Bunty. Halwart Schrader
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Название: Bunty

Автор: Halwart Schrader

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Mensch, Maschine, Abenteuer

isbn: 9783942153249

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СКАЧАТЬ dass er – ganz im Gegensatz zu der berühmten Scheibe Frühstücksbrot – stets mit der Marmeladenseite nach oben auf dem Boden landete. Bunty fand immer jemanden, der im richtigen Augenblick Mitleid mit ihm hatte, ihm eine dramatische Geschichte abkaufte und glücklich war, dem armen Kerl aus der Patsche helfen zu dürfen.

      Freiwillige oder auch unfreiwillige Opfer seines Schnorrertums wurden also nicht nur Anbiederer, sondern auch arglose Sympathisanten und viele andere mildtätig veranlagte Zeitgenossen, zu denen wohl auch ich gehöre. Wir dürfen uns zugutehalten, einen gewissen Teil zur Bekämpfung der Armut auf dieser Welt beigetragen zu haben, indem wir den ärmsten aller armen Rolls-Royce-Händler Großbritanniens vor Hunger oder Durst oder zeitweiliger Obdachlosigkeit, kurz: vor irgendeiner schlimmen englischen Krankheit bewahrten (von einigen anderen körperlichen Gebrechen blieb er leider nicht verschont). Bunty gefällig zu sein und auch mal für ihn bezahlen zu dürfen, war letztlich ein Äquivalent für all das, was der fröhliche Entertainer seiner Gesellschaft zu bieten hatte. Er wusste sich stets zu revanchieren. Bunty gefiel sich in dieser Rolle natürlich selbst gut.

      Einige seiner Geschäftspartner fanden ihn allerdings weder lustig noch liebenswert. Das waren solche, etwa im fernen Amerika, die von ihm einen Rolls-Royce erwarben, ohne das Auto vorher besichtigt zu haben. Die aber auch ungeübt im Dechiffrieren von Kleinanzeigentexten sowie der irrigen Ansicht waren, »the best car of the world« sei in jedem Erhaltungszustand, selbst als exhumierte Moorleiche, stets und immer eben das allerbeste Auto der Welt.

      Er hat zwar nie davon gesprochen, aber Bunty war vermutlich davon überzeugt, dass die Fülle seiner merkwürdigen Erlebnisse und gewagten Unternehmungen, seiner überlebten Katastrophen, seiner kuriosen Begegnungen und galanten Abenteuer, seiner geschäftlichen Vabanquerien und einfallsreichen Improvisationen zu Wasser und zu Lande ausreichend Stoff für ein amüsantes, sogar lehrreiches Buch abgeben würde. Und ein Untertitel, der ihn als einen Gentleman aus bester schottischer Familie bezeichnet, der hätte ihm bestimmt gefallen.

      Auch Averil – sie verstarb im März 2006 – sowie Humphrey Scott- Moncrieff schulde ich Dank für so manches Gespräch mit der Darlegung skurriler Sachverhalte und für die mir mit großer Liebenswürdigkeit gewährten Einblicke in diverse Aufzeichnungen. Einen Teil der Fotos lieh man mir aus Buntys Nachlass; einige hatte er mir indessen schon zu Lebzeiten überlassen.

       Halwart Schrader

      Eine Klarstellung: Träger des traditionsreichen Doppelnamens Scott-Moncrieff sind besonders in Schottland zahlreich anzutreffen, aber auch anderswo in Großbritannien, ebenso in Australien, Kanada und in den USA. Unter ihnen waren und sind angesehene Ärzte, Juristen, Literaten, Wissenschaftler. Wer sich die Zeit nimmt und im Internet nachschaut, findet bestätigt, dass es viele Scott-Moncrieffs zu Bekanntheit gebracht haben.

      Mit keinem anderen Namensträger David Scott-Moncrieff als mit »Bunty«, seiner Frau Averil, geborene Sneyd, und deren beiden Söhnen Humphrey und Ambrose habe ich je etwas zu tun gehabt, und niemand als die Genannten sind im Kontext mit meinen Aufzeichnungen gemeint. Ich versichere außerdem, dass es mir fern liegt, mit diesem Versuch der Biografie eines ungewöhnlichen Menschen jemanden auch nur im Geringsten zu diffamieren. Auch die Nennung der Namen jener Personen, die in Buntys Lebensgeschichte eine Rolle spielen und im Nachfolgenden unverschlüsselt genannt werden, geschah in dokumentarischer, keineswegs etwa wertender Absicht. Wo immer zufällige Namensgleichheiten mit anderen Personen auftreten, was ja niemals auszuschließen ist, bitte ich all jene um Vergebung, die sich in einem solchen Falle möglicherweise betroffen fühlen. Das Gleiche gilt für Missinterpretationen, sofern sie sich aus dem einen oder anderen zitierten Gespräch ergeben haben sollten, für die eine oder andere Verwechselung, Auslassung, Ungenauigkeit oder Fehlzuordnung. Um Bunty zu zitieren: »Es ist nicht schwer zu entschieden, was in ein Buch hinein kommen soll. Schwer ist es, zu entscheiden, was nicht hinein kommen soll …«

       Halwart Schrader

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      Besuch aus England. Oh Tannenbaum!

      Ende Oktober 1970. An einem jener sonnig-goldenen, föhnig-warmen Herbsttage, die den Münchner Biergärten noch einmal eine unerwartete Belebung bescheren, gleichwohl unwiderruflich den Saisonabschluss markieren, holt mich, der ich nicht in einem Biergarten, sondern am Schreibtisch sitze, das Klingeln des Telefons aus meinen Gedanken. Noch ehe ein Wort aus dem Hörer an mein Ohr dringt, weiß ich, wer der Anrufende ist: Bunty. Am ersten Schnaufer kann man das wahrnehmen. Ausnahmsweise lässt er sich nicht von seiner Sekretärin Hazel verbinden oder sie um einen Rückruf bitten; er hat es aus wichtigem Anlass offenbar vorgezogen, meine Nummer selbst zu wählen.

      »Mein lieber guter Freund, this is old Bunty speaking. Kannst du mich verstehen?«

      Ja, natürlich, Bunty! Was kann ich für dich tun? Wolltest du nicht im Herbst nach München kommen …?

      »Yes, indeed. Wie schön, dass du das nicht vergessen hast. Ja, ich werde in München Station machen auf meiner Reise nach Italien. Bei dieser Gelegenheit würde ich mit Averil gern das Oktoberfest besuchen und benötige also ein Zimmer für zwei Nächte. Aber denk’ daran, dass wir fürchterlich sparen müssen, also finde bitte das billigste Hotelzimmer, das es in München gibt. Am Sonnabend werden wir im Laufe des Tages eintreffen.«

      Bunty, die Wies’n endet immer am ersten Wochenende des Oktober, und das ist jetzt fast drei Wochen her. Sorry, no Oktoberfest!

      Er scheint überhaupt nicht zuzuhören. »Ich freue mich schon sehr darauf, you know, ich erinnere mich nämlich gut an das erste Oktoberfest in München, das ich erlebt habe, das muss 1938 gewesen sein, aber das Bier wird immer noch so gut sein, denke ich! Du wirst es doch nicht schwer haben, das Zimmer zu besorgen? Damals wohnte ich in einem Hotel, das hieß Tannenbaum, das war sehr günstig, wirklich. Finde doch bitte heraus, ob es das Haus noch gibt. Sag’ den Leuten, der komische Engländer von 1938 käme wieder einmal nach München, sie werden sich gewiss an ihn erinnern, und er würde sich glücklich schätzen, wenn er wieder das billige kleine Zimmer zur Straße hinaus …«

      Ich versuche, Bunty zu unterbrechen, aber es gelingt mir nicht. Ich möchte ihm nämlich gerne mitteilen, dass er und seine Gattin Averil bei uns im Wohnzimmer nächtigen könnten, theoretisch jedenfalls, denn praktisch geht es derzeit nicht, weil wir bereits Logierbesuch in Aussicht haben, leider.

      »Also bis Sonnabend, und ich werde dann gleich zum Tannenbaum fahren, und dann geht’s ab zur Walpurgisnacht auf dem Oktoberfest, hi-hi-hi …«

      Walpurgisnacht: Eines der Lieblingswörter Buntys, die er in fast akzentfreiem Deutsch hersagen kann, und er bezeichnet damit im Allgemeinen eine abendliche Zechtour in deutsch-fröhlicher Runde.

      Bunty ruft selten an, lieber schreibt er Briefe. Wenn wir schon fernmündlich kommunizieren, dann bin entweder ich es, der über den »Operator« Churnetside 300 anwählen lässt (Selbstwählen ins Ausland ist noch Zukunftsmusik), oder ich erhalte von Hazel einen freundlichen, aber knapp gehaltenen Anruf des Inhalts, ich möge »um die tea time« bitte zurückrufen, Bunty habe etwas auf dem Herzen, nur sei er momentan nicht da. Dann weiß ich, dass er neben ihr hockt und ihr dies zu sagen auftrug.

      Buntys Vorfahren stammen aus Schottland. Und Schotten sind für ihre Sparsamkeit bekannt. Schon vor Erfindung des Telefons waren sie sparsam. Bunty verleugnet seine Herkunft keineswegs, siehe Hotel Tannenbaum.

      Ja, das Hotel Zum Tannenbaum existiert noch. Ich reserviere also das kleine Zimmer nach vorne ’raus für seine Frau und ihn und erfahre, dass es in der Großstadt München doch tatsächlich möglich ist, im Jahre 1970 noch für 24 Mark (ohne Frühstück, versteht sich) in einem so genannten Hotel zu übernachten.

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