Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
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      Die Zeit verging. Die kleinen McCartney-Brüder wuchsen heran und entwickelten sich zu lebhaften Jungen, deren Streiche bald Erzählstoff für neue Familienanekdoten bildeten. In ihrer Grundschulzeit erwischte ein Bauer die beiden einmal beim Äpfelklauen und sperrte sie so lange in einem Schuppen ein, bis Jim, dem ein paar Freunde der Jungs, die entwischt waren, Bescheid gesagt hatten, dort erschien und sich entschuldigte. Dramatischer war jedoch eine andere Geschichte, als Paul und Mike das väterliche Verbot ignorierten, sich von einer alten, gefluteten Kalkgrube fernzuhalten, und prompt beide hineinfielen. Aus eigener Kraft konnten sie nicht wieder herausklettern, dazu waren die Wände zu steil und glatt. Hilflos traten sie so lange Wasser, bis zufällig ein Bauarbeiter an der Unglücksstelle vorbeikam und sie herauszog.

      „Die McCartney-Brüder waren ziemliche Rabauken“, berichtete ihr Cousin John Monin5. Aber davon abgesehen waren sie liebe Jungs und recht gewitzt, und sie hatten beide die funkelnden Augen ihres Vaters geerbt. Vor allem Paul war das Ebenbild Jims in jungen Jahren, von den elegant geschwungenen Augenbrauen bis zur schmalen Nase und den weichen, beinahe weiblichen Lippen. Ihm waren auch das gewinnende Lächeln und das einschmeichelnde Wesen seines Vaters eigen, und er nutzte beides gern, um sich in Schwierigkeiten hinein- oder auch wieder herauszureden. „Er war schon damals ein Charmeur“6, erinnerte sich Tony Bramwell, der in Speke in der Nähe aufwuchs und zu den Kindern gehörte, die damals mit Paul herumtollten. „Er war immer diplomatisch und sehr freundlich.“ Auch war er sich seiner Wirkung auf andere sicherlich schon bewusst, wenn er seinen Charme einsetzte, um andere zu beschwichtigen, vor allem, wenn er bei seinen Streichen wirklich etwas angestellt hatte. „Er konnte die Leute richtig um den Finger wickeln“7, erinnerte sich ein Verwandter.

      Paul hatte jedoch auch eine in sich gekehrte Seite und ein starkes Verlangen nach Einsamkeit. Wenn ihm das Geschrei seiner Freunde auf die Nerven ging, sprang er auf sein Fahrrad und fuhr in den nahe gelegenen Wald, in dessen Schatten er eintauchte, wo er die Tiere beobachtete und in seinem abgewetzten Vogelkundebuch „Observer Book of Birds“ blätterte, wenn ein interessantes Exemplar durch das dichte grüne Blätterdach flatterte. Wenn er hörte, dass andere Leute kamen, suchte er sich einen kräftigen Baum und schwang sich hinauf, bis er einen Ast fand, auf dem er ruhig sitzen bleiben und die Welt unter sich vorbeiziehen sehen konnte. „Ich war sowas wie der Superspion, der stille Beobachter, der Scharfschütze“8, erinnerte er sich.

      In den Straßen von Speke hielt Paul außerdem vorsichtig Ausschau nach den Jugendbanden, die durch die Wohnquartiere der Arbeiterklasse streiften. Wenn diese harten Jungs auftauchten, war es besser, auf die andere Straßenseite zu wechseln oder sogar einen Umweg um den Block zu machen, bevor man an der nächsten Ecke Prügel bezog. Dennoch erwischten die Schläger die McCartney-Brüder eines Tages am Merseyufer, und es kam schnell zum unausweichlichen Schlagabtausch. Was haste dabei? ’Ne Uhr? Her damit, Kleiner, die nehm’ ich. Paul und sein Bruder rannten tränenüberströmt nach Hause, aber damit war die Angelegenheit nicht erledigt. Paul wusste, wer die Jungs gewesen waren – wenn auch nur zufällig, weil sie in der Nähe wohnten und ihr Grundstück rückwärtig an das seiner Eltern grenzte. Als Jim nach Hause kam, erzählte ihm Paul sofort, was passiert war. Jim wandte sich an den örtlichen Schutzpolizisten, und daraufhin wurden die Missetäter gefasst. Als sie ein paar Wochen später vor Gericht standen, trug Pauls Zeugenaussage entscheidend dazu bei, dass seine Widersacher verurteilt wurden. „Oje, mein erstes Mal vor Gericht“9, erinnerte sich Paul.

      Paul war diese Sache ebenso eine Lehre wie den Schlägern von nebenan: Arbeite hart und stehe zu deinem Wort, und wenn dir jemand etwas wegnehmen will, das dir gehört, dann wehre dich. Jim ging nicht leichtfertig mit materiellen Gütern um. Er hatte hart gearbeitet und sich bemüht, stets zu seinem Wort zu stehen. Für Jim war das der Grundstein des Lebens, und er sorgte dafür, dass Paul und Mike begriffen, was das hieß: Wichtig war, dass man eine Ausbildung erhielt, auf das hörte, was andere sagten, hart arbeitete und die Dinge zu schätzen wusste, die man sich dadurch leisten konnte.

      Vom seinem ersten Tag in der Grundschule an zeigte sich Paul als aufmerksamer Schüler mit gutem Betragen. 1949 wechselte er von der Stockton Wood Road Primary School zur Joseph Williams Primary. Die dortige Direktorin Muriel Ward sah in ihm einen ungewöhnlich ordentlich gekleideten Jungen, dessen gebügelte Hosen und Strickschlipse ebenso in Erinnerung blieben wie seine fröhlichen kleinen Streiche. Im Unterricht lernte er konzentriert, hörte allen Anweisungen aufmerksam zu und erledigte seine Aufgaben prompt. Die größte Auszeichnung seiner Grundschulzeit erhielt er im Juni 1953, kurz vor dem Wechsel an die weiterführende Schule, als er den für seine Altersstufe von der Stadt ausgeschriebenen Preis für einen Aufsatz über die Krönung von Elisabeth II. erhielt. Paul erhielt unter anderem einen Büchergutschein. Er traf eine für seine Herkunft und sein Alter überraschende Wahl, als er sich dafür ein Buch über moderne Kunst zulegte. „Unheimlich viele Bilder, Leute wie Victor Pasmore, Salvador Dalí, Picasso und viele andere Künstler, von denen ich noch nie gehört hatte.“10

      Pauls Noten in den 11-Plus-Prüfungen, die nach Abschluss der Grundschule über die weitere Schullaufbahn bestimmten, stellten entscheidende Weichen. Schüler, die gute Leistungen zeigten, konnten sich für die besten Schulen der Stadt empfehlen, und Paul zählte unter den neunzig Prüflingen der Joseph Williams Primary zu den vieren, denen einen Platz am Liverpool Institute angeboten wurde, das allgemein als beste Oberschule der ganzen Stadt galt. Jim und Mary waren glücklich über die Leistungen ihres ältesten Sohnes und wussten diese Entwicklung sehr zu schätzen. Das Liverpool Institute war noch vor kurzem eine privat finanzierte Schule mit strengem Lehrplan gewesen, an dem die ehrgeizigsten und talentiertesten Schüler der Stadt unterrichtet wurden. Dieser Schritt eröffnete dem Jungen gesellschaftliche und berufliche Möglichkeiten, die sich vor ihm kein McCartney je hätte träumen lassen.

      Kapitel 2

      Das Liverpool Institute liegt auf einer kleinen Anhöhe oberhalb des Stadtzentrums und ist ein imposantes Gebäude, dessen Säulenfassade, dem griechischem Stil nachempfunden, einen hübschen Kontrast zur eher schlichten protestantischen Liverpooler Backstein-Kathedrale bildet, die ganz in der Nähe an der Hope Street steht. Der Schultag folgte damals, Mitte der 1950er-Jahre einem straffen Plan, bei dem die Betonung auf strikter Disziplin und intensivem Lernen lag. Der Morgen begann mit der Versammlung aller Schüler in der Kapelle, wo der kahl werdende, an einen Raubvogel erinnernde Direktor J. R. Edwards Gebete sprach und dem Musiklehrer Les „Squinty“ Morgan den Einsatz gab, der die Schulhymne auf der großen Orgel spielte. Anschließend stiegen die Jungen die Wendeltreppen zu den Klassenräumen empor und bekamen Unterricht in Englisch, Mathematik, Geschichte, Musik und Fremdsprachen.

      Von dem Augenblick an, als Paul McCartney im Herbst 1953 zum ersten Mal die Schule durch die Seitentür betrat (der majestätische Haupteingang war den Schülern der obersten Klasse vorbehalten), machte er auf seine Lehrer und Mitschüler großen Eindruck. Der Deutschlehrer Arthur Evans bezeichnete ihn als „ausgesprochen liebenswert“, als einen Jungen, der „stets einen flotten Spruch auf den Lippen hatte, aber dabei niemals unverschämt wirkte“11. Von seinen Mitschülern zum Klassensprecher gewählt, musste Paul zu Anfang der Stunden eine Anwesenheitsliste führen und als eine Art Vermittler zwischen Schülern und Lehrern fungieren. „Er war dafür verantwortlich, dass es in der Klasse lief“, erinnerte sich Alan „Dusty“ Durband, der englische Literatur unterrichtete. „Aber er hat sich nie bei irgendjemandem angebiedert, er war einfach ein guter Organisator.“12

      Er war so gut, dass seine Lehrer den stetigen Strom lustiger Bemerkungen in der Regel überhörten, die er seinen Sitznachbarn im Unterricht zuflüsterte. Wenn er jedoch die Stimme erhob, dann konnte sich der stets gut gelaunte Junge so elegant aus einer Klemme herausmanövrieren, dass viele Lehrer gar nicht merkten, wie sie manipuliert wurden. Wenn es in der Geschichtsstunde langweilig wurde, hob Paul die Hand und fragte den Lehrer Cliff Edge irgendetwas nach dessen geplanter Urlaubsreise. Wo wollte er noch einmal hinfahren, hatte er gesagt? Das reichte meist für eine unterhaltsame Viertelstunde. Wenn die Jungen im Deutschunterricht einzuschlafen СКАЧАТЬ