Gesammelte Werke. George Sand
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Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

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СКАЧАТЬ sich ei­ni­ge Au­gen­bli­cke an der Ein­falt und an den Ant­wor­ten die­ses jun­gen Paa­res; nach­dem sie als­dann noch dem An­zo­le­to die Zeit be­stimmt hat­ten, wann er nächs­ten Ta­ges zu dem Pro­fes­sor kom­men soll­te; um sei­ne Stim­me prü­fen zu las­sen, ent­fern­ten sie sich und über­lie­ßen die Kin­der ih­rem wich­ti­gen Ge­schäf­te.

      – Wie ge­fällt euch die­ses klei­ne Mäd­chen? sag­te der Pro­fes­sor zu Zus­ti­nia­ni.

      – Ich hat­te sie vor ei­nem Weil­chen schon ge­se­hen, und ich fin­de sie häss­lich ge­nug, um das Sprich­wort zu recht­fer­ti­gen: Ei­nem acht­zehn­jäh­ri­gen Blu­te dünkt je­des Weib schön.

      – Recht so, ant­wor­te­te der Pro­fes­sor, nun­mehr kann ich euch sa­gen, wer eure gött­li­che Sän­ge­rin, eure Si­re­ne, eure ge­heim­nis­vol­le Schön­heit ist – Con­sue­lo!

      – Die­ses die­ses un­sau­be­re Ding, die­ser schwar­ze, ma­ge­re Spreng­sel? Nicht mög­lich, Mae­stro.

      – Nichts de­sto we­ni­ger wahr, Herr Graf! Sagt, wür­de sie nicht eine höchst ver­füh­re­ri­sche Pri­ma Don­na ab­ge­ben?

      Der Graf stand still, schau­te sich um, be­trach­te­te Con­sue­lo noch ein­mal von fern, und schlug dann in ko­mi­scher Verzweif­lung die Hän­de zu­sam­men. Ge­rech­ter Him­mel! rief er aus, kannst du dich so ver­grei­fen, und das Feu­er des Ge­ni­us in ein so schlecht ge­mei­ßel­tes Ge­fäße gie­ßen!

      – Also ihr ver­zich­tet auf eure straf­ba­ren Plä­ne? sag­te der Pro­fes­sor.

      – Ganz ge­wiss.

      – Ver­sprecht ihr mir das? füg­te Por­po­ra hin­zu.

      – Noch mehr, ich schwö­re es euch, ent­geg­ne­te der Graf.

      3.

      Auf­ge­schos­sen un­ter dem ita­lie­ni­schen Him­mel, er­zo­gen von dem Zu­fall wie ein Vo­gel am Stran­de, arm, ver­waist, ver­las­sen, und doch glück­lich in der Ge­gen­wart, und voll Ver­trau­en in sei­ne Zu­kunft, wie ein Kind der Lie­be, was er ohne Zwei­fel war, hat­te An­zo­le­to, die­ser hüb­sche Jun­ge von neun­zehn Jah­ren, an der klei­nen Con­sue­lo, der zur Sei­te er auf dem Pflas­ter Ve­ne­digs in volls­ter Frei­heit sei­ne Tage ver­brach­te, wohl schwer­lich sei­ne ers­te Lieb­schaft. In die leich­ten Freu­den ein­ge­weiht, die sich ihm mehr als ein­mal dar­ge­bo­ten, wür­de er viel­leicht schon ent­kräf­tet und ver­derbt ge­we­sen sein, hät­te er in un­se­rem trau­ri­gen Kli­ma ge­lebt, oder wäre er min­der reich von der Na­tur be­gabt ge­we­sen. Al­lein bei frü­her Ent­wick­lung und ei­ner kräf­ti­gen An­la­ge zu ei­ner aus­dau­ern­den Männ­lich­keit, hat­te er sein Herz rein und sei­ne Sinn­lich­keit un­ter der Herr­schaft sei­nes Wil­lens er­hal­ten. Der Zu­fall hat­te ihn mit der klei­nen Spa­nie­rin zu­sam­men­ge­führt, vor den Ma­don­nen­bil­dern, wo sie ihre An­dacht absang; aus Lust, sei­ne Stim­me zu üben, hat­te er mit ihr beim Ster­nen­lich­te gan­ze Aben­de hin­durch ge­sun­gen. Dann tra­fen sie ein­an­der auf dem San­de des Lido wo sie Mu­scheln auf­la­sen, er um sie zu es­sen, sie um Ro­sen­krän­ze und Schmuck dar­aus zu ma­chen. Dann wie­der fan­den sie sich in der Kir­che, wo sie von Her­zen zu dem gu­ten Got­te be­te­te, er mit al­len Au­gen nach den schö­nen Da­men schau­te. Und bei al­len die­sen Be­geg­nun­gen war ihm Con­sue­lo so gut, so lieb, so freund­lich, so fröh­lich vor­ge­kom­men, dass er ihr Freund und ihr un­zer­trenn­li­cher Ge­fähr­te ge­wor­den war, er wuss­te selbst nicht recht, warum und wie. An­zo­le­to kann­te von der Lie­be noch nichts als das Ver­gnü­gen. Er emp­fand Freund­schaft für Con­sue­lo, und ei­nem Vol­ke und Lan­de an­ge­hö­rend, wo mehr die Lei­den­schaf­ten als die Zu­nei­gun­gen herr­schen, wuss­te er die­ser Freund­schaft kei­nen an­de­ren Na­men als den der Lie­be zu ge­ben. Con­sue­lo ließ sich die­se Re­dens­art ge­fal­len, nach­dem sie dem An­zo­le­to fol­gen­den Ein­wand ge­macht hat­te: »Wenn du sagst, dass du mein Lieb­ha­ber bist, so wirst du mich also hei­ra­ten?« wor­auf er ihr geant­wor­tet hat­te: »Ei frei­lich, wenn dir’s recht ist, so hei­ra­ten wir ein­an­der.« Dies war dem­nach von Au­gen­blick an eine ab­ge­mach­te Sa­che. Vi­el­leicht war es von Sei­ten An­zo­le­to’s nur ein Spiel, wäh­rend Con­sue­lo mit al­lem Ver­trau­en der Welt dar­an glaub­te. Ge­wiss ist so­viel, dass sein jun­ges Herz schon jene strei­ten­den Ge­füh­le und jene ver­wor­re­nen Re­gun­gen in sich spür­te, die über­sät­tig­ten Men­schen das In­ne­re be­stür­men und zer­rei­ßen.

      Hef­ti­gen Be­gier­den Preis ge­ge­ben, ver­gnü­gungs­süch­tig, nur das lie­bend was ihn glück­lich mach­te, aber al­les was sich sei­nen Freu­den ent­ge­gen­stell­te has­send und flie­hend, durch und durch eine Künst­ler­na­tur d. h. die das Le­ben mit ei­ner er­schre­cken­den Hef­tig­keit sucht und schmeckt, fand er, dass sei­ne Liebs­ten ihm von Pas­sio­nen die ihn in der Tat nicht tief er­grif­fen hat­ten, alle Lei­den und Ge­fah­ren den­noch auf­er­leg­ten. Er be­such­te sie nun wohl von Zeit zu Zeit, wann ihn sein Ver­lan­gen trieb, ward aber im­mer wie­der ab­ge­sto­ßen durch Sät­ti­gung und Un­lust. Und als die­ser selt­sa­me Kna­be so sei­ne See­len­kraft ide­al­los und un­wür­dig ver­geu­det hat­te, emp­fand er das Be­dürf­nis ei­nes sanf­ten Um­gangs und ei­nes keu­schen, hei­te­ren Er­gus­ses. Er hät­te schon wie Jean Jac­ques sa­gen kön­nen: »So wahr ist es, dass das was uns am meis­ten an die Frau­en fes­selt, we­ni­ger die Wol­lust ist, als eine ge­wis­se An­mu­tig­keit des Le­bens an ih­rer Sei­te.«

      Ohne nun sich Re­chen­schaft zu ge­ben über das was ihn zu Con­sue­lo hin­zog, – für das Schö­ne hat­te er noch kei­nen Sinn und un­ter­schied nicht, ob sie häss­lich oder hübsch war, – Kind ge­nug um sich mit ihr an Spie­le­rei­en un­ter sei­nem Al­ter zu ver­gnü­gen, Mann ge­nug, um ihre vier­zehn Jah­re aufs ge­wis­sen­haf­tes­te zu ach­ten, führ­te er mit ihr, auf of­fe­ner Gas­se, auf den Mar­morflie­sen und den Kanä­len Ve­ne­digs, ein eben­so glück­li­ches, eben­so rei­nes, eben­so ver­bor­ge­nes und fast eben­so poe­ti­sches Le­ben wie Paul und Vir­gi­nie un­ter den Pom­pel­mu­sen ih­rer Wild­nis. Sie hat­ten eine grö­ße­re und ge­fähr­li­che­re Frei­heit als die­se Kin­der, kei­ne Fa­mi­lie, kei­ne wach­sa­men, zärt­li­chen Müt­ter die sie zur Tu­gend er­zie­hen konn­ten, kei­nen treu­en Die­ner der sie abends ge­sucht und heim­ge­lei­tet hät­te, nicht ein­mal einen Hund, um sie vor Ge­fahr zu war­nen; aber sie ta­ten den­noch kei­ner­lei Fall.