Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
isbn:
Hierzu ausf. unten Rn. 347 ff.
Hierzu ausf. unten Rn. 374 ff.
5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › II. Erhöhung des Grundkapitals
II. Erhöhung des Grundkapitals
5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › II. Erhöhung des Grundkapitals › 1. Kapitalerhöhung gegen Einlagen
1.1 Grundfragen/Übersicht
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Die reguläre Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist in den §§ 182–191 AktG geregelt. Bei ihr wird das Grundkapital der AG aufgrund eines Beschlusses der HV (§ 179 Abs. 1 AktG) durch die Ausgabe neuer Aktien erhöht (§ 182 Abs. 1 S. 4 AktG). Die reguläre Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist im System der verschiedenen Möglichkeiten der Kapitalerhöhungen das gesetzliche Leitbild, auf das bei den anderen Formen der Kapitalerhöhungen immer wieder verwiesen wird (vgl. z.B. §§ 203, 207 AktG).
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Die Kapitalerhöhung ist zugleich Satzungsänderung, für die ausschließlich die HV zuständig ist. Eine Delegation dieser Kompetenz auf andere Organe der AG wie Vorstand oder Aufsichtsrat ist nicht möglich.[1]
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Das Verfahren der einfachen Kapitalerhöhung ist in zwei Verfahrensabschnitte unterteilt, den Kapitalerhöhungsbeschluss einerseits (vgl. §§ 182 ff. AktG) und dessen Durchführung andererseits (vgl. §§ 185 ff. AktG). Die Kapitalerhöhung und die damit einhergehende Satzungsänderung werden mit der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals in das Handelsregister wirksam (§ 189 AktG). Danach dürfen die neuen Aktien an die Aktionäre ausgegeben werden (§ 191 AktG).
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Im Überblick stellen sich die Schritte der einfachen Kapitalerhöhung wie folgt dar:
– | Beschlussfassung der HV, |
– | Anmeldung und Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses beim zuständigen Handelsregister, |
– | Zeichnung der Aktien, |
– | Leistung der Mindesteinlagen, |
– | Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das zuständige Handelsregister, Wirksamkeit der Kapitalerhöhung, |
– | Ausgabe der neuen Aktien. |
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Zur Bewältigung der Finanzkrise wurden verschiedene Regelungen geschaffen (insbesondere durch das FMStFG und FMStBG), die es Unternehmen des Finanzsektors schnell und effektiv ermöglichen sollten, Liquiditätsengpässe zu überwinden und ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. U.a. wurden Sonderregelungen geschaffen, die eine Beteiligung des nichtrechtsfähigen Finanzmarktstabilierungsfonds (§ 7 Abs. 1 FMStFG) im Zuge einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen vereinfachen.
1.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen
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Für die einfache Kapitalerhöhung gem. §§ 182 ff. AktG ist das Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes für den Beschluss der HV nicht erforderlich.[2] Es können jedoch Beschlusshindernisse vorliegen, die einem solchen Beschluss unter Umständen im Wege stehen.
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Zunächst verlangt § 182 Abs. 4 S. 1 AktG, dass das Grundkapital der AG nicht erhöht werden soll, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch erlangt werden können. Für Versicherungsgesellschaften kann die Satzung etwas anderes bestimmen (§ 182 Abs. 4 S. 2 AktG). Die Satzungsänderung kann dabei parallel zum Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgen.[3] Eine Ausnahme von dem Beschlussverbot des § 182 Abs. 4 S. 1 AktG gilt gem. § 69 Abs. 1 S. 1 UmwG u.a. für die Kapitalerhöhung im Rahmen einer Verschmelzung. Darüber hinaus findet das Beschlussverbot bei einer Spaltung oder Vermögensübertragung keine Anwendung (§§ 125, 174 ff. UmwG).[4]
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Das Verbot, das Grundkapital bei noch ausstehenden Einlagen zu erhöhen, gilt sowohl bei Bar- als auch bei Sacheinlagen.[5] Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob das Erhöhungsverbot des § 182 Abs. 4 AktG auch für den Erwerb eigener Aktien gilt. Die h.M. wendet § 182 Abs. 4 AktG analog an und bejaht dies mit dem Hinweis darauf, dass der AG nach dem wirksamen Erwerb eigener Aktien aus diesen Aktien zwar kein Einlageanspruch zustehen könne, sie diese jedoch veräußern und somit (effektiv) Eigenmittel erwerben könnte.[6] Nach der entgegengesetzten Ansicht besteht beim Erwerb eigener Aktien keine Parallele zu rückständigen Einlagen. Die von der AG verfolgten Ziele könnten vielfältig sein und es könnte ebenso gut gefordert werden, dass die Gesellschaft zunächst genehmigtes Kapital ausnutzen müsse, bevor eine reguläre Kapitalerhöhung beschlossen werden könne.[7]
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Tatsächlich sollte § 182 Abs. 4 S. 1 AktG nicht analog angewandt, sondern stattdessen die Regelung in § 71c AktG als abschließend angesehen werden, da der Gesetzgeber in den §§ 71 ff. AktG detailliert den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien abschließend geregelt hat.[8] Insofern besteht keine Regelungslücke, die Raum für eine analoge Anwendung von § 182 Abs. 4 S. 1 AktG ließe.
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Ebenfalls umstritten ist bei noch ausstehenden Einlagen i.S.d. § 182 Abs. 4 S. 1 AktG, ob mit Einlagen auch solche Einlagen gemeint sind, welche aufgrund eines vorübergehenden Leistungshindernisses (etwa der vorübergehenden Leistungsunfähigkeit des Einlagenschuldners) oder mangels Fälligkeit nicht erlangt werden können. Nach einer – zumindest bisher herrschenden – Ansicht in der Literatur ist dies der Fall, da auch bei einem nur vorübergehenden Leistungshindernis die Leistung irgendwann wieder erlangt werden kann.[9] Eine Kapitalerhöhung wäre in diesem Fall gem. § 182 Abs. 4 S. 1 AktG nicht möglich. Dem ist aus Sicht der Unternehmenspraxis nicht zu folgen. Für eine AG, welche dringend auf die Zuführung frischen Kapitals angewiesen ist, macht es keinen Unterschied, ob in diesem, für die Gesellschaft unter Umständen existenzbedrohenden Moment eine ausstehende Einlage nur vorübergehend oder gar nicht СКАЧАТЬ