Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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СКАЧАТЬ einmal geschehen und ich bin dein Bräutigam, der dir befiehlt, bei ihm zu bleiben. Ueber den Scharmarkt kommen wir noch und das Haus meiner Mutter ist sicher vor jeder Sturmflut.«

      »Ach Gott! Ach Gott! Wie wird das Kind sich ängstigen. Nein! Nein! Ich bleibe nicht bei dir!«

      Und neuerdings leistete sie ihm ohnmächtigen Widerstand.

      »Schnickschnack!« rief der junge Mann, umfaßte die Dirne trotz ihres Sträubens mit starken Armen und trug sie davon.

      Die Katharine war die Magd in dem Hause des Elias Brammer. Die Mutter hatte bei der Abfahrt nach Wandsbeck dieser Magd die Lene auf die Seele gebunden und sich von ihr feierlich versprechen lassen, daß sie das Haus nicht einen Augenblick verlassen wolle. Nun hatte sie doch dem Drange nicht widerstehen können, im Fluge einige Worte mit dem Bräutigam zu wechseln, welcher in der Nähe seine Werkstatt hatte. Sie war fort, und Sturm, Wolkenbruch und Springflut verschworen sich, die Rückkehr zu verhindern.

      Der Quartiersmann, welcher vorübergehend in dem Brammerschen Hause, sowie in dessen Lagerkeller arbeitete, war bei guter Zeit weggegangen. Er half dem Lehrjungen, die Ladenfenster schließen, und als dieser ihn fragte, ob er wohl auf eine Stunde seinen Vater besuchen könnte, meinte er im Gehen vor sich hinschmunzelnd:

      »Wenn die Katze nicht zu Hause ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.«

      Der Lehrbursche fühlte etwas von der Natur einer Maus in sich, darum setzte er über den Ladentisch weg und schlüpfte zur Tür hinaus. Die Katharine war ja im Hause.

      Aber die Katharine blieb nicht darin, sondern eilte zu ihrem Lorenz, nur um ihm einen guten Abend zu bieten, und die Lene war allein; in der weiten dunklen Hinterstube ganz allein.

      Mehrfache Schüsse hallten von dem Johannis-Bollwerk über den Strom hin. Schreckens-Signale, die das immer höhere Steigen des Wassers verkündeten. Es schäumte bereits durch die Straßen, schwemmte die vor den Kellern aufgeworfenen Sandhaufen fort, drückte die Schotten ein und stürzte die Treppen hinab.

      Der unerwartete Abfluß, welcher an vielen Stellen zugleich stattfand, bewirkte ein eben so schnelles Fallen des Wassers und das Pflaster wurde wieder bloßgelegt. Aber nur für wenige Minuten hielt diese Wendung der Dinge an. Neue Wassermassen drangen in die Stadt hinein. Zoll um Zoll stiegen die Fluten an den Häusern empor und einzelne Schaumperlen flogen bereits gegen die Fenster des Erdgeschosses.

      Lene hielt es in der Hinterstube nicht aus. Sie irrte in der Wohnung umher. Sie wußte sich in ihrer Angst nicht zu lassen. Ueber der Haustür war ein breites Fenster angebracht, durch welches die Diele das nötige Licht empfing. Ueber diesem Fenster befand sich ein breiter Sims, der zur Aufstellung mancher Waren benutzt wurde, um die Vorübergehenden zum Kaufe anzulocken. Eine bewegliche Leiter führte zu diesem Sims hinauf. Vergebens rief Lene mit steigender Angst nach der Magd und dem Lehrjungen. Als noch immer keine Antwort erfolgte, wagte sie es, die schwankende Leiter zu besteigen und durch das Fenster auf die Straße zu sehen, ob sie vielleicht einen von den beiden dort finden und errufen könne.

      Aber sie entdeckte keinen. Sie sah nur eine schwarze, undurchdringliche Nacht vor sich, durch ein schwaches Blitzen auf Sekunden erhellt. Sie hörte nur das Niederrauschen des nicht endenwollenden Regens und das Brausen der gegen die Häuser anbrandenden Wellen. Das Kind zitterte am ganzen Leibe, drückte den Kopf gegen die Scheiben und weinte still vor sich hin.

      Kein Schiff im Hafen, dessen Mannschaft nicht alert war. Laternen flogen auf den Verdecken hin und her. Man mußte überall nachsehen, ob der Rumpf des Schiffes nicht irgendwie einer Gefahr ausgesetzt wäre. Die Flut war noch im Steigen und die Fahrzeuge wurden so hoch von dem Strom gehoben, daß sie fast mit den zunächst liegenden Straßen in gleicher Höhe lagen. Es gewährte einen unheimlichen Anblick, daß nun, statt zu den eingerammten Pfählen, woran die Schiffe befestigt lagen, hinaufzusehen, jetzt deren Kopfenden mit dem Verdeck in gleicher Linie lagen.

      Schiffer Hans Kramer ging unruhig auf und ab. Er war besorgt für sein Schiff und noch mehr für die darin befindliche Ladung, die seiner Sorge anvertraut war. Es durfte nur eines der Kabel reißen, welche den Vorder- oder Hinterteil hielten, und der Strom hatte sein freies Spiel. Die schwersten Havarien standen zu befürchten.

      »Holla Ahoi! Hi! Ho! Hi!« erschallte es von dem Mitteldeck her, und mit der Laterne in der Hand sprang Jan Blaufink zu dem Schiffer, indem er sagte:

      »Fest wie Eisen, Herr, Ihr könnt Euch unbedenklich eine Stunde aufs Ohr legen. Der Frau Margarete schadet es nicht. Der Galiotschiffer vor uns hat auch eben die Hälfte seiner Leute unter Deck geschickt.«

      »Wäre mir wie schlafen. Kannst du vielleicht die Augen nicht mehr aufhalten? Dann marsch mit dir in den Roof.«

      »Nein, Herr; aber Ihr könnt mir erlauben, eine Viertelstunde vom Bord zu gehen.«

      »Vom Bord? In dieser dunklen Nacht? Hast du den Verstand verloren?«

      »Habe ihn vollständig beisammen, Herr. Aber es ist Gefahr im Verzuge. Laßt mich gehen.«

      »Du bleibst.«

      »Jenseits des Schlengels liegt unsere Jolle und kann jeden Augenblick in Stücke gehen, wenn die Welle sie gegen einen der scharfkantigen Balken wirft. Mich wundert, daß sie noch zusammenhält.«

      »Der Donner fährt dem Niklas auf den Kopf, der die Jolle dahinlegte,« fuhr Hans Kramer auf. »Das Ding ist mir lieb, denn ich habe beim Bau selbst eine Hand mit angelegt. Aber ein Menschenleben ist mir noch lieber. Du bleibst.«

      Jan Blaufink zog sich schweigend zurück. Er näherte sich dem Fallreep, kletterte die Sturmleiter herunter und faßte festen Fuß auf den Schlengels. Mit klopfendem Herzen betrat er das unter seinen Füßen schwankende Balkennetz, welches die Flut bald hob, bald senkte, bald es gegen die Duc d'Alben schleuderte, daß es laut krachte und in tausend Stücke zu zerbrechen drohte.

      Endlich erreichte er die mehrere Schritte entfernt liegende Jolle und bestieg dieselbe. Er löste das Fangtau und suchte mit dem Bootshaken sich aus den vielen anderen Jollen, welche vor und neben derselben lagen, herauszuschieben. Es gelang ihm, auf die freie Fahrstraße zu kommen, und er wollte nun längs der »Vrouw Margarethe« anlegen. Aber dazu gebrach ihm die Kraft. Das Ruder war zu schwach, um der Gewalt des andringenden Stromes zu widerstehen. Statt sein Schiff zu erreichen, entfernte er sich immer weiter von demselben. Nach mehreren vergeblichen Versuchen stellte er die Arbeit ein und sagte vor sich hin:

      »Mag es denn sein. Ich suche mir einen sicheren Platz und bleibe dort liegen. Mag der Alte brummen, wenn ich mit Tagesanbruch an Bord komme; was tuts? Die Jolle ist geborgen.«

      Er ließ sich von der Flut tragen und lenkte das Fahrzeug nur dann mit dem Ruder, wenn er befürchten mußte, gegen etwas anzustreifen. Der Baum, der den innern Hafen von dem äußern trennt, war geöffnet und die daselbst aufgepflanzten Laternen brannten hell. Das Auge hatte sich nach und nach an die Dunkelheit gewöhnt und er vermochte, die einzelnen Gegenstände zu unterscheiden.

      »Nun bin ich durch den Baum geschlüpft und der Visitator hat nichts gemerkt,« kicherte er in sich hinein. »Glaube, daß ich gut tue, nach dem Jakob Maifisch seiner Ecke zu steuern. Da liegt es am sichersten.«

      Einige rasche Schläge mit dem Ruder brachten die Jolle in die angegebene Richtung. Aber die Ecke des Jakob Maifisch zeigte sich nicht und plötzlich rannte die Jolle mit solcher Kraft an einen Gegenstand an, daß Jan Blaufink fast über Bord gestürzt wäre.

      »Hallo Ahoi! Wen haben wir hier!« rief er überrascht und nur СКАЧАТЬ