Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
isbn:
(3) Es erscheint jedoch zweifelhaft, den Begriff des „gefährlichen Werkzeugs“ allein anhand des Verletzungspotentials des Gegenstandes zu bestimmen, denn es gibt kaum einen Gegenstand, der nicht entsprechend geeignet sein kann, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der subjektive Ansatz führt zwar zu einem gewissen Gleichklang mit § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, was jedoch dem Umstand widerspricht, dass §§ 244 Abs. 1 Nr. 1a eben keine Gebrauchsabsicht verlangt, sondern es nur auf die Verfügbarkeit des Gegenstandes ankommt.[413] Richtigerweise sind daher unter dem Begriff der „anderen gefährlichen Werkzeuge“ letztlich nur solche Gegenstände einzuordnen, die bei wertender Betrachtung waffenähnlich sind und aufgrund ihrer Beschaffenheit und der Tatumstände aus (objektivierter) Tätersicht dazu bestimmt erscheinen, eine „Waffenersatzfunktion“ auszuüben, so dass der Täter auf die jeweiligen Gegenstände in einer Bedrängnissituation typischerweise zurückgreifen würde.[414] Damit kann im Einzelfall durchaus eine Rolle spielen, ob der Gegenstand von Anfang an nur den Schluss zulassen kann, im Bedarfsfalle wie eine Waffe eingesetzt zu werden, was bei einem Baseballschläger (wenn der Täter nicht auf dem Heimweg vom Sport ist) eher der Fall ist als bei einem Brecheisen, das zu einem Einbruchdiebstahl mitgeführt wird.[415] Durch die Kombination der genannten Kriterien kann einerseits eine uferlose Ausdehnung des Begriffs verhindert werden und andererseits dem Umstand der fehlenden Gebrauchsabsicht Rechnung getragen werden. Diese Waffenähnlichkeit darf freilich nicht so verstanden werden, dass der Gegenstand originär dazu bestimmt sein muss, erhebliche Verletzungen herbeizuführen, da sonst immer zugleich eine Waffe im strafrechtlichen Sinn zu bejahen wäre.[416]
125
(4) Die Rechtsprechung des BGH zum gefährlichen Werkzeug ist allgemein stark von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB her geprägt.[417] Dieser stellt meist auf die konkrete Verwendung ab und greift nicht auf die (abstrakte) Waffenähnlichkeit des Gegenstandes zurück.[418] In Fällen des bloßen Beisichführens sieht der 2. Strafsenat auf Grund der „missglückten Gesetzesfassung“ dagegen „von vornherein keine Auslegung des Begriffs des anderen gefährlichen Werkzeugs“ als möglich, die „unter Anwendung allgemeiner und für jeden Einzelfall gleichermaßen tragfähiger rechtstheoretischer Maßstäbe für alle denkbaren Sachverhaltsvarianten eine in sich stimmige Gesetzesanwendung gewährleisten könnte“ und bezweifelt, dass „mit den Mitteln herkömmlicher Auslegungstechnik eine umfassende, sachgerechte Lösung für alle denkbaren Einzelfälle (…) zu erreichen ist“, weshalb er den Versuch einer allgemeingültigen Definition ablehnt, insgesamt aber einer Bestimmung anhand von objektiven Kriterien zuneigt.[419]
126
Insbesondere aber bei Gegenständen des täglichen Lebens, die von jedermann in sozialadäquater Weise mitgeführt werden können (wie z.B. Taschenmesser), bleiben die Ausführungen der Rechtsprechung insofern mitunter vage.[420] Es bedarf hier eines sachgedanklichen Mitbewusstseins auf subjektiver Ebene, den Gegenstand zur Bedrohung oder Verletzung von Personen einzusetzen. Dieses ist umso wahrscheinlicher gegeben, je mehr der Gegenstand einer Waffe ähnelt.[421]
127
cc) Beim Diebstahl mit sonstigen Werkzeugen ergibt sich insbesondere ein Problem im Umgang mit ungefährlichen Tatmitteln, also solchen, die auch nach der Art ihrer (geplanten) Verwendung vollends ungefährlich sind. Zwar war vor dem 6. StrRG noch heftig umstritten, ob die §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. auch Scheinwaffen erfassen würden,[422] dieser Streit ist heute aber im Wesentlichen geklärt. Zum einen steht fest (auch schon vor dem 6. StrRG), dass es sich bei Scheinwaffen nicht um (Schuss-)Waffen bzw. abstrakt gefährliche Werkzeuge i.S.v. §§ 244 Abs. 1 Nr. 1a, 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB handelt.[423] Des Weiteren spricht seit der Gesetzesänderung mit dem 6. StrRG alles dafür, Scheinwaffen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der §§ 244 Abs. 1 Nr. 1a, 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB einzubeziehen. Dies ergibt sich bereits aus der Unterscheidung zwischen Nr. 1a und 1b, da die jeweilige Nr. 1a „andere gefährliche Werkzeuge“ mit enthält, so dass von der jeweiligen Nr. 1b gerade auch objektiv ungefährliche Gegenstände erfasst sein müssen. Diese Einbeziehung entspricht – für § 250 StGB wie auch für § 244 StGB – auch dem expliziten Willen des Gesetzgebers[424] und ist mittlerweile ganz h.M.[425]
128
Sofern der Täter aber nicht eine (täuschend) echt aussehende Scheinwaffe mit sich führt, sondern einen auch äußerlich ganz offensichtlich ungefährlichen Gegenstand, wie einen Lippenstift („Labello-Fälle“) oder ein Plastikrohr, verwendet und mittels Täuschung beim Opfer lediglich den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Waffe, gilt etwas anderes. Der BGH verneinte seit jeher die Anwendbarkeit von § 250 Abs. 1 StGB a.F.[426] Es entsprach dem Willen des Gesetzgebers, diese Rechtsprechung fortgeführt zu lassen,[427] was entgegen teilweise kritischen Anmerkungen in der Literatur[428] auch keineswegs unklar und willkürlich ist. Denn stellt man auf die objektiv-äußere Erkennbarkeit der (Un-)Gefährlichkeit ab, so entspricht dies vielmehr der überragenden Bedeutung des Gesichtssinnes für die Wahrnehmung einer etwaigen Gefährlichkeit durch das Opfer.[429] Jeder Einsatz einer „Scheinwaffe“ ist in gewissem Maße zwar auch eine Täuschung; im Rahmen der „Labello-Fälle“ steht aber die Täuschung des Täters viel stärker im Vordergrund (und wäre letztlich auch ganz ohne irgendeinen Gegenstand denkbar, was unstreitig nicht unter Nr. 1b fallen würde),[430] denn in diesen Fällen geht die einschüchternde Wirkung gerade erst von dem damit verbundenen (expliziten oder konkludenten) kommunikativen Akt aus, und eben nicht vom Gegenstand als solchem. Dies entspricht im Ergebnis auch der Meinung des BGH (trotz gewisser Abgrenzungsschwierigkeiten).[431]
129
dd) § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB ordnet eine Qualifikation für Fälle des Bandendiebstahls an: Eine Bande setzt nach h.M. einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus,[432] die sich zur fortgesetzten Begehung einer unbestimmten Anzahl an Raubtaten oder Diebstählen verbunden haben.[433] Der Zweck der Bande ist der Zusammenschluss zur fortgesetzten Begehung von Straftaten, womit allerdings nicht die frühere „fortgesetzte Tat“ gemeint ist.[434] Es müssen mehrere eigenständige Diebstahls- oder Raubtaten begangen oder zumindest geplant werden. Hinsichtlich der Bandenabrede ist erforderlich, dass das einzelne Mitglied einen Willen aufweist, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten für die Zukunft und für eine gewisse Dauer zusammenzutun.[435] Als Bandenmitglied ist anzusehen, wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert und darüber hinaus zum Erhalt der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt.
130
Für den Bandendiebstahl nach Nr. 2 (ebenso wie etwa auch für den bandenmäßigen Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB) ist nötig, dass der Täter die Tat unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds begeht. Zwar besteht eine Bande nach h.M. aus mindestens drei Personen, diese müssen aber nach dem klaren Wortlaut der Norm nicht alle drei bei der Tatbegehung mitwirken. Es genügt nach der Entscheidung des Großen Strafsenates – anders als nach früherer Rechtsprechung – ein irgendwie geartetes Zusammenwirken (auch ohne direkte Zusammenarbeit, insbesondere ohne Anwesenheit eines zweiten Mitglieds am Tatort).[436] Die Organisationsgefahr, die von einer Bande ausgeht, hat offensichtlich einen höheren Stellenwert als die Durchführungsgefahr, die von zwei Bandenmitgliedern am Tatort ausgehen würde.[437] Es ist hierbei irrelevant, wer die Wegnahmehandlung im jeweiligen Einzelfall durchführt, denn nach h.M. genügt hinsichtlich der Mitwirkung grundsätzlich jede Form der Beteiligung, weshalb daher auch eine Teilnahme nur im Vorfeld der eigentlichen Tatausführung denkbar ist.[438] Da Täter des Bandendiebstahls nur ein Bandenmitglied sein kann, kommt ein Nichtmitglied hinsichtlich § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur als Teilnehmer in Frage. Die Bandenmitgliedschaft stellt nach der h.M. in Rechtsprechung und Literatur ein besonderes persönliches Merkmal i.S.v. § 28 Abs. 2 StGB, also ein täterbezogenes Merkmal dar.[439] Dies СКАЧАТЬ