Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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СКАЧАТЬ und faßte damit ein etwas, das wie eine dunkle Säule in den Himmel hineinragte.

      »Wen haben wir hier?«

      Ein anderes Boot steuerte dicht an ihm vorbei. Der Schiffer, welcher darin saß und die Worte hörte, rief ihm zu:

      »Bist du mondblind, daß du den Baum nicht siehst, den du mit beiden Händen festhältst?«

      »Wahrhaftig. Es ist der Baum, unter welchem Jakob Maifisch seine Pfeife raucht, wenn er nichts zu tun hat.«

      »So tue ich,« sagte der Mann in dem andern Boote. »Aber jetzt gibt es viel zu tun und du kannst auch Hand mit anlegen, statt hier müßig zu lungern. Frisch heran und siehe zu, wo es Menschen zu retten gibt, die im Wasser umherpatschen und nicht schwimmen können.«

      »Hurra für Jan Blaufink!« rief er aus, indem er an mehreren Booten vorüberflog, »Da bin ich mitten auf den Vorsitzen. Holla Ahoi! Gebt Antwort! Wer kann mich brauchen? Hier herum ist auch das Haus des Elias Brammer. Dahin will ich zuerst.«

      Die bezeichnete Stelle wurde glücklich gefunden. Die Gewalt des Wassers hatte die kaum eingeklinkte Haustüre eingedrückt und die Flut strömte unaufgehalten aus und ein.

      »Da kann ich den Elias Brammer einmal im Boot besuchen!« rief er, indem er der Jolle die nötige Richtung gab und sich niederduckend, schwamm er in das Haus hinein, gegen den Ladentisch anprallend.

      »Holla Ahoi!« schrie er, so laut er konnte. »Ist denn niemand hier?«

      Ein leises Wimmern erklang als Antwort von dem breiten Sims über der Haustür. Er hörte es nicht. Es war Lenes banger Angstruf.

      »Seid ihr hier im Hause alle tot, oder seid ihr davongelaufen?« rief er und horchte.

      Ihm wurde selbst bange in dieser Finsternis, wo niemand antwortete und nur das gegen die Fässer und Tonnen anprallende Wasser dumpf brauste.

      »Holla! Noch einmal! Ich bin es! Jan Blaufink! Hört Ihr den Jan Blaufink nicht?«

      Er horchte schärfer, und nun vernahm er den klagenden, ächzenden Ton. Die zurückrollende Welle trug ihn in die Nähe des Simses. Ein Blitz zerriß die Wolken und leuchtete schwach durch die Scheiben des Türfensters. Er sah, daß sich da oben etwas bewegte.

      »Wer ist da auf dem Sims?« rief er und horchte scharf hin.

      »Ich bin es! Ich! Lene!« klang es von oben herunter. »Hilf mir!«

      »Herr Jesus, die Lene!« rief er aus und das Blut stieg ihm so sehr zu Kopf, daß er einen Augenblick lang nichts sah und hörte. Aber bald kehrte die Besonnenheit zurück und er rief ihr zu:

      »Halte dich fest, Lene! Einen Augenblick noch. Zu dir hinauf kann ich nicht, sonst treibt mir die Jolle unter den Füßen fort. Aber ich will versuchen, sie irgendwo zu befestigen, damit sie still liegt.«

      Nach vielen vergeblichen Bemühungen gelang es ihm, eine eiserne Klammer zu entdecken, die in die Wand hineingetrieben war. Er zog die Fangleine durch dieselbe und rief fröhlich:

      »Nun bin ich dicht unter dir, Lene. Aber lange darf es nicht dauern, sonst wirft das Wasser die Jolle gegen die Mauer und kentert sie. Frisch, Lene, springe herunter. Ich sehe dich deutlich vor mir und fange dich mit meinen Armen auf.«

      Das zitternde Mädchen zögerte.

      »Schnell, Lene! Besinne dich nicht, sonst ist es zu spät dazu.«!

      Eine neue Welle rollte heran und hob die Jolle hoch in die Höhe.

      »Jetzt! Jetzt!« rief er. »Du sollst und mußt springen, Lene!«

      »Jan! Jan! Halte mich!« rief sie mit vor Angst erstickter Stimme.

      »Hurra! Da habe ich sie!« jauchzte er auf und legte sie platt auf den Boden des Fahrzeuges nieder. »Nun liege du recht still. Naß ist das Bett zwar, aber sicher. In einer halben Stunde bist du im Trocknen.«

      Er nahm eine günstige Gelegenheit wahr, um aus dem Hause und in das Freie zu gelangen. Nach einiger Anstrengung gelang es, und tüchtig mit dem Bootshaken nachschiebend, war er im Fahrwasser der Straße.

      Die Kanonen auf dem Johannes-Bollwerk schwiegen seit kurzem. Auch der Regen hatte nachgelassen und der Wind riß die Wolken auseinander. Es war nicht mehr das Chaos wie vorhin.

      Jan erreichte den Baum, welcher den Ruheplatz des Jakob Maifisch bezeichnete. Der wackere Jollenführer hatte nach schwerer Arbeit für einen Moment beigelegt. Der aufdämmernde Tag gestattete ihm, die Gegenstände zu erkennen, die ihm nahe kamen, und er rief:

      »He! Holla! Ist das nicht Hans Kramer seine Jolle, die da herankommt?«

      »Sie ist es. Und ich, der Jan Blaufink, bin ihr Steuermann.«

      »Stückgut an Bord, mutmaße ich.«

      »Ein Kolli nur, aber ein lebendiges. Sei geduldig, Lene. Wir sind gleich in Sicherheit. Jakob Maifisch, wollt Ihr mir eine Hand leihen?«

      »Zwei, mein Junge. Uebrigens ist das Wasser im Fallen. Es sackt allmählich um einen halben Fuß. Was soll es geben?«

      »Ich will die Lene landen und zu meiner Mutter bringen. Tut mir den Gefallen, so lange auf die Jolle zu achten, bis ich wiederkomme.«

      »Die Jolle soll bewacht werden, als ob es meine eigene wäre!« sagte Jakob Maifisch. »Geh du getrost deines Weges und laß die kleine Mamsell ins Bett bringen. Sie zittert vor Frost an allen Gliedern.«

      »Noch ein paar Minuten, Lene! Ein Hurra für ein warmes Bett! Hier können wir aussteigen. Da ist die Fangleine, Jakob Maifisch. Nimm meine Jolle ins Schlepptau.«

      Jan Blaufink schwang sich aus der Jolle, trug die Lene vor sich her auf den Armen und sprach tröstende Worte zu ihr.

      Eine halbe Stunde später lag sie in dem Bette der Frau Rosmarin und war sanft eingeschlafen. Die Mutter legte ihre Hand auf den Kopf des Sohnes und sagte:

      »Gott segne dich für diese Tat, mein teures Kind. Du hast auf das Haupt des Mannes, der dir übel wollte, feurige Kohlen gesammelt.«

      »Wenn sie ihm nur nicht zu sehr brennen,« entgegnete Jan Blaufink. »Aber nun will ich machen, daß ich wieder zu Hans Kramer an Bord komme. Gott Gnade bei der ersten Wetterbö, die auf mich herabhagelt, wenn ich das Deck betrete. Aber das tut nichts. Wenn ich auf der Stelle hätte sterben müssen, ich wäre doch gegangen. Schwer lag es auf meiner Brust; es drückte mir fast das Herz ab. Aber nun atme ich leicht und frei. Behüte dich Gott, liebe Mutter. Gib der Lene einen tüchtigen Schluck Warmbier zu trinken und einen Kringel zum Zubeißen gib ihr auch.«

      »Sei ohne Sorgen, mein Kind. Ich werde nichts vergessen. Du siehst ja, die gute Jungfer Mewes steht schon am Herd.«

      »Hat Sie etwas Warmes, Jungfer Mewes?« fragte Jan Blaufink, zu dieser eilend. »Dann tue Sie ein gutes Werk und gebe Sie mir einen Schluck ab. Habe es allenfalls auch nötig.«

      Jungfer Mewes, die bei so früher Tageszeit zwischen Wachen und Träumen sich befand, indem sich Regen und Sonnenschein noch um die Herrschaft stritten, schob ihm ein Töpfchen hin, dessen geringer Inhalt auch dem Bescheidensten СКАЧАТЬ