Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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       Inhaltsverzeichnis

      Holländisch-Guayana!

      Ein anderer Himmel wölbt sich über diese Küste, als über jenen Dünenstrand, der sich an beiden Seiten der Elbmündung ausdehnt. Dort mannigfaltig wechselnde Wolkenbildung, bald tiefschwarz, bald graufeuchter Nebel, nach der Richtung des Windes sich fortschiebend in rastloser Bewegung. Hier sonnig-hell, durchsichtig-blau in steter Gleichheit. Dort fliegt über die Düne weg die krächzende Möwe und die schnatternde Eidergans; hier steuert hoch im ewigen Blau der schwarzglänzende Fregattenvogel und der prächtigstrahlende Flamingo.

      Aus dem weiten Becken des Ozeans steuern die Schiffe dem Festlande von Guayana zu und segeln in die Mündung des Surinam ein, bis hinaus an die Hafenwerke von Paramaibo. In diesen Straßen wird der Weltmarkt gehalten, den Alt-Niederland mit solchem Geschick und mit solchem Erfolge zu betreiben weiß, daß seine Nebenbuhler auf diesem Boden, die Franzosen und die Engländer, neidisch werden und im offnen, wie im versteckten Kampfe gegen die Mynheers zu Felde ziehen.

      Aber fest wie seine Deiche im Mutterlande steht der Holländer an den Ufern des Surinam und läßt die Wellen zu seinen Füßen schäumen und branden. Die Intrige erlahmt an dieser kaltblütigen Zähigkeit und immer weiter wogt das Leben in der Kolonialstadt, die trotz der Palmen, die es umgürten, ein täuschendes Abbild altholländischer Regelmäßigkeit und Reinlichkeit ist. Die Stadt wird nach allen Richtungen hin von Kanälen durchschnitten. Statt mit glattpolierten Steinen sind die Straßen mit farbigen Muscheln gepflastert, und die Forts, welche Stadt und Strom beschützen, erinnern durch ihre Namen Zeeland und Amsterdam an die Heimat im fernen Norden.

      Frankreich und England sind zwei Kämpfer, denen Holland sich ebenbürtig fühlt. Aber ein dritter lauert von ferne und bringt die kaltblütigen Mynheers außer Fassung. Das sind die Maronneger, die sich in den Wäldern sammelten. Flüchtlinge von allen Enden und Ecken, die hier zusammenströmten, einen Freistaat gründeten und auf Tod und Leben für ihre Unabhängigkeit kämpften.

      Zwei Mynheers, die sich begegneten, schüttelten sich die Hand und erkundigten sich der Reihe nach zuerst nach dem Preise des Kakao und dann nach der werten Gesundheit. Der ältere von ihnen war als junger Mann von Rotterdam hierher verschlagen und hatte sich einen eigenen Herd gegründet. Vierzig Jahre atmete er die tropische Luft, aber noch immer war der alte Geist in ihm lebendig und er fühlte sich erst ganz glücklich, wenn er daheim, umgeben von allen tropischen Herrlichkeiten, seinen Tee trank und aus der langen Tonpfeife wirklichen holländischen Knaster dazu rauchte.

      Der jüngere war in Surinam geboren, und wenn er auch von dem Phlegma seiner Eltern nicht unberührt blieb, rollte doch das Blut leichter in den Adern und hieß ihn Sprünge wagen, die nicht selten das Kopfschütteln des älteren Geschäftsfreundes hervorriefen.

      »Freut mich, Mynheer Jantzen, Euch gesund und munter zu sehen,« sagte der jüngere und lüftete den Hut.

      »Dank Euch, Mynheer van dem Bosche,« lautete die Antwort. »Wünsche Euch Glück zu dem gestrigen Handel.«

      »Pah! Sechstausend Gulden, Mynheer Jantzen. Was will das sagen? Ihr streicht in demselben Zeitraum das Doppelte ein, wenn nicht ...«

      Er hielt inne; mit Absicht, wie es schien. Mynheer Jantzen vermerkte es übel und sagte:

      »Ihr meint, die Maronneger, welche meine Pflanzungen verwüsteten und diese neuerdings bedrohen, wenn ich nicht einen Vergleich mit ihnen eingehe? Es ist nicht großmütig, mich daran zu erinnern, daß die Bestien mir tausend Gewürznelken- und Zimtbäume mit Stumpf und Stiel verbrannten und daß unser Gouvernement zu schwach ist, mir die Genugtuung zu verschaffen, welche ich zu fordern berechtigt bin.«

      »Nehmt es nicht so ernsthaft,« bat Mynheer van dem Bosche. »In dem Verhältnis, wie wir zusammen stehen, kann ein solches Wort nicht beleidigen. Ihr habt Eure Pflanzung glänzend wieder hergestellt. Darf ich so frei sein, mich nach dem Befinden der Jungfrau Flortje zu erkundigen?«

      Der Pflanzer hörte nicht darauf, sondern fuhr in seiner Weise fort:

      »Meine Pflanzung ist wiederhergestellt, sagt Ihr? Ja! Aber doch nur so lange; als es diesen verfluchten Negern gefällt! Ist das ein Gouvernement, welches seine Insassen nicht schützen kann, die alle Steuern und Lasten tragen? Ist es nicht ein Schimpf ohne Ende, daß ein Neger einem Holländer Vergleiche anbietet und einen Tribut von ihm fordert?«

      Da wallte auch das Blut des jungen Herrn van dem Bosche auf, und dem Kaufmann beipflichtend, rief er aus:

      »Ja, eine Sünde und eine Schande ist es. Warum trat man nicht gleich dem anfangs unscheinbaren Wurm auf den Kopf? Jetzt ist er zur Riesenschlange geworden, die uns zerdrückt, wenn es ihr in den Sinn kommt. Wo bleibt der Tribut, den diese schwarzen Hunde zu zahlen versprachen? Wir müssen am Ende noch Gott danken, daß sie keinen von uns beitreiben.«

      »Herr van dem Bosche!« sagte Mynheer Jantzen in einem strafenden Tone. »Ihr tut nicht wohl daran, mit Dingen einen Scherz zu treiben, die jeden Tag zum blutigen Ernste werden können. Wer will sie hindern, bei Nacht und Nebel aus ihren Wäldern hervorzubrechen, Paramaibo von allen Seiten anzugreifen und in Asche zu legen? Etwa die beiden Piketts in dem Judendorfe Savanna? Oder die Militärposten von Vredensborg?«

      »Ihr geratet allzusehr in Eifer, Mynheer,« sagte begütigend van dem Bosche. »Euere Tochter wird mit mir schelten, weil ich es zugegeben habe, daß Ihr Euch unnötig aufregt. Faßt frischen Mut, Mynheer, und vertraut dem Baron Eberhard.«

      »Dem hergelaufenen Deutschen, der Hauptmann bei unserer Miliz ist und sich den reichen Sold wohl bekommen läßt? Sein Baronstitel mag leicht das Beste an ihm sein.«

      »Das dürft Ihr nicht behaupten, Mynheer. Baron Eberhard ist, wie ich von mehreren Seiten höre, ein tüchtiger Soldat. Der Gouverneur hat es selbst mehrere Male anerkannt, daß er unserer Kolonie in dem Kampfe gegen die Maronneger wesentliche Dienste geleistet hat.«

      Mynheer Jantzen stieß einige unartikulierte Töne aus, wie er zu tun pflegte, wenn er nicht wußte, was er sagen sollte. Auf dem Platze am Hafen, wo diese Unterhaltung stattfand, gab sich eine augenblickliche Bewegung kund. Ein ziemlich großer Herr, in strammer, militärischer Haltung, einen leichten Strohhut aus dem Kopf und in blendend weißer Kleidung, kam von der Richtung des Gouvernements-Palastes her und wurde von den Vorübergehenden mit Ehrerbietung begrüßt. Mancher, der ihm näher stand, fügte zu dem stummen Gruße ein höfliches Wort und empfing ein gleiches als Antwort.

      Auch Mynheer van dem Bosche zog den Hut und fragte:

      »Mit Wohlnehmen des Herrn Barons möchte ich fragen, wohin die Reise geht?«

      »Wenn es nach meinem Willen ginge, mit tausend Mann gegen die Maronneger,« antwortete der Baron im Vorübergehen. »Allein Seine Exzellenz sind anderer Meinung und wollen mich nicht exponieren nach dem neulichen Fieberanfall, von dem ich noch nicht ganz hergestellt bin, wie sein Arzt behauptet. Wenn ich nun nicht selbst schlagen kann, will ich mindestens schlagen sehen und darum gehe ich in das Theater.«

      »Was für leichtsinnige Reden das sind!« polterte Mynheer Jantzen. »Meint er, daß die achtbaren Leute, die in das Theater gehen, sich bei den Köpfen kriegen werden, um ihm einen Gefallen zu tun?«

      »So war es nicht gemeint,« entgegnete van dem Bosche. »Die holländische Truppe, welche vor vierzehn Tagen hier ankam, beginnt heute ihre Vorstellungen und gibt das ›Torfschiff zu Breda‹. Ein echt patriotisches Stück! Sollen wir СКАЧАТЬ