Spielen und Lernen verbinden - mit spielbasierten Lernumgebungen (E-Book). Cornelia Rüdisüli
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СКАЧАТЬ wird «in die Wege leiten» verstanden. Konkret bedeutet das, dass die Erwachsenen eine Umgebung beziehungsweise einzelne Spielangebote für die Kinder vorbereiten. Im freien Spiel hingegen beschäftigen sich die Kinder mit der vorhandenen Umgebung und dem Material, das sie vorfinden und das nicht speziell für sie vorbereitet wurde. Unter Steuerung wird die inhaltliche Steuerung des Spielprozesses verstanden und die freie Wahl gibt an, inwiefern diese gegeben beziehungsweise eingeschränkt ist. Im geführten Spiel (z. B. die Spielsequenz im Kindergarten) wählen die Kinder zwar selbst aus, was sie spielen möchten, aber die Lehrperson kann die Auswahl des Angebotes durch die Initiierung der Lernumgebung beliebig einschränken. In Lernspielen (z. B. vorgegebene didaktische Spiele oder spielerische Einheiten in geführten Sequenzen, wie Sing- und Kreisspiele) ist die Wahlfreiheit jedoch nicht gegeben. Die Reihenfolge der einzelnen Abstufungen (Kontinuum) vom freien Spiel bis hin zur direkten Instruktion bildet die Intensität der Steuerung des Kindes von aussen (z. B. durch die Lehrperson) beziehungsweise die Involviertheit von Erwachsenen ab. Will heissen: je stärker Lernziele im Fokus stehen, desto stärker ist die Steuerung von aussen. Kinder erreichen im geführten Spiel mit grösserer Wahrscheinlichkeit ein spezifisches Lernziel als Kinder, die im Freispiel verweilen. Es gibt auch einige Hinweise, dass bei jüngeren Kindern das geführte Spiel der direkten Instruktion überlegen ist (Weisberg et al. 2018; Hauser et al. 2014). Für die Förderung von schulischen Inhalten wäre demnach eine Verbindung zwischen dem natürlichen Verhalten von Kindern («Lerntrick der Natur»), dem Spielen, und dem lernzielorientierten Erwerben von Wissensbeständen hilfreich (Kübler 2015). Dies erfordert eine Kombination von spielerischem Lernen (das den Kindern Autonomie und Selbststeuerung zugesteht) und zielgeleitetem Lernen (welches eine von Erwachsenen vorbereitete Lernumgebung und eine entsprechende Spielbegleitung vorsieht) (Weisberg et al. 2016). Die bewusst inszenierte Verbindung von Spielen und Lernen, um das Erreichen von Lehrplanzielen wahrscheinlicher zu machen, scheint vielversprechend. Damit ist in keiner Weise das häufig in der Schule praktizierte Spielen gemeint, das lediglich als Entspannung in den Pausen dient. Sondern der Einsatz des Spiels als Lernform, die neben anderen wirksamen Lernformen wie etwa Lernen durch Beobachtung, Versuch und Irrtum, Exploration sowie Instruktion bestehen soll (Crowley 2017).

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      Das Kontinuum bildet im Kern ab, dass es zwischen dem freien Spiel und der direkten Instruktion viele Zwischenstufen gibt, die insgesamt unter «playful learning» (spielbasiertes Lernen) subsummiert werden können (Fisher et al. 2011; Toub et al. 2016; Hassinger-Das et al. 2017; Hirsh-Pasek et al. 2018). Dabei wird nicht argumentiert, dass die einzelnen Abstufungen «rein» ausgeführt werden müssten, sondern, dass direkte Instruktion und spielerische Phasen miteinander verknüpft werden können, je nach Voraussetzungen der Kinder und Lernziel. Das Kontinuum bildet demnach vielmehr ein Methodenrepertoire ab. Immer noch geht es aber darum, eine förderliche Balance zwischen angeleiteten Elementen und der kindlichen Autonomie im Spiel zu finden (Siraj-Blatchford et al. 2002, Duncker 2015; Weisberg et al. 2016). Nichtsdestotrotz: Erwachsene spielen gemäss diesen Erkenntnissen eine wichtige Rolle in der Vorbereitung, der Initiierung und der Begleitung von kindlichem Spiel.

      Folgt man obigen Überlegungen, dass Erwachsene einen entscheidenden Anteil an der Förderung von Kindern im spielbasierten Lernen einnehmen – nicht nur durch Zurückhaltung, sondern durch aktives Engagement −, stellt sich die Frage, in welcher Form Erwachsene dies tun sollen und können. Die empirischen Resultate sind nur zum Teil ermutigend. So lässt sich beobachten, dass Lehrpersonen von 4- bis 8-jährigen Kindern während der Spielsequenz ihren Fokus vielfach auf Management und Überwachung des Unterrichts legen und sich seltener förderlichen Aktivitäten widmen (McInnes et al. 2011; Kucharz et al. 2014; Edelmann et al. 2018).

      Einig ist man sich auf jeden Fall, dass Lehrerinnen und Lehrer den Kindern Spiel- und Lernumgebungen zur Verfügung stellen sollen, die den Erwerb bestimmter Lernziele unterstützen. Zudem soll der Spiel- und Lernprozess der Kinder durch Erwachsene begleitet werden. Diese Spielbegleitung kann vielfache Formen beinhalten, wie beispielsweise das Mitspielen, offene Frage stellen, kurze impulssetzende Kommentare usw. (siehe dazu Weisberg et al. 2016; Hauser 2016; siehe auch den Beitrag von Franziska Vogt in diesem Band). Letztlich geht es darum, eine Balance zwischen dem selbstgesteuerten Spielen und Lernen der Kinder und den Impulsen der Lehrpersonen zu finden. Für Weisberg u. a. (2016, S. 178) ist dies der Kern des «guided play» und die Formel für wirksames Lernen von jüngeren Kindern. Insbesondere der Anfangsimpuls sowie die von Erwachsenen konstruierte Spiel- und Lernumgebung sollen hier vertieft thematisiert werden. Diese spielbasierten Lernumgebungen können auch als «mise en place» (ein Ausdruck aus der Kochsprache) (Weisberg et al. 2016) oder als «playful learning landscape» (Hirsh-Pasek et al. 2018) bezeichnet werden.

      Ebenso wird deutlich, dass das alleinige Bereitstellen von Lern- und Spielmaterialien mit einem dahinterliegenden Lernziel noch nicht ausreichend für die Initiierung eines lehrplanbezogenen Lernprozesses ist. Erwachsene spielen eine zentrale Rolle im kindlichen Spiel, indem sie Materialen bereitstellen und das Spiel begleiten, kommentieren oder gar mitspielen. Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen: Zum einen können Lehrpersonen fachlich und didaktisch durchstrukturierte Materialangebote bereitstellen und diese durch Massnahmen (siehe Spielimpulse unten) für die Kinder interessant und attraktiv machen. Im Weiteren können Erwachsene den Spielprozess der Kinder unterstützen, indem sie Fragen stellen, kommentieren oder auch mitspielen. Zum anderen gilt aber auch, dass Lehrpersonen unstrukturiertes Material bereitstellen und beim Einsetzen des Spielprozesses, durch die Spielbegleitung das Material anreichern beziehungsweise den Kindern Spielvorschläge machen können (siehe das Beispiel «Brücken» im Kapitel «NMG») (Weisberg et al. 2016; Hauser 2016, S. 145).

      Nachdem nun die grundsätzlichen Überlegungen dargelegt wurden, versuchen wir in den beiden folgenden Abschnitten die Bedingungen für das Verbinden von kindgesteuerten Spielaktivitäten und Lernziel unterlegten Einflussnahme auf das Spielen der Kinder zu beschreiben. Dies sind einerseits die Konzeption der materiellen Umgebung (spielbasierte Lernumgebungen im engeren Sinne) und andererseits die didaktischen Überlegungen, wie wir die Angebote der spielbasierten Lernumgebung für Kinder interessant und attraktiv machen können und wie wir das Spiel als Erwachsene durch entsprechende Impulse begleiten können (spielbasierte Lernumgebungen im weiteren Sinne).

      6.1 Annäherung an eine Definition spielbasierter Lernumgebung

      Spielbasierte Lernumgebungen (im engeren Sinne) sind im Kern eine didaktisch aufbereitete Anreizstruktur mit dem Ziel, Spielen und Lernen zu verbinden. Allgemeiner ausgedrückt sind sie dem Alter der Kinder angepasste Lernaufgaben, die es Kindern ermöglichen, selbstständig (mit oder ohne Begleitung) Inhalte zu erkunden und Dinge spielerisch zu lernen. Reusser beschreibt es wie folgt: «Aufgaben als Aufforderungen zur gezielten Auseinandersetzung mit einem Inhalt sind als stoffinhaltliche Materialisierung und prozessdidaktisch inszenierte Lerngelegenheiten der Dreh- und Angelpunkt eines kompetenzorientierten Unterrichts» (Reusser 2014, S. 80). Überträgt man die Definition von «cleveren Lernaufgaben» auf die Beschreibung von Lernumgebungen, kann man nach Kübler (2018) folgende sechs Merkmale festhalten (die Merkmale gelten auch für schulischen Unterricht im Allgemeinen): 1. Sie enthalten ein für die Kinder interessantes und fachlich bedeutsames Thema, setzen beim Vorwissen an und wecken Neugier; 2. Sie führen schrittweise und steigernd zu neuen Erkenntnissen und Einsichten über das Thema; 3. Sie enthalten neben obligatorischen auch selbst gewählte Teile; 4. Sie ermöglichen verschiedene Sozialformen, verschiedene Lösungswege und Lernprodukte; 5. Sie sind so konstruiert, dass verschiedene Bearbeitungstiefen und Lerngeschwindigkeiten möglich sind; 6. Sie enthalten passende Hilfsmittel und Unterstützungsangebote für die Lernenden (Kübler 2018, S. 75).[4]

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