Paul McCartney - Die Biografie. Peter Ames Carlin
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СКАЧАТЬ von Musikern, nicht besonders geschliffen, aber durchaus in der Lage, einen Tanzsaal oder einen Arbeiterverein aus der Nachbarschaft schwungvoll mit den gerade aktuellen Schlagern und Ragtime-Nummern zu unterhalten.

      Jim McCartney war dabei alles andere als ein Waisenknabe. Er trank gern mal etwas, vor allem, wenn er zum Pferdewetten ging („ein paar Münzen auf die Gäule setzen“, wie er das nannte). Aber er wusste auch, wann es an der Zeit war, sich zusammenzureißen. Als Jim in die Büroetage bei Hannay’s aufstieg, hatten Jim Mac’s Band und auch sein gelegentliches Spaßprojekt der Masked Melody Makers, der maskierten Musikmacher, bald das letzte Mal zum Tanz aufgespielt.

      Aber wollte der charmante Mr. McCartney sich denn gar keine Frau suchen und eine Familie gründen? Jim war lange Zeit damit zufrieden, um die Häuser zu ziehen und Fünfe gerade sein zu lassen. Aber Ende der Dreißigerjahre schlug die Stimmung in Liverpool um. Der düstere Schatten des Zweiten Weltkriegs fiel auf die Stadt, und die Angst vor einer bevorstehenden Katastrophe war allgegenwärtig. Jim ging bereits auf die vierzig zu. Er hatte sich bei einem Unfall als Kind das Trommelfell verletzt; daher wurde er nicht eingezogen. Aber die Baumwollindustrie wurde während des Krieges unter staatliche Kontrolle gestellt, woraufhin Hannay’s seine Pforten schloss und Jim arbeitslos wurde. Er ergatterte schließlich eine schlecht bezahlte Stelle in der Rüstungsindustrie und arbeitete als Dreher in der Maschinenfabrik Napiers. Dann fielen die Bomben auf Liverpool.

      Vom August 1940 bis Anfang 1942 war die Stadt das Ziel deutscher Luftangriffe, bei denen mehr als zweitausendsechshundert Einwohner ums Leben kamen und beinahe ebenso viele mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Mehr als zehntausend Wohnungen wurden zerstört, und zahllose weitere Häuser wurden schwer beschädigt. Jeder Tag brachte neue Prüfungen. Das Heraufziehen der Nacht, dann die Sirenen, die Flugzeuge und das ständige Wissen darum, dass zwischen Leben und plötzlichem Bombentod nur das Schicksal stand – und vielleicht ein bisschen Glück.

      Jim verbrachte die Tage in der Napiers-Fabrik und arbeitete nachts freiwillig als Ausguck für die örtliche Feuerwehr. Eines Tages, das wusste er, würde Hannay’s wieder im Geschäft sein, und dann würde er die Karriere fortsetzen, die er vor dem Krieg begonnen hatte. Aber war das wirklich alles, was ihm das Leben bieten sollte? Jim war aufgefallen, dass bei den Familienfeiern seit einiger Zeit eine neue Generation rotwangiger McCartneys um ihn herumsprang. Er sah ihnen beim Spiel zu und hörte, wie sie mit hellen Stimmen nach ihren Eltern riefen. Irgendwo in seinem Hinterkopf bewegte Jim die Frage, was er bisher aus seinem Leben gemacht hatte. Würde er je einen eigenen Sohn haben, den er auf seinen Schoß heben konnte, wenn es spät wurde und man langsame, romantische Lieder sang?

      Vielleicht waren es solche Gedanken, die Jim durch den Kopf gingen, als er im Juni 1940 pfeifend die Straße entlangging und an die Tür des Hauses klopfte, das seine Schwester Jin kurz zuvor mit ihrem frischgebackenen Ehemann Harry bezogen hatte. Die beiden wohnten an einer von Bäumen gesäumten Straße im Vorort West Derby, und nun waren sie es, die die Tradition des offenen Hauses weiterführten, Freunde und Verwandte einluden, um die neue Wohnung zu begutachten, etwas zu trinken und die Sorgen kurz zu vergessen, wenn auch nur für ein paar Stunden. An diesem schönen Abend duftete die Luft nach Blumen und frischgemähtem Gras, und Jim traf in Jins Wohnzimmer eine dunkeläugige, ruhige Frau – Mary Mohin.

      Vielleicht wäre gar nichts weiter geschehen. Die kleine Feier sollte sich auf die späten Nachmittagsstunden beschränken, und es war nicht vorgesehen, dass das übliche Abendessen bis nach Einbruch der Dunkelheit dauern sollte. Doch dann heulten die Sirenen auf den Dächern. Die ganze Gesellschaft flüchtete in den Keller bei Jin und Harry – Licht aus, aber den Sekt nicht vergessen! – und rückte in der Dunkelheit zusammen. Meist gab es nur wenige Minuten später wieder Entwarnung, und der Alarm dauerte nie länger als ein oder zwei Stunden. Also warteten die McCartneys und ihre Freunde ab. Jim saß die ganze Zeit neben Mary, redete mit ihr, machte Witze, zündete ihr die Zigaretten an und gab sich alle Mühe, für eine einigermaßen lockere Stimmung zu sorgen. Er brachte sie zum Lachen, und er wirkte sehr charmant – vor allem aber, wie sie später sagte, angenehm „unkompliziert“2. Sie heirateten am 15. April 1941 in der katholischen Kapelle St. Swithin’s in West Derby und bezogen eine möblierte Wohnung in der Sunbury Road im Liverpooler Stadtteil Anfield.

      Der erste Sohn wurde am Abend des 18. Juni 1942 geboren – dank Marys Beziehungen in relativ luxuriöser Umgebung auf der privaten Wöchnerinnenstation des Walton-Hospitals, in dem sie früher gearbeitet hatte. Ihre ehemaligen Arbeitskolleginnen ermöglichten es außerdem, dass Jim auch außerhalb der Besuchszeiten schon kurz nach der Geburt einen ersten Blick auf seinen Sohn werfen konnte. Leider hatte niemand daran gedacht, Jim darauf vorzubereiten, dass ein Neugeborenes durch die Überreste der Plazenta und die Anstrengung des Geburtsvorgangs nicht unbedingt ein hübscher Anblick sein muss. Der frischgebackene Vater war schockiert und entsetzt. „Er sah aus wie ein Stück rohes Fleisch“, erinnerte sich Jim. „Er hatte nur ein Auge offen, und er quäkte die ganze Zeit.“3 Ein Bad (für den Kleinen) und eine Runde Schlaf (für den Vater) verbesserten die Lage merklich, und als James Paul McCartney nach Hause in die möblierte Wohnung seiner Eltern in Anfield gebracht wurde, sah Jim schon nicht mehr so schwarz. „Am Ende war er doch ein recht hübsches Baby.“4

      Da sie nun zu dritt waren, zog die Familie zunächst nach Wallasey, einem Stadtteil, der am anderen Merseyufer auf der Halbinsel Wirral lag; das Haus wurde von der Liverpooler Stadtverwaltung günstig vermietet. Die McCartneys wohnten dort nur wenig länger als ein Jahr, denn im Januar 1944 bekamen sie mit Peter Michael (der ebenfalls bei seinem zweiten Vornamen gerufen wurde) einen weiteren Sohn, und nun stand ihnen eine größere Wohnung zu, diesmal in einem modernen Häuserkomplex in Knowsley. Noch einmal zwei Jahre später zogen sie in eine von der Stadt errichtete, neue Siedlung in Speke im Süden der Stadt um. In der Nachbarschaft wurde noch gebaut, und so fuhren die beiden McCartney-Jungs auf ihren Fahrrädern über schlammige, ungeteerte Straßen, jagten ihre Freunde über freie Bauplätze und durch halbfertige Häuser bis in die Felder und die kleinen Wäldchen.

      Nach Kriegsende kam wieder Leben in die Stadt, und mit der Reprivatisierung der Baumwollbranche und der Wiedereröffnung der Firma Hannay’s erhielt Jim seinen früheren Job zurück. Aber Liverpool war immer noch von den Narben des Kriegens gezeichnet, und die Wirtschaft lag am Boden. Der einst so blühende Baumwollhandel war auf die Hälfte seines früheren Umfangs geschrumpft, und entsprechend geringer fiel nun auch Jims Einkommen aus. Mary hatte ihre Stelle im Krankenhaus gegen die flexiblere, wenn auch unregelmäßigere Arbeit einer Familienhebamme eingetauscht, aber ihr Job garantierte ein festes Einkommen, das Jims Lohn bei weitem überstieg, und ermöglichte ihnen so weitere Vergünstigungen wie etwa den Zugang zu den besseren Wohnungsbauprojekten der Stadt. Zusammen verdienten Mary und Jim genug, um Nahrung und Kleidung für die Familie zu kaufen; gelegentlich blieb sogar noch etwas übrig für den einen oder anderen kleinen Luxus.

      Jim und Mary, die beide aus der untersten Arbeiterschicht stammten, erschien das Leben, das sie führten, wenn schon nicht wie ein Traum, so doch zumindest wie der Schritt in die richtige Richtung. Manchmal, wenn sie mit den Jungs für einen Tag an den Strand von New Brighton fahren konnten, einmal im Jahr eine Woche Urlaub in einem Ferienlager in Wales machten oder bei einer musikbeseelten Familienzusammenkunft der McCartneys saßen, konnte das Leben wie das Paradies erscheinen. Und so wäre es auch gewesen, hätten sie nicht gewusst, welcher Schatten den Himmel bereits verdunkelte.

      Kurz nach Mikes Geburt im Jahr 1944 war Mary wegen schmerzhafter Schwellungen in der Brust wieder ins Krankenhaus gekommen. Man behandelte sie wegen einer Entzündung der Brustdrüsen, wie sie bei jungen Müttern häufig vorkam. Heute wissen die Mediziner jedoch, dass dieselben Symptome auch auf Brustkrebs hindeuten können. Die Schwellungen gingen zwar wieder zurück, aber Mary war nie wieder dieselbe. Ein Arztbesuch 1948 brachte eine wesentlich ernstere Dia­gnose – Brustkrebs. Zwar war die Krankheit noch im Frühstadium, aber Mary verfügte über genügend medizinische Kenntnisse, um sich darüber klar zu sein, dass die Zeit, die ihr noch blieb und die sie noch mit ihrer Familie verbringen konnte, begrenzt sein würde. Sie und Jim hielten sich an die alte McCartney-Maxime СКАЧАТЬ