Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Die Straße war jetzt schon voll von Leuten, aber noch lange nicht überfüllt. Die meisten Flüchtlinge waren schon mit Fahrrädern ausgerüstet, bald aber tauchten auch Automobile, Hansoms1 und Kutschen auf, die rasch vorübereilten und in den dichten Staubwolken verschwanden, die auf der Straße nach St. Albans aufwirbelten.
Es war vielleicht nur ein ganz unklares Vorhaben, den Weg nach Chelmsford zu wählen, wo einige seiner Freunde wohnten, was meinen Bruder schließlich bewog, einen stillen Feldweg, der ostwärts führte, einzuschlagen. Nach kurzer Zeit gelangte er zu einer Zaunsteige, kletterte hinüber und folgte einem Fußweg in nordöstlicher Richtung. Er kam an einigen Bauernhäusern und mehreren kleinen Ortschaften vorbei, deren Namen er nicht kannte. Er sah nur wenige Flüchtlinge; erst auf einem Grasweg in der Nähe von High Barnet stieß er auf die zwei Frauen, die seine Reisegefährtinnen werden sollten. Er kam gerade zur rechten Zeit, um sie zu retten.
Er hörte ihre Schreie und um die Ecke eilend, sah er zwei Männer, die sie aus dem kleinen Ponywagen, den sie lenkten, mit Gewalt herauszuzerren suchten, während ein dritter sich damit abmühte, den Kopf des erschreckten Ponys zu halten. Die eine der Damen, eine kleine in Weiß gekleidete Frau, kreischte nur immerzu; die andere, eine dunkle schlanke Erscheinung, schlug nach dem Manne, der ihren Arm gepackt hatte, mit der Peitsche, die sie in ihrer freien Hand hielt.
Mein Bruder erfasste die Sachlage auf der Stelle, er rief laut und eilte auf den Kampfplatz. Einer der Männer ließ sofort von den Damen ab und wandte sich ihm zu. Mein Bruder, der aus dem Gesicht seines Gegners sofort erkannte, dass ein Kampf unvermeidlich sei, stürzte sich als der erfahrene Boxer, der er war, sofort auf ihn und schlug ihn, gegen das Wagenrad zu, nieder.
Es war nicht die Zeit, um die Ritterlichkeit von Boxern zu üben, und mein Bruder machte ihn durch einen Fußtritt kampfunfähig. Dann packte er den Mann, der die schlanke Dame am Arm gefasst hatte, beim Rockkragen. Er hörte das Klappern von Hufen, die Peitsche schlug ihm ins Gesicht, ein dritter Gegner versetzte ihm einen wuchtigen Schlag zwischen die Augen, und der Mann, den er festhielt, riss sich los und rannte den Feldweg hinab in der Richtung, aus der er gekommen war.
Halb betäubt sah mein Bruder sich jetzt dem Manne gegenüber, der den Kopf des Pferdes gehalten hatte. Er bemerkte dann, wie der Wagen mit den stets zurückblickenden Frauen, heftig nach beiden Seiten schwankend, den Feldweg entlang davonfuhr. Der Mann vor ihm, ein plumper Lümmel, machte Miene, sich auf ihn zu stürzen, aber mein Bruder schleuderte ihn mit einem Faustschlag ins Gesicht zurück. Als er sich so endlich frei sah, warf er sich herum und lief so schnell er konnte den Feldweg entlang dem Wagen nach; der Plumpe war dicht an seinen Fersen und der Flüchtige, der sich jetzt umgewandt hatte, folgte in einiger Entfernung.
Plötzlich taumelte mein Bruder und fiel zu Boden; sein nächster Verfolger stürzte auf ihn los, und als er sich wieder aufgerichtet hatte, sah er sich neuerdings zwei Angreifern gegenüber. Wenig fehlte und es wäre um ihn geschehen gewesen, hätte nicht die schlanke Dame mutig den Wagen angehalten. Sie stieg aus und kam ihm zu Hilfe. Sie hatte von Anfang an einen Revolver mit sich geführt, aber er war unter den Sitzen verborgen, als sie und ihre Gefährtin angegriffen wurden. Sie feuerte ihn nun auf eine Entfernung von sechs Yard ab und hätte um ein Haar meinen Bruder getroffen. Der weniger mutige Räuber machte sich davon und sein Spießgeselle folgte ihm, seine Feigheit verwünschend. Sie machten beide noch in Sicht Halt und blieben auf dem Feldweg, dort, wo der dritte Mann besinnungslos lag, stehen.
»Nehmen Sie ihn!«, rief die schlanke Dame und reichte meinem Bruder den Revolver.
»Gehen Sie zum Wagen zurück«, bat mein Bruder, indem er sich das Blut aus seiner gespaltenen Lippe mischte.
Sie wandte sich wortlos ab — beide keuchten heftig — und dann gingen sie beide zum Wagen, in dem die Dame in Weiß mit krampfhafter Anstrengung das erschreckte Pony zu halten bemüht war.
Die Räuber halten offenbar genug. Als mein Bruder sich wieder nach ihnen umblickte, zogen sie sich zurück.
»Ich setze mich hierher«, sagte mein Bruder, »wenn ich darf;« und er stieg ein und ließ sich auf den leeren Vordersitz nieder. Die Dame blickte über ihre Schulter.
»Geben Sie mir die Zügel«, sagte sie und strich mit der Peitsche über die Flanke des Ponys. Im nächsten Augenblick verbarg eine Krümmung des Weges die drei Männer den Blicken meines Bruders.
So kam es, dass mein Bruder keuchend, mit zerschnittenem Mund, verletztem Kiefer und blutbefleckten Fingerknöcheln ganz unvermutet auf einer unbekannten Straße mit zwei unbekannten Frauen dahinfuhr.
Er erfuhr, dass sie die Gattin und die jüngere Schwester eines in Stanmore lebenden Chirurgen waren, der in den frühen Morgenstunden von einem gefährlichen Fall in Pinner zurückgekehrt war und auf einer Eisenbahnstation, an der ihn sein Weg vorübergeführt, von dem Heranrücken der Marsleute gehört hatte. Er war nach Hause geeilt, hatte die Frauen geweckt — das Dienstmädchen hatte sie schon vor zwei Tagen verlassen — hatte etwas Mundvorrat zusammengerafft, zum Glück für meinen Bruder einen Revolver unter die Sitze gelegt und ihnen aufgetragen, nach Edgware zu fahren, wo es ihnen gelingen würde, in einen Zug zu kommen. Er blieb zurück, um die Nachbarn zu verständigen. Er hatte ihnen versprochen, sie etwa um halb fünf Uhr morgens einzuholen, und jetzt war es beinahe neun Uhr und sie hatten seither nichts von ihm gesehen. Sie konnten wegen des fast beängstigend wachsenden Gedränges nicht in Edgware bleiben, und so waren sie auf diesen Seitenweg gekommen.
Das war die Geschichte, die sie in abgebrochenen Sätzen meinem Bruder erzählten. Dann machten sie in der Nähe von Neu-Barnet wieder Halt. Mein Bruder aber versprach, so lange wenigstens bei ihnen zu bleiben, bis sie einen endgültigen Beschluss über ihre nächsten Schritte gefasst hätten oder bis der vermisste Arzt sie getroffen hätte. Er versicherte ihnen, ein erfahrener Revolverschütze zu sein — er war alles eher, als vertraut mit dieser Waffe — um ihnen Vertrauen einzuflößen.
Neben der Straße schlugen sie eine Art Lager auf, und das Pony tat sich bei der Hecke gütlich. Mein Bruder erzählte ihnen die Einzelheiten seiner Flucht aus London und überdies alles, was er von den Marsleuten und СКАЧАТЬ