Gesammelte Werke. George Sand
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - George Sand страница 3

Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

isbn:

СКАЧАТЬ

      – Bö­se­wicht! sag­te die Clo­rin­da, in­dem sie dem Sing­meis­ter ein hüb­sches bö­ses Ge­sicht mach­te und ihm mit dem Stie­le ih­res Fä­chers einen lei­sen Schlag auf die kno­chi­gen und ge­run­zel­ten Fin­ger gab, wel­che noch aus­ge­streckt auf der Cla­via­tur der Or­gel ru­he­ten.

      – Kommt mit! sag­te der alte Pro­fes­so­re mit dem er­fah­re­nen und ru­hi­gen We­sen ei­nes Man­nes, wel­cher seit vier­zig Jah­ren sechs Stun­den täg­lich alle Lau­nen und Schel­me­rei­en ver­schie­de­ner Ge­ne­ra­tio­nen von weib­li­chen Zög­lin­gen zu be­ste­hen hat. Er steck­te sei­ne Bril­le in das Fut­te­ral und sei­ne Ta­baks­do­se in die Ta­sche, ohne nach dem ei­fern­den und spot­ten­den Schwar­me auf­zu­bli­cken. Wahr ist es den­noch, setz­te er hin­zu, je­nes wohl­ge­sit­te­te, lern­be­gie­ri­ge, flei­ßi­ge, gute Kind, von dem ich sag­te, das sind Sie nicht, Si­gno­ra Clo­rin­da; und Sie nicht, Si­gno­ra Co­stan­za; Sie auch nicht, Si­gno­ra Zu­li­et­ta; die Ro­si­na eben so we­nig; und die Mi­che­la noch we­ni­ger …

      – Dann bin ich’s … Nein, ich!… – Gar nicht, ich! … – Ich! – Ich! – rie­fen mit ih­ren flö­ten­den oder schnei­den­den Stim­men fünf­zig Blon­di­nen und Brü­net­ten und war­fen sich wie ein Flug Mö­ven auf eine arme Mu­schel, die das eb­ben­de Meer auf dem Stran­de im Trock­nen zu­rück­ge­las­sen hat.

      Die Mu­schel, näm­lich der Mae­stro (und für­wahr, kein tref­fen­de­res Gleich­nis lie­ße sich für ihn er­den­ken, mit sei­nen ecki­gen Be­we­gun­gen, sei­nen schil­lern­den Au­gen, sei­nen rot­ge­fleck­ten Ba­cken und be­son­ders sei­ner wei­ßen, sich in tau­send stei­fen, spit­zi­gen Löck­chen kräu­seln­den Per­rücke), der Mae­stro, sag’ ich, drei­mal wie­der auf die Or­gel­bank zu­rück­ge­drückt, so oft er sich er­hob um hin­weg­zu­ge­hen, aber im­mer ru­hig und un­er­schüt­tert, ganz wie eine von den Stür­men ge­wieg­te und ab­ge­här­te­te Mu­schel, ließ sich lan­ge bit­ten; dass er die­je­ni­ge sei­ner Schü­le­rin­nen nen­nen möch­te, wel­che er, mit sei­nen Lob­sprü­chen sonst so karg, dies­mal da­mit über­häuft hat­te. End­lich, in­dem er tat, als ob er den Bit­ten, die sei­ne Schlau­heit her­vor­ge­ru­fen, nur mit Wi­der­stre­ben wi­che, griff er nach dem Ma­gis­ter­sta­be, der ihm zum Takt­schla­gen diente, und trenn­te und teil­te mit­tels des­sel­ben sei­nen un­dis­zi­pli­nier­ten Hau­fen in zwei Rei­hen ab. End­lich schritt er zwi­schen die­sem dop­pel­ten Spa­lie­re leich­ter Köpf­chen hin­durch und blieb am Ende des Or­gel­cho­res vor ei­nem klei­nen We­sen ste­hen, das, die El­len­bo­gen auf die Knie ge­stützt, die Fin­ger in den Ohren, um nicht von dem Lärm ge­stört zu wer­den, sei­ne Auf­ga­be halb­laut, um nie­man­den zu stö­ren, ler­nend, und zu­sam­men­ge­bückt wie ein Äff­chen, auf ei­ner Stu­fe saß; mit fei­er­li­cher und tri­um­phie­ren­der Mie­ne blieb er ste­hen, den Fuß und den Arm vor­ge­streckt, wie Pa­ris der den Ap­fel reicht, hier nicht der Schöns­ten, aber der Folg­sams­ten.

      – Con­sue­lo? die Spa­nie­rin? rie­fen in der ers­ten Über­ra­schung die jun­gen Cho­ris­tin­nen wie aus ei­nem Mun­de, dann brach ein all­ge­mei­nes, ho­me­ri­sches Ge­läch­ter aus und lock­te die Röte des Ver­drus­ses und des Zor­nes auf die ma­je­stä­ti­sche Stirn des Leh­rers. Die klei­ne Con­sue­lo, de­ren ver­stopf­te Ohren von der gan­zen Un­ter­re­dung nichts ge­hört hat­ten, und de­ren zer­streu­te Au­gen aufs Ge­ra­te­wohl um­her­blick­ten ohne et­was zu se­hen, so ver­tieft war sie in ihre Ar­beit, – Con­sue­lo merk­te An­fangs nicht im ge­rings­ten auf all den Tu­mult, und als sie end­lich die Auf­merk­sam­keit wahr­nahm, wel­che sie er­regt hat­te, ließ sie ihre Hän­de aus den Ohren auf ih­ren Schoß und ihr Heft von ih­rem Scho­ße auf die Erde fal­len; starr vor Er­stau­nen saß sie da, ver­wirrt nicht, doch ein we­nig er­schreckt, und zu­letzt stand sie auf und blick­te hin­ter sich, um zu se­hen, ob etwa dort ir­gend et­was Son­der­ba­res oder Lä­cher­li­ches wäre, das statt ih­rer zu ei­ner so lär­men­den Lus­tig­keit An­lass ge­ben moch­te.

      – Con­sue­lo, sag­te der Mae­stro, in­dem er sie ohne wei­te­re Er­klä­rung bei der Hand nahm, komm her, mein gu­tes Kind, und sin­ge mir das Sal­ve Re­gi­na von Per­go­le­se, das du seit vier­zehn Ta­gen übst und wor­an die Clo­rin­de schon ein Jahr lernt.

      Con­sue­lo ging, ohne zu ant­wor­ten, ohne Furcht, ohne Stolz, ohne Ver­le­gen­heit, mit dem Sing­leh­rer an die Or­gel; die­ser setz­te sich und gab mit tri­um­phie­ren­den Bli­cken sei­ner jun­gen Schü­le­rin den Ton an. Rein, ein­fach, ohne An­stren­gung sang Con­sue­lo und es klan­gen un­ter den tie­fen Wöl­bun­gen der Ka­the­dra­le hin die Töne der schöns­ten Stim­me, die je­mals dort er­schol­len war. Sie sang das Sal­ve Re­gi­na ohne sich des kleins­ten Ge­dächt­nis­feh­lers schul­dig zu ma­chen und ohne einen Ton zu wa­gen, der nicht un­ta­del­haft rein und voll ge­riet und im­mer am rech­ten Orte aus­ge­hal­ten oder los­ge­las­sen; sie folg­te nur ganz wil­len­los, aber mit der größ­ten Pünkt­lich­keit den An­wei­sun­gen, wel­che der ein­sich­ti­ge Leh­rer ihr ge­ge­ben hat­te, und führ­te mit ih­ren ge­wal­ti­gen Mit­teln die wohl­be­dach­ten und rich­ti­gen In­ten­tio­nen des treff­li­chen Man­nes aus; so leis­te­te sie mit der Uner­fah­ren­heit und Un­be­wusst­heit ei­nes Kin­des was wohl Kennt­nis, Fer­tig­keit und Be­geis­te­rung ei­ner vollen­de­ten Sän­ge­rin nicht voll­bracht hät­ten: sie sang mit Voll­kom­men­heit.

      Recht gut, mein Kind, sag­te der alte Meis­ter, der mit sei­nem Lobe stets spar­sam war. Du hast mit Auf­merk­sam­keit stu­diert und du hast mit Be­wusst­sein ge­sun­gen. Das nächs­te Mal sollst du mir die Can­ta­te von Scar­lat­ti wie­der­ho­len, die ich dir ein­ge­übt habe.

      – Si, Si­gnor Pro­fes­so­re, ant­wor­te­te Con­sue­lo. Kann ich nun ge­hen?

      – Ja, mein Kind. Mes­de­moi­sel­les, die Stun­de ist aus.

      Con­sue­lo nahm ihre Hef­te, ih­ren Blei­stift und ih­ren klei­nen Fä­cher von schwar­zem Pa­pier, den ste­ten Beglei­ter der Spa­nie­rin wie der Ve­ne­zia­ne­rin, den sie zwar fast nie­mals brauch­te, aber im­mer bei sich hat­te, und tat das al­les in einen klei­nen Ko­ber. Dann ver­schwand sie hin­ter den Or­gel­pfei­fen, schlüpf­te be­händ wie ein Mäu­schen über die dunkle Trep­pe, die in die Kir­che hin­ab­führt, knie­te an dem Mit­tel­schiff vor­über­ei­lend einen Au­gen­blick nie­der, und eben als sie die Kir­che ver­las­sen woll­te, traf sie bei dem Weih­was­ser einen schö­nen Herrn, wel­cher ihr lä­chelnd den We­del reich­te. Wäh­rend sie nahm, schau­te sie ihm ge­ra­d’ ins Ge­sicht mit der Un­be­fan­gen­heit ei­nes klei­nen Mäd­chens, das sei­ne Weib­lich­keit noch nicht weiß und fühlt, und misch­te so ko­misch ihre Be­kreu­zi­gung mit ih­rem Dank, dass der jun­ge Herr zu la­chen an­hob. Con­sue­lo lach­te eben­falls; aber auf ein­mal, als ob es ihr ein­fie­le, dass sie er­war­tet wer­de, fing sie an zu lau­fen und hat­te im Au­gen­bli­cke Tür­schwel­le, Stu­fen und Vor­hal­le der Kir­che hin­ter sich ge­las­sen.

      Un­ter­des­sen steck­te der Pro­fes­sor sei­ne Bril­le zum zwei­ten Male in sei­ne große Wes­ten­ta­sche, und sprach da­bei zu den Schü­le­rin­nen, wel­che ihn schwei­gend um­ga­ben:

      – Schä­men Sie sich, mei­ne schö­nen De­moi­sel­les! sag­te er. Die­ses klei­ne Mäd­chen, СКАЧАТЬ