Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
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СКАЧАТЬ alles, worauf es ankam.

      So fing es an für Paul und seine Freunde. Und dann ging es richtig los. Erst kam ein größerer Keller, dann ein nach Bier stinkender Club in Hamburg. Ein Tanzsaal, eine kleine Halle und schließlich größere Hallen. Sie reisten nach London, nach Paris, nach New York. Und irgendwann um die ganze Welt. Bis die anderen drei verschwunden waren und nur er und Linda zurückblieben. Nun sorgte Paul dafür, dass sie mit ihm kam, auf die Bühne, um sich wie er von dieser Welle der Energie tragen zu lassen. Und natürlich gab es auch noch den Alltag. Das Haus und die Kinder und all das, aber die Scheinwerfer und die Kameras und die Musik in den Studios gingen nie aus. Und immer war da diese elektrisierende Druckwelle von Gitarren und Schlagzeug und Keyboards, zusammen mit seiner sanften, klaren, durchdringenden Stimme.

      Nun steht er dort oben, wie eine Sprungfeder angespannt, seine Finger tanzen über das Griffbrett des Höfner-Basses, seine Stimme dröhnt, denn er will seine Geschichte erzählen. Nicht unbedingt mit Worten. Sicher, Paul spricht gern über sich selbst und schiebt die Fakten und Ideen hin und her, bis sie seiner sich stets wandelnden Vorstellung von Realität entsprechen. Aber das Herz dieses Mannes liegt in seiner Musik. Daher findet man nur dort die echte Wahrheit. Man kann sie hören. Jetzt ist „Hippy Hippy Shake“ vorbei, und vieles andere wird noch kommen. Sein ganzes Leben breitet er dort oben auf der Bühne aus und lässt es vor den Augen seines Publikums vorbeiziehen.

      Es folgt „Jet“ – Paul und Linda zu ihren besten Zeiten. Jung, verliebt, von Kindern und Hunden umgeben und komplett und glücklich zugekifft. Mit einem Ruck geht die Zeitreise mit „Drive My Car“ ein paar Jahre zurück, John und Paul drängen sich um ein Klavier und verweben eine kleine Idee und ein bisschen Überheblichkeit zu einem herrlich geschmeidigen Rocksong über Lust, Geld und Macht. I got no car and it’s breaking my heart / But I found a driver, and that’s a start! Wie lange hat es gedauert, bis der Song fertig war – zwei Stunden? Inklusive Teepause? Wieder dreißig Jahre weiter nach vorn, nun kommt „Flaming Pie“, und darin geht es um dieselbe schicksalsträchtige Partnerschaft. Paul ärgert sich ein wenig über jene, die ihn für den Juniorpartner in diesem Songwriterteam gehalten haben: Ich bin der Kerl auf der brennenden Torte! Und um zu beweisen, dass er es immer noch draufhat, folgt nun seine neue Single „Dance Tonight“, die vielleicht düsterste Einladung zum Boogie, die es je gab.

      Nun ein Augenblick des Gedenkens an George, mit einer Fassung von „Something“, bei der eine Ukulele den Ton angibt. Es ist rührend und gleichermaßen seltsam: Eine Ukulele? Bei seinen eigenen Klassikern „Penny Lane“ und „Hey Jude“ geht Paul wesentlich ernsthafter zu Werke. Und noch ernster wird es bei „Yesterday“, diesem Geschenk des eigenen Unterbewusstseins, dessen Melancholie von jenem tief empfundenen Verlust der Mutter gespeist wurde, der ihn als Teenager traf und dazu brachte, sich an seine Gitarre zu klammern und sie nie wieder loszulassen. „Let It Be“ erzählt eine andere Version derselben Geschichte. Mother Mary erscheint hier höchstpersönlich. Dann noch einmal eine Verbeugung vor John Lennon, die viel komplexer gelagert ist – angesichts all dessen, was geschah und was nicht geschah, angesichts der Stelle, an der er heute steht und singt, und angesichts der Tatsache, dass Yoko Ono im Publikum sitzt, wie er weiß, und jede seiner Bewegungen genau beobachtet.

      I read the news today, oh boy …

      Das hat er noch nie versucht, eine Liveversion von „A Day In The Life“, dem vielleicht kompliziertesten Song, den die Beatles je aufgenommen haben. In vielerlei Hinsicht ist es der Höhepunkt und das Herzstück seiner Zusammenarbeit mit John Lennon, die übergangslose Verquickung der existenziellen Düsternis des einen mit der surrealen Spaßeslust des anderen. Die Kameras haben Yoko in der Menge ausgemacht; ein schwarzer Zylinderhut thront elegant auf ihrem rabenschwarzen Haar, und sie lächelt und nickt, als die Livemusik auf der Bühne ausgeblendet wird und eine Aufnahme des berühmten Orchesterlärms ertönt, das über die überforderten Lautsprechertürme im Stadion zu einem nicht ganz überzeugenden Crescendo anschwillt. Eine kleine Drehung, und die Band setzt wieder ein, mit dem hymnischen Refrain von „Give Peace A Chance“. All we are saying … Nun strahlt Yoko und klatscht mit, und Paul macht auffordernde Handbewegungen, damit die Menge noch lauter mitsingt. Die Liverpooler sind nun außer sich vor Begeisterung, sie brüllen und winken zu Ehren eines gefallenen Helden, eines Heiligen, eines Märtyrers, der für die gute Sache eintrat. Und genau das wollte Paul auch, selbst wenn ihn diese Verehrung gleichzeitig ein wenig ärgerte.

      Jetzt rasch die Tränen trocknen und die Nase geputzt, denn wir blenden zurück in die Kellerlokale seiner Jugend. Wieder zurück zu den verschwitzten Jungs, voller Leben und Begeisterung und noch so völlig ahnungslos, was die Zukunft bringen wird.

      A-one, two, three, four!

      Das Konzert geht zu Ende, und so kehren wir zum Anfang zurück, zu den vier Arbeiterkindern, die nichts hatten außer ein paar Akkorden, billigen Instrumenten und dem unbändigen Wunsch, keinen richtigen Job ergreifen zu müssen. How could I dance with another? Paul hat eine neue Band, die letzte Auflage der vielen, die er im Laufe der Jahre um sich geschart hat, und die riesige Videoleinwand hinter der Bühne zeigt wieder die Beatles, wie sie auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit durch die Gegend rannten und sprangen und tanzten, sich wild hin- und herdrehten und einander in die Arme fielen. Sie waren so jung, so stark auf einander fixiert und völlig von dem wundervollen Lärm erfüllt, der mühelos aus ihnen hinausströmte. Paul brüllt, so laut er kann, das Stadion rockt, und die Wände wackeln buchstäblich durch den pulsierenden Rhythmus. Aber alle starren den alten Film an, und auch Paul kann sich einen kleinen Blick über die Schulter nicht verkneifen. Wie er damals aussah, wie sie damals klangen – das war way beyond compare: unvergleichlich.

      Viele Jahre zuvor waren die McCartneys zu viert gewesen. Jim und Mary und ihre beiden ungebärdigen Jungen, Paul und Michael. Jim und Mary waren älter, als man hätte erwarten können. Jim war schon über vierzig, als Paul zur Welt kam, und Mary war in den Dreißigern, als Michael zwei Jahre später die Familie komplett machte. Vielleicht war das der Grund dafür, dass sie ihr Familienleben so zu schätzen wussten – trotz der dunklen Wolken, die beide Eltern bereits am Horizont aufziehen sahen. Davon abgesehen hatte sich der McCartney-Clan stets durch einen starken Familienverbund ausgezeichnet, und wenn es an einem Winternachmittag dunkel und kalt wurde, dann setzte sich die Familie im Wohnzimmer zusammen, Jim zog die Klavierbank nach vorn, setzte sich und ließ die Finger über die glatten, weich polierten Tasten gleiten.

      Er war kein überragender Pianist; als junger Mann hatte er viel lieber die Trompete gespielt. Aber Jim hatte ein gutes Ohr und flinke Finger, die den Rhythmus und die Melodie der damals beliebten Lieder schnell erfassten und dann mit so viel Schwung zu spielen wussten, dass der Deckel des Klaviers gegen den Rahmen schlug. Ragtime-Schlager, Big-Band-Hits. Mary hingegen war nicht musikalisch – sie war eine Krankenschwester, die aus dunklen, freundlichen Augen in die Welt sah. Dennoch liebte sie es, dass ihr Mann so ein Gespür für Musik hatte, und es rührte sie, wenn Paul zu seinem Vater aufsah, wenn die sanften braunen Augen des Jungen leuchteten und die runden Wangen sich zu einem breiten Lächeln verzogen. Er wünschte sich seine Lieblingslieder, beispielsweise „Lullaby Of The Leaves“, aber von all den Songs, die sein Vater auf den Partys im Freundes- und Familienkreis gern spielte, forderte er vor allem immer wieder George Gershwins „Stairway To Paradise“. Spiel das noch mal, Dad! Spiel es noch mal!

      Das tat Jim natürlich auch, mit einem breiten Lächeln, und seine Finger wanderten mit der aufsteigenden Akkordfolge nach rechts (Hörst du das? Genau wie eine Treppe!), während er mit seiner angenehmen Stimme davon sang, wie verrückt es doch war, sich schlecht zu fühlen, wenn man doch einfach die Treppenstufen erklimmen konnte, die direkt zum Glücklichsein führten.

      I’ll build a stairway to paradise with a new step every day!

      Der kleine Paul liebte diesen Song, er liebte es, wenn sein Dad ihn spielte, und wie er dann, wenn er fertig war, über die Schulter guckte und ein wenig winkte, als ob er sich bei einem aufmerksamen Publikum bedankte. Schließlich hatte er schon oft vor Zuschauern gespielt, und deswegen СКАЧАТЬ