Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ Frevel erschien und deren Andenken erst durch die Ströme Bürger-Blut, die später überall geflossen sind und noch heute fließen, da und dort weggespült worden. Damals, als diese klangvolle Stimme den Aufgeregten zurief: »Verlasset den Boden des Gesetzes nicht!« und die, welche nach Rache schrien, überredete, nur Forderungen der Sühne zu stellen – damals zeigte es sich, wie wenig er eine »grausame Natur« sei, wie wenig »Dämonisches« in ihm war, sondern wie er allein durch seine Besonnenheit mitten in der Begeisterung und durch das Schlagende seiner Worte und Gründe allerdings eine Art von Zauber auch auf die aufgeregtesten Massen ausübte, wie keiner vor und nach ihm vermocht hat. Damals ward Blum der Held des Tages, und selbst die geldstolze Bourgeoisie Leipzigs, die bis dahin nur verächtlich gelächelt hatte über den deutschkatholischen Theater-Sekretär, brachte ihm ihre Huldigungen dar. – Ich lebte damals 2 Monate in Gohlis bei Leipzig. Ich war mit dem Entschluß hingegangen, auch Blums zu besuchen – jetzt, als sich alles zu ihm drängte, ließ es meine Bescheidenheit nicht zu. Ich schrieb zwar damals schon in den unter seiner Leitung stehenden »Vaterlandsblättern« über das Thema »Die Teilnahme der Frauen am Staatsleben ist eine Pflicht«, aber ich hatte doch nur erst in den 2 Jahren, seit ich schrieb, so geringes geleistet, daß es mir jetzt wie Anmaßung erschien, mich zu den »Helden des Tags« zu drängen. Wohl hatten mich viele gesinnungsverwandte Schriftsteller aufgesucht, aber ich selbst hatte nirgends gewagt, den ersten Schritt dazu zu tun, ich habe es immer bis zur Ängstlichkeit vermieden, mich berühmten Personen zuerst zu nähern. – So kam es, daß ich abreiste, ohne Blum gesehen zu haben. Im Frühjahr darauf schrieb er an mich und lud mich ein, zu einem Oppositionsfest nach Leipzig zu kommen – ich konnte nicht, aber es war einer meiner glücklichsten Tage, da ich diesen Brief erhielt. Wir kamen nun in Briefwechsel, zu dem vorzüglich die konstitutionelle Staatsbürger-Zeitung und sein Volkstaschenbuch, an dem er mich zur Mitarbeit aufforderte, Veranlassung gab. Ich wußte nun, daß meine Bestrebungen nach seinem Sinne waren, ja, daß er etwas auf mich hielt, und ich kann nicht sagen, wie tröstlich und erhebend mir dies Bewußtsein war, da ich damals schon viele Anfeindungen erfuhr und nebenbei noch oft nahe genug daran war, an mir selbst zu verzweifeln. –

      Im Mai 1847 zog ich für die ganze Sommer-Saison nach Gohlis. Als ich Blums besuchen wollte, fand ich ihn nicht zu Hause – man sagte mir, daß er am andern Tag auf ein paar Wochen verreise und daß ich zu ihm in die Theater-Expedition gehen solle. Als ich diese im Theater erfragt, öffnete man mir, ohne mich anzumelden, eine Tür – und ich stand R. Blum gegenüber. Er nickte grüßend mit dem Kopfe und fragte, ohne aufzustehen: »Was steht zu Dienst?« Ich wollte schon verlegen werden über diesen Empfang und sagte meinen Namen. Ich werde es nie vergessen, wie anders plötzlich sein Gesicht ward, wie er aufsprang, mir die Hände schüttelte und mich herzlich willkommen hieß. »Ja so«, sagte er nach einer Weile, sich besinnend, »wir waren ja zuletzt im Krieg miteinander, aber auch das hat mich gefreut: die Sache gilt uns mehr als die Personen, und wir scheuen für unsere Überzeugung weder Freund noch Feind.« Ich antwortete ihm, daß ich deshalb auch den Widerspruch gewagt und daß wir so beide einander mehr vertrauen könnten, als wenn er mich geschont und ich mich seiner Autorität gebeugt hätte. – Der »Krieg« war in der »Staatsbürger-Zeitung« geführt worden. Blum hatte mein »Schloß und Fabrik« darin sehr ehrend besprochen, zuletzt aber hinzugefügt: es sei eine Sünde wider das Prinzip, daß ich das Buch nicht habe 20 Bogen frei erscheinen lassen. Nun war das Buch schon deshalb konfisziert gewesen, und ich hatte seine Freigabe nur erlangt, nachdem ich mich zur Umänderung und Umdruckung einiger Stellen im 2. und 3. Band entschlossen. – Die Zensur gestattete mir aber nicht diese Tatsache zu veröffentlichen (es waren schöne Zeiten!), und mir blieb nichts übrig, als mich gegen Blums Beschuldigung »einer Sünde wider das Prinzip« damit zu verteidigen, daß ein Roman doch nur auf ein größeres Publikum wirken könne, wenn er nicht konfisziert sei, und daß ich dieser Wirkung in weiteren Kreisen einige stärkere Stellen geglaubt hätte gerade dem Prinzip: Wirkung auf die Massen, zum Opfer bringen zu müssen. – Von da an war ich viel mit Blum zusammen. [...]

       L.O.

      Zur Ermutigung

       Inhaltsverzeichnis

      Und mögt ihr mich verfolgen und verdammen

       Und wollt ihr meines Herzens Schwüre nicht,

       Weil ich nur eine schwache Jungfrau bin:

       Nicht löschen könnt ihr der Begeist'rung Flammen,

       Könnt sie nur schmähen – aber dämpfen nicht.

       Und wenn mein Herz im heißen Kampfe bricht,

       So bricht's mit Luthers Worten einst zusammen.

       »Gott helfe mir! doch anders konnt' ich nicht!«

      So rief ich 1847, als es noch sehr still in der Welt war und ich nicht wußte, ob ich nicht allein stehe mit meiner Begeisterung und meinen Bestrebungen, »zum großen Bau der Zeiten« – wie unser Schiller sagt – auch selbst »Sandkorn um Sandkorn« zu tragen – und ich wiederhole es heute nicht für mich allein, sondern im Namen Tausender von Frauen und Jungfrauen, von denen ich jetzt weiß, daß sie das gleiche Verlangen in sich tragen und demgemäß handeln.

      Es ist hier nicht der Ort, es zu wiederholen, wie seit 48 unzählige Frauen es bereits durch Wort und Tat bewiesen haben, daß sie begeistert sind für das Wohl der Menschheit und Mitarbeiterinnen der Männer, die dafür tätig. Diese Zeitung selbst hat in jeder ihrer Nrn. davon Zeugnis gegeben – und sie bestände gar nicht, wenn es nicht so wäre. Ich wiederhole nicht, was in jeder Nr. zu lesen. Das Gefühl, die Sehnsucht, auch mitzuwirken an der großen Arbeit des Jahrhunderts und bessere, menschlichere Zustände mit heraufführen zu helfen, dafür sich zu mühen im kleinen Kreis oder im großen, je nachdem er erreichbar – lebt in tausend Frauen-Herzen, und immer ruft es eines dem andern jubelnd zu: »Ich habe erkannt, was uns fehlt, was wir brauchen, ich habe es lange schon gefühlt, daß auch wir Frauen den Blick auf das Allgemeine richten und aus unserer Gesondertheit heraustreten müssen, daß wir andere, höhere Pflichten haben, als allein diejenigen, die man bisher ›weibliche‹ nannte – daß wir nicht nur Frauen sind, sondern Menschen; aber ich schwieg, weil ich meinte, allein zu stehen mit meiner Sehnsucht – und vielleicht war sie darum doch ein Irrtum; aber jetzt weiß ich: Du fühlst wie ich, und Hunderte fühlen wie wir – darum dürfen wir getrost diesem Gefühl uns überlassen und diese Sehnsucht zu befriedigen streben.«

      Und wenn es nun so ist, wenn Tausende so empfinden und sprechen, wie kommt es dann, daß im Verhältnis zu diesen immer nur so wenige auch danach handeln? Hören wir die aufrichtige Antwort: es fehlt ihnen nicht an Erkenntnis, auch nicht an jener hochfliegenden Empfindung, der man gewöhnlich den Namen Begeisterung gibt, die in bewegten Augenblicken sich wie ein Sturmwind emporschwingt, aber im nächsten schon mit gebrochnen Flügeln am Boden kriecht, statt wie die Taube ruhig und sicher auch über der tobenden Sündflut zu schweben. Es fehlt ihnen an jener allein echten und rechten Begeisterung heiliger Überzeugung und innern Müssens, die einzig standzuhalten vermag im Kampf mit der Welt, mit all den Gefahren, die da ihrer warten, an der Begeisterung, die freudig jedes Opfer bringt – ja, die wie die Liebe kaum eines kennt.

      Seien wir uns vollkommen klar darüber: die Frau, die für das Allgemeine im öffentlichen Leben wirkt, die durch ihr Wirken in weiten Kreisen bekannt und genannt wird, muß ungleich mehr Mut dazu mitbringen als der Mann, und wo es ihm leicht ist, sich Lorbeeren zu pflücken, oder wo er im schlimmsten Fall die geheiligte Domenkrone des Märtyrers auf stolz emporgehobenem Haupte trägt – hängen an ihre Füße sich giftige Schlingpflanzen und Dornen, und man flicht ihr nicht einmal aus diesen eine Krone, sondern sie drückt sie sich selbst einsam und ungesehen in das weiche, hochschlagende Herz, – und die Welt weiß kaum, was sie für sie leidet. [...]

      Wer auf seinem Lebensweg СКАЧАТЬ