Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
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3.3 Schriftlicher Bericht des Hauptaktionärs
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§ 327c Abs. 2 S. 1 AktG verpflichtet den Hauptaktionär dazu, der HV gegenüber einen schriftlichen Bericht zu erstatten. Dieser Bericht muss die Voraussetzungen des Squeeze out darlegen und die Angemessenheit der Barabfindung erläutern und begründen. Der Bericht braucht diese Umstände lediglich zu behaupten; ein Beleg – etwa durch umfangreiche Anlagenkonvolute – ist entbehrlich. Soweit der Bericht allerdings sachlich unzutreffend sein sollte, kann dies zur Anfechtbarkeit des Squeeze out-Beschlusses führen. Der Bericht darf auf solche Tatsachen verzichten, die geeignet sind, der Zielgesellschaft oder dem Hauptaktionär einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (§§ 327c Abs. 2 S. 4, 293a Abs. 2 AktG), wobei in diesem Fall der Bericht nach §§ 327c Abs. 2 S. 4, 293a Abs. 2 S. 2 AktG diejenigen Gründe angeben muss, aus denen die Tatsachen nicht aufgenommen worden sind.[41]
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Zu den in dem schriftlichen Bericht darzulegenden Voraussetzungen des Squeeze out zählt die Darstellung der Beteiligungsquote des Hauptaktionärs,[42] wobei nicht darzustellen ist, wann und wie der Hauptaktionär die Beteiligung erworben hat. Daneben ist anzugeben, wann das Verlangen nach § 327a Abs. 1 S. 1 AktG gestellt wurde. Schließlich empfiehlt es sich, auch das Verfahren des Squeeze out und dessen Rechtsfolgen kurz darzustellen, um möglichen Fragen der Minderheitsaktionäre vorzubeugen. Dagegen ist es nicht ratsam, die Gründe für den Squeeze out in den schriftlichen Bericht aufzunehmen.[43] Denn diese würden auch im Rahmen eines etwaigen Freigabeverfahrens zugrunde gelegt, so dass sich der Hauptaktionär insoweit unnötig festlegen würde.[44]
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Kern des schriftlichen Berichts ist die Erläuterung der Angemessenheit der Barabfindung.[45] Üblicherweise wird dieser Berichtsteil durch einen vom Hauptaktionär beauftragten Wirtschaftsprüfer erstellt, der nicht mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen i.S.d. § 327c Abs. 2 S. 2 AktG identisch sein darf. Notwendig ist die Erstellung durch einen Wirtschaftsprüfer allerdings nicht.
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Der Bericht muss nach § 327c Abs. 3 Nr. 3 AktG schon zu dem Zeitpunkt vorliegen, in dem die HV einberufen wird.
3.4 Festlegung der Barabfindung
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Der Hauptaktionär legt die Barabfindung nach § 327b Abs. 1 S. 1 AktG fest und teilt dies der Zielgesellschaft mit. Die Zielgesellschaft wiederum muss die Barabfindung gem. § 327c Abs. 1 Nr. 2 AktG in der Tagesordnung zur HV angeben. Die Ermittlung der Barabfindung erfolgt entspr. der Barabfindungsermittlung beim Unternehmensvertrag (§ 305 AktG), so dass auf diese Ausführungen verwiesen werden kann.[46]
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Der maßgebliche Zeitpunkt der Angemessenheit ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung der HV über den Squeeze out, so dass die angemessene Barabfindung im Prinzip für die Zukunft festzulegen ist. Bei börsennotierten Gesellschaften kommt es jedoch auf den Tag der tatsächlichen[47] Bekanntmachung des geplanten Squeeze out an, weil für die Angemessenheit als Untergrenze[48] grds. der Börsenkurs im Sinne des nach Umsatz gewichteten Durchschnittskurses in einem dreimonatigen Zeitraum vor der Bekanntmachung der Maßnahme maßgeblich ist.[49] Ggf. ist eine Hochrechnung auf den Beschlusszeitpunkt entsprechend der allgemeinen oder branchentypischen Börsenwertentwicklung vorzunehmen, wenn zwischen dem Tag der Bekanntmachung und dem Tag der HV ein längerer Zeitraum liegt und die Entwicklung der Börsenkurse eine Anpassung geboten erscheinen lässt.[50]
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Für die Festlegung der Barabfindung ist der Hauptaktionär in aller Regel auf Informationen der Zielgesellschaft angewiesen. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch Aufnahme einer entsprechenden Auskunftspflicht in § 327b Abs. 1 S. 2 AktG Rechnung getragen. Etwaige Auskünfte, die aufgrund dieser Auskunftspflicht erteilt werden, sind privilegierte Informationen, die keinen Auskunftsanspruch der übrigen Aktionäre nach § 131 Abs. 4 S. 1 AktG auslösen, da sie dem Hauptaktionär nicht in seiner Eigenschaft als Aktionär erteilt werden.[51] Umgekehrt ist der Hauptaktionär zur Verschwiegenheit verpflichtet.[52] Dies gilt indessen nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 327b Abs. 1 S. 2 AktG zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung auch tatsächlich vorliegen. Erteilt der Vorstand demgegenüber Auskünfte im Hinblick darauf, dass künftig die Hauptaktionärseigenschaft vorliegen wird, ist streitig, ob es sich um eine privilegierte Auskunftserteilung handelt.[53] Im Hinblick darauf, dass es faktisch nicht möglich ist, einen Auskunftsanspruch der Minderheitsaktionäre nach § 131 Abs. 4 S. 1 AktG in der HV vollumfänglich zu erfüllen, sollte unbedingt versucht werden, die Auskünfte erst dann einzuholen, wenn der Mehrheitsaktionär auch tatsächlich Hauptaktionär ist.
3.5 Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung
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Die Barabfindung, die durch den Hauptaktionär festgelegt wird, ist nach § 327c Abs. 2 S. 2 AktG durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer zu prüfen. Der Hauptaktionär muss insoweit einen Antrag beim zuständigen Gericht stellen, welches den oder die Prüfer bestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist § 327c Abs. 2 S. 4 AktG auf die Vorschriften zum Unternehmensvertrag.[54]
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In der Praxis hat es sich bewährt, die Prüfung durch den Hauptaktionär und durch den unabhängigen Prüfer parallel durchzuführen. Dieses Vorgehen wurde mittlerweile auch höchstrichterlich gebilligt.[55]
3.6 „Gewährleistung“ eines Kreditinstituts für die Erfüllung der Barabfindungsansprüche
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§ 327b Abs. 3 AktG verpflichtet den Hauptaktionär, vor Einberufung der HV dem Vorstand der Zielgesellschaft eine Erklärung eines Kreditinstituts über die Gewährleistung der Erfüllung der Barabfindungsansprüche zu übermitteln. Die gesetzgeberische Formulierung wurde zu Recht als wenig präzise kritisiert.[56] Gleichwohl besteht über den Inhalt der Verpflichtung keine Uneinigkeit. Der Hauptaktionär muss eine schriftliche Erklärung eines Kreditinstituts, welches in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugt ist, vorlegen, aus der sich ergibt, dass das Kreditinstitut neben dem Hauptaktionär für die Verbindlichkeiten zur Erfüllung der Barabfindung einsteht. Weitere Anforderungen postuliert das AktG nicht, so dass neben der selbstschuldnerischen Bürgschaft auch ein Schuldbeitritt oder eine Garantie in Betracht kommen.[57]
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Diese Erklärung des Kreditinstituts muss sich auf die gesamte vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung beziehen, braucht sich nicht auf Zinsen zu erstrecken und darf nicht befristet sein.
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Die Erklärung muss vor der Einberufung der HV dem Vorstand im Original übermittelt werden. Allerdings wirkt sich eine Verletzung dieser Pflicht dann nicht aus, wenn das Original dieser Erklärung noch bis zur Beschlussfassung dem Vorstand der Zielgesellschaft СКАЧАТЬ