sich auf das Spiel(en) einzulassen (Wustmann Seiler, 2019). Es ist bemerkenswert, dass schon Drei- bis Sechsjährige zwischen Spielen und Arbeiten differenzieren (können). Die entscheidenden Faktoren für die Kinder sind die Wahlfreiheit, die Autonomie und die Selbstkontrolle. Dies zeigt sich unter anderem, dass Kinder Tätigkeiten am Tisch und mit Erwachsenen weniger als Spiel empfinden. Trotzdem sind Erwachsene in der Regel willkommene Spielpartner und werden nicht selten von den Kindern zum gemeinsamen Spielen aufgefordert (Howard 2002). Unstrittig ist auch, dass Erwachsene kindliches Spielen und Lernen durch anregende Materialien und Spielimpulse stimulieren können, dürfen und sollen (Bradley et al. 2001; Siraj-Blatchford et al. 2002; Siraj-Blatchford 2007; Smith et al. 2013). Dass Erwachsene eine wichtige Rolle beim Spiel der Kinder einnehmen sollen, lässt sich durch verschiedene empirische Befunde der Lern- und Entwicklungspsychologie belegen.

      So wissen wir aus lernpsychologischen Befunden, dass mit vollkommen offenen Lernsettings eher ungünstige Lernergebnisse einhergehen. Alfieri et al. (2011) zeigten in einer Metaanalyse von 164 Studien auf, dass Instruktion bessere Ergebnisse zeitigt als unbegleitetes СКАЧАТЬ