Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ Schnittgewölben u.s.w. kaum anders geziemt, so gestattet die Gewerbefreiheit, die ja nun fast überall in Deutschland eingeführt, den Frauen auch selbstständig Geschäfte zu eröffnen und zu führen. In Leipzig ist eine Handelsschule für Mädchen gegründet worden, in der sie nach einem zweijährigen Cursus und glücklich bestandenem Examen so weit befähigt entlassen werden, um nun Stellen nicht nur als Verkäuferinnen, sondern auch als Buchführerinnen, Correspondentinnen u.s.w. in jedem Comptoir übernehmen zu können. Sich kaufmännisch auszubilden ist auch für die Mädchen wichtig, denen die Verhältnisse diesen Beruf nahe legen; so z.B.: ihre Eltern haben ein Geschäft, so kann ihnen die Tochter den Commis ersparen, kann es nach deren Tod selbst übernehmen oder wenn sie sich wieder an einen Kaufmann verheirathet, ihm im Geschäft beistehen, besser natürlich als es schon sonst bei den meisten kleineren Kaufleuten geschah, wo die Frau mithelfen mußte, ohne je etwas von dem gelernt zu haben, was plötzlich von ihr gefordert ward. Außerdem aber kann sie auch selbstständig, wenn sie allein steht und nur die nöthigen Mittel dazu hat, ein Geschäft begründen ohne fürchten zu müssen, daß sie nur das Geld dazu gebe und Andere den Vortheil hätten, wie es ja nur zu oft der Fall ist. Wenn Frau und Tochter mit im Geschäft des Mannes arbeiten und Alles übersehen können, so wird die Gefahr, durch fremde Buchhalter, Commis u.s.w. betrogen zu werden, sich sehr verringern – und wer weiß, ob nicht auch die Zahl der leichtsinnigen Banquerotte kleiner wird! Frauen nehmen es in der Regel mit den Ausgaben genauer als Männer und wenn es auch oft bei dem Ruin eines Geschäftsmannes heißt: die Verschwendung der Frau sei daran schuld! – so üben die meisten Frauen diese allerdings nur zu oft vorkommende Verschwendung doch erst dann, wenn sie denken, daß sie ein Recht dazu haben, d.h. wenn sie der Mann in den süßen Traum wiegt oder darin erhält, daß sein Geschäft so viel einbringe um diese großen Ausgaben zu gestatten – sieht die Frau aber, selbst im Geschäft mithelfend und sich auf die Bücher verstehend, wie das Soll und Haben wirklich beschaffen ist, so wird jede nicht ganz verdorbene sich gern danach richten. – Eine Oekonomieschule zur praktischen und höheren Ausbildung für Mädchen, die sich der Landwirthschaft widmen wollen, ist in Quedlinburg gegründet worden von einer Dame, die Mitglied des Allgem. deutsch. Frauenvereins ist.

      In Frankreich sind die Frauen nicht nur schon längst in den Comptoiren der Kaufleute thätig, sondern auch in den Bureaus der Eisenbahnen, der Telegraphen und der Post. Jetzt endlich denkt man auch in Deutschland daran dies zu thun und namentlich gehen hier Sachsen und Würtemberg mit gutem Beispiel voran. Etwa seit Jahresfrist fordern die sächsischen Behörden die Mädchen zum Telegraphen- und Postdienst auf, sie haben einen Acceß und Examen zu machen gleich den Männern und werden dann angestellt; Telegraphistinnen giebt es schon viele, in Bezug auf die Post ist die Sache noch neuer. In Dresden ist bereits eine Lehranstalt gegründet worden, welche Mädchen zu diesen Fächern vorbereitet.

      Dem Photographiren, auch dem Lithographiren und der Holzschneidekunst haben sich gleichfalls viele Frauen zugewendet und die Gewerbefreiheit öffnet, wie gesagt, jeden beliebigen Weg, einen Beruf zu ergreifen: – der Eintritt in das Handwerk ist ihnen nicht mehr verschlossen. Es kommt nur darauf an sich selbst zu entschließen etwas lernen zu wollen und das Vorurtheil zu überwinden. Die Fähigkeit wird sich zeigen und die Gelegenheit sich finden müssen.

      Jedes Mädchen z.B. das einen Schuhmacher heirathet, richtet sich sofort in seine Arbeit ein und hilft ihm bei der Schuhmacherei, sie lernt es eben auch von selbst, da sie vorher vielleicht nie daran gedacht noch sich mit der gleichen beschäftigt hat – warum soll sie es nicht lernen und treiben schon als Mädchen zu ihrem eignen Erwerb? Schneidern und Frisiren für Damen ist nun vollends ein Gewerbe, das sich nicht für Männer ziemt, schon aus Schicklichkeitsrücksichten. Bäcker, Köche, Beutler sollten ebenfalls ihr Handwerk in weibliche Hände niederlegen, denn dergleichen Beschäftigungen sind eben »unmännlich,« nicht würdig des starken Geschlechtes. Sonst, als die Hausfrauen noch selbst das Brot bucken, Licht und Seife sotten, spannen und wirkten, gehörten ihnen diese Arbeiten, die später Handwerk und Industrie ihnen abgenommen und sie sind vollständig berechtigt die alte Betheiligung daran zurückzufordern, nur so, daß sie jetzt nicht mehr im Hause, sondern außer ihm arbeiten, was die Fortschritte der Industrie in eine andere Werkstätte versetzten.

      Industrieschulen für Mädchen würden wohl das beste Mittel sein, sie für das Handwerk zu bilden. Es ist hier wie bei dem Studium der Medicin: die Schwierigkeit liegt nur im Anfang – es müssen auf jedem Gebiet sich erst weibliche Winkelriede finden, die den Andern eine Gasse brechen und die feindlichen Speere nicht scheuen. Dann werden sich Werkstätten von Frauen finden, in denen wieder nur Mädchen ihre Lehrzeit durchmachen. Es ist Hoffnung vorhanden, daß der Frauenverein in Hamburg mit Gründung einer Industrieschule vorangehe.

      Wie sich aber der meisten Handwerke die Fabrikindustrie bemächtigt hat, so dürfen auch die Frauen, auch die gebildeteren nichts Anstößiges mehr darin erblicken für Fabriken nicht nur zu Hause, sondern wo es erforderlich ist, auch in den Fabriken, selbst in geschlossenen Etablissements eine bestimmte Zahl Tagesstunden zu arbeiten. Nicht nur im industriellen Amerika thun dies die Frauen – Fabrikarbeiterinnen, die man »Lady's« nennt – die meist zu Wagen in die entfernte Fabrik geholt werden, wo man ihnen mit all der Achtung begegnet, die das weibliche Geschlecht überhaupt dort genießt – sondern auch in der benachbarten deutschen Schweiz verbindet man mit dem Begriffe: »Fabrikarbeiterin« nicht den einer armen und unwissenden Proletarierin, sondern man ehrt in ihnen selbstständige Jungfrauen, die Töchter guter Familien, die es für ehrenvoller halten, durch passende Arbeit sich ihre Existenz selbst zu sichern, als durch Nichtsthun ihren Angehörigen zur Last zu fallen. Und in der Schweiz hat bekanntlich trotz alledem das Familienleben nichts von seiner patriarchalischen Einfachheit und schönen Sitte eingebüßt – im Gegentheil: es ist gerade dadurch ein inniges und sittliches, weil es jedem Theile der Familie eine nutzenbringende Beschäftigung anweist und den träumerischen Müssiggang wie alles unpraktische Wesen aus seinem Kreis verbannt. –

      In Leipzig besteht auch in einer großen Druckerei schon seit Jahren ein Institut für Setzerinnen, die in einer von den Männern gesonderten Offizin arbeiten. –

      Wir erwähnten schon einmal vorübergehend, wie unter den Fabrikarbeitern theilweise die Angst herrsche vor der Concurrenz der Frauen, wie es schon 1848 an manchen Orten geschehen, daß die Arbeiter die Frauen aus den Fabriken vertrieben. Neuerer Zeit hegt man da und dort ähnliche Gedanken, ja es ist – von den Lassalleanern – der Grundsatz aufgestellt worden: »die Lage der Frau kann nur verbessert werden durch die Lage des Mannes.« Dies ist der aller Gesittung und Humanität Hohn sprechende Grundsatz, den unsere ganze Anschauung und diese Schrift bekämpft. Gerade die Partei, die von »Staatshilfe« sich so viel verspricht, die das allgemeine Stimmrecht fordert, schließt von allen ihren Bestrebungen die Frauen aus – dadurch beweist sie, daß sie ihr Reich der Freiheit d.h. »die Herrschaft des vierten Standes« gründen will auf die Sclaverei der Frauen – denn wer nicht frei für sich erwerben darf, ist Sklave. Aber das ist Gott sei Dank nur der eine, der kleinere Theil der Arbeiter; der größere hat in der Arbeiterversammlung zu Stuttgart auch der Frauenarbeit das Wort geredet und später der Frauenconferenz zugestimmt; auch seine Organe, wie Arbeitgeber, Arbeiterzeitung u.s.w., sind auf der Seite der Frauenarbeit.

      Und es ist unbegreiflich, wie Jemand mit sehenden Augen nicht auf dieser Seite sein kann! Selbst wenn man annehmen wollte: es entstände eine Concurrenz, es würden manche Männer weniger Arbeit und Verdienst haben als jetzt durch das Angebot weiblicher Arbeitskräfte – nun so bleibt es ja ganz gleich, ob Männer oder Frauen feiern und hungern: die Anforderung auf Brot haben sie doch mit einander unbestreitbar gemein! Und wenn die Männer nicht mehr nöthig haben für ihre Frauen, Töchter und Mütter Brot zu verschaffen, so haben ja gerade sie von der Einführung der Frauenarbeit den größten Vortheil – wie denn alle unsere Frauenbestrebungen ja gar nicht geschehen – wie auch ein Theil unsrer Gegner lächerlich behaupten will: in Feindschaft und als Kriegserklärung gegen die Männer, sondern umgekehrt: weil es jetzt nicht mehr möglich ist, daß zwei Hände allein genug arbeiten und verdienen können, um ein ganzes Leben lang eine ganze Familie zu ernähren. Von diesem Druck, dem härtesten den es giebt, dem der Nahrungssorgen, von Verhältnissen, in denen es zum Verbrechen wird einmal Zeit und СКАЧАТЬ