Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ ein Opfer erblicken und – absichtlich oder nicht – dies auch durchblicken lassen, und durch die eigne Verbitterung natürlich auch die des Mannes hervorrufen – und die unglückliche Ehe ist bald vollendet. Der Mann, der im Hause nicht mehr findet was er wünscht, sucht es außer dem Hause, sucht sich vielleicht zu zerstreuen durch Trunk und Spiel und leichtfertige Gesellschaft, vernachlässigt darüber sein Geschäft, sein Amt, wie die Frau ihn selbst und ihre Wirthschaft vernachlässigt – und der Untergang des Wohlstandes zieht jeden andern nach sich. Dieselbe Frau, die dadurch, daß sie diesen ungeliebten Mann heirathete, ihren eignen Eltern und Geschwistern eine Stütze verschaffen wollte, sieht sich vielleicht selbst noch in der Lage, bei eben diesen Eltern für sich und ihre Kinder wieder eine Zuflucht zu suchen.

      Aber selbst, – es kommt nicht bis zu diesem Ende – muß sich nicht jede Frau, die sich dem ungeliebten Manne zur Ehe hingiebt um äußerer Vortheile willen, wie eine verkaufte Dirne erscheinen? Aller Reichthum, alles Schöne und Bequeme, das sie in ihrer neuen Wohnung umgiebt, und um das sie die Freundinnen beneiden – wird es ihr nicht immer zurufen, um welchen Preis es erworben und wird sie jemals dieser Güter froh werden können? Oder wenn es so wäre, daß sie in diesen glänzenden Aeußerlichkeiten den größten Reiz des Lebens, ihres eignen leeren Lebens und einen Ersatz dafür finden könnte: würde nicht eben dadurch ihr ganzes Innere selbst leer werden und sie daran doch geistig, wenn nicht physisch und moralisch zu Grunde gehen?

      Und wo in einem Hause der Segen der Liebe fehlt, da kann auch die Familie nicht gedeihen. Wo Vater und Mutter uneins sind, da werden es die Kinder auch sein. Wie ein unreiner Mehlthau auf zarte Blüthen fällt jedes Wort, das der Zwietracht der Eltern entschlüpft, in die bildsamen Kinderherzen. Eltern, die nicht glücklich mit einander lebten, deren Haus keine Stätte des Friedens und der Freude war, werden nie jenen Familiensegen erleben, wie wir ihn oben schilderten.

      Eine glückliche Ehe ist der Himmel auf Erden, aber eine unglückliche ist eben so gewiß die Hölle selbst.

      Man sollte darum alles daran setzen die Zahl der letztern zu vermindern, die Ursachen so viel wie möglich hinwegzuräumen, welche sie hervorrufen.

      Und dazu ist wesentlich zweierlei nöthig. Erstens, man erziehe die Mädchen so, daß sie noch ein anderes Interesse am Leben haben, als das der Liebe und zweitens, man gebe ihnen Gelegenheit, auf eignen Füßen zu stehen, sich selbst zu erhalten.

      Bei der Mädchen-Erziehung, namentlich in den höheren Ständen, ist man zwar nun endlich so weit gekommen, daß nicht mehr wie früher, aller Unterricht mit der Confirmation abgeschnitten ist, aber er nimmt doch noch allzuoft eine Richtung, der meist jeder ernste Hintergrund fehlt. Kommen auch zu den sonst nur üblichen Studien von Sprachen, Musik und Malerei, jetzt noch andere, die einen mehr wissenschaftlichen Charakter haben, so werden alle diese Dinge doch viel mehr um der Gesellschaft, höchstens auch zur eignen Unterhaltung, nicht aber um der eignen Ausbildung, noch weniger eines Berufes willen, getrieben. Bei den Meisten wird das Gemüths- und Phantasieleben, ohnedies schon das vorherrschende Element im weiblichen Innern – durch, nur die Phantasie beschäftigende Lektüre auf Kosten jedes andern Seelenvermögens, jeder geistigen Kraft, ausgebildet. Da treten nun die jungen Mädchen mit ihrem Traumleben in die Welt – erst in der Hoffnung sich zu »amüsiren,« aber sie fühlen bald, daß sie sich nicht amüsiren, wenn sie unbemerkt bleiben, sie müssen also versuchen, sich bemerkbar zu machen, und, wenn ihnen auch dies gelungen, zu glänzen. Ein Weilchen genügen diese Triumphe, bald aber fühlt sich die weiche, schwärmende, noch unverdorbene Mädchenseele nicht mehr, weder durch das Spiel, noch durch den Sieg der Eitelkeit, befriedigt – sie will mehr, will Anderes. Sie weiß nicht, was sie will, bis das Wort Liebe gesprochen und das Räthsel ihres ahnungsvollen, unbefriedigten Traumlebens gelöst ist durch die Zaubergewalt des ersten Kusses. Nun weiß die Jungfrau, warum sie lebt, nun ist all' ihre Sehnsucht, nun sind all' ihre Träume von Poesie und Glück und Seligkeit erfüllt, übertroffen, nun ist ihr ganzes Leben – Liebe. Liebe, die Alles hofft und Alles glaubt und darum auch meint, so müsse es nun immer sein und bleiben, das ganze Leben ein goldener Maientag der Liebe. Aber hat denn der blühende Lenz eine ewige Dauer? Mitten im Liebesfrühlinge glaubt man nicht, daß der Mai trotz seiner einunddreißig Tage noch schneller vergeht als jeder andere Zeitabschnitt, daß die Rosen auch verblühen und die Nachtigallen auch aufhören zu schlagen. Auch der Mann glaubt es nicht, wenn er die Geliebte zum ersten Mal in seinen Armen hält – doch er hat noch eine Hand frei, an der ihn mächtig gefesselt hält: das Leben. Das Mädchen aber klammert sich mit beiden Händen an den geliebten Mann, sie weiß nichts vom Leben, soll nichts, will nichts von ihm wissen – ihr Leben ist ihre Liebe. Und trennt das Schicksal die vereinigten Herzen – was soll die Jungfrau im Leben, das sie nur durch die Liebe verstand, das weiter kein Interesse für sie hat, dessen einziger Beruf und Endzweck die Liebe war? Was hat sie noch im Leben zu thun, wenn Untreue oder Verhältnisse, oder Enttäuschung oder Tod ihre Liebe, die ihr Leben war, für ihr äußeres Leben zerstört haben? – Oder wird sie die Gattin des Geliebten und der Ernst des Lebens tritt an sie heran und der Mai geht vorüber und die Rose verblüht und die Nachtigall singt nicht mehr und die Frau hat nur noch den Schatten von dem, was sie einst Liebe nannte – wird sie nicht, auch wenn die Welt sie glücklich nennt, leise seufzen, zurückdenkend an jene entschwundene Zeit?

      So lange man die Frauen nur für die Liebe und Ehe, nur für die Männer erzieht, so lange man die Interessen des Herzens selbst als die einzigen proklamirt, welche dem weiblichen Wesen entsprechen, so lange ist es auch gerechtfertigt, wenn sie in überschwenglichen Empfindungen und unerfüllbaren Forderungen nur diese eine Seite des Menschenlebens im Auge haben. Dürfen sie doch nichts im Leben thun als lieben, oder vielmehr warten bis sie geliebt werden; lesen sie doch oft nichts Andres, als von Liebe; knüpft sie doch kein anderes Interesse an das Leben, als das der Liebe.

      In den kleineren bürgerlichen Verhältnissen lernen die Frauen allerdings ruhiger der überspannten, träumerischen Liebe entsagen. Man findet hier weniger Unzufriedenheit und Unbefriedigtheit als in den höheren Ständen, wenigstens in der Ehe selbst, weil jene nicht Zeit haben, über Nebenzustände zu grübeln und sorgfältig, ja quälerisch, das eigne Herz zu befragen. Das Hauswesen, die mühevollste Pflege und Sorge für die Kinder fällt in den mittleren Ständen fast ganz der Gattin zu, und sie fühlt unter diesen tausend kleinen Dingen, die doch alle beachtet sein wollen und ihr Leben oft zu einer ununterbrochenen Kette liebevoller Aufopferungen machen, wohl auch ihr Ideal zuweilen schwinden – aber sie weiß, für was sie lebt, sie hat einen Wirkungskreis, dessen nothwendiger Mittelpunkt sie ist, und das giebt einem Frauenherzen immer Kraft und Befriedigung, den Lohn für alle Mühen und Anstrengungen. Aber in den durch Rang oder Reichthum bevorzugteren Ständen, wo das ganze Geschäft der Gattin nur darin besteht, kurze Befehle an die Dienerschaft zu geben, im Salon mit Grazie und Feinheit die Herrin zu repräsentiren, und im Uebrigen darüber nachzudenken, wie der Tag am besten sich hinbringen lasse, – was füllt hier die Seele einer Frau aus, welche nichts gelernt hat, als lieben, nichts begehrenswerth findet, als geliebt zu werden, welche es nur der Mühe werth hält zu leben, wenn sie nicht nur geliebt, sondern angebetet wird?

      Wohl giebt es eine Liebe und ein Liebesglück, die ein ganzes Leben zu dauern vermögen, wohl giebt es glückliche Ehen, in denen beide Theile durch einander beseligt und mit einander verwachsen, selbst auf den gepriesenen Liebesfrühling ihres Brautstandes zurückblicken, nicht wie auf etwas Verlornes, sondern nur wie auf das verschwimmende Morgengrauen eines schönen Erdentages, an dem sie im Sonnenscheine dauernder Liebe den Sonnenaufgang segnen, der ihnen Alles gehalten, was er versprach – aber eben dies schönste Eheleben ist kein müßiges Träumen, noch kleinliches Tändeln, es ist die Harmonie zweier Seelen, die nicht allein für einander, sondern vielmehr noch mit und ineinander für die höchsten Zwecke des Daseins leben: die gegenseitige Veredelung, ein getreues Wirken in ihrem Berufe, ein segensreiches in dem Kreise, der ihnen erreichbar. Ein solches Glück kann der Mann nur erringen, wenn er im Weibe mehr zu würdigen weiß, als was seine sinnlichen Wünsche befriedigt und das Weib nur, wenn es befähigt ist den Beruf des Mannes zu achten, und seine größeren, allgemeinen Interessen zu theilen.

      Um dieses Glück erringen zu können, СКАЧАТЬ