Название: Malleus Proletarum - Der Proletenhammer
Автор: Marcello Dallapiccola
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844250473
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Dann stellte er dem Bertl seinen Kaffee hin und steckte sich gleich eine Kippe zur Beruhigung an.
„Hm, jetzt wo du’s sagst, ich kann mich dunkel an dein Gefluche und Gemeckere erinnern”, sagte Bertl und kramte ebenfalls seine Tschicks hervor.
„Ich glaube, er wollte sogar, dass du im Auto schläfst…“, erinnerte Frasther sich dunkel.
„Klar, das wär' auch viel einfacher gewesen!”, explodierte der Luis wieder. “Aber nein, der Herr Bertl muss unbedingt noch ins Haus, um seinen Vollrausch auszuschlafen; so bewusstlos gesoffen war er dann auch noch wieder nicht, um deswegen nicht noch groß rumzukrakeelen!”
Frasther lachte wieder laut auf: „Genau, jetzt kommt's mir auch wieder langsam hoch: Du hast was herumgebrüllt von wegen du seist kein Zwanzigjähriger, der nach der Disco im Auto abliegt, sondern ein Bsuff von Format, der es allemal noch ins Haus schafft oder so…”
„Na, eh klar, was denkst du denn? Ein richtiger Mann schläft entweder gleich am Tresen ein oder schafft es in irgendeine Hapfn, aber im Freien und im Auto wird ab einem gewissen Alter nicht mehr abgelegen – es sei denn, du bist ein Sandler*!”, legte der Bertl seine Prinzipien dar.
„Also, Luis, warum hast du mich überhaupt gestern Abend noch angerufen?“, wechselte Frasther das Thema. „Ich kann mich nur noch erinnern, dass es irgendwie dringend geklungen hat, aber was es genau war, das weiß ich nicht mehr…”
Der Luis blickte unsicher von Frasther zu Bertl und zurück.
„Ach, mach dir doch wegen dem Bertl keinen Kopf…”
„Immerhin bin ich sogar angeschossen worden wegen deiner kleinen Privatfehde, also, was willst du vor mir noch groß verheimlichen?”, bekräftigte Bertl Frasthers Beschwichtigung.
„Also gut, mir egal!”, resignierte der Luis. „Ich war gestern ein bisschen geschäftlich unterwegs, hab' mit dem Renato und dem Schlawinski geredet. Es ist genauso, wie ich’s mir erwartet hatte: Keinen interessiert’s, dass mir irgendwelche Typen in den Revieren herumwildern…“
„Das war ja klar, dass diese Luschen keinen Finger rühren, das hätt’ ich dir auch gleich sagen können, Luis…”, brummelte Bertl und nippte an seinem Kaffee.
„Das hab' ich auch gewusst, aber Frasther hat ja gemeint, ich soll mit den Kerlen mal reden…”
„Na, mich wundert das aber schon ein bisschen, wenn die Typen schlau wären, würden sie dir zumindest ein paar Leute zur Verfügung stellen – immerhin können sie davon ausgehen, dass diese Russen auch ihnen Schwierigkeiten machen werden, wenn sie dich erstmal aus dem Weg geräumt haben”, verteidigte sich Frasther.
„Darüber machen die sich erst 'n Kopf, wenn es soweit ist, schau sie dir doch mal an: Schlawinski ist ein Kartentippler, der seine Weiber nur stehen hat, um sich seine Spielsucht zu finanzieren, der Renato ist ein Hollodri, der seine Weiber hauptsächlich selber fickt…“
„Du hättest sowieso mit dem Joe reden sollen, der wäre eher der Mann…“, warf Frasther ein.
„Der Joe hat seine besten Jahre auch schon hinter sich“, lamentierte der Luis. „Vor allem war unser Verhältnis schon seit relativ langer Zeit nicht mehr gerade das Beste, das hab' ich dir schon einmal erklärt!”
„Du hättest auch mit dem Wiggerl vom Hafen reden sollen, Luis! Der hätte sich sicher selber gleich mit dir zusammen in den Kampf gestürzt, der ist ja immer ganz geil drauf, irgendwem in den Arsch zu treten!”, wandte Bertl ein.
Doch der Luis konterte sogleich in entrüstetem Tonfall: „Mit Neandertalern pflege ich keinen Kontakt, Bertl! Beim Wiggerl weiß man ja teilweise nicht mal, ob er einen überhaupt erkennt; geschweige denn, ob er sich etwas länger als drei Minuten merken kann – und vor allem kann man sich bei ihm nie sicher sein, dass es ihm nicht gleich wieder auszuckt und er auf einen losgeht – nein, nein, den brauch' ich nicht in meiner Nähe! Ich bin froh, wenn ich nix mit dem zu tun hab'!”
„Der Wiggerl, also bitte…”, sah sich sogar Frasther gezwungen, dem Luis Recht zu geben. Der Bertl drückte seinen Tschick aus und sagte nichts mehr.
„Was is'n heut eigentlich, Luis, dass du gestern am Telefon so ein Theater gemacht hast?“, wechselte Frasther das Thema.
„Ich hab doch kein Theater gemacht! Ich hab' nur gesagt, dass ich dich heut brauche“, protestierte der Luis. „Wir müssen wo hinfahren und da solltest du dabeisein, das ist alles.“
„Und wo müssen wir da genau hin?”, erkundigte sich Frasther.
„Schon 'n Stückchen, so knapp zwei Stunden Weg – aber wenn wir gleich mal loszischen, sind wir rechtzeitig zum Abendessen wieder da. Sollten wir auch, denn ich muss meine Runde fahren in der Nacht, die Weiber sind nervös. Also, wie sieht’s aus, bist du abmarschbereit?”
„Sobald ich ein Bier in der Kralle habe”, antwortete Frasther und schüttete sich den letzten Schluck Kaffee in den Schlund.
Der Prag-Luis öffnete den Kühlschrank und warf Frasther einige Dosen Bier zu, die dieser geschickt auffing. „Wo ist denn meine Jacke, verflucht nochmal…?”, raunzte er auf, als er feststellte, dass er die Dosen nirgends verstauen konnte.
„Die hast du sicher im Wagen gelassen, bei dem ganzen Wirbel gestern Nacht…”, keifte der Luis.
Frasther konnte sich langsam wieder etwas besser an einige Szenen erinnern, wie er mit dem Luis zusammen den rotzbesoffenen Bertl mitsamt seiner Gipshaxe in die Villa hineingehievt hatte. War wirklich eine Mords-Party gewesen, zumindest für ihn und den Bertl, grinste er in sich hinein.
„Ich kann mich an kein' Wirbel erinnern, verdammt. Als ich aufgewacht bin, hab' ich mich zuerst mal gefragt, wo ich überhaupt bin und wie's mich hierher verschlagen hat…”, gab Bertl, dem das Ganze eigentlich wurscht war, zurück.
Als sie sich auf den Weg nach draußen machten, spuckte er keine großen Töne mehr, denn das Humpeln auf Krücken kostete ihn immer noch einiges an Anstrengung – besonders angesichts des massiven Katers, der langsam aber sicher seine Klauen nach ihm ausstreckte.
Auf den ersten Blick sah es wirklich ziemlich wüst aus: Die Reifenspuren von Bertls schwerem, japanischen Schrotthaufen hatten tiefe, dunkelbraune Furchen durch den Rasen gezogen. Frasther hatte es in der Nacht wirklich geschafft, vor lauter besoffen die doch recht breite Einfahrt zu verpassen, so thronte die Karre jetzt inmitten der Überreste einiger Blumenbeete.
Die Szenerie wirkte irgendwie so, als ob ein Geheimkommando der Staatspolizei das Haus eines Dissidenten gestürmt und absichtlich soviel Verwüstung wie nur möglich angerichtet hatte. Der Prag-Luis schnaubte, sagte jedoch nichts, der Bertl staunte mit offenem Mund über seine vor Dreck starrende Karre. Natürlich musste Frasther die Blechbüchse für den gehandicapten Bertl aus dem Beet herausmanövrieren; der Luis schaute mit feuerrotem Kopf zu, wie Frasther durch die Blumen trampelte und in stoischer Gelassenheit in der Karre Platz nahm. Nach Frasthers Logik musste man jetzt, da die Beete ohnehin schon kaputt waren, auch nicht mehr auf das sich darin befindliche Grünzeug aufpassen. Es folgte ein mehrere Minuten dauerndes Manöver, während dem die Räder des öfteren durchdrehten und weitere Blumenerde in der Gegend herumspritzte. Als die Karre wieder auf sicherem Asphalt stand, stieg der Bertl ein und dampfte ab; Frasther machte sich daran, die Bier in seiner wiedergefundenen Jacke zu verstauen.
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