Der Engel mit den blutigen Händen. D. Bess Unger
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Название: Der Engel mit den blutigen Händen

Автор: D. Bess Unger

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741882692

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      Biglias Augen verdunkelten sich. Er legte seine Hand auf den Kopf der Wölfin, die neben ihm ruhte und ihn mit unergründlichen gelben Augen liebevoll ansah. »Meine treue Begleiterin, woher bekommst du ihn? Ich weiß es nicht. Und ehrlich gesagt, ich bin froh darum!«

      »Tragen alle menschlichen und tierischen Sternenstaubträger den gleichen Sternenstaub in sich?«

      »In den Legenden der Roma wird erzählt, es gäbe Sternenstaub von auserlesener Reinheit, der schon vor der Geburt des Lichtes existiert haben soll. Seine Träger sollen keinen weißen, sondern einen schwarzen Stern tragen. Der Schwarze Sternenstaub soll es seinem Träger ermöglichen, den Tod zu besiegen, gleichgültig, in was für einer Gestalt er kommt. Im Rahmen der Heilung muss ein Teil dieser speziellen magischen Energie auf den Todgeweihten übertragen werden. Der Fluch der guten Tat ist freilich, dass sich der Hexer damit einen potenziellen Konkurrenten erschafft.«

      Athina war elektrisiert. »Heiliger Strohsack, mit dieser Fähigkeit könnte man sich ja über alle Menschen erheben«, sagte sie träumerisch.

      »Vorsicht, bleibe immer auf dem Teppich«, ermahnte Biglia. »Ich hörte von den Alten, dass vor über zweihundert Jahren eine Schwarze Sternenstaubträgerin als Hexe bei einer unserer Sippen gelebt habt. Ihr Leben ist in einer Tragödie geendet.«

      »Wieso das? Mit ihrer gottähnlichen Macht?«

      »Man brachte unseren Schmied zu ihr, ein Bär hatte ihn übel zugerichtet, keinen Pfifferling gab man für sein Leben. Seine Fähigkeiten waren wertvoll für unseren Stamm, mit Schwarzen Sternenstaub konnte die Hexe ihn heilen. Am nächsten Tag war er verschwunden. Monate später kehrte er wieder, seine magische Energie war initiiert, er war zu einem kolossalen Hexer geworden. Die Arbeit als Schmied passte ihm nicht mehr, er beanspruchte die Führung der Sippe. In einem Kampf auf Leben und Tod verloren beide Träger des Schwarzen Sternenstaubs ihr Leben. So viel zu der gottähnlichen Macht.«

      14. Juli, Mittwoch - elf Jahre später

      Gelangweilt blätterte Athina die Tageszeitung Agelioforos von hinten nach vorne durch. Ihre Freundin Atridi war für einige Tage in ihr Sommerhaus ans Meer gezogen und Athina hatte abgelehnt mitzukommen, denn diese Bleibe war für ihren Geschmack nicht glamourös genug. Ihr Blick blieb an einer Nachricht hängen: Skelett in Höhle gefunden. Darunter war ein Ring abgebildet. Ihr Herz blieb fast stehen, das war der Ring, den sie Biglia vor fünf Jahren geschenkt hatte! ’Wer kann Angaben zu dem Besitzer des Rings machen? Bitte bei der Polizei melden!’

      Vor drei Jahren hatte sie ihren geliebten Hexer zuletzt gesehen, daraufhin war er wie vom Erdboden verschluckt. Athina hatte sich auf die Suche nach ihm gemacht, umherziehende Roma befragt, war bis nach Rumänien gezogen. Bei ihren Fahrten über das ägäische Meer hatte sie auf den zahlreichen griechischen Inseln nach ihm geforscht. Umsonst, es war, als hätte es ihn nie gegeben.

      Sie eilte zur Garage hinunter, mit Bedauern musste sie feststellen, dass Athina den roten Austin-Healey Sprite mitgenommen hatte, ihr blieb nur der silberfarbene Audi.

      Während der Fahrt zur Polizei gingen ihr die letzten gemeinsame Jahre mit Biglia durch den Kopf: Immer wenn er für einige Tage aufgetaucht war, hatte sie sich bei Atridi abgemeldet und Krankenpflege bei ihrer Mutter vorgetäuscht. »Ich muss bei der Jungfrau Maria Punkte sammeln«, hatte sie gescherzt. »Hoffentlich hilft mir das, wenn ich dereinst vor dem Himmelstor stehe.« Zwölf Jahre lang war das so gegangen. Tagsüber hatte Biglia sie in der Magie unterwiesen, des Nachts hatten sie Sex gehabt. Dank des Sternenstaubes waren die Liebesakte von einer Intensität, von der nichtmagische Wesen nur träumen konnten.

      Beflissen erhob sich der diensthabende Polizist, als Athina das Zimmer betrat. Mit einer solchen Schönheit hatte er nicht oft zu tun.

      »Mein Name ist Athina Drosos. Ich komme wegen des Zeitungsartikels«, lächelte sie ihn an und schob ihm den ausgeschnittenen Artikel zu. »Ich habe den Ring erkannt. Er muss meinem Onkel Sotiris Vissi gehört haben. Er ist ein Familienerbstück. Schauen Sie nach, im Innern müssen sich die Initialen A. D. befinden.«

      Der Polizist öffnete eine Schublade, entnahm ihr einen Umschlag und ließ den Inhalt auf die Schreibtischfläche gleiten. Biglias Ring. Er ging zum Fenster, drehte ihn zwischen den Fingern und studierte die Innenseite.

      »Stimmt«, sagte er. »Wollen Sie ihn mitnehmen?« Und da sie nickte, schob er ihr ein Formular und einen Kuli zu. »Bitte Ihre Unterschrift, Frau Drosos.«

      Athina unterschrieb und steckte den Ring in ihre Handtasche.

      »Warum wurde keine Vermisstenanzeige aufgegeben?«, wunderte sich der Polizist. »Ihr Onkel muss doch schon vor mindestens drei Jahren verschwunden sein. Hat sich die Familie keine Sorgen gemacht?«

      »Ach, Onkel Sotiris und die Familie«, lächelte Athina gequält. »Er war ein Sonderling, im Alter geistig verwirrt, hauste einsam in einem verlassenen Bergdorf, schoss mit einem vorsintflutlichen Gewehr auf uns, wenn wir ihn in seiner verfallenen Hütte besuchen wollten. Zu guter Letzt haben wir den Kontakt aufgegeben.« Athina senkte den Kopf, eine Träne fiel auf das Formular. »Wo haben Sie meinen armen Onkel gefunden? Wo ist er beerdigt?«

      »Traurige Geschichte«, sagte der Polizist. »Mein Beileid.« Ihr die Hand zu geben, traute er sich nicht, zum einen fühlte er sich zu minderwertig, zum anderen trug sie kurioserweise Handschuhe. Er ging zum Computer, nach einigen Minuten kam er mit zwei Ausdrucken zurück. »Auf dieser Karte habe ich die Höhle im Gebirge angekreuzt, in der die Übereste Ihres Onkels gefunden wurden. Hier auf der Friedhofskarte von Agios Dimitrios in Ano Volos habe ich vermerkt, wo er beigesetzt wurde.«

      Mit tränenumflorten Blick dankte Athina und nahm die Blätter entgegen.

      Der Polizist starrte der blonden Frau hinterher. Den liebenlangen Tag konnte er nur an eines denken: »Eine Nacht mit diesem Engel zu verbringen, das wäre wie ein Blick ins Paradies.«

      Einen Kilometer hinter dem Bergdorf Drakia parkte Athina den Wagen. Sie folgte einem Hirtenpfad, erreichte eine Gruppe von Felsblöcken, linker Hand stieg das Gebirge steil an, ein verwittertes Hirtenzeichen wies auf den Höhleneingang. Sie musste sich bücken und auf den Knien hineinrutschen. Drinnen war es düster, sie beglückwünschte sich, eine Taschenlampe mitgenommen zu haben. Der Lichtschein fiel auf die achtlos beiseitegetretenen Gebeine von Kali. Athina hatte damit gerechnet und eine Plastiktüte mitgebracht. Sorgfältig sammelte sie Schädel, Schulter- und Beckenknochen der Wölfin ein, mit gespreizten Fingern durchkämmte sie den trockenen Sandboden, selbst die winzigsten Knöchelchen erfühlte sie.

      Im Licht der Lampe suchte die Magierin die Felswand nach geheimen eingeritzten Zeichen ab. Sie wurde fündig, konnte den Hinweisen folgen und begann in der hinteren Ecke der Höhle mit ihren behandschuhten Händen den losen Sand des Höhlenbodens beiseite zu räumen. Sie stieß auf Biglias Anhänger und seine Kralle, die schreckliche Waffe, tödlich wie ein Messer.

      Schon wollte Athina sich mit dem Fund begnügen, als ihre Hand in der ausgehobenen Grube noch einen Gegenstand erfühlte. Es war eine silberne Dose. Sie kroch aus der Höhle heraus, draußen im Sonnenlicht öffnete sie den Verschluss. Ihr Atem beschleunigte sich, sie konnte nicht fassen, was sie da sah.

      Es war der Fruchtbarkeitsstein! Ein wunderbar geschliffener, seltsam geformter Rosenquarz. Er glich einer hochschwangeren Frau, war durchscheinend und hatte im Inneren rosafarbene Einschlüsse in Form eines Fötus. Eine zunehmende, Leben bringende Mondsichel, die sich schützend über einen zweiten Mond schob, ein fünfstrahliger СКАЧАТЬ