Bunty. Halwart Schrader
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Название: Bunty

Автор: Halwart Schrader

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Mensch, Maschine, Abenteuer

isbn: 9783942153249

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СКАЧАТЬ bei der Finsternis zu erkennen vermag, Basford Hall weder ein Dorf noch irgend eine andere Art von Ansiedlung zu sein scheint, sondern nur ein geografischer, ansonsten aber wohl unbedeutender Orientierungspunkt auf der Regionalkarte der Grafschaft Staffordshire.

      Was habe ich hier bloß zu suchen. Ich hätte die Nacht über am Flughafen bleiben können, in einem Hotel, und am nächsten Morgen – oder zumindest zu einer Zeit, in der selbst im englischen November eine Andeutung von Tageslicht zu erwarten ist – den Weg nach Basford Hall antreten können, um das Rock Cottage eines gewissen Mr. Scott-Moncrieff zu finden.

      Es war der letzte Bus, und dort, wo er mich abgesetzt hat, steht weder eines der roten Telefonhäuschen, von dem aus eine Miss Operator mich mit Churnetside 300 hätte verbinden können, jener Nummer, die auf der Zeitungsannonce stand, noch gibt es hier eine Tankstelle, ein Pub, überhaupt irgend etwas. Ich hatte vorgehabt, diesen Teil Britanniens noch bei Tageslicht zu erreichen und mich zum Rock Cottage durchzufragen, um Mr. Scott-Moncrieff meine Aufwartung zu machen. Als Journalist aus Deutschland, der neugierig geworden war – auf eine Begegnung mit dem angeblich größten Rolls-Royce-Gebrauchtwagenhändler der Welt. Wieso hatte der sein Domizil eigentlich ausgerechnet hier im Niemandsland, warum nicht in London, Birmingham, Liverpool, Manchester …?

      Vierzig bis fünfzig second-hand Rolls-Royce, angefangen vom Silver Ghost 1912 bis zum jüngsten Silver Wraith: Was für eine Story! Meine Hasselblad kann es kaum erwarten, »klackschalupp« zu machen (Blende elf, ’ne Fünfundzwanzigstel, auf Ilford FP4 und mit Stativ natürlich). Aber im Augenblick bin ich mir gar nicht sicher, ob ich dem Herrn, dem ich mein Kommen per Brief angekündigt habe, jemals begegnen werde. Viel wahrscheinlicher ist, dass mich innerhalb der nächsten Stunde wilde englische Tiere verschlingen werden, zum Beispiel die berühmten Hunde von Baskerville, oder dass ich in einen tiefen Graben aus der Zeit der römischen Besetzung Britanniens stürze. Und erst im August hat es diesen Postraub im Lande gegeben, bei dem die Täter mit 2,63 Millionen Pfund unerkannt fliehen konnten. Wie gefährlich es sich doch in England lebt! Ronald Biggs und seine Kumpane hatten den Postzug von Glasgow nach London durch manipulierte Signale an einer einsamen Stelle zum Stehen gebracht, den Lokführer bewusstlos geschlagen und waren mit der Lokomotive und dem Geldwaggon weiter bis zur Bridego Bridge gefahren, um dort die Behälter mit den Banknoten in ein bereitstehendes Fluchtfahrzeug zu laden.

      Es sind laut Conan Doyle aber auch schon geringerer Beträge wegen schlimme Verbrechen in dieser Region begangen worden …

      Ich könnte so lange warten, bis ein Auto vorbei kommt, es anzuhalten versuchen und den Fahrer nach dem Weg fragen. Den größten Rolls-Royce-Gebrauchtwagenhändler der Welt müsste hier doch jeder kennen. Die Zeitschrift, der ich die Geschichte verkaufen möchte, heißt »twen« und wird, obwohl ihr Name etwas anderes vermuten lässt, von Leuten über dreißig, teils über vierzig gemacht. Denen das Thema Rolls-Royce, als ich es erwähnte, auf Anhieb gefiel. Echte Twens wären wohl eher auf flotte Alfa Romeos oder auf eine witzige Geschichte über die Ente von Citroën abgefahren.

      Ich möchte jedoch nicht einfach am Straßenrand stehen bleiben und mich bis zum Morgengrauen krankenhausreif frieren. Eine kleine Grippe tut es ja auch, wenn es denn schon etwas Unangenehmes sein soll.

      Apropos Churnetside: Wie Basford Hall, hatte ich eine Ortschaft dieses Namens auf der Karte ebenso wenig entdecken können. Aber selbst wenn ich erführe, dass es ein Dorf dieses Namens gibt, im Unterschied zum ganz gewiss nicht existierenden Basford Hall, würde mir es jetzt ebenso wenig nützen – und selbst ein tröstlicher Hinweis wie zum Beispiel »3¼ miles« auf weiß lackiertem Gusseisen, würde ich ihn denn entdecken, bedeutete eine kalte, nasse Stunde Fußmarsch. Mindestens.

      Nach so viel Selbstbemitleidung darf ich immerhin feststellen, dass es zu regnen aufgehört und der Wind Bewegung in die Wolkenschichten gebracht hat, was ich vor allem deshalb mit Erleichterung zur Kenntnis nehme, weil von einer himmlischen Ecke her so etwas wie Mondlicht diesen Teil der Grafschaft Staffordshire zu erhellen beginnt. Erhellen ist übertrieben, doch zuminderst vermag ich den Verlauf der Landstraße zu erkennen, an der man mich abgesetzt hat. In kurzen Intervallen fetzen Wolken vor meiner Lichtquelle vorüber.

      Ich setze meine Füße in Bewegung, und zwar in eine Richtung, von der ich nur hoffen kann, dass sie mich meinem Ziel näher bringt. Und tatsächlich: Schon nach wenigen Schritten komme ich an eine Abzweigung mit einem Straßenschild, das erkennen lässt, dass die unbefestigte Straße zu meiner Linken zum Rock Cottage führt. Eine Art Waldweg, mit ausgefahrenen Spuren von Ackerschleppern und vielleicht auch Landrovern. Ob sich auch Rolls-Royce-Reifen markiert haben, kann ich nicht erkennen – erstens ist es dazu zu finster, zweitens hätte der Regen sie ohnehin verschlammt, und drittens bin ich auf dem Gebiet der Reifenspurenkunde ziemlich unbewandert.

      Eine Angabe der Entfernung hat sich der Schildermaler erspart. Eine Meile? Fünf Meilen? Zehn?

      Ein kofferschleppender Jüngling aus Deutschland, frierend und hungrig, im nassen Trenchcoat und mit für Waldwege untauglichen Schuhen, der ausgezogen ist, um einen spleenigen Autohändler zu interviewen, tappst durch den westenglischen Forst und hat keine Ahnung, was ihn erwartet. Ein arroganter Nobleman mit ebensolchem Butler? Ein betrunkener Raufbold, der vor dem Kamin eingeschlafen ist? Eine ängstliche Mrs. Scott-Moncrieff, die nachts keinem Fremden die Tür aufmacht, während ihr Herr Gemahl auf Geschäftsreise in Australien weilt? Eine Antwort auf meine Besuchsankündigung habe ich nicht abgewartet, bin acht Tage später einfach losgefahren.

      Wo werde ich überhaupt nächtigen? Ich kann doch nicht erwarten, dass Mr. Scott-Moncrieff für einen ihm völlig unbekannten, möglicherweise sogar unwillkommenen Besucher ein Gästebett bereit hält.

      Die in den Waldweg gegrabenen Traktorspuren führen tatsächlich an mein Ziel. Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist; meine Armbanduhr hat keine Leuchtziffern. Dass ich mich Rock Cottage nähere, lassen die Silhouetten von drei oder vier überdimensionalen Autokarosserien erkennen, in einer Größe, die mir im durchbrochenen Mondlicht gigantisch scheint. Sie sind ohne Scheiben, hohl, sehr kubisch. Sie passen nicht in mein Bild vom Mythos Rolls-Royce. Wie Leichenwagen sehen sie aus, die darauf warten, selbst beerdigt zu werden.

      In einiger Entfernung hinter diesem makabren Monument ist ein Lichtschimmer auszumachen. Gern würde ich meine Schritte jetzt beschleunigen, bleibe aber erst einmal in knöcheltiefem Schlamm mit Kuhfladenbeimischung stecken, muss mich dann durch eine Brennesselkultur hindurcharbeiten, stolpere über am Boden liegende, im Gras eingewachsene Gegenstände unterschiedlichen Materials. Ich glaube, es sind Zylinderköpfe, Hinterachsen, Lenkräder …

      Umrisse eines Hauses werden erkennbar. Eines Hauses? Es ist ein Spukschloss, mit zwei kleinen Turmspitzen und riesigen Kaminschloten an den Giebeln. Immerhin: Eines der Fenster im Erdgeschoss ist erleuchtet.

      Rock Cottage! Ich hab’s geschafft!

      Es gibt ein eisernes Gartentor, das offen steht, flankiert von weiteren Automobilruinen davor und dahinter, und direkt vor der Eingangstür einen mit dicken Feldsteinen eingefassten, jedoch außer Betrieb befindlichen Goldfischteich mit einer allegorischen Figur an Steuerbord, die in der Halbfinsternis so aussieht, als hocke da ein Kind, ein armes frierendes englisches. Und in den leeren Teich stürze ich beinahe hinein, weil ich so sehr auf das Licht fixiert bin, das aus dem Fenster scheint, und weil die letzten Meter (nein: Yards natürlich) zum Teich weitgehend verstellt sind. Mit weiteren Autos oder Teilen davon. Sie scheinen etwas kleiner zu sein als die hohlfenstrigen Leichenwagen oder was ich dafür hielt.

      Ich finde dennoch den Weg zur Eingangstür. Ich klopfe, laut und kräftig. Und erwarte ein »come in, please« oder das Erscheinen eines Menschen, ganz gleich, ob freundlich oder unfreundlich, erstaunt oder erschrocken, misstrauisch oder herzlich, männlich oder weiblich …

      Stattdessen vernehme ich eine schwache Stimme, beinahe tonlos, und nur zu verstehen, weil ich das Ohr direkt an die Türspalte СКАЧАТЬ