Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman. Tessa Hofreiter
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Название: Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman

Автор: Tessa Hofreiter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der neue Landdoktor

isbn: 9783740980528

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СКАЧАТЬ können. Das Gelände des Jagdschlösschens lag sehr abgeschieden und war für Wanderer nicht einsehbar. Selbst wenn er mit seiner Taschenlampe irgendwelche verzweifelten Blinksignale sendete, es war niemand da, der sie sehen würde. Wendelin zermarterte sein Gehirn nach einer Lösung, während er gespannt nach draußen lauschte, um die Aktivitäten auf dem Hof nicht zu verpassen.

      Wie er hörte, bereitete man sich dort auf die Bärenjagd vor. Die Männer besprachen Strategien, reinigten ihre Gewehre und verkauften buchstäblich den Pelz des Bären, ehe sie ihn erlegt hatten. Es war aussichtslos, auf ihre Einsicht zu hoffen.

      Entmutigt ließ sich Wendelin auf den Hackklotz sinken und vergrub den Kopf in den Händen. Weil er kein Handy hatte, konnte er weder den Transport stoppen lassen noch bei Kathi anrufen und sich nach ihrer Verletzung erkundigen. Er wusste nicht, was von beidem für ihn das Schlimmere war. Sein einziger Lichtblick blieb, dass Streuner aus der Gefahrenzone verschwunden war. Von ganzem Herzen hoffte Wendelin, dass der Hund weit weggelaufen war und vielleicht, vielleicht Hilfe holte.

      Aber Streuner hatte gar nicht daran gedacht wegzurennen. Er lag flach gegen den Boden gepresst im Gestrüpp der Böschung, die den Hofplatz umgab, und nutzte instinktiv jegliche Deckung. Er hatte gesehen, wie man Wendelin in den Holzschuppen stieß. Streuner roch die Gefahr und spürte die angespannte Stimmung. Mit höchster Wachsamkeit scannte sein Blick immer wieder das Gelände. Er wartete auf die nächste Gelegenheit, unbemerkt zum Schuppen zu kommen.

      Niemals würde er seinen Menschen im Stich lassen, und müsste er Tag und Nacht hier ausharren.

      *

      Während sich die Situation beim Jagdschlösschen zuspitzte, hatte sie sich beim ›Gamsbart‹ ein wenig entspannt. Sebastian sah, wie aufgelöst Kathi war, und schickte freundlich, aber sehr bestimmt Burgl und auch den besorgten Vater hinaus. Tatsächlich beruhigte sich die junge Frau leichter, als sie mit dem Arzt allein war. Sebastian fragte nicht sofort, was genau geschehen war, er wollte Kathi noch ein wenig Zeit lassen, um sich zu sammeln.

      Seine Diagnose lautete: ein angebrochener Knöchel und Verdacht auf eine leichte Gehirnerschütterung. Kathi sollte für weiterführende Untersuchungen und zum Eingipsen ins Krankenhaus. Man würde sie für die Nacht dort behalten, aber morgen konnte sie wieder nach Hause. Sie musste das Bein schonen und durfte nicht auftreten, aber das sollte mit geeigneten Gehstützen kein Problem sein.

      Die Ruhe des Landdoktors färbte auf Kathi ab, und sie konnte ihm erzählen, wie es zum Sturz gekommen war. Sebastian schüttelte mitfühlend den Kopf. »Durchkreuzte Pläne und gekränkte Eitelkeit lassen manche Menschen die unmöglichsten Dinge tun«, sagte er. »Überlegen Sie in Ruhe, ob und wie Sie gegen ihn vorgehen wollen. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass der Fuß eingegipst wird. Der Notverband ist eine große Hilfe gewesen, dadurch hat sich der Bruch nicht erweitern können.«

      »Wendelin hat mir den Verband angelegt«, erklärte Kathi.

      »Sehr gut, dass er daran gedacht und es so fachmännisch gemacht hat«, lobte Sebastian. »Im Forst passiert leicht ein Unfall. Es ist gut, dann Erste Hilfe wirklich zu beherrschen.«

      »Ja, ohne Wendelin wäre ich nicht nach Hause gekommen«, sagte Kathi nachdenklich. »Ich habe gar nicht richtig mitbekommen, dass er gegangen ist, ich konnte mich nicht einmal bedanken.«

      »So wie ich Wendelin einschätze, wird er sicher bald anrufen und sich nach Ihnen erkundigen«, antwortete Sebastian lächelnd.

      Als der Krankenwagen kam, um Kathi in die Klinik zu fahren, hatte sie sich einigermaßen gefangen. Ihr Vater fuhr mit ins Krankenhaus, um die Untersuchungsergebnisse abzuwarten. Erst als seine Tochter leicht benebelt vom Schmerzmittel im Bett lag und bereits am Einschlafen war, mochte er sich von ihr trennen.

      »Wenn der Wendelin anruft, dann grüß ihn von mir«, murmelte sie schläfrig.

      »Ich glaub kaum, dass er sich das trauen wird«, grummelte Anton, aber das hörte Kathi schon nicht mehr. Sie war eingeschlafen. Ihr Vater wusste sie in guten Händen und fuhr halbwegs beruhigt nach Bergmoosbach zurück. Wenn seine Tochter wieder zu Hause und in Sicherheit war, dann würde sie sicherlich erzählen können, was im Jagdschlösschen mit ihr und Wendelin passiert war.

      Leider wartete Burgl nicht ab, was Kathi zu sagen hatte, sondern sie erzählte mit wohligem Schaudern im Dorf die Geschichte so, wie sie sie sah. Aus dem Riss in der Bluse wurde zerfetzte Kleidung; anstelle übersät mit blauen Flecken, sei Kathi blutüberströmt gewesen, und panische Angst habe ihr die Sprache verschlagen. Wie tapfer sei das Madl gewesen, dass es den Unhold gezwungen habe, von ihr abzulassen und sie heimzufahren mit dem gebrochenen Bein.

      »Das ist ja eine unglaubliche Geschichte! Müsste sich darum nicht gleich der Gregor Leutner kümmern? Das ist doch ein Fall für die Polizei«, entsetzte sich Therese Kornhuber, die Burgl beim Einkaufen getroffen hatte.

      »Die arme Kathi!«, fiel Elvira Draxler sofort ein. »Wo sie doch grad erst so nett mit diesem noblen Herrn aus München im Steg-Haus ihren Geburtstag gefeiert hat. Das hat der Wendelin wohl gar nicht gut leiden können, dieser finstere Kerl.«

      Dorfpolizist Gregor kam das Gerede natürlich rasch zu Ohren. Er wusste, wie schnell ein falscher Eindruck entstehen konnte. Für ihn war die Sache längst nicht so klar wie manchen anderen Leuten. Trotzdem war es ein ernster Vorwurf, und er wollte auf jeden Fall mit Wendelin reden, aber weder tagsüber noch am Feierabend erreichte er ihn am Telefon. Weil es auf seinem Heimweg lag, schaute Gregor abends bei Wendelins Hütte am Sägewerk vorbei, aber dort war alles wie ausgestorben. Von Wendelin und Streuner keine Spur.

      »Dann wird er wohl sehr mit den Gästen vom Jagdschlösschen beschäftigt sein«, murmelte Gregor, »wahrscheinlich ist er mit denen auf der Jagd. Lorenz hat ja gesagt, dass Wendelin dort viel zu tun hat. Ich warte jetzt erst einmal ab, ob sich die Kathi bei mir meldet und Anzeige erstattet, und mit dem Wendelin spreche ich morgen, wenn er wieder aufgetaucht ist.«

      Aber selbst diese Kleinigkeit, dass der Polizist Wendelin telefonisch nicht erreichen konnte, machte sofort die Runde. Schnell unterstellte man ihm ein schlechtes Gewissen, und das rundete das Bild perfekt ab: Wendelin stellte Kathi nach, war eifersüchtig auf den spendablen Münchner und trat der jungen Frau zu nahe. Es kam zur Auseinandersetzung, bei der Kathi verletzte wurde. Nun lag das arme Madl im Krankenhaus, und Wendelin hatte das Weite gesucht.

      Als Sebastian abends noch rasch einige Lebensmittel in Fannys Geschäft einkaufte und diese Variante hörte, platzte ihm der Kragen. Es war noch nie vorgekommen, dass der Landdoktor laut wurde, und es machte ziemlichen Eindruck auf die Umstehenden. Er sprach Burgl direkt und sehr energisch an. »Frau Krämser, hören Sie auf, Geschichten zu erzählen, die Sie sich zusammengereimt haben«, sagte er sichtlich erbost. »Die ärztliche Schweigepflicht verbietet mir leider, mit diesem Sumpf aufzuräumen, aber so viel kann ich sagen: es hat sich alles ganz anders zugetragen! Sie schulden Wendelin Deggendorf eine große Entschuldigung.«

      So schnell ließ sich Burgl nicht den Wind aus den Segeln nehmen, noch nicht einmal vom geschätzten Landdoktor. »Wenn er nichts damit zu tun hat, wo steckt er denn jetzt, der Wendelin? Niemand weiß, wo er ist«, sagte sie triumphierend.

      »Das weiß ich nicht«, erwiderte Sebastian und schaute sie ernst an. »Vielleicht mag er einfach das Gerede über sich nicht mehr hören?«

      »Ach ja, er ist schon ein arg Gebeutelter, unser armer Wendelin«, sagte sein ehemaliger Schulkamerad Bernhard ätzend. Und hatte nicht die geringste Ahnung, wie wahr die spöttische Bemerkung in diesen dramatischen Stunden geworden war.

      *

      Wendelin war nach wie vor im Holzschuppen СКАЧАТЬ