Bunty. Halwart Schrader
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Название: Bunty

Автор: Halwart Schrader

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Mensch, Maschine, Abenteuer

isbn: 9783942153249

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Halten Sie sich um Himmels willen von der Türe fern! You risk your life! Rodney hätte das Gesims schon letztes Jahr reparieren sollen, jeden Tag fallen ein paar Steine herunter … Gehen Sie links zum Eingang am Giebel, durch das Pfauengehege, in die Küche … Sie werden’s schon finden …«

      Der Käfig mit den Pfauen – zu sehen sind sie nicht – ist dann meine letzte Prüfung, die mir auferlegt ist, um den Zutritt zum Rock Cottage zu erlangen. Am Maschendraht bleibe ich mit dem Mantel hängen, ich kann deutlich hören, wie ein Dreiangel im Gewebe entsteht. Doesn’t matter, jetzt. Pfauen sehe ich nicht. Die sollen Fremden gegenüber ja aggressiv werden können.

      Die Tür zur Küche ist unverschlossen. Die zum dahinter liegenden Raum ebenfalls. Es ist der, aus dem das Licht durchs Fenster fiel.

      Der zweite Teil des Abenteuers kann beginnen: Der meiner Begegnung mit David Scott-Moncrieff.

      Nur ein einziges Mal habe ich ihn so nennen dürfen, nämlich als ich mich vorstelle und sage: »Good evening, Mr. Scott-Moncrieff, my name is …« – und schon lässt mich der Hausherr wissen, dass er mit Bunty angesprochen zu werden wünsche, ein für allemal.

      Allright then, Mister Bunty!

      Bunty. Keines meiner Bilder, das ich mir von ihm gemacht hatte, trifft auch nur im Entferntesten auf den alten Herrn zu, der mich jetzt auf Rock Cottage Willkommen heißt. Er ist herzlich, als seien wir alte Bekannte. Ja, meinen Brief habe er erhalten und mit meinem für heute angekündigten Besuch fest gerechnet. Die Deutschen seien zuverlässige Menschen, und wenn sie sagen, am Mittwoch kämen sie, dann kämen sie auch wirklich am Mittwoch, und nicht am Freitag. Oh, er habe keine schlechte Meinung von den Deutschen, except the Nazis of course and a few stupid bandits of that kind, und ob ich nicht Platz nehmen möge.

      Bunty – ohne Mister, please – hat sich zur Begrüßung seines erwarteten Gastes nicht aus dem ledernen Ohrensessel erhoben, denn er ist zur Zeit Invalide. Sein linker Fuß ist in Gips, wie ich erkennen kann, und ruht auf einem kleinen Polsterhocker. Der dazugehörige Körper steckt in einem karierten Anzug schwer definierbarer Farbe, die Hose ragt ihm fast bis unter die Achseln und wird von leuchtend roten Hosenträgern in dieser Position fixiert. Die gestreifte Clubkrawatte lässt zwischen einer Ansammlung von Flecken unterschiedlichster Art und Größe kräftige blaue und grüne Elemente erkennen. Immerhin befindet sich eine silberne Nadel mit einer Perle in halber Höhe zwischen Bauch und Kragen. Und oberhalb des Kragens befindet sich das Interessanteste am Landlord of Rock Cottage: sein von platinfarbenen Haarbüscheln besetzter Kopf mit Knubbelohren, Knubbelnase, Knubbelkinn und zwischen Gebirgen von Falten verborgenen Blinzelaugen.

      Es gibt Äpfel, die so aussehen, nämlich wenn man sie zwei Monate nach Weihnachten noch immer nicht zu Bratobst verschmort hat. Mit roten Bäckchen zwar, aber verschrumpelt und von Furchen und Narben durchzogen und mit ein paar Flecken und weichen Stellen drin. Bei Buntys wasserblauen Augen muss der Vergleich schon wieder aufhören. Sie glänzen und zwinkern listig-lustig eher in vorweihnachtlicher Erwartung und blicken mich treuherzig und zugleich bohrend an – Santa Claus! –, während unter dem zerzausten Schnauzbart, irgendwo zwischen Knubbelnase und Knubbelkinn, eine schwache Stimme ertönt, deren Melodie und Farbe gar nichts weihnachtsmännisches hat, sondern britischer nicht sein kann, auch lassen Artikulation und Prononcierung des Gesprochenen nur einen Schluss zu: Cambridge! Nicht etwa Oxford, Eton, Harrow …

      Bunty spricht und spricht – leise zwar, aber gut vernehmbar, und er flicht seine Sätze zu lustigen Girlanden und Mäandern, die nirgendwo anfangen und nirgendwo enden, immer wieder Unterbrechungen und Einschübe erfahren, lauter Neben-Mäander und kleine Rokokozöpfchen bekommen, verbunden durch Brücken oder auch nur Stricke, in denen er sich zuweilen selbst verfängt – ich muss sehr aufpassen, dass ich dem inhaltsreichen Monolog zu folgen vermag, zumal Buntys dritte Zähne so manches Wort eher ungern, zumindest undeutlich freigeben. Der Living Room, in welchem wir uns befinden, ist vollgestopft mit Stapeln von Zeitungen und Büchern, Schachteln und antikem Kleinmobiliar; die Türen der Glasschränke an den Wänden stehen offen, und auch aus ihnen quellen Bücher, Schriftstücke, Kataloge, Landkarten, Magazine. Jeder freie Wandzentimeter ist mit Bildern, Fotografien, Regalen voller Nippes und Zinnkrügen und Keramik-Kitsch sowie großen, alten Kühlerfiguren bestückt. Natürlich sind die meisten Figuren Rolls-Royce-Emilies. Aber es befindet sich unter den knienden und hockenden und schwebenden Engeln auch ein majestätischer Mercedesstern auf schwarzem Sockel. Mit dem es, wie mit dem dazugehörigen Auto, eine ganz besondere Bewandtnis hat. Das erfahre ich aber erst sehr viel später.

      »Ich verspüre ein wenig Hunger, mein junger Freund, und Sie sicher auch. Meine gute Averil ist heute mittag nach London gefahren und wird erst morgen zurückkommen. Oh, übrigens, haben Sie von dem dreisten Postraub gehört? Mehr als zwei Millionen Pfund haben sie abladen können. Mein Gott, so viel Geld, nicht wahr? Averil ist eine so liebe Frau, Gott beschütze sie unterwegs vor Unglück. Aber so lange sie nicht da ist, müssen wir uns selbst versorgen, wenn wir nicht Hungers sterben wollen. Seien Sie doch so gut, mein junger Freund, und gehen Sie in die Küche und sehen Sie nach, ob Sie dort etwas Essbares finden. Und machen Sie uns einen Tee.«

      Das englische »you« kann man bekanntlich als Du oder Sie interpretieren, und so kommt es sehr auf das Drumherum an, auf die Art, mit der man angesprochen wird (beim Vornamen ja sowieso), um daraus ein Du oder ein Sie nach deutschem Verständnis abzuleiten.

      Ich entscheide mich ohne lange zu überlegen, dass Buntys »you« als »Du« zu verstehen sei.

      Und während Bunty pausenlos weiter spricht, leise, aber melodisch, beinahe singend, am Satzanfang stets etwas piepsend, dann die Stimme absenkend bis auf ein Dezibel-Minimum, erhebe ich mich weisungsgemäß aus meinem Sessel, gehe in die Küche, finde sogar einen Lichtschalter, aber so gut wie nichts, was sich verzehren ließe. Averil, Buntys Ehefrau, hat ihren Mann offenbar auf Diät gesetzt. Dabei hat der Gute wirklich nichts zuzusetzen. Poor old man … Und bei seiner gegenwärtigen Immobilität ist er, wie es scheint, hilflos genug, sich nicht einmal ein Spiegelei in die Pfanne zu hauen. Abgesehen davon, dass dies womöglich unter seiner Würde wäre: Bunty am Küchenherd, über eine Bratpfanne gebeugt, ein Ei in der Hand … schwer vorzustellen! Also suche ich weiter. »In der Kammer nebenan wirst du eine runde Blechdose finden, die bringst du bitte mal her, mein teurer Freund,« tönt es aus dem Living Room.

      Ich sehe sie. Aber sie enthält Schuhputzzeug. »Dann muss es eine andere runde Dose sein. Mit Keksen drin, noch von Weihnachten.«

      Die Keksdose, die er meint und die ich auch tatsächlich entdecke, ist eckig, nicht rund. Auf dem Deckel steht »The Genuine Joseph Lucas Acetylene Gas Motor Car Headlamp Repair Kit No. 5«. Die Kekse darin scheinen noch essbar zu sein, zumindest zeigen sie keine Spur von Schimmel oder so. Ich bringe sie ins Wohnzimmer, und wir beginnen zu knabbern. Das heißt, Bunty hat die Dose auf seinen Knien, ich muss wegen jedes einzelnen Zugriffs aufstehen und hineinlangen. Sie schmecken ein wenig nach jenem Azetylengaslampenreparatursatz, den die Schachtel einst enthielt. So werde ich wohl nicht mehr satt heute.

      »Now we should have some tea … kannst du Tee kochen, mein guter Freund? Deutsche können doch alles, nicht wahr, also mach uns einen Tee. Nur keine Beutel, bitte, mein Lieber! Solltest du solche finden, vergiss sie auf der Stelle, hörst du! Es ist die böseste Erfindung nach hydraulischen Ventilstößel; Mabel hat sie angeschleppt. Der Teufel soll die Putzfrau holen. Du wirst schon irgendwo richtigen Tee finden, denke ich.«

      Wenn ich Glück habe, bekomme ich jetzt wenigstens etwas Heißes zu trinken! Ich wühle in der Scott-Moncrieff’schen Küche also nach real tea, erhitze Wasser auf einem Gasherd aus dem neunzehnten Jahrhundert. Der rußschwarze Wasserkessel könnte noch einmal hundert Jahre älter sein. Aus Bergen von nicht abgewaschenem Geschirr – beste Ware, alles Royal Spode – ziehe ich vorsichtig zwei Tassen hervor, spüle sie aus, und unter einem Stapel alter Zeitungen auf dem Küchentisch finde ich auch eine СКАЧАТЬ