Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
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1. Einführung
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Die Kommentierung des § 252 StGB von Vogel beginnt mit der ernüchternden Feststellung: „§ 252 StGB ist eine theoretisch interessante, schwierige und umstrittene, in der Praxis kaum bedeutsame Strafvorschrift.“[139] Während man Vogel angesichts des doch großen Anteils an den Raubdelikten im Hinblick auf die praktische Bedeutung der Vorschrift jedenfalls heute nicht mehr zustimmen kann (Rn. 21), handelt es sich in theoretischer Hinsicht in der Tat um einen anspruchsvollen und schwierigen Straftatbestand. Insbesondere die gesetzgeberische Gleichsetzung des ertappten Diebes, der zur Besitzerhaltung Raubmittel einsetzt, mit einem Räuber wirft erhebliche dogmatische und kriminalpolitische Fragen auf. Während beim Raubtatbestand des § 249 StGB das qualifizierte Nötigungsmittel zur Erlangung des Gewahrsams an einer beweglichen Sache dient, wird es vom Täter bei § 252 StGB zur Erhaltung des bereits erlangten Gewahrsams an der weggenommenen Sache eingesetzt.[140] Der wesentliche Unterschied besteht daher in zeitlicher Hinsicht. Da der Einsatz von Raubmitteln (im Gegensatz zu § 249 StGB) der Wahrung des durch eine Vortat erlangten Besitzes dient, weist § 252 StGB Selbstbegünstigungscharakter auf.[141]
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Anders als es die Überschrift „räuberischer Diebstahl“ suggeriert, handelt es sich bei § 252 StGB nicht um eine Qualifikation des § 242 StGB, sondern um ein selbstständiges, raubähnliches Delikt (delictum sui generis).[142] Nicht zu folgen ist der zugespitzten Formulierung Schünemanns, wonach § 252 StGB ein „spiegelbildlich verkehrter Raub“ sei.[143] Denn die Vorschrift enthält zum einen Elemente, die bei § 249 StGB fehlen (Betroffensein auf frischer Tat, Besitzerhaltungsabsicht).[144] Zum anderen fehlen Elemente, die § 249 StGB enthält, da der Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel bei § 252 StGB objektiv nicht zum Erfolg (der bezweckten Besitzerhaltung) führen muss, während bei § 249 StGB die bezweckte Wegnahme gelingen muss.[145] Als „raubähnlich“ kann der Tatbestand aber bezeichnet werden, weil er sich wie der Raub (§ 249 StGB) aus zwei Elementen, nämlich aus einer (zumindest mit Gewahrsamsverschiebung verbundenen) Wegnahmehandlung (Diebstahlselement) und dem Einsatz von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (Nötigungselement) zusammensetzt und somit dem Schutz derselben Rechtsgüter dient.[146]
a) Kriminalpolitische Rechtfertigung
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Als Rechtsfolge ordnet § 252 StGB die Gleichstellung des Täters mit einem Räuber an. Die hierin zum Ausdruck kommende Gleichsetzung des spezifischen Unrechts- und Schuldgehalts des § 252 StGB mit dem des § 249 StGB wird kontrovers diskutiert.[147] Diese Frage hat auch Auswirkungen auf die Auslegung des § 252 StGB, insbesondere auf das Merkmal des Betroffenseins auf frischer Tat. Hierbei lassen sich verschiedene Erklärungsmodelle für die kriminalpolitische Rechtfertigung unterscheiden.[148] Die eigentlichen (kriminalpsychologischen) Gleichstellungslösungen, denen die Rspr. folgt, gehen davon aus, dass Täter des Raubs und des räuberischen Diebstahls psychologisch und normativ vergleichbar handeln.[149] Dieser (auch historischen) Auslegung[150] liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der die Nötigung zur Beutesicherung einsetzt, sie auch zur Erlangung des Gewahrsams eingesetzt hätte.[151] Der verbrecherische Wille sei damit in beiden Fällen als gleich stark zu bewerten.[152] Dagegen wird in der Literatur mit Recht eingewandt, dass dieser Lösungsansatz täterstrafrechtliche Elemente aufweist und den Einwand einer Verdachtsstrafe provoziert.[153] Zudem wird bei § 249 StGB die Eigentumsverletzung herbeigeführt, bei § 252 StGB nur vertieft (perpetuiert) bzw. dies wird vom Täter beabsichtigt.[154] Der Täter befindet sich in einer spezifischen (von ihm nicht geplanten) Bedrängnissituation und tritt (sich selbst begünstigend) gewissermaßen die „Flucht nach vorne“ an.[155] Damit ist der verbrecherische Wille (die „kriminelle Energie“) eines Räubers, der mit Nötigungsmitteln den Gewahrsam an einer Sache begründen will, und eines räuberischen Diebes, der diesen mit Nötigungsmitteln behalten will, gerade nicht vergleichbar.[156] Der Täter handelt vielfach aus Selbstbegünstigungsmotiven, die an anderer Stelle, z.B. §§ 157, 257 Abs. 3, 258 Abs. 5 StGB, zu Gunsten des Täters in Ansatz gebracht werden.[157] Letztlich können die kriminalpsychologischen Gleichstellungslösungen nicht erklären, warum § 252 StGB – anders als § 249 StGB – als kupiertes Erfolgsdelikt ausgestaltet ist, das keine erfolgreiche Nötigung (sondern nur einen beendeten Nötigungsversuch) voraussetzt.[158]
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Andere Modelle begründen die Gleichsetzung des räuberischen Diebstahls mit dem Raub nicht anhand des Unrechtsgehalts, sondern anhand von besonderen Präventionserwägungen: Zunächst wird die Gleichsetzung von § 249 StGB und § 252 StGB damit erklärt, dass die Notrechte (Notwehr/-hilfe gemäß § 32 StGB, Besitzkehr gemäß § 859 Abs. 2 BGB, Festnahmerecht gemäß § 127 Abs. 1 StPO) des Bestohlenen oder in seinem Interesse handelnder Dritter vereitelt würden.[159] Im Vordergrund steht nach dieser Ansicht nicht der Eigentumsschutz, sondern der Schutz der Notrechte durch § 252 StGB als flankierende strafrechtliche Schutzmaßnahme. Demgegenüber wird eingewandt, dass die Wahrnehmung von Notrechten als solche kein Strafgut sei.[160] Auch sei die Ausübung der Notrechte zumindest teilweise (z.B. bei § 229 BGB) nicht an das Betroffensein auf frischer Tat gebunden.[161]
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Die „Gefährlichkeitslösung“[162] setzt nicht beim Unrechtsgehalt, sondern bei der psychischen Bedrängungssituation des ertappten Diebes an, der aufgrund der verstärkten eskalationsträchtigen Nachtatsituation in erhöhtem Maße und wie ein Räuber gefährlich sei. Dem werde durch die erhöhte Strafdrohung präventiv entgegen gewirkt.[163] Diese in erster Linie am Abschreckungsgedanken orientierte Ansicht lässt sich schwer in Einklang bringen mit der derzeitigen Fassung des § 252 StGB, denn dann wäre nicht zu erklären, warum nur die Vortat eines Diebstahls bzw. Raubes (und z.B. nicht einer Erpressung bzw. räuberischen Erpressung) tatbestandsmäßig und warum eine Besitzerhaltungsabsicht erforderlich ist.[164] Zudem passt das der Abschreckungsdoktrin zugrundeliegende Modell des rational kalkulierenden homo oeconomicus gerade nicht auf den ertappten Dieb.[165]
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Die Lehre verfolgt indes verschiedene Ansätze zur Unrechtsgewichtung.[166] Von einem Teil der Lehre wird behauptet, dass sich in dem räuberischen Diebstahl ein geringerer Unrechtsgehalt manifestiere: Das „Behalten-Wollen“ zeige eine geringere kriminelle Energie als das „Haben-Wollen“.[167] Die Nötigungshandlung eines auf frischer Tat betroffenen Diebes könne als an anderen Stellen des StGB (§§ 20, 21 ff., 213 StGB) als schuldmindernd angesehene „normal-psychologische Affektreaktion“[168] oder als schuldmindernde Selbstbegünstigung verstanden werden.[169] Die h.L. belässt es dennoch bei der gesetzlichen Parallelwertung (Gleichlauf des Unrechtsgehaltes zwischen § 249 StGB und § 252 StGB) und begründet diese – in Abweichung von der Rspr. – durch die mit „Blick auf Tatausführung, Täterpsyche und Opferschutz“ fließende Grenze zwischen beiden Delikten.[170] Zum Teil wird auch darauf verwiesen, dass es oft nur von Zufälligkeiten abhänge, ob die Wegnahme bereits vollendet sei.[171] Wann der Täter Gewalt einsetze (schon bei Beuteerlangung oder erst bei der Beutesicherung), sei bezüglich der Schutzbedürftigkeit des Opfers zufällig. Kindhäuser[172] ergänzt, dass der Unrechtsgehalt des räuberischen Diebstahls dem des § 211 StGB in der Variante des Handelns mit Verdeckungsabsicht entspreche: In beiden manifestiere sich eine besondere Geringschätzung der persönlichen Rechtsgüter des Opfers, sodass sich die Selbstbegünstigungstendenz nicht strafmindernd, sondern strafschärfend auswirke.[173]
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Insgesamt ist festzuhalten, dass eine Gleichstellung von Raub und räuberischem Diebstahl kriminalpolitisch СКАЧАТЬ