Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
isbn:
104
Man wird dagegen unter Wertungsgesichtspunkten Abs. 2 in Fallkonstellationen des rücktrittsähnlichen Vorsatzwechsels anwenden müssen, in welchen der Täter bereits mit der Wegnahme einer wertvollen Sache begonnen, dann aber aus freien Stücken die wertvolle Sache gegen eine geringwertige austauscht: Dies hätte einen Rücktritt hinsichtlich des versuchten Diebstahls an der wertvollen Sache zur Folge mit der Konsequenz, dass in der Mitnahme der geringwertigen Sache – da sie ja auch auf einem neuen Tatentschluss beruht – insoweit eine neue Tat zu sehen ist, bei der Abs. 2 eingreift.[362]
105
dd) Was die Teilnahme an einem Diebstahl in einem besonders schweren Fall angeht, so sind die Akzessorietätsregelungen analog anzuwenden und daher die tatbezogenen erschwerenden Umstände bei Kenntnis des Teilnehmers zuzurechnen.[363] Eine Ausnahme bildet die Gewerbsmäßigkeit nach Nr. 3, diese stellt ein täterbezogenes Merkmal dar, auf das § 28 Abs. 2 StGB analog angewendet wird.[364] Vergleichbares wie für die Teilnahme gilt auch für die mittelbare Täterschaft.[365] Obwohl die Akzessorietätsregeln Anwendung finden, ist für jeden Beteiligten im Rahmen einer Gesamtbewertung das Vorliegen eines besonders schweren Falles gesondert zu prüfen.[366]
106
ee) Da es sich bei § 243 StGB nicht um eine Qualifikation, sondern um eine bloße Strafzumessungsregel handelt, besteht zwischen § 243 und § 242 StGB keine Gesetzeskonkurrenz, sondern Grunddelikt und Regelbeispiel bilden ein einheitliches Delikt.[367] Gleiches gilt, wenn mehrere Regelbeispiele gleichzeitig erfüllt werden. Eine Verbindung mehrerer Diebstähle zur Handlungseinheit durch eine Gewerbsmäßigkeit nach Nr. 3 findet nicht statt.[368]
107
Sofern aber neben den §§ 242, 243 StGB noch andere Delikte verwirklicht werden, finden die allgemeinen Konkurrenzregeln Anwendung. In seiner neueren[369] Rechtsprechung vertritt der BGH die Auffassung, dass § 303 StGB von Taten nach Nr. 1 nicht konsumiert wird.[370] Dies vermag jedoch dann nicht zu überzeugen, wenn der durch die Sachbeschädigung verursachte Schaden über den des Diebstahls nicht hinausgeht. § 123 StGB hingegen kann als typische Begleittat angesehen werden. Im Falle eines Zusammentreffens von lediglich versuchtem Diebstahl im besonders schweren Fall und einer vollendeten Sachbeschädigung ist Idealkonkurrenz anzunehmen.[371] Im Fall der §§ 244, 249 StGB sind die §§ 242, 243 StGB subsidiär.[372]
108
Zwischen §§ 242, 243 StGB und anderen Delikten ist Wahlfeststellung nach allgemeinen Grundsätzen möglich,[373] aber auch zwischen mehreren Regelbeispielen, sofern nur sicher ist, dass eines von mehreren Regelbeispielen erfüllt ist.[374]
109
Was die Strafzumessung anbelangt, so wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn ein besonders schwerer Fall nach Abs. 1 gegeben ist, so dass der maximale Strafrahmen doppelt so hoch ist wie beim einfachen Diebstahl nach § 242 StGB.
b) Die Regelbeispiele im Einzelnen
110
Als Regelbeispiele genannt sind in § 243 StGB der
– | Einbruch- und Nachschlüsseldiebstahl (Nr. 1, vgl. hierbei zu den Tathandlungen auch unten Rn. 132 zu den identisch formulierten Varianten des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB); |
– | Diebstahl bei besonders gesicherten Sachen (Nr. 2); |
– | gewerbsmäßige Diebstahl (Nr. 3); |
– | Kirchendiebstahl (Nr. 4); |
– | Kulturgüterdiebstahl (Nr. 5); |
– | Schmarotzerdiebstahl (Nr. 6); |
– | Waffen- und Sprengstoffdiebstahl (Nr. 7). |
111
Da – wie aus dem Wort „insbesondere“ deutlich wird – die Regelbeispiele nicht abschließend sind, kommen zu der Aufzählung noch unbenannte Regelbeispiele in Betracht. Hierzu muss das Gericht im jeweiligen Einzelfall unter Abwägung aller relevanten tat- und täterbezogenen Umstände eine Gesamtbewertung vornehmen.[375] Als derartige Umstände kommen z.B. die besondere Intensität des Angriffs, der besonders hohe Wert der gestohlenen Sache[376] oder etwa auch die Tatsache, dass der Täter Amtsträger war, dem die weggenommene Sache in dieser Eigenschaft zugänglich war, in Betracht.[377] Ebenso kann ein besonderer Vertrauensbruch durch den Täter[378] oder die Überwindung einer Vorrichtung, die zwar nicht unter § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB fällt, mit diesem aber vergleichbar ist, einen unbenannten Fall darstellen, wobei hierbei immer eine gewisse Vergleichbarkeit mit einem der genannten Regelbeispiele vorliegen muss.
2. Qualifikationen
112
In Abweichung zu den Regelbeispielen in § 243 enthält § 244 Abs. 1 StGB vier Qualifikationen mit eigenen Tatbeständen, welche aber (mit Ausnahme des 2017 eingeführten Abs. 4[379]) nach § 12 Abs. 2 StGB Vergehen bleiben. Die Geringwertigkeit des Tatobjekts spielt bei § 244 StGB anders als bei § 243 Abs. 1, 2 StGB keine Rolle, und auch § 248a StGB ist nicht anwendbar; ein Strafantrag ist nur in den Fällen des § 247 StGB zu stellen.
a) Allgemeine Grundsätze
113
aa) Durch Absatz 1 Nr. 1 (Mitführen von Waffen, gefährlichen und sonstigen Werkzeugen[380]) und Nr. 2 (Bandendiebstahl) wird zum einen das Diebstahlsopfer vor der erhöhten Gefährlichkeit der Tatbegehung geschützt und zum anderen zugleich die darin zum Ausdruck kommende Rücksichtslosigkeit des Täters unter eine höhere Strafe gestellt,[381] denn dieser begründet auch meist eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit des Opfers, zumindest aber für dessen Entschlussfreiheit[382] bzw. wird aus der Sicht eines objektiven Dritten ein entsprechender Eindruck[383] hervorgerufen. Auch stellt die bandenmäßige Begehung nach Abs. 1 Nr. 2 nach herrschender (wenngleich nicht unbestrittener) Auffassung eine besonders gefährliche Begehungsform dar,[384] da die Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch den Zusammenschluss im Vergleich zum Alleintäter erhöht ist.[385] Die Strafschärfung der Nr. 3 bzw. des Abs. 4 (Wohnungseinbruchdiebstahl) ergibt sich aus der besonderen Verletzung der Privatsphäre des Opfers und dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung vor derartigen Eingriffen.[386]
114
bb) Die Strafbarkeit des Versuchs ist in § 244 Abs. 2 StGB geregelt. Ein unmittelbares Ansetzen nach § 22 StGB liegt erst vor, wenn der Täter auch zur Wegnahme unmittelbar ansetzt; es ist gerade nicht auf die qualifizierenden Umstände als solche abzustellen.[387] Für die rechtliche Bewertung eines Irrtums СКАЧАТЬ